Politik | Landtag

Omnibus mit Getriebeschaden

Die Landesregierung legt dem Landtag jetzt ein Sammelgesetz vor. Darin sind einige interessante Bestimmungen und Gustostückerl enthalten.
Landtag
Foto: Suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
Jahrzehntelang war es auch in Südtirol parlamentarischer Usus, besonders brisante Vorhaben und Gesetzesänderungen im Haushaltsgesetz zu verstecken. Ebenso traditionell protestierte die Opposition gegen diese Vorgangsweise. 
Seit rund einem halben Jahrzehnt hat man im Landtag deshalb gemeinsam einen anderen Weg gewählt. Allfällige Gesetzesänderungen werden in einem sogenannten Omnibusgesetz verpackt, das dann meistens mit dem Nachtragshaushalt dem Landtag zur Genehmigung vorgelegt wird.
Auch heuer ist es wieder einmal so weit. Die Landesregierung hat den Gesetzentwurf 27/19 vorgelegt. Allein schon der Titel des Gesetzesvorschlages ist vielsagend: „Änderungen zu Landesgesetzen in den Bereichen örtliche Körperschaften, Schulfürsorge, Bildung, Kindergärten, öffentliche Veranstaltungen, Ämterordnung und Personal, Landwirtschaft, Landschafts- und Umweltschutz, Nutzung öffentlicher Gewässer, Raumordnung, Jagd und Fischerei, Hygiene und Gesundheit, Soziales, Arbeit, Handwerk, Gastgewerbe, Handel, Steinbrüche und Gruben sowie Torfstiche, Wirtschaft, Forschung und Innovation.
Der Entwurf ist 35 Seiten lang und enthält 41 Artikel; am Dienstag dieser Woche wurde er den vier Gesetzgebungsausschüssen des Landtages zugewiesen. Im Juli soll der Entwurf dann in den Landtag kommen.
Das Sammelgesetz enthält dabei einige interessante Bestimmungen und Gustostückerl. 

Sekretär & Pressesprecher


Seit langem ist bekannt, das jeder Landesrat und jede Landesrätin einen persönlichen Pressesprecher bzw. -Sprecherin erhalten soll. Noch fehlte dafür aber die gesetzliche Grundlage. Im Sammelgesetz wird sie jetzt geschaffen. 
 
 
So sieht Artikel 11 die Erhöhung der Höchstzahl an Journalistinnen und Journalisten vor, die bei der Agentur für Presse und Kommunikation beschäftigt sein können. Die Planstellen werden von 12 auf 17 aufgestockt. Es sind die neuen und alten Pressesprecher der Landesräte.
Im selben Artikel gibt es aber auch eine Änderung, die direkt das Büro des Landeshauptmannes betrifft. Man schafft die gesetzliche Basis dafür, dass der persönliche Sekretär des Landeshauptmanns ermächtigt wird, maximal 40 Überstunden im Monat entgeltlich zu leisten. Diese Regelung gilt seit langem auch für die leitenden Führungskräfte des Landes. Damit die Bestimmung nicht ad personam ausgelegt wird, hat man die Änderung auf alle persönlichen Referenten der Mitglieder der Landesregierung ausgedehnt. 
Im Haushalt werden allein für die Deckung der aus diesen beiden Änderungen entstehenden Zusatzkosten jährlich 225.363,79 Euro festgeschrieben.

Privat & öffentlich

 
Im Gesetzesvorschlag findet sich aber noch eine weitere Änderung der Personalordnung des Landes.
Derzeit ist es so, dass zur Berechnung des Mindestdienstalters für die Teilnahme an Auswahlverfahren für Abteilungs- bzw. Amtsdirektionen die verschiedenen beruflichen Erfahrungen, die ein Kandidat oder eine Kandidatin sowohl bei anderen öffentlichen Verwaltungen als auch im Privatsektor gesammelt hat, in Betracht gezogen werden. Dabei müssen Kandidaten aus der öffentlichen Verwaltung vier Jahre Berufserfahrung nachweisen, Kandidatinnen aus der Privatwirtschaft aber sechs Jahre.
Mit Artikel 12 dieses Sammelgesetzes sollen in Zukunft für alle Kandidatinnen und Kandidaten vier Jahre Berufserfahrung erforderlich sein. „Dadurch wird die Gleichbehandlung der Kandidatinnen und Kandidaten gewährleistet“, heißt es im Begleitbericht des Gesetzesvorschlages.

Einnahmen Mineralwasser

 
Geändert wird aber auch eine Bestimmung auf dem Gebiet der Nutzung öffentlicher Gewässer. Dabei geht es um das Mineralwasser. Jahrzehntelang haben die Gebühren, die Südtirols Mineralwasser-Abfüller an das Land zahlten, kaum gereicht, um das Papier zu zahlen, auf dem die Rechnungen ausgestellt wurden. Vor einigen Jahren hat der damalige Landesrat Richard Theiner 2017 die Gebühren und den Wasserzins deutlich angehoben.
 
 
Im Sammelgesetz wird jetzt ein ganz neues Verfahren für die Ausstellung neuer Mineralwasserkonzessionen festgeschrieben. Ähnlich wie bei den Stromkonzessionen sollen auch bei neuen Mineralwasserquellen und Konzessionen konkurrierende Anträge zugelassen werden. Vor allem aber soll mit der Gesetzesänderung im Sinne des öffentlichen Interesses auch die Bereitstellung von Ausgleichszahlungen als Kriterium für die Erteilung neuer Konzessionen für das Abfüllen von Mineralwasser eingeführt werden. Die Durchführungsbestimmungen dafür soll die Landesregierung festlegen.

Altes Gesetz

 
In diesem Sammelgesetz wird wieder einmal deutlich, wie fahrlässig die Landespolitik und gewisse Abteilungen der Landesverwaltung in ihrer legislativen Arbeit vorgehen.
So sieht Artikel 19 des jetzt vorgelegten Omnibusgesetzes auch eine Änderung des Landesraumordnungsgesetzes vor. Dabei werden einige wenige Wörter gestrichen, die substanziell keine großen Änderungen nach sich ziehen.
Äußerst diskutabel ist aber die Form. Denn seit August 2018 hat das Land ein neues Raumordnungsgesetz - geändert wird aber nicht dieses neue Raumordnungsgesetz, sondern das alte Gesetz aus dem Jahr 1997.
In diesem Sammelgesetz wird wieder einmal deutlich, wie fahrlässig die Landespolitik und gewisse Abteilungen der Landesverwaltung in ihrer legislativen Arbeit vorgehen.
Es handelt sich dabei um die Abänderung von Artikel 19, Absatz 14. Genau dieser Artikel findet sich wortgleich auch  im neuen Landesraumordnungsgesetz. Nur ist es dort Artikel 53, Absatz 14.
Warum man deshalb das alte und nicht das neue Raumordnungsgesetz abändert, ist mehr als unverständlich. Es gibt nur eine mögliche Erklärung: Das neue Raumordnungsgesetz tritt erst mit 1. Jänner 2020 in Kraft. Diese Änderung hat aber einen konkreten Anlass und muss unbedingt noch dieses Jahr in Kraft treten.
Dann aber hätte man doch beide Gesetze gleichzeitig abändern können. Außer man will bewusst eine Situation schaffen, wo sich kaum mehr jemand auskennt.
So wie es in der Südtiroler Urbanistik seit Jahren der Fall ist.
Bild
Profil für Benutzer G. P.
G. P. Fr., 28.06.2019 - 21:09

Bei Amtsantritt versprach Kompatscher, dass es unter seiner Amtsführung keine Omnibus-Gesetze mehr geben wird.

Fr., 28.06.2019 - 21:09 Permalink