Wirtschaft | Regierung

Ein ungerechtes Haushaltsgesetz

Eine erste Bewertung des Haushaltsgesetzes durch das nationale Sekretariat der CGIL.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
sede_cgil.png
Foto: (c) Cgil nazionale

Die Regierung hat uns nicht zugehört. Der Entwurf des Haushaltsgesetzes geht auf Kosten der Ärmsten, vergrößert die prekäre Beschäftigung, anstatt sie zu bekämpfen, verringert nicht die Kluft zwischen den Geschlechtern, belohnt Steuerhinterzieher und vergrößert mit der flat tax die Ungerechtigkeit des Steuersystems, greift nicht strukturell in die Lohnpandemie ein, die alle Menschen, die in Würde arbeiten müssen, um zu leben, verarmen lässt.

Es werden keine ausreichenden Mittel für die Erneuerung der Arbeitsverträge der öffentlichen Bediensteten bereitgestellt, wodurch die Rolle der öffentlichen Bediensteten geschwächt wird, das Fornero-Gesetz wird nicht geändert und der bestehende Mechanismus zur Anpassung der Renten wird ohne vorherige Diskussion geändert.

Italien und Europa befinden sich in einer der schwierigsten Phasen ihrer Geschichte. Genau aus diesem Grund hat die CGIL bei den Treffen mit der Regierung vorgeschlagen, dass mit diesem Finanzgesetz auch echte Reformen eingeleitet werden, die sich an der Arbeitswelt orientieren, die sich an den Kriterien der Solidarität, der sozialen Gerechtigkeit, der Qualität und der Stabilität der Arbeit, der Sicherheit am Arbeitsplatz und einer neuen Industriepolitik orientieren, die eine neue Zukunft für das Land ins Auge fasst.

Die im aktuellen Entwurf des Haushaltsgesetzes enthaltenen Maßnahmen (insbesondere diejenigen, die nicht nur die geltenden Maßnahmen der Draghi-Regierung verlängern) und die Strategie und Vision, die ihnen zugrunde liegen, gehen in eine Richtung, die nicht den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen entspricht und einen Rückschritt für unser Land darstellt. Es ist an der Zeit, Menschen und Gebiete zu vereinen und nicht zu spalten, wie es die Regierung mit der differenzierten Autonomie tun will.

Es ist die Zeit der Verantwortung und der Solidarität, nicht die Zeit der Aufforderung zu mehr Individualismus.

Wir behalten uns das Recht vor, den endgültigen Text, der verabschiedet werden soll, sorgfältiger und gründlicher zu lesen, stellen aber zum jetzigen Zeitpunkt fest, dass:

1. Das Lohnproblem wird nicht angegangen.
Es wird lediglich die Beitragsreduzierung von 2% der Regierung Draghi bei Einkommen bis zu 35.000 Euro verlängert. Wir haben 5% verlangt, um mindestens ein weiteres Monatsgehalt sicherzustellen. Außerdem wird das Problem des „fiscal drag“ nicht berücksichtigt. Die Nichtbesteuerung der vertraglich vorgesehenen Lohnerhöhungen und die rechtliche Verankerung der Kollektivverträge auf gesetzgeberischer Basis, um so einen Mindestlohn für alle Arbeitsformen zu garantieren, war eine weitere unserer Forderungen die nicht berücksichtigt wurden.

2. Armut
In einem Land wo 5 Millionen Menschen in absoluter Armut leben, hat die Regierung nichts Besseres zu tun als beim Bürgergeld zu sparen, indem sie ab 2023 nicht akzeptable Auflagen und für 2024 die Abschaffung desselben vorsieht.

3. Die vorgesehenen Steuermaßnahmen sind ungerecht:
Eine „Flat Tax“ von 15% für die Einkommen aus autonomer Tätigkeit bis 85.000 Euro ist ein Angriff auf das in Italien geltende progressive Steuerrecht. Lohnabhängige und Pensionisten werden doppelt so hoch besteuert, wie Selbständige, die drei Mal so viel verdienen. Anstatt der Steuerhinterziehung den Kampf anzusagen, werden wieder Steuererlässe angekündigt. Wieder einmal werden diejenigen belohnt, die die Steuern nicht zahlen, ein Schlag ins Gesicht für alle ehrlichen Steuerzahler in unserem Land. Die Zusatzgewinne der Energie und stromerzeugenden Betriebe werden nur zu 35% rückgeführt, das heißt 65% bleibt den Unternehmen, während die Löhne und Pensionen doppelt so hoch besteuert werden wie die Einnahmen aus Finanztransaktionen.

4.  Prekäre Arbeit
Anstatt den prekären Arbeitsverhältnissen den Kampf anzusagen, da sie hauptsächlich junge Menschen und Frauen betreffen, werden solche mit dem wiedereinführen der „Voucher“ noch gefördert. Mit den „Voucher“ wird die Arbeit immer mehr zur Ware ohne Rechte und Schutz für diejenigen, die sie in Anspruch nehmen.

5. Investitionen in öffentlichen Dienst
Es fehlen die notwendigen Investitionen um den sozialen Zusammenhalt zu fördern und die Ungleichheiten zu bekämpfen, angefangen bei den öffentlichen Dienstleistungen und bei den öffentlichen Bediensteten, beim Recht auf Bildung, in der Gesundheitsversorgung und bei der Bekämpfung der absoluten Armut. Die graduelle Abschaffung des Bürgereinkommens und das gleichzeitige Einführen der Voucher und der Social Card sind nicht die richtigen Antworten.

6. Renten
Von einer Rentenreform ist weit und breit nichts in Sicht. Man erfindet neuerlich eine Quote, dieses Mal 103. Die für Frauen bestimmte „Opzione donna“ wird noch unattraktiver gestaltet als sie es jetzt schon ist, die „Ape sociale“ wird nicht erweitert und die Fornero-Reform nicht abgeschafft.
Wir haben der Regierung folgendes vorgeschlagen und bleien dabei:
•    Flexibler Rentenantritt ab dem 62. Lebensjahr
•    Anerkennung der verschiedenen Schwere der Arbeit
•    Eine Garantierente für Junge und diskontinuierliche Berufslaufbahnen
•    Anerkennung der Pflegezeiten
•    Anerkennung geschlechtsspezifischer Unterschiede
•    Rentenantritt mit 41 Beitragsjahren, unabhängig vom Alter

7.  Industriepolitik 
Im Haushaltsgesetz fehlt jeglicher Ansatz für eine mittel oder langfristige Industrie- und Energiepolitik. Dies ist für ein Land, das in Europa an 2. Stelle in der Herstellung und Fertigung von Produkten steht, inakzeptabel, auch in Hinblick auf den digitalen Wandel und dem Klimawandel.

In den nächsten Tagen wird es ein Treffen mit den Gewerkschaften CISL und UIL geben, um über eventuelle gemeinsame Aktionen zu diskutieren.