Gesellschaft | Verkehr

Gefährlicher „Spaßverkehr“

Südtirol scheint ein Raser-Paradies zu sein. Diesen Eindruck erweckt ein Video auf Youtube. Die Eggentaler Bürgermeister fordern mehr Kontrollen und ein Umdenken. (Video)
Berichte über illegale Rennen auf den Pass-Straßen sind in den vergangenen Tagen durch alle Medien gegangen. Nun melden sich auch die Eggentaler Bürgermeister in einer gemeinsamen Pressemitteilung zu Wort. „Es ist unzumutbar, unerträglich und unverantwortlich, was die Menschen entlang den inoffiziellen Rennstrecken so mancher Südtiroler Urlaubsgäste mittlerweile aushalten müssen, weil diese mit ihren Sportwagen und Motorrädern durch unsere Dörfer rasen“, erklären die Eggentaler Bürgermeister Albin Kofler (Karneid), Markus Dejori (Welschnofen), Berhard Daum (Deutschnofen) und Gernot Psenner (Tiers) und fordern ein radikales Umdenken in Sachen Verkehr. Sie sind überzeugt: „Das kann so nicht weitergehen.“
„Dass die Südtiroler Pässe ein beliebtes Ausflugsziel für Urlaubsgäste sind, zeigen die vielen Blechlawinen, die gerade in diesen Wochen tagtäglich zu den Hot Spots der Dolomiten fahren“, so der Karneider Bürgermeister Albin Kofler und betont, dass der „Spaßverkehr“ mittlerweile zu einem erheblichen Problem auf der Steineggner und Gummerer Straße geworden. Nicht mehr zumutbar für die Menschen in den Dörfern und obendrein höchstgefährlich für die Familien mit Kleinkindern und Senioren, die an den „Rennstrecken“ spazieren gehen, sei das Verahlten der Raser. „So kann es nicht weitergehen“, ist Kofler überzeugt und fordert sowohl von den Gästen als auch den Touristikern im Lande ein Umdenken.
 

 

Kofler, Albin
Albin Kofler, Bürgermeister von Karneid: „Es ist unzumutbar, unerträglich und unverantwortlich, was die Menschen entlang den inoffiziellen Rennstrecken so mancher Südtiroler Urlaubsgäste mittlerweile aushalten müssen, weil diese mit ihren Sportwagen und Motorrädern durch unsere Dörfer rasen.“ (Foto: SVP)
 
In dieselbe Kerbe schlägt der Welschnofner Bürgermeister Markus Dejori. „Grundsätzlich ist es ja so, dass wir den Menschen nicht verbieten können, durch unsere Dörfer zu fahren, ein Foto am Karersee zu schießen, ihren Müll auszuleeren und dann weiterzufahren“, stellt Dejori fest, „auch wenn wir davon nichts haben.“ Ein nicht unerheblicher Teil dieser Verkehrsteilnehmer halte sich jedoch nicht an die Straßenverkehrsordnung – was nicht mehr toleriert werden könnte. In der Gemeinde Welschnofen fließt der Verkehr Richtung Karerpass aus Steinegg/Gummer, dem Eggental, Lavazè/Jochgrimm und Deutschnofen durch bewohntes Gebiet. „Wir sollten mit den Polizeikräften entsprechend harte Kontrollen durchführen, können aber nicht 24 Stunden täglich neben der Straße stehen“, erklärt Bürgermeister Dejori. Zudem könnten Radarkontrollen nur in Anwesenheit der Polizei durchgeführt werden. Mit einer neuen Parkplatzregelung und eine Umgestaltung der Straßen in Ortschaften versuchen die Gemeindeverwaltungen die Raser zu zwingen, auf die Bremse zu treten. „Damit auf der Straße zum Karerpass aber künftig nicht mehr Autorennen gefahren werden können und sich auch die Autohäuser bei den Tests für ihre Prototypen respektvoller verhalten, bräuchte es einige Schritte mehr“, ist Dejori überzeugt, „und das geht nicht ohne Unterstützung des Straßenbetreibers.“
 
 

„Riesenplage“

 
Ähnlich sieht das Problem auch der Tierser Bürgermeister Gernot Psenner, der vor allem die vielen lauten Motorräder als eine „Riesenplage“ empfindet, vor allem wenn sie in „Horden“ von 20 bis 25 Fahrern auftreten. „Gefühlt sind es in diesem Jahr mehr als andere Jahre“, meint Bürgermeister Psenner. Dabei fahren diese nicht nur entlang der Hauptstraße durch die Ortskerne zum Nigerpass, sondern nutzen auch die alte Tierser Straße und wagen immer wieder gefährliche Überholmanöver
 
 
Das mag für Motorradfahrer ein wahrer Genuss sein, aber für die Einheimischen auf der engen Straße und in den Ortskernen ist es einfach nur gefährlich.
 
„Das mag für Motorradfahrer ein wahrer Genuss sein, aber für die Einheimischen auf der engen Straße und in den Ortskernen ist es einfach nur gefährlich. Durch die hohen Touren und die hohen Geschwindigkeiten heben die Motorräder den Lärmpegel gerade in der Zeit, in der auch unsere Menschen gerne ein paar entspannte Stunden in ihren Gärten oder in der Natur verbringen möchten. Das geht dann von Christi Himmelfahrt bis in den Herbst – da reichen die autofreien Sonntage bei weitem nicht aus, wenngleich das ein erster kleiner Schritt ist“, so Psenner. „Ein Fixradar wäre hilfreich, bei dem wir kein Personal für die Kontrolle abstellen müssen, denn mit der derzeitigen Regelung ist es als Gemeinde organisatorisch und personaltechnisch einfach nicht zu stemmen, mehr Kontrollen durchzuführen.“ 
Die Gemeinde Deutschnofen, die etwas abseits von der Hauptverkehrsachse liegt, ist in der glücklichen Situation, dass die Hauptstraße nicht direkt durch den bewohnten Ortskern führt. Dennoch unterstützt Bürgermeister Bernhard Daum seine Kollegen aufgrund der Verkehrszunahme und einer erhöhten Unfallrate. „Wir wissen leider auch nicht immer genau, welche Maßnahmen wir als Gemeinde hier setzen können und versuchen, soweit als möglich die Kontrollen unserer Gemeindepolizei zu verstärken“, so Bürgermeister Daum.
 
Einen Eindruck, was in den Hobby-Rennfahrer vor sich geht, gewinnt man beim Anschauen des Videos https://www.youtube.com/watch?v=Y0KAZDdb4Po des deutschen YouTubers und Instagramers Otto Winkler aka OG Schaefchen, der ab Minute 7 auf der Strecke von Birchabruck nach Gummer rast. Bei 169.000 Abonnenten und knapp 217.000 Aufrufen darf man sich über Nachahmer nicht wundern.
 

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Ernst Aschbacher Mi., 28.06.2023 - 11:04

Zwei "Schmankerln" aus einer anderen Ecke der Dolomiten: Letztes Wochenende am Dolomites Bike Day (Campolongo+Falzarego/Valparola gesperrt), bin zusätzlich noch Pordoi und Fedaia gefahren. Erstes "Schmankerl": Am Pordoi waren ca. ein Dutzend Lamborghinis mit entsprechender Lärmkulisse. So stellt man sich das UNESCO Naturerbe vor! Zweites "Schmankerl": In St. Kassian wurde ich von der Motorradmeute eingeholt, drei Motorradfahrer aus D mussten ca. 200m hinter einem Radfahrer nachfahren, was einen davon motiviert hat, einen Kick mit dem Bein vom Motorrad anzudeuten a là "ihr gehörts in den Strassengraben". Von wütenden Überholmanövern mit ca. 20cm Abstand rede ich nicht mal. Welche Maßnahmen zur Reduktion des motorisierten Verkehrs auf den Pässen werden ergriffen? Im Namen des Tourismus: Keine!

Mi., 28.06.2023 - 11:04 Permalink
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Günther Stocker Mi., 28.06.2023 - 11:05

Ja ja, plauder plauder ...
Da kann man ja sowas machen/planen wie beim Bettenstopp ..

So langsam, aber wirklich sehr langsam verstehen immer mehr Menschen was uns in Sued - TIROL wirklich fehlt.

Mi., 28.06.2023 - 11:05 Permalink
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Josef Fulterer Do., 29.06.2023 - 05:45

Antwort auf von Günther Stocker

W a n n werden die Pass-Straßen und Zufahrten zu den Almen, für die knatternden + röhrenden über-motorisierten KLIMA-schädlichen Treibstoff- fressenden UNGEHEUER + auch die p r i v a t e n HUBSCHRAUBER-FLÜGE e n d l i c h verboten?
Auf diese G Ä S T E, "die nur ihren p e r v e r s e n DRANG in der AUS-REIZUNG ihrer sehr teuren TECHNIK ERLEBEN will + die BERG-STRAßEN für ihr UMWELT-schädliches TREIBEN, auch den LUFTRAUM v e r p e s t e t, ist Südtirol schon längst nicht mehr an-ge- wiesen," auch wenn sie der n i e-satten Pinzger & CO. Gesellschaft, ohne zu Murren die €s hinblättert.

Do., 29.06.2023 - 05:45 Permalink
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Paul Tasser Do., 29.06.2023 - 17:37

Herr Fulterer, diese Forderung wird wohl nicht in Erfüllung gehen, auch wenn es mittlerweile sehr viele Menschen in Südtirol gibt, die sich das wünschen und den Verkehr auf den Passstraßen genauso empfinden, wie Sie es beschrieben haben. Danke für Ihre klare Aussage.

Do., 29.06.2023 - 17:37 Permalink