Gesellschaft | Charakterköpfe

Vater der Tiroler Geschichtsschreibung

Neben seiner verdienstvollen Tätigkeit als Landeshauptmann von Tirol ist Jakob Andrä von Brandis wegen seiner „Geschichte der Landeshauptleute von Tirol" bekannt.
brandis.jpg
Foto: zucco.inc
Jakob Andrä von Brandis (1569 – 1629) gilt als der Vater der Geschichtsschreibung Tirols. Er lebte an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert. Damals verbreitete sich vom Innsbrucker Hof die Kultur der Renaissance mit der Wiederentdeckung der Antike und dem humanistisch geprägten Bildungsprogramm über das ganze Land. Gleichzeitig streckte die Reformation ihre Fühler nach Tirol aus. Teile des Adels und der Bevölkerung liebäugelten mit dem Protestantismus. Erst die schrittweise Umsetzung der Beschlüsse des Trientner Konzil (1545 – 1563) führte das Land wieder in den Schoß der katholischen Kirche zurück.
Die Einführung des römischen Rechtes brachte tiefgreifende Veränderungen in der Verwaltung mit sich. Vornehme Herkunft garantierte zwar weiterhin den Zugang zu prestigeträchtigen Karrieren, im Unterschied von früher aber nur mehr in Kombination mit Bildung.
So absolvierte auch Jakob Andrä von Brandis seine Ausbildung in Innsbruck, bei den Jesuiten in München und in Bologna, worauf ihn die als Bildungsreise für junge Adelige angelegte Kavalierstour nach Prag und Wien führte. Die Eheschließung mit der Tochter des Landeshauptmannes Franz Hendl brachte ihm die Verwandtschaft mit einem der einflussreichsten Geschlechter des Landes ein.
1609 wird ihm das höchste Landesamt eines Landeshauptmannes von Tirol übertragen, das er bis 1628 ausübte. Die Amtszeit Jakob Andräs von Brandis als Landeshautmann von Tirol fällt größtenteils in die Regierungszeit Erzherzogs Maximilians. Dieser übernimmt 1602 die Regentschaft in Tirol. Der Hochmeister des Deutschen Ordens setzt ohne übertriebene Härte die Konsolidierung des Katholizismus fort, u.a. mit der Gründung von Kapuzinerklöstern, einer Niederlassung der Jesuiten in Innsbruck und durch den Aufbau von Priesterseminaren in Brixen und Trient.
 
 
 
Neben der Durchführung der Gegenreformation bildete das Bemühen, Tirol möglichst aus dem rundherum tobenden Kriegsgeschehen herauszuhalten, den zweiten Schwerpunkt der Regierungszeit des Landesfürsten und seines Landeshauptmannes. Tirol blieb zwar vom Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) verschont, bekam aber dessen Begleiterscheinungen wie Inflation, Nahrungsmittelknappheit und Seuchen zu spüren.
Maximilian ließ die Festungen an den Grenzen ausbauen, erließ 1605 eine neue Zuzugsordnung für die Landesverteidigung und sanierte durch eine konsequente Sparpolitik die Landesfinanzen. Durch maßvolle Verträge gelang es ihm drohende Kriege mit Venedig und den Engadinern zu vermeiden.
Seine Politik stimmte der Erzherzog mit dem Landtag ab, der ihm nach harten Verhandlungen entsprechende Steuermittel zur Verfügung stellte. Der wichtigste Partner Maximilians war dabei Landeshauptmann Jakob Andrä von Brandis. Dieser erwies sich als integrer Vermittler zwischen den Interessen seines Fürsten und der Stände. Ohne seinen großen Einfluss auf die Landstände und sein geschicktes Vorgehen wäre Tirol wohl nicht so gimpflich durch diese aus den Fugen geratene Zeit gekommen.
 
 
 
Neben seiner verdienstvollen Tätigkeit als Landeshauptmann von Tirol ist Jakob Andrä von Brandis wegen seiner 1623 abgeschlossenen „Geschichte der Landeshauptleute von Tirol“ bekannt. Der Rang dieser erst 1850 veröffentlichten, 573 Seiten umfassenden Arbeit beruht vor allem darin, dass Brandis im Unterschied zu anderen zeitgenössischen und auch späteren Autoren vorwiegend primäre Quellen, wie Urkunden, Briefe und amtliche Erlässe verwendet, die noch dazu kritisch rezipiert werden. Sein Werk gilt deshalb als das älteste ernstzunehmende Geschichtswerk Tirols. Mit ihm nimmt die Geschichtsschreibung des Landes ihren Anfang.
Möglicherweise diente der „Codex Brandis“, eine Sammlung von über 100 Federzeichnungen von Burgen und Ortschaften Tirols aus der Zeit um 1600, zur Illustration dieses Werkes.
Bild
Profil für Benutzer Hartmuth Staffler
Hartmuth Staffler So., 08.05.2022 - 14:49

Leider wird die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, die für Tirol mit den indirekten Folgen des 30jährigen Krieges, mit Hungersnöten, zwei Seuchenwellen mit harten Quarantäneregeln, einer Verschärfung der Hexen- und Hexerverfolgung (Lauterfresser) und der Judendiskriminierung (Erfindung der Anderl-von-Rinn-Legende durch Hyppolitus Guarinoni) dramatisch war, in der offiziellen Geschichtsschreibung viel zu wenig berücksichtigt.

So., 08.05.2022 - 14:49 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Christoph Gufler
Christoph Gufler So., 08.05.2022 - 19:04

Hier eine ausführlichere Version:
Jakob Andrä von Brandis und seine Zeit

Mit Jakob Andrä von Brandis (1569 – 1629) stellt die Familie Brandis den ersten Landeshauptmann aus ihren Reihen. Er zählt zu den bedeutendsten Persönlichkeiten Tirols an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert. Der erste Lebensabschnitt Jakob Andräs fällt in die Regierungszeit Erzherzogs Ferdinand II (1564 – 1595), dessen Herrschaftsgebiet sich von Rovereto bis in den Elsass erstreckte. Es war eine Zeit des Umbruchs. Vom prunkfreudigen Innsbrucker Hof aus verbreitete sich damals die Kultur der Renaissance mit der Wiederentdeckung der Antike und dem humanistisch geprägten Bildungsprogramm über das ganze Land. Jüngste Forschungen zeigen auf, dass der tirolische Adel damals mit der Reformation sympathisierte. Dies trifft auch auf Lana zu, wo die Goldegg und Helmstorf ihre Adelssitze Junkhof (heute Lorenzenhof) und Helmstorf mit kryptoprotestantischen Wandmalereinen und Inschriften ausstatteten und reformatorische Prediger beherbergten. Unter den adeligen Studenten, welche in Basel und Wittenberg die „ketzerischen“ Hochschulen besuchten, scheint auch ein Brandis auf (Hanns-Paul Ties: Schrifträume. Profane Raumausstattungen mit biblischen Inschriften (Jaufenburg, Ansitze Junkhof, Helmstorf, Jöchelsthurn). Die Verbreitung der neuen Lehre wurde durch die schrittweise Umsetzung der im Trientner Konzil (1545 – 1563) beschlossenen kirchlichen Reformen eingebremst. Die Brandis treten in ihrer weiteren Geschichte stets als dezidierte Verfechter des römisch - katholischen Glaubens auf. Nachhaltiger als die vorübergehende Hinneigung zur neuen Lehre wirkte sich der nunmehr geforderte Bildungsgrad aus. Vornehme Herkunft garantierte zwar weiterhin den Zugang zu prestigeträchtigen Karrieren, im Unterschied von früher aber nur mehr in Kombination mit Bildung. Auch die Brandis finden wir von nun an regelmäßig in den Matrikelbüchern der Universitäten vermerkt. Die zunehmende Vergrößerung und engere Vernetzung der domus Austriaca führte den Tiroler Adel weit über die Landesgrenzen hinaus. Dies zeigt sich auch bei den Herren von Brandis. Während der Großvater Jakob Andräs seinen Wirkungskreis als Pfleger von Schenna und Verwalter seiner Stammgüter in Lana noch in der engsten Heimat hatte, finden wir seinen Sohn Hanns Heinrich im Dienste Erzherzog Karls von Innerösterreich - Steiermark und Kaiser Maximilians II, für den er in Wiener – Neustadt mehrere Jahre die „custodia“ über den gefangenen Sachsenherzog Joachim Friedrich ausübt. Auch seine erste Frau stammt nicht mehr aus dem Tiroler Adel, sondern ist die Tochter des Regenten der Niederösterreichischen Lande, Andreas von Thanrädl und der Freiin von Harrach. Eine Tochter Anna Margareth wurde Äbtissin des Clarissenklosters Anger in München und starb 1626 im Rufe der Heiligkeit. Der einzige Sohn aus dieser Ehe ist Jakob Andrä, der am 10.1.1569 am Hof des steirischen Erzherzogs in Wiener Neustadt geboren wird. Er absolviert seine Ausbildung in Innsbruck, bei den Jesuiten in München und in Bologna, worauf ihn die als Bildungsreise für junge Adelige angelegte Kavalierstour nach Prag und Wien führt. Von dort ruft ihn der Tod des Vaters 1589 nach Lana zurück. Seine „schwermütigkheit, welche mier zum thail angeboren“, veranlasst ihn an eine Familiengründung zu denken. Nach Rücksprache mit seinem Oheim Hilprant von Wangen hält er um die Hand der Sibilla Hendl von Goldrain an. Nicht ohne Bedenken, wie dieselbe seine Werbung aufnehmen würde, da sie „von einem stattlichen in ein geschmeidiges Haushaben“ wechseln müsste. Tatsächlich brachte ihm die am 25.11. 1590 zu Brandis vollzogene Eheschließung mit der Tochter des Landeshauptmannes (1582 – 1591) Franz Hendl die Verwandtschaft mit einem der einflussreichsten Geschlechter des Landes ein. Bereits ein Jahr nach seiner Hochzeit nimmt er zum ersten Mal am adeligen Hofrecht teil. 1594 ruft ihn Erzherzog Ferdinand „zu einer Berathschlagung wegen des Türkenkrieges“ nach Innsbruck. Am 13. April 1597 kauft er den Adelssitz Fahlburg in Prissian. Ein Jahr später verstirbt Sibilla, worauf sich Jakob Andrä am 4.3.1601 in Salzburg mit der Freiin Isabella von Lamberg, der Tochter des Niederösterreichischen Landmarschalls verehelicht. Von seinen insgesamt zwölf Kindern überlebten ihn nur drei Söhne.

Landeshauptmann 1609 bis 1628

Die Amtszeit Jakob Andräs von Brandis als Landeshautmann von Tirol fällt größtenteils in die Regierungszeit Erzherzogs Maximilians. Dieser übernimmt 1602 die Regentschaft in Tirol. Der Hochmeister des Deutschen Ordens setzt ohne übertriebene Härte die Konsolidierung des Katholizismus fort, u.a. mit der Gründung von Kapuzinerklöstern, einer Niederlassung der Jesuiten in Innsbruck und durch den Aufbau von Priesterseminaren in Brixen und Trient. Auch in Lana entsteht 1664 eine Niederlassung der Kapuziner. Diesem Orden wie auch den Jesuiten war Jakob Andrä von Brandis eng verbunden. Beide wurden von ihm in seinem Testament mit hohen Geldsummen bedacht. Eine gewisse tolerante Grundhaltung gegenüber anderen Konfessionen teilte Brandis mit seinem Landesregenten: so veranlasste er, dass den Juden das gelbe Abzeichen erlassen wurde, das diese bisher beim Besuch der Bozner Märkte hatten tragen müssen. Ungebührliches Verhalten beim Gottesdienst findet hingegen seine scharfe Kritik. Am 12. April 1614 weist er den Pfarrer von Lana an dafür zu sorgen, dass manche Kirchenbesucher, die „vor oder während der Predigt aus der Kirchen laufen“ und mit „allerlei Geschrei und Tumberei“ Ärgernis erregen, so wie er dies „selbst habe ansehen und erfahren müssen“, gemaßregelt werden.
Neben der Durchführung der Gegenreformation bildete das Bemühen, Tirol möglichst aus dem rundherum tobenden Kriegsgeschehen herauszuhalten, den zweiten Schwerpunkt der Regierungszeit des Landesfürsten und seines Landeshauptmannes. Tirol blieb zwar vom Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) verschont, bekam aber dessen Begleiterscheinungen wie Inflation, Nahrungsmittelknappheit, Durchzüge von Truppen und Seuchen zu spüren. Maximilian ließ die Festungen an den Grenzen ausbauen, erließ 1605 eine neue Zuzugsordnung für die Landesverteidigung und sanierte durch eine konsequente Sparpolitik die Landesfinanzen. Durch maßvolle Verträge gelang es ihm drohende Kriege mit Venedig und den Engadinern zu vermeiden. Seine Politik stimmte der Erzherzog mit dem Landtag ab, der ihm nach harten Verhandlungen entsprechende Steuermittel zur Verfügung stellte. Der wichtigste Partner Maximilians war dabei Jakob Andrä von Brandis, den er bereits 1603 zum Regierungsrat ernannte und der nach einigen Jahren als Obersthofmeister der Erzherzogin Anna Katharina am 12.11.1609 das höchste Landesamt eines Landeshauptmannes von Tirol übernahm, das er aktiv bis 1622, formell bis 1628 ausübte. Der 1605 in den erblichen Freiherrenstand „von Leonburg und Forst“ erhobene Jakob Andrä erwies sich dabei als integrer Vermittler zwischen den Interessen seines Fürsten und der Stände. Ohne seinen großen Einfluss auf die Landstände und sein geschicktes Vorgehen wäre Tirol wohl nicht so gimpflich durch diese aus den Fugen geratene Zeit gekommen. Wie ernst es Jakob Andrä mit seiner Verantwortung nahm, zeigt sich daran, dass er nach seiner Ernennung zum Geheimen Rat durch Kaiser Ferdinand II im Jahre 1621 darum ersuchte die Landeshautmannschaft einem Stellvertreter übergeben zu können, um nicht in Konflikt mit seinen Aufgaben als Vertreter des Kaisers und jenen als Vorstand der Landstände zu geraten. Trotzdem übt er weiterhin großen Einfluss aus. 1624 schreib der Statthalter von Tirol Erzherzog Leopold an Jakob Andrä: „Euer Schwager, der Schiller und andere hätten ihm mitgeteilt, dass nur er wegen der gueten Manier und großen Credit, den er bei den Ständen habe, die Gefahr derselbigen Landen bei diesen beschwerlichen Zeiten abwenden könne.“ Der tirolische Kanzler Marquard von Schillern hatte die Schwester Jakob Andräs geheiratet. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Jakob Andrä von Brandis auf der von ihm zu einem prächtigen Renaissancesitz ausgebauten Fahlburg in Prissian, wo er am 7.11.1629 verschied. Dort verfasste er hauptsächlich seine „Geschichte der Landeshauptleute“, von der noch die Rede sein wird. 1626 war ihm für seine Familie das neugeschaffene Ehrenamt „Erblandsilberkämmerer von Tirol“ verliehen worden. In seinem Testament bestimmte er die namhafte Summe von 1.100 Gulden für eine Stiftung, mit der armen Kindern die Erlernung eines Handwerks ermöglicht werden sollte.

Die Fahlburg

Die Fahlburg in Prissian verdankt ihren Ausbau zu einen der schönsten Renaissanceschlössern Südtirols den Herren von Brandis, besonders Jakob Andrä und seinem Sohn Veit Benno. Von der ersten urkundlichen Erwähnung am Ende des 13. Jahrhunderts bis ins späte 16. Jahrhundert war die Fahlburg eine kleine Dorfburg, deren Hauptbestandteil der heute noch im Nordteil des Schlosses verbaute “Turm in der Vall“ bildete. Bis zu ihrem Aussterben gegen Ende des 14. Jahrhundert saßen hier die Herren von Zobel. 1387 übernimmt Hans von Wehrberg die Erbschaft “ von unserer lieben Muemen wegen der Zoblin, insbesondere das Gesäß (Ansitz), das da heisset in der Vall in Prissian, das Frau Barbara inne hat“. Bei dieser Frau Barbara handelt es sich um jene Barbara von Hauenstein, die gemeinsam mit ihrem zweiten Mann Martin Jäger jahrzehntelang mit Oswald von Wolkenstein um ihr rechtmäßiges Erbe auf Hauenstein streiten musste. 1421 wird der berühmte „Minnesänger“ von der Jägerischen Partei gefangen genommen und von Mitte September bis Mitte November in der Fahlburg eingekerkert, wo er durch Folterung zur Herausgabe der von ihm widerrechtlich genossenen Besitzungen der Barbara Hauenstein-Jäger gezwungen wird. 1597 übernimmt der damalige Landeshauptmann Jakob Andrä von Brandis das „Gut in der Fall“ und baut es in der Folge zu einem prächtigen Schloss aus, wie Marx Sittich von Wolkenstein in seiner um 1615 verfassten Landesbeschreibung vermerkt: “ Im Dorf Prissian liegt ein Freisitz oder alter Turm, genannt in der Fall, der jetzt von Herrn Landeshauptmann Jakob Andre von Brandis, Freiherr, schön von Neuen zu einer Frisch erbaut und bewohnt“ wird. Auf der neuerbauten Fahlburg verfasste Brandis seine „Geschichte der Landeshauptleute von Tirol“ mit der die Tiroler Geschichtsschreibung ihren Anfang nimmt. Das zweibändige Werk über die Geschichte Tirols trug ursprünglich den Titel „Caniculares Jacobi Andrae Baronis de Brandis de anno 1623“. Der Name „Caniculares“ wird als „Früchte der Hundstage“ interpretiert, weil Brandis das Werk während seiner Sommeraufenthalte auf der Fahlburg in Prissian verfasst hätte. Im Unterschied von anderen zeitgenössischen und früheren Geschichtswerken verwendet der Autor darin vor allem Urkunden für seine Recherchen. Bei den Bauarbeiten zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde der bescheidene mittelalterliche Edelsitz zu einer regelmäßigen Viereckanlage mit zwei Fassadentürmen ausgebaut und mit repräsentativen Mittelsälen, wertvollen Täfelungen, schönen Kachelöfen und wertvollen Gemälden mythologischen und biblischen Inhalts unter anderem aus der Hand des bedeutenden Barockmalers Stefan Kessler ausgestattet. Im Erdgeschoss befindet sich die Schlosskapelle zu Allerheiligen. Die Fahlburg diente in den folgenden Jahrhunderten der gräflichen Familie neben anderen Besitzungen als Wohnsitz. So wohnte hier Franz Adam Graf Brandis, dem wir mit dem „Des tirolischen Adlers immergrünenden Ehrenkränzel“ ein 1678 erschienenes bedeutendes Geschichtswerk verdanken. Vom 17. bis ins 19. Jahrhundert war die Fahlburg der Sitz des Gerichtes Maienburg-Tisens, welches einen Großteil des Mittelgebirges umfasste. Auch heute ist das Schloss immer wieder ein Ort literarischer und kultureller Ereignisse von Rang, wie die Verleihung des renommierten „Petrarca-Preises“ durch Hubert Burda und Peter Handke bezeugt. Auch der tschechische Schriftsteller und Staatspräsident Vaclav Havel weilte mehrfach als Gast auf dem schönen Renaissancesitz im Mittelgebirge von Tisens. Bildtext: Wappen der Brandis von 1648 am Eingangsportal der Fahlburg.

Vater der Tiroler Geschichtsschreibung
Neben seiner verdienstvollen Tätigkeit als Landeshauptmann von Tirol und Geheimer Rat Kaiser Ferdinand II. ist Jakob Andrä von Brandis wegen seiner 1623 abgeschlossenen „Geschichte der Landeshauptleute von Tirol“ bekannt. Der Rang dieser erst 1850 veröffentlichten, 573 Seiten umfassenden Arbeit beruht vor allem darin, dass Brandis im Unterschied zu anderen zeitgenössischen und auch späteren Autoren vorwiegend primäre Quellen, wie Urkunden, Briefe und amtliche Erlässe verwendet, die noch dazu durchaus kritisch rezipiert werden. Die „Caniculares Jacobi Andrae Baronis de Brandis de anno 1623“, so der vom Autor mit eigener Hand angeführte Titel des Werkes, gelten damit als das älteste ernstzunehmende Geschichtswerk Tirols, mit dem die Geschichtsschreibung des Landes ihren Anfang nimmt. Die barocke Titulatur geht weiter mit: „Beschreibung aller und jeder Landhaubtleut an der Etsch, von der Zeit an, als Frau Margereta, Herzogin von Cärnten und Gräfin zu Tirol, genant die Maultasch (von deren besagte Grafschaft an das hochlöbliche hauß Oesterreich kommen) zu regieren angefangen, und waß von selbiger Zeit (als ungeuerde anno 1355 an zu rechnen) biß auf absterben herrn Hanns Jacoben Khuen Freiherrn hin und wider (fürnemlich aber in disem landt) denkhwirdiges verloffen“. Die Fachkompetenz Jakob Andräs war den Zeitgenossen durchaus bekannt, wie im Schreiben Marx Sittichs von Wolkenstein an Karl von Schurf zu erkennen ist, worin Wolkenstein den Regimentsrat ersucht, „ob Ir Fürstliche Durchlaucht (Erzh. Maximilian) den herrn von Prandiß und den herrn Burklehner darzue deputiern wolten“ sein Werk, die Landesbeschreibung Tirols, „durchsehen und zu corigiern“. Die Vorliebe für die Historie blieb noch viele Jahrhunderte lang in der Familie erhalten. Der Enkel Jakobs, Franz Adam Graf Brandis, veröffentlich 1678 „Deß Tirolischen Adlers Immergrünendes Ehren – Kränzel“, eine etwas phantasievolle Geschichte Tirols, dessen Wert vor allem in der lexikalischen Beschreibung des Tiroler Adels mit beigefügten Wappentafeln besteht. Es ist das erste Werk zur Landesgeschichte, das zu Lebzeiten des Autors in Buchform erscheint. Heinz Noflatscher hat in seiner Arbeit über die Freiherren von Enzenberg die Gründe dargelegt, warum der alte Adel sich um 1600 mit historischen Studien beschäftigte. Die alten Familien wollten ihre uradelige Herkunft dokumentieren und sich dadurch gegen die Flut der neunobilitierten Aufsteiger abgrenzen. So nennt Brandis im „Ehrenkränzel“ die Freiherren von Sarnthein noch dreißig Jahre nach der Nobilitierung und Namensänderung ostentativ nach dem früheren bürgerlichen Geschlechternamen Wagner. Aus der Zeit Jakob Andräs von Brandis ist eine um 1618 datierte Übersicht der Vermögenssituation der Familie vorhanden. Darin werden das Stammschloss Brandis mit 7.000 Gulden (fl), der dorthin gehörige Zehent mit 3.500 fl und die Güter „nächst Lana“ mit 15.110 fl bewertet. Der Hof Baur am Stein in Völlan wird mit 1.600 fl, der darunter gelegene (Fisch-)Weiher mit 600 fl und der Mayrhof in Platzers ebenfalls mit 600 fl angegeben. Auch die Hälfte des Weihers unter St. Hippolyt stand im Besitz der Brandis. Der Wert des Leonburger Urbares wird mit 5.802 fl, jener des Vorster Urbares mit 1.770 fl und der des Schlosses Vorst mit 9.000 fl beziffert. Der Ansitz Compill in Bozen schlägt mit 8.000 fl, die Fahlburg in Prissian mit 5.000 fl zu Buche. Anlässlich des Ablebens Jakob Andräs werden die Güter und Abgaben auf 81.697 Gulden geschätzt, die Kapitalien, Zins- und Gehaltsrückstände und Weinvorräte auf 119.000 fl. Das Gesamtvermögen lag also bei 200.697 Gulden. Nach Abzug der Passiva verblieben den drei lebenden Söhnen des Landeshauptmannes noch stattliche 147.000 Gulden. Der Haupterbe Veit Benno meinte später, dass die angeführten Schätzwerte zu gering angesetzt waren. Seine Einschätzung ergibt eine um ca. 20 Prozent höhere Bewertung des Besitzes. Mit den Burgen Brandis, Leonburg, Fahlburg und Vorst und den dazugehörigen Abgaben verfügten die Brandis am Beginn des 17. Jahrhunderts somit über eine sehr solide wirtschaftliche Basis.

So., 08.05.2022 - 19:04 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Hartmuth Staffler
Hartmuth Staffler So., 08.05.2022 - 21:18

Antwort auf von Christoph Gufler

"Möge die Erinnerung an eine große Vergangenheit die Tiroler erwärmen und kräftigen für die Zukunft", heißt es im Vorwort der Wagner'schen Buchhandlung zu der 1850 herausgegebenen Geschichte der Landeshauptleute von Tirol von Jakob Andrä Freiherrn von Brandis. Der Beitrag von Christoph Gufler ist wohl ganz im Sinne dieses Wunsches. Die Brandis haben ja auch noch mit Clemens Wenzeslaus Graf und Herr zu Brandis im 19. Jahrhundert einen weiteren Historiker hervorgebracht, wichtig u.a. sein Werk "Tirol unter Friedrich von Österreich", Wien 1823, mit reicher Urkundensammlung.

So., 08.05.2022 - 21:18 Permalink