Kultur | Salto Afternoon

Heut bist aber fesch!

Die Künstlerin Petra Polli faszinieren "gemalte" oder "getaggte" Hinterlassenschaften der Großstadt-Wände. Sie bringt sie in abgewandelter Form in die Kleinstadt Klausen.
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Foto: Stadtmuseum Klausen

Salto.bz: Sie nehmen als Künstlerin gerne Bezug auf „Beschriftungen“, auch in der Ausstellung in Klausen. Woher rührt dieses Interesse?
Petra Polli: Verschiedene Kommunikationsformen – sei es Werbung, als auch Graffiti im öffentlichen Raum –, wecken schon seit jeher mein Interesse. In der Serie POWER WORDS setze ich mich vor allem mit Wörtern auseinander, die schon beim Aussprechen, Denken oder Zuhören Gefühle und Reaktionen auslösen.

Vielfach bekommen wir den Einfluss der Worte gar nicht mit und lassen uns von ihnen manipulieren. Eine kleine Veränderung in der Wortwahl kann in uns starke Emotionen hervorrufen und unser Verhalten beeinflussen.
In der Serie SIGNED PLACES liegt das Wilde und Ungebändigte der ursprünglichen Schriftzeichen, TAGS, im Focus meines Interesses.
Die Faszination für Sprache entstand während meines Kommunikationsstudiums, das ich parallel zum Malereistudium am Mozarteum in Salzburg absolviert habe.

Zwischen Baugerüsten, auf Mülltonnen, Straßenschildern, Mauern und Fensterstöcken alles war voll von Klebebildern, Schablonengraffiti und TAGS.

Daneben stellen Sie Malerei aus, in der mitunter die verschiedenen Schichten spürbar werden. Sie haben den Anschein moderner Wandmalerei auf Leinwand…
In der aktuellen Ausstellung SIGNED PLACES sind Bilder zu sehen, in denen TAGS, also die Unterschriften von Graffitisprayern, in mehreren Malschichten auf die Leinwand übertragen werden. Durch das Übermalen referiere ich auf Übermalprozesse, die an Wänden im öffentlichen Raum stattfinden. Teilweise verschwinden die TAGS unter den Malschichten oder bleiben zum Teil sichtbar, Übermalungsvorgängen an öffentlichen Orten vergleichbar. Der Auftrag von verschiedenen Farbschichten, das Auswaschen oder Abkratzen von Partien lässt gleichzeitig mehrere Bildebenen entstehen.
Die in der öffentlichen Wahrnehmung oft als Vandalismus betrachteten Zeichen werden auf der Leinwand gesammelt, arrangiert und aufgewertet, eine Ikonographie der Straße in das Medium Malerei übertragen. Dabei verweise ich auf Übergangszonen zwischen öffentlichen und privaten Raum, auf Übergangszonen zwischen Bilder- und Sprachcodes, sowie auf Übergangszonen zwischen legalen und illegalen Systemen.

Welche Rolle spielen die Titel Ihrer Arbeiten, etwa „Der Feind hört mit“ oder „Heut bist aber fesch!”… Wie wichtig sind sie für die Arbeit selbst?
Die Titel der Arbeiten entstammen wie die TAGS dem öffentlichen Raum. Es sind Sätze oder Wörter die ich im Stadtraum vorfinde und in die Arbeit integriere. Die Städteporträts, wie ich diese Arbeiten nenne, werden erst durch die Titel vollständig.

Einen Kunstort, den ich mit meinen Arbeiten markieren will, ist das MOMA in New York.

Mit SIGNED PLACES haben Sie Ihr Revier in Klausen markiert. Als Taggerin?
Graffiti/Street Art begeistert mich seit 2003. Damals lief ich durch die Straßen Berlins von einem Museum ins nächste und dort waren sie. Zwischen Baugerüsten, auf Mülltonnen, Straßenschildern, Mauern und Fensterstöcken alles war voll von Klebebildern, Schablonengraffiti und TAGS. Dabei faszinieren mich vor allem die Einfachheit, das Alltägliche und das Vergängliche an diesen Darstellungen. Seitdem dokumentiere ich die Zeichen in den Städten und verarbeite einige in meinen Bildern. Die theoretische Auseinandersetzung erfolgte in meiner Diplomarbeit.

Welchen Kunstort werden Sie demnächst mit Schriften und Malerei markieren, markieren wollen…?
Meine nächsten Ausstellungen führen mich wieder ins Ausland. Im Sommer zeige ich Arbeiten aus der Serie SIGNED PLACES in Salzburg. Ab Mitte Oktober sind anlässlich der Preisträgerausstellung Paradigma Arbeitswelten II, neue Arbeiten aus der Serie POWER WORDS im Tapetenwerk in Leipzig zu sehen.
Einen Kunstort, den ich mit meinen Arbeiten markieren will, ist das MOMA in New York.