Gesellschaft | Psychische Gesundheit

Ver-rückte Perspektive: Brücken bauen beim Trialog

Reden, zuhören, voneinander lernen und sich besser verstehen: Am 5. November 2015 starten in Meran die „trialogischen Treffen“. Ein Experiment mit Folgen.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Vieles wurde schon erforscht, aber noch niemand hat herausgefunden, wie die Seele „funktioniert”. Dabei kommen psychische Erkrankungen häufig vor und sie können jeden treffen. Mindestens jeder vierte - fünfte Südtiroler leidet im Laufe seines Lebens an einer seelischen Störung.

„Bei der Behandlung psychischer Erkrankungen spielen neben Medikamenten auch soziale und psychologische Faktoren eine Rolle. Das Wichtigste ist aber die therapeutische Beziehung“, erklärt Verena Perwanger, Primaria des Psychiatrischen Dienstes im Gesundheitsbezirk Meran. Das passiert natürlich im Rahmen einer Behandlung, etwa bei einer Gesprächstherapie.

Um aber auch darüber hinaus einen Raum des Austausches zu schaffen für Betroffene, Angehörige und Fachkräfte, die beruflich mit diesem Thema zu tun haben, startet nun in Meran eine in Südtirol neuartige Initiative: der „Trialog“. Bei diesen Treffen geht es darum, aus seiner gewohnten Rolle auszusteigen. Als „Experten in eigener Sache“ sollten Betroffene und Angehörige auch verstärkt in die Planungs– und Entscheidungsprozesse der psychiatrischen Versorgung einbezogen werden, unterstreichen sowohl Verena Perwanger als auch Dora Schweitzer, Leiterin der Sozialpsychiatrischen Einrichtungen der Sozialdienste der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt.

„Betroffene und Angehörige wollen mitreden und mitgestalten. Das Besondere am Trialog ist, dass alle gleichberechtigt miteinander reden – und nicht nur Betroffene oder Ärzte unter sich,“ unterstreicht Renate Ausserbrunner, Vizepräsidentin des Verbandes Angehöriger und Freunde psychisch Kranker, der die Initiative in Zusammenarbeit mit dem Verein Lichtung/Girasole, der Dienststelle für Selbsthilfegruppen im Dachverband für Soziales und Gesundheit, dem Südtiroler Sanitätsbetrieb und der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt gestartet hat.

Gespräche „auf Augenhöhe“

Wichtig sei, ohne Hierarchien zu reden, die eigene Haltung zu überprüfen und zu verändern. „Jeder Teilnehmer am Trialog lernt, dass Fach- und Erfahrungswissen jeweils einen gleichberechtigten Zugang haben. Durch solche Gespräche auf gleicher Ebene wird ein besseres Verständnis füreinander möglich“, unterstreicht Ausserbrunner. Dass dies funktioniert zeigen Beispiele aus Deutschland und Österreich.

Durch den gemeinsamen Erfahrungsaustausch in einem neutralen, offenen Raum, innerhalb des Rahmens von geleiteten Gesprächsrunden und jenseits von institutionellen Zwängen und Hierarchien werden Begegnungen auf Augenhöhe möglich, jede/r spricht von seinen/ihren Erfahrungen, Gefühlen, Ängsten und Sorgen. Dieses Miteinander und Voneinander Lernen ist eine Chance, gewohnte Sichtweisen und Denkmuster aufzugeben und neue, andere Erfahrungen zu machen.

„Wir wünschen uns, dass sich viele auf diesen Erfahrungsaustausch einlassen“, unterstreicht auch Thomas Karlegger, Vizepräsident des Vereins Lichtung-Girasole. „Ein Trialog ist keine Vortragsveranstaltung. Es sind offene Treffen, wer will, kann auch anonym bleiben.“ „Es ist wie Hilfe zur Selbsthilfe. Man kann Erfahrungen hierlassen und mitnehmen oder einfach nur zuhören“, sagt auch Irene Gibitz von der Dienststelle für Selbsthilfegruppen.

Wann und wo finden die trialogischen Treffen statt?

Der moderierte Trialog findet erstmals am Donnerstag, 5. November 2015 (und danach jeden ersten Donnerstag im Monat) von 18.00 bis 20.00 Uhr in der Fachoberschule „Marie Curie“ in Meran statt. Betroffene, Angehörige und Fachleute, die Menschen mit psychischen Problemen betreuen und behandeln sind herzlich eingeladen. Die Teilnahme ist kostenlos. Es besteht natürlich absolute Vertraulichkeit über die Gesprächsinhalte.

Das erste trialogische Treffen am Donnerstag, 5. November 2015 steht unter dem Thema: „Was mir schon geholfen hat…“