Wirtschaft | folgen der krise

Milchiger Ausblick

Die stabilen Zahlen in der Milchwirtschaft sind Schnee von gestern. “Unser ganzes System steht auf einer harten Probe”, sagt Sennereiverbands-Obmann Joachim Reinalter.
Milchkuh
Foto: Othmar Seehauser

Südtirols Milchwirtschaft hätte Grund zur Freude und zum Optimismus. 2019 war ein alles in allem stabiles Jahr. Doch die guten Zahlen sind bereits Schnee von gestern. Denn die Corona-Krise wirft einen tiefschwarzen Schatten über das Geschäft mit dem weißen Gold. Daher war auch die diesjährige Vollversammlung des Sennereiverbands Südtirol weniger dem Rückblick als vielmehr der Vorschau gewidmet. “Die Corona-Krise stellt unser ganzes System auf eine harte Probe, wir haben uns völlig neuen Herausforderungen zu stellen”, gesteht Obmann Joachim Reinalter. Er hofft vor allem auf eines: die Treue der heimischen Kunden.

 

Das Jahr vor Corona in Zahlen

 

2019 wurde um 1,7 Prozent weniger Kuhmilch angeliefert als im Vorjahr, insgesamt waren es 399,1 Millionen kg. Davon waren knapp 4,2% (16,6 Millionen kg) Bio-Heumilch. Aus dem nördlichen Wipptal (Nordtirol) kamen 14,2 Millionen kg Milch, wovon 4,3 Millionen Bio-Heumilch waren. Die Anlieferung an Ziegenmilch ist um 5,4% auf 1,54 Millionen kg gestiegen. Davon waren knapp 1% Bio-Ziegenmilch.

 

Diese Mengen stammen von 4.509 aktiven Milchlieferanten, das sind 182 weniger als 2018. Die durchschnittliche Milchmenge pro Betrieb betrug 88.512 kg bei durchschnittlich 15 Milchkühen.

Der Milchpreis war mit 51,20 Cent/kg Milch leicht höher als im Jahr zuvor. “Das Milchwirtschaftsjahr 2019 war also ein durchaus zufriedenstellendes”, so das Fazit aus dem Sennereiverband.

 

Nur schwer aus dem Lockdown

 

Doch auf die stabile Entwicklung kann die hiesige Milchwirtschaft nicht aufbauen. Wegen der Corona-Krise, die seit Anfang des neuen Jahres auch diesen Sektor erfasst hat. “Und zwar mit aller Härte”, erklärt Sennereiverbands-Obmann Joachim Reinalter. “Durch den Lockdown in ganz Europa sind unsere Märkte zusammengebrochen – alle, bis auf jenen im Inland.” Doch auch auf dem Südtiroler und dem italienischen Markt fehlen die großen Abnehmer Gastronomie und Hotellerie. “Das hat für die Frischmilch und den Käse – und hier vor allem für den Schnittkäseabsatz gravierende Folgen”, so Reinalter.

Außerdem habe der Käseabsatz im Lebensmitteleinzelhandel gelitten “Unser Käse ist Thekenware und diese wurde gemieden”, berichtet der Obmann. Mit der ausgefallenen Tourismussaison und dem fast gänzlich darniederliegenden Export führe dies zu einem Überangebot. “Die Käselager der Milchhöfe sind voll und Milch muss in Produkte mit einer geringeren Wertschöpfung verarbeitet werden – auch deshalb hoffen wir, dass der Konsum bald wieder ansteigt.”

 

Hoffen auf Tourismus und Treue

 

Die Milchwirtschaft setzt auf den baldigen Wieder-Anziehen von Gastronomie und Tourismus. Allerdings macht man sich beim Sennereiverband keine falschen Hoffnungen. “Wir können sicher nicht mit den Absätzen der letzten Jahre rechnen – wohl noch für eine ganze Zeit lang nicht”, befürchtet Reinalter. Dazu komme, dass es wegen der Krise einen weltweiten Milch-Überschuss gibt, der wiederum auf die Preise drückt. “Das werden wir auch in Südtirol zu spüren bekommen”, erklärt der Obmann. Seine Prognose ist deshalb eine nüchterne: “Es wird ein äußerst schwieriges Jahr werden.”

Große Hoffnungen liegen bei der heimischen Kundschaft. “Dem privaten Konsum in Südtirol und Italien ist es zu verdanken, dass die Milchwirtschaft überhaupt auf den Beinen bleiben kann. In den letzten Wochen hat sich gezeigt, wie sehr die Südtirolerinnen und Südtiroler unsere Milch und unsere Milchprodukte schätzen und ihnen die Treue halten”, meint Reinalter. Mehr noch: Gerade der Lockdown habe den Menschen wieder deutlich vor Augen geführt, wie wichtig eine funktionierende Landwirtschaft vor Ort und eine Wirtschaft der kleinen Kreisläufe für die Versorgungssicherheit mit Grundnahrungsmitteln seien. “Diese Kreisläufe aufrechterhalten zu haben war der Verdienst der Südtiroler Milchwirtschaft”, ist der Obmann überzeugt.

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Johann Georg B… Do., 28.05.2020 - 13:11

Herr Reinalter - Selbstlob stinkt. Bergmilch kann stolz sein auf den bewährten Robert Zampieri, dieser Mann mach hervorragende Arbeit. Für unser Land und für die Molkereinen ist es schade, dass ein Firma aus Norditalien die Ausschreibungen für die Milchprodukte in den Südtiroler Krankenhäuser gewonnen hat, wer hat zu hoch gepokert?? Wer ist verantwortlich??
Aber trotzdem kein Problem, das Land wird schon einspringen und finanziell helfen. Reinalter jammern hilft nichts, alle Betriebe des Landes haben das selbe Problem , von Corona wurden alle betroffen,es wird sich weitergehen.

Do., 28.05.2020 - 13:11 Permalink
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Profil für Benutzer G. P.
G. P. Do., 28.05.2020 - 20:03

"wie wichtig eine funktionierende Landwirtschaft vor Ort und eine Wirtschaft der kleinen Kreisläufe für die Versorgungssicherheit mit Grundnahrungsmitteln seien."
Ich kann das Geschwafel von den kleinen, regionalen Kreisläufen nicht mehr hören, wenn im Gegenzug das Land für seine Krankenhäuser die Milchprodukte bei einer Firma aus Norditalien kauft. Das darf NICHT passieren, egal wessen "Schuld" das auch ist.

Do., 28.05.2020 - 20:03 Permalink