Wirtschaft | Tourismus

Fachkräftemangel im Tourismus

Südtirols Tourismus ist für die lokale Wirtschaft von zentraler Bedeutung. Nun sieht er sich aufgrund des Fachkräftemangels zunehmend vor Herausforderungen gestellt.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Adobe Stock Images

Dass der Tourismus im Urlaubsland Südtirol ein Aushängeschild ist, bleibt unbestritten, schließlich machte der Sektor laut dem Landesstatistikinstitut Astat im Jahr 2017 rund 10% aller wirtschaftlichen Einnahmen aus. Auch als Arbeitgeber ist die Tourismuswirtschaft im Lande weit vorn: Rund jeder elfte Arbeitsplatz in Südtirol fällt auf den Tourismus zurück und macht ihn deshalb zur Schlüsselbranche. Gleichzeitig hat er sich in den vergangenen Jahren immer mehr zum Problemkind entwickelt – Stichwort „Overtourism“. Dabei drückt auch innerhalb der über 10.500 Beherbergungsbetriebe Südtirols der Schuh, denn mit der höheren Zahl an TouristInnen steigt auch die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften. Dies gestaltet sich angesichts des sich zuspitzenden Fachkräftemangels immer schwieriger.

Junge Branche

Laut den Ergebnissen des European Working Conditions Survey – kurz EWCS – den das AFI | Arbeitsförderungsinstitut in Zusammenarbeit mit Arbeiterkammer Tirol und Agenzia del lavoro Trento für die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino erhoben hat, ist der Tourismussektor in Frauenhand. Rund 57% der dort Beschäftigten sind weiblich und setzen sich so vom allgemeinen Branchendurchschnitt mit einer Frauenquote von 44% ab. Im Hinblick auf das Alter der Beschäftigten fällt auf, dass das Gastgewerbe mit einem Durchschnittsalter von 38 Jahren eine deutlich jüngere Belegschaft hat als andere Branchen. Den Löwenanteil macht im Tourismus die Gruppe der 35- bis 49-Jährigen aus, die etwa 36% beträgt. Der Anteil der unter-35-Jährigen ist im Gastgewerbe, mit knappen 33%, ebenfalls höher als jener anderer Branchen mit etwa 27%. Grund dafür sind unter anderem die körperlich belastenden Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise das Arbeiten im Stehen sowie einseitige Bewegungen aufgrund sich wiederholender Aufgaben. Doch die körperlichen Belastungen sind nur ein kleiner Teil eines größeren Problems, das sowohl psychisch belastende Bedingungen als auch eine geringe Vertretung der Arbeitnehmenden umfasst.

Die Herausforderungen

Die Arbeit im Tourismusgewerbe ist nicht unbedingt als familien- und freizeitfreundlicher Beruf bekannt, da sowohl Wochenend- als auch Saisonarbeit zum Alltag der beschäftigten Fachkräfte gehören. Hinzu kommen unregelmäßige und oft lange Dienstzeiten, die nicht selten auch Abend- und Nachtarbeit vorsehen. Eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist unter solchen Rahmenbedingungen schwierig, zumal mehr als 75% der im Gastgewerbe Beschäftigten Vollzeit arbeiten. Gerade Feiertage beweisen, dass ein Job im Tourismus zwei Seite der Medaille hat: Zum einen sollen die freien Tage mehr Zeit für Familie und Freunden bieten, zum anderen sind sie für Arbeitskräfte im Gastgewerbe und Tourismus die anspruchsvollsten, da in jenen Zeiträumen ein Großteil der Nächtigungen in Südtirol gezählt wird. Während sich andere erholen, steigt das Arbeitspensum für die entsprechenden Fachkräfte um ein Vielfaches. Gerade die im Tourismus übliche Saisonarbeit und die dadurch bedingte Fluktuation bringen zusätzlichen Stress, da viele Fachkräfte sowohl zu den ArbeitskollegInnen als auch zum Betrieb selbst nur eine schwache Bindung aufbauen können und so die Identifikation mit dem arbeitgebenden Betrieb erschwert wird. Die Beziehungen zwischen festen Angestellten und Saisonsfachkräften müssen wiederholt neu etabliert werden, was bedeutet, dass sich das Personal regelmäßig an die unterschiedlich hohen Qualifikationslevels der neuen Angestellten anpassen und potenzielle Mängel mit den eigenen Fähigkeiten ausgleichen muss. Diese Umstände führen nicht selten zu Frustration und einer daraus resultierenden Disharmonie zwischen den Mitarbeitenden, was sich im allgemeinen innerbetrieblichen Arbeitsklima widerspiegelt. Die für den Sektor unterdurchschnittliche Bezahlung – sie beträgt rund ein Viertel weniger als in anderen Sektoren – bietet ebenfalls einiges an Konfliktpotenzial, nicht nur zwischen den Mitarbeitenden und der oder dem Arbeitgebenden, sondern auch innerhalb des Teams. Dennoch stimmten im Rahmen der EWCS-Studie rund 23% zu, für ihre Arbeitsleistung angemessen bezahlt zu werden. Lediglich 7% stimmten dieser Aussage gar nicht zu. Nicht nur an der Bezahlung hapert es: Im Vergleich zu anderen Branchen werden im Tourismus Angestellten weniger Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten, was das persönliche Weiterentwicklungspotenzial hemmt und zudem die Qualität der Arbeit innerhalb des Betriebs stagnieren lässt. Damit in Verbindung stehen auch die geringen Aufstiegschancen in der Branche.

Als zentrale psychische Herausforderung von Tourismus- und Gastgewerbejobs nennen viele Beschäftigte den hohen Zeitdruck und die damit verbundene Hektik. Der hohe Qualitätsanspruch ist oft nicht mit dem anspruchsvollen Arbeitstempo vereinbar, was zusätzlichen psychischen Druck verursachen kann. Obwohl knapp 76% der Befragten in der EWCS-Studie angaben, sich in einem (sehr) guten Gesundheitszustand zu befinden, klagten 23% über einen hauptsächlich negativen Einfluss ihrer Arbeit auf den eigenen Gesundheitszustand.

Maßnahmen wichtig

Der Tourismus würde ohne ausgebildete Fachkräfte nicht funktionieren. Gerade deshalb ist es wichtig, die Weiterentwicklung der Produktivität und Qualität von Mitarbeitenden zu fördern und die eigenen Angestellten als wichtigste Ressource anzuerkennen. Die Luxemburger Deklaration der EU zielt auf die betriebliche Gesundheitsförderung ab und wurde 1997 anlässlich des Zusammentreffens der Mitglieder des europäischen Netzwerks für betriebliche Gesundheitsförderung verabschiedet. Sie sieht unter anderem eine Verbesserung der Arbeitsorganisation und -bedingungen vor und fordert Arbeitgebende dazu auf, sowohl eine aktive Beteiligung der eigenen Mitarbeitenden innerhalb des Betriebs als auch deren persönliche Kompetenzen zu fördern. Die EWCS-Studie von 2016 beinhaltet ebenfalls eine Reihe von Maßnahmen, die das psychische und körperliche Wohlbefinden von Beschäftigten im Gastgewerbe und Tourismus verbessern sollen. Darunter fällt der Vorschlag einer Entsaisonalisierung, die mit einem Anstieg stabiler Beschäftigungsverhältnisse Hand in Hand geht. Zudem ist es von Bedeutung, ausgebildeten Fachkräften trotz ausgezeichneter Qualifikationen zusätzliche Weiterbildungsmöglichkeiten zu bieten und nicht die gesamte Aufmerksamkeit auf die Ausbildung noch unqualifizierter Arbeitskräfte zu lenken. Mitarbeitende werden in Zukunft eine noch knappere Ressource sein, weshalb sich eine Investition in Form von Zeit und Geld in allen Fällen lohnt.

 

Ein Artikel der freien AFI-Mitarbeiterin Karin Inama

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Profil für Benutzer Josef Fulterer
Josef Fulterer Di., 04.04.2023 - 06:31

Die Tourismus-Unternehmer, ganz besonders die Leithammel haben schon seiner Zeit, als die billige und willige Reserve der Bauernmädchen und dem italienischen Raum knapp wurde, die Öffnung für Ausländer gefordert, ohne die entsprechenden Strukturen für diese zu schaffen.
Nach den Saisonen sollten sie in ihre Herkunftsländer verschwinden. Bei der Entlohnung wird die mittlerweile eingeführte Arbeitslosen-Unterstützung mit kalkuliert.
Von den führenden Großbetrieben wird zusätzlich "Lohn-drückend" gerne der Umstand missbraucht, dass Anwärter die Gastronomie-Berufe anstreben "große Namen in ihrem Lebenslauf vorweisen wollen."

Di., 04.04.2023 - 06:31 Permalink