Kultur | Video del venerdì

“Better Must Come”

Olympiateilnehmer, Profisurfer, Musiker, Sozialarbeiter – Fabian Heidegger hat schon viel erlebt und noch viel mehr zu erzählen! Heute im großen salto-Interview.
Seel.a
Foto: seel.a

Profisurfer, Olympiateilnehmer, Musiker, Sozialarbeiter – nennt ihn wie ihr wollt. Eines ist sicher: Fabian Heidegger hat schon viel erlebt und noch viel mehr zu erzählen! Im heutigen salto-Musik-Interview spricht er unter anderem über sein neues Musikprojekt „Seel.a“ und seinen Song „Better must come“, über die Reggae-Musik und die Rastafari-Bewegung, über seine Träume und seine Arbeit mit Migranten und noch vieles, vieles mehr... 

 

(For the English version of the interview, please click here.)

 

salto.bz: Hallo Fabian, vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast. „Better Must Come“ ist dein erster Song als „Seel.a“ – was bedeutet er für dich?

Fabian Heidegger: Es ist die erste Veröffentlichung mit meinem neuen Projekt. Natürlich bedeutet das sehr viel für mich, ich kann hart Erarbeitetes endlich in die Welt schicken. Die Produktion des Liedes ist eine Geschichte für sich. Ich habe im Bozner Flüchtlingszentrum in den Containern der Bewohner begonnen die neuen Lieder zu schreiben. Alles startete mit einer Art Jam Session, gemeinsam mit den Gästen des Camps. „Nur Gott kann uns helfen, wir beten für eine bessere Zukunft“, dies waren Worte, die ich kontinuierlich von so gut wie jedem Migranten zu hören bekam. Eines Abends, während meiner Nachtschicht, kam mir der Satz „Lord I pray, Lord I pray, we need a new way, better must come“ in den Sinn, während ich auf meiner Gitarre eine Melodie spielte. Die Bewohner um mich herum waren begeistert und bestanden darauf, dass ich unbedingt ein Lied auf diesen Satz, mit dieser Melodie aufbauen sollte. Während wir zusammen ihre individuellen Lebensgeschichten verarbeiteten, integrierte ich diese in meine Songtexte. Es war das erste Lied, das ich dort geschrieben habe und viele weitere folgten. Es war sozusagen mein musikalischer Anstoß. Die Produktion des Liedes war ebenfalls eine Reise. Einige Bewohner der Einrichtung, die mittlerweile auch enge Freunde von mir sind, waren aktiv an der gesamten Entstehung des Songs, bis hin zum Musikvideo, beteiligt.

 

Seel.a - Better Must Come (Official Video) | New Reggae Song 2020

 

Eines Abends, während meiner Nachtschicht, kam mir der Satz „Lord I pray, Lord I pray, we need a new way, better must come“ in den Sinn, während ich auf meiner Gitarre eine Melodie spielte. Die Bewohner um mich herum waren begeistert und bestanden darauf, dass ich unbedingt ein Lied auf diesen Satz, mit dieser Melodie aufbauen sollte. Während wir zusammen ihre individuellen Lebensgeschichten verarbeiteten, integrierte ich diese in meine Songtexte.

 

Musik ist für mich... die Nahrung der Seele.  

 

Wasser ist für mich... Klarheit.

 

Bis vor einigen Jahren warst du ja als Profisurfer in der Weltgeschichte unterwegs. 2013 hast du dich dann entschieden, dein Surfbrett an den berühmten Nagel zu hängen und dich dafür ganz der Musik zu widmen – wie kam es zu diesem Schritt?

Dieser Schritt war für mich das Ergebnis eines natürlichen Prozesses. Die Entscheidung traf ich nicht über Nacht. Es gab eine Reihe von Erkenntnissen, die mich an einen Punkt brachten, wo ich mir einfach eingestehen musste, dass ich die Motivation verloren habe meine gesamte Energie in den sportlichen Wettkampf zu investieren. Es ergab für mich irgendwann einfach keinen Sinn mehr weiterzumachen. Ich wollte meine Energie und Passion für etwas nutzen, das wertvoll für andere Menschen und für mich selbst ist. Während meiner Reisen durch die Welt habe ich unzählige Menschen leiden sehen und realisiert, wie privilegiert ich selbst bin. Die Reggae Musik und die Rastafari Bewegung öffneten mir die Augen und lenkten mich in eine neue Richtung. Das Leben macht wenig Sinn wenn du es nur für dich selbst lebst. Ich bin so viel glücklicher seit ich etwas Positives, musikalisch wie auch sozial, für Andere beitragen kann, die sich gerade in einer nicht so guten Lebenssituation befinden.

 

Du hast es eben angesprochen, während deiner sportlichen Laufbahn hast du viele verschiedene Länder bereist und auch deren unterschiedliche Kulturen und Lebensweisen kennengelernt – könnte man sagen, dass sich diese Erfahrungen in deiner Musik wiederspiegeln?

Ja, zweifelsohne. Ich bin so dankbar dafür, was mir im Leben gegeben wurde. Die gesamte Geschichte mit dem Surfen war und ist immer noch ein enormer Segen für mich. Es hat mich zu allererst als Mensch geformt, sowie meinen Geist und meine gesamte Auffassung vom Leben. Diese Welt ist ein Brunnen der Vielfalt, das beeindruckt mich immer wieder. All die verschiedenen Realitäten, die ich erleben durfte, haben mein Leben komplett verändert. Wir wurden in einem sehr glücklichen und gesegneten Ort geboren. Das Reisen hat mich demütiger, bewusster und neugieriger gemacht. Ich verspüre den Drang meine Erfahrungen mit der Welt zu teilen um Menschen von der unglaublichen Schönheit, Vielfalt, den Kulturen, der Musik und vieles mehr zu erzählen. Alles was ich mache, Musik eingeschlossen, ist stark vom Reisen geprägt.

 

Kommen wir wieder zurück zur Musik. Wofür steht der Name „Seel.a“ eigentlich?

Während meiner sportlichen Karriere verbrachte ich viel Zeit in Israel und lebte auch für längere Zeit dort. Jeder kennt Jerusalem, ein zentraler historischer und spiritueller Ort. Durch meine Aufenthalte in Israel und die Verbindung zu Reggae beschäftigte ich mich oft mit den sogenannten „Heiligen Schriften“ der Thora, dem Koran und der Bibel. Das Wort „Selah“ kommt 71 Mal in den Psalmen vor und jedes Mal, wenn man es liest, soll der Leser daraufhin gewiesen werden, einen Moment inne zu halten um das Gelesene zu reflektieren und zu verinnerlichen. Ich als Person identifiziere mich ein Stück weit damit, denn ich bin jemand, der sehr gerne beobachtet und über alltäglich erlebte Situationen reflektiert. Deshalb habe ich diesen Namen gewählt, da ich mich persönlich repräsentiert fühle, doch ich habe die Schreibweise leicht abgeändert, um nicht offensichtlich auf die Herkunft dieses Begriffs zu lenken.

 

Das Wort „Selah“ kommt 71 Mal in den Psalmen vor und jedes Mal, wenn man es liest, soll der Leser daraufhin gewiesen werden, einen Moment inne zu halten um das Gelesene zu reflektieren und zu verinnerlichen. Ich als Person identifiziere mich ein Stück weit damit, denn ich bin jemand, der sehr gerne beobachtet und über alltäglich erlebte Situationen reflektiert. Deshalb habe ich diesen Namen gewählt, da ich mich persönlich repräsentiert fühle...

 

 

Was bedeutet Reggae für dich?

Reggae und Musik generell bedeuten mir sehr viel, sie sind mein täglicher Begleiter. Reggae ist Musik, Geschichte, Rebellion, Bildung, Positivität, Hoffnung, Spiritualität und Passion. Es ist die Musik, die gegen jegliche Art von Unterdrückung kämpft. Reggae begleitet mich durchs Leben, wo auch immer ich hingehe und ist Teil meiner Spiritualität. Man darf sich dies aber nicht so vorstellen, dass ich einfach nur den gesamten Tag Reggae Musik höre, was zum Teil sicherlich zutrifft. Vielmehr habe ich sehr viel von dieser Bewegung verinnerlicht, wie zum Beispiel gewisse Ideale. Natürlich wird dieser Sound auch genutzt um den Slogan der Rastafari Bewegung „One Love, One Heart“ zu verbreiten.

 

Reggae ist Musik, Geschichte, Rebellion, Bildung, Positivität, Hoffnung, Spiritualität und Passion. Es ist die Musik, die gegen jegliche Art von Unterdrückung kämpft.

 

Und wie würdest du deine Musik beschreiben? Zum Reggae kommen noch andere Elemente hinzu?

Die Musik, die ich mache, trägt seine Wurzeln sicherlich im Genre Reggae. Mein Team setzt sich allerdings aus sehr talentierten, erfahrenen und professionellen Musikern zusammen, die einen ganz anderen musikalischen Hintergrund haben. Über die Zeit konnte ich sehr viel von ihnen lernen und eines unserer obersten Prinzipien ist definitiv den eigenen musikalischen Ausdruck frei fließen zu lassen, unabhängig vom Genre. Wenn ich einen Song schreibe, habe ich keine bestimmte Musikrichtung im Hinterkopf. Die Inspiration kommt ohne jegliche Limitierung. Jedes Lied hat eigene Bedürfnisse in der Entstehung und es gibt keinen Platz sich an feste Vorstellungen zu klammern. Hinzu kommt, dass die Musiker mit denen man arbeitet, ihren eigenen Style haben und es ist mir sehr wichtig diese Individualität frei zu lassen. Zusammenfassend kann man sagen, dass meine Musik generell dem sogenannten Reggae/Roots Genre zugeordnet werden kann, aber wir machen auch akustische Lieder wie zum Beispiel die noch nicht veröffentlichte Single „Broken Boat“, die sich nicht wie Reggae anhört. Doch die Botschaften bleiben immer dieselben, „message music“.

 

Die Inspiration kommt ohne jegliche Limitierung. Jedes Lied hat eigene Bedürfnisse in der Entstehung und es gibt keinen Platz sich an feste Vorstellungen zu klammern. Hinzu kommt, dass die Musiker mit denen man arbeitet, ihren eigenen Style haben und es ist mir sehr wichtig diese Individualität frei zu lassen.

 

Wohin soll die Reise noch gehen?

Mein erstes kurzfristiges Ziel ist es, die restlichen Lieder, die ich bereits aufgenommen habe, zu mixen und mastern, sodass sie bereit für die Veröffentlichung sind. Ich werde in nächster Zeit fünf neue Singles veröffentlichen und im Sommer noch weitere Lieder aufnehmen und fertigstellen. Meine Hauptbeschäftigung in den nächsten Monaten wird sich vorwiegend im Studio abspielen. Am Ende des Sommers entscheide ich, ob ein Album oder eine EP daraus entsteht. Zusätzlich bin ich gerade dabei einen weiteren Zweig von „Seel.a“ zu arrangieren, nämlich „Seel.a Acoustic“, denn im Winter möchte ich, soweit es die aktuelle Situation zulässt, eine Akustik-Tour starten. Für nächstes Jahr plane ich eine richtige Tour mit meiner Band.

 

Was ist dabei dein größter musikalischer Traum?

Mein musikalischer Traum ist es Menschen, egal welcher Herkunft, Geschlecht oder politischer Meinung bei meinen Konzerten zu vereinen, sodass die unterschiedlichsten Individuen eine positive Zeit gemeinsam verbringen und Barrieren überwinden können.

 

Und kannst du uns auch deinen größten Traum verraten, der nichts mit Musik zu tun hat?

Ich habe in meinem Leben bereits einige, für mich sehr schockierende Ereignisse hautnah miterlebt. Beispielsweise der Bombenanschlag in Tel Aviv 2012. Diese, und noch viele andere Situationen in meinem Leben, haben mich gelehrt was von fundamentaler Bedeutung ist, nämlich Familie, Zusammenhalt und Harmonie. Ich habe zwei unglaubliche Kinder, die ich vergöttere und eine Partnerin, die mir immer zur Seite steht und mir zu meinem inneren Gleichgewicht verhilft. Ich kann in Worte nicht beschreiben wie glücklich ich bin, dass ich jeden Tag mit meiner Familie erleben darf. Meine Eltern und mein Bruder lieben und unterstützen mich und dafür bin ich ihnen zutiefst dankbar. Zudem habe ich Freunde, die mittlerweile auch „Familie“ für mich sind. Ich fühle mich als jemanden, der sehr reich und gesegnet ist und dessen bin ich mir auch täglich bewusst. Mein Traum ist recht einfach, ich möchte meine Zeit mit den Menschen, die ich liebe, verbringen, denn ich bin mir bewusst, dass unsere Zeit auf dieser Erde begrenzt ist, auch wenn Liebe grenzenlos ist.

 

(...) haben mich gelehrt was von fundamentaler Bedeutung ist, nämlich Familie, Zusammenhalt und Harmonie. Ich habe zwei unglaubliche Kinder, die ich vergöttere und eine Partnerin, die mir immer zur Seite steht und mir zu meinem inneren Gleichgewicht verhilft. Ich kann in Worte nicht beschreiben wie glücklich ich bin, dass ich jeden Tag mit meiner Familie erleben darf.

 

Drei Worte, wie du dich selbst bezeichnen würdest?

Sensibel, passioniert, stur.

 

Drei Worte, wie du deine Musik bezeichnen würdest?

Ehrlich, anregend, emotional.

 

 

Hast du musikalische Vorbilder?

Es gibt unzählige Musiker verschiedener Genres, die mich inspirieren. Die signifikantesten vom Genre Reggae/Dancehall/Dub sind: Lee „Scratch“ Perry, Bob Marley, The Heptones, Gregory Isaacs, Culture, Dennis Brown, Jah Shaka, Alpha Blondy, Chronixx, Jesse Royal, alle Marley Brüder, Popcaan und Jahmiel. Außerhalb dieser Genres: Ben Harper, Black Pumas, Lou Reed, Ali Farka, Gang Starr, 2Pac, Dr. Der, Quincy Jones und James Brown.

 

Du hast drei Jahre lang als Sozialarbeiter in einem Flüchtlingslager gearbeitet und beschäftigst dich seitdem viel mit Migranten – könntest du uns darüber mehr erzählen, auch die Tatsache betreffend, dass du so zu einem persönlichen Ansprechpartner für die Migranten und als eine Art Brücke zwischen ihnen und Einheimischen geworden bist?

Während meiner Zeit als professioneller Sportler zählte das Reisen zu meinen Hauptbeschäftigungen. Dadurch habe ich gelernt, wie man mit Menschen unterschiedlichster Kulturen kommuniziert und konnte auch viele verschiedene Traditionen und Lebensarten kennenlernen. Diese Erfahrungen haben mich enorm in meiner Persönlichkeit geprägt und es mir ermöglicht, heute noch mit den verschiedensten Menschen in Kontakt zu treten. Als Italien 2015 mit unzähligen geflüchteten Menschen konfrontiert war, entschied ich mich für die Arbeit als Sozialarbeiter im Flüchtlingscamp in Bozen. Während meiner Reisen lernte ich viele Menschen kennen, die selbst oder deren Vorfahren Migrationshintergrund haben und alle hatten ihre individuellen Gründe ihr Ursprungsland zu verlassen. An meinem ersten Arbeitstag wurde mir jedoch bewusst, dass ich so gar nicht für derartige humanitäre Notstände bereit war. Anfangs kamen fast täglich neue Migranten ins Camp, viele in schlechter körperlicher Verfassung oder mit zerrissenen Kleidern. Etwas hatten alle gemeinsam, sie haben unmenschliches durchlebt und sind schwer traumatisiert. Es war für mich eine sehr schwierige Zeit, denn wir Angestellte mussten teilweise 180 Menschen aus verschiedenen Ländern mit verschiedenen Sprachen koordinieren und betreuen und uns gleichzeitig um alle bürokratischen Angelegenheiten jedes Einzelnen kümmern. Natürlich musste ich während dieser alltäglichen Erledigungen wie Essen verteilen, medizinische Untersuchungen vereinbaren und Erstankömmlinge einteilen, zahlreiche Hürden überwinden. Öfters kamen auch Mütter mit kleinen Kindern, mit Blicken voller Angst und Verzweiflung in die Einrichtung und suchten Hilfe. Diese unzähligen intensiven Erfahrungen, die ich dort sammelte, konnte ich selbst kaum verarbeiten. Die psychische Belastung war enorm. Menschen, die schreckliche Erlebnisse durchlebt haben, vertrauten sich mir an und ich bekam persönliche Einblicke von den unmenschlichen Ereignissen, die diese sogenannten Flüchtlinge auf den Weg in ein sicheres Land, voller Hoffnung, durchleben mussten. Es gab auch einige brenzlige Momente, da die Stimmung aller Personen sehr angespannt war. Viele verschiedene Nationen, Religionen und Persönlichkeiten mussten auf engstem Raum unter harten Bedingungen zusammenleben. Doch erstaunlicherweise überwiegte die positive Stimmung an den meisten Tagen. Ein Aspekt, der mich zutiefst inspirierte, war die Stärke und der hingebungsvolle Glaube, den diese Menschen in sich tragen. Zu den positiven, aber auch sensiblen Momenten gehörte definitiv meine Abendschicht, wo alles Bürokratische erledigt war und ich Zeit hatte mit den Menschen über Hoffnungen, Träume und Erlebnisse in Ruhe zu sprechen. Musik war hier zentral, denn egal welcher Herkunft, sie verbreitete positive Stimmung. Ich nutzte meine Gitarre um mit den Bewohnern gemeinsam zu singen und ich fügte ihre Aussagen in meine Texte ein. Über die Zeit waren die Gäste des Camps nicht mehr nur zu betreuende Bewohner, viele von ihnen wurden gute Freunde von mir. Leider konnte ich mich nicht mehr den bürokratischen Hürden aussetzen, die das Leben der Menschen in Not bestimmen. Viel zu oft sah ich wie Freunde von mir auf der Straße landeten mit nichts in der Tasche außer Träume für eine bessere Zukunft. Ich nahm einige des Öfteren mit zu mir nach Hause, damit sie dort übernachten und duschen konnten, doch leider waren auch meine Mittel begrenzt. Auch wenn ich die Arbeit als Sozialarbeiter kündigte, stehe ich trotzdem vielen Migranten noch zur Seite und halte mit ihnen regelmäßigen Kontakt. Aus diesem Grund agiere ich als eine Art Brücke zwischen Einheimischen und Migranten, da ich beispielsweise Unterstützung bei der Arbeit- oder Wohnungssuche biete und dann zwischen den Parteien vermittle. Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrungen als Sozialarbeiter, denn sie haben ein Stück Vielfalt dieser Welt zu mir gebracht und ich konnte Dinge von ihnen lernen, die ich hier nie hätte lernen können und sie lernten Dinge von mir, die sie in ihrer Kultur nicht kannten. Am Ende des Tages sind wir alle Menschen, mit Hoffnungen, Träume und Ziele.

 

Zu den positiven, aber auch sensiblen Momenten gehörte definitiv meine Abendschicht, wo alles Bürokratische erledigt war und ich Zeit hatte mit den Menschen über Hoffnungen, Träume und Erlebnisse in Ruhe zu sprechen. Musik war hier zentral, denn egal welcher Herkunft, sie verbreitete positive Stimmung. Ich nutzte meine Gitarre um mit den Bewohnern gemeinsam zu singen und ich fügte ihre Aussagen in meine Texte ein.

 

Wird es dann auch einen Song von dir über diese Erlebnisse geben?

Ja, eigentlich sind es sogar zwei Songs, die sich mit dieser Thematik beschäftigen und fertig sind. Das erste Lied heißt „Hold on“, das ich in Kürze veröffentlichen werde. Es handelt von der Geschichte eines Migranten, der versucht seinen Platz in Europa zu finden. Zuwanderer verbringen ihre meiste Zeit mit warten. Sie müssen auf Termine, Dokumente, Antworten oder Anrufe warten, die größtenteils ihr Schicksal bestimmen. In diesem Song geht es um Hoffnung und dass diejenigen, die am stärksten glauben, alle Hürden überwinden werden. Das andere Lied heißt „Broken Boat“ und ist ein Song voller Emotionen, mit einem Thema, das mir sehr nahe geht. Es handelt von der Schiffsüberfahrt nach Europa in einem Boot, das nicht seetauglich ist und viele Menschen ertrinken während dieser Fahrt, darunter auch eine Mutter mit ihrem Baby. Ich habe es zusammen mit meinem sehr engen Freund Khan Arif Mohamed aus Bangladesch geschrieben, der all dies durchleben musste. Mittlerweile ist er Teil meines Musikprojektes und ist zuständig für Fotos und Videos.

 

Und als abschließende Frage, was ist eigentlich aus deiner ersten großen Leidenschaft, dem Surfen, geworden?

Für eine längere Zeit habe ich einfach eine Auszeit gebraucht, denn für mehr als zehn Jahre war das Surfbrett mein Lebensmittelpunkt. Mittlerweile finde ich langsam wieder Gefallen daran, vor allem weil ich es ohne Druck und nur zum Spaß machen kann. Meine zwei Kinder interessieren sich jetzt schon fürs Surfen und ich kann es kaum erwarten es ihnen eines Tages beizubringen. Surfen wird sicherlich für immer ein Teil in meinem Leben sein.

 

Vielen Dank fürs angenehme Gespräch!

 

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