Gesellschaft | Naturkrise

Natur braucht Ostern

Im medialen Schatten der Erderhitzung bahnt sich die Naturkrise als nächste Katastrophe an. Der UN-Weltbiodiversitätsbericht warnt vor dem sechsten Massensterben.
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Der UN-Weltbiodiversitätsbericht warnte bereits 2019 vor dem sechsten Massensterben, eine Million Arten seien in den nächsten Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Die aufziehenden schwarzen Wolken, werden zurzeit weder von den Regierungen noch von weiten Teilen der Gesellschaft ernst genommen. Dieses Kopf-in-den-Sand-stecken hat uns bereits die Klimakrise beschert.

Was passiert momentan unterhalb der allgemeinen Wahrnehmungsschwelle? Im Weltbiodiversitätsbericht finden sich die fünf Haupttreiber für das bereits begonnene Massensterben wildlebender Lebewesen: Veränderung der Land- und Meernutzung durch intensive Landwirtschaft und Industrie, direkte Ausrottung von Arten durch Wilderei und Fischerei, Zerstörung von Lebensräumen durch Erderhitzung, Umweltvergiftung durch Pestizide und Plastik, Ausbreitung invasiver Arten.

Wissenschaftler:innen erstellen seit Jahrzehnten weltweit „Rote Listen der gefährdeten Tiere und Pflanzen“, auch für Südtirol gibt es eine Reihe davon. Was alle Rote Listen gemeinsam haben, sie werden von Publikation zu Publikation länger, immer mehr Lebewesen droht die Ausrottung.

Wieso konnte es aber soweit kommen? Der Glaube an den freien ungezügelten Wachstumsmarkt führt zur permanenten Ausbeutung der Umwelt: Intensive Landwirtschaft, industrieller Fischfang oder Massentourismus hinterlassen eine Spur der Verwüstung. Lebensräume werden zerstört, wildlebende Arten verlieren ihre Heimat und gehen zugrunde.

Weil aber dieses Massensterben schleichend erfolgt, wollen es die Menschen nicht wahrhaben. Ich lade die nicht ganz Jungen ein, sich eine Blumenwiese, eine Hecke oder einen Lesesteinhaufen aus der Kindheit in Erinnerung zu rufen und mit dem heutigen Zustand zu vergleichen. Ist das Ergebnis nicht schockierend?

Dabei wüssten wir in Südtirol genau, was zu tun ist! Ökologisierung der Landwirtschaft: raus aus der Pestizid- und Güllefalle. Tourismuswende: weniger Wasserverschwendung und weniger Verbrauch von Natur durch Seilbahnen. Energiewende: sparen, sparen, sparen, Effizienz steigern und Erneuerbare ausbauen. Mobilitätswende: Öffis statt Straßen. Bautenwende: Bauen im Bestand, Bauen mit Holz oder Hanf, Entsiegelungsprogramme.

Aber warum sollen wir überhaupt das ganze Getier und Geflecht schützen? Drei Ansätze möchte ich nennen. Der zweckdienlich-wissenschaftliche Ansatz meint, wir verlören potentielle Heil- oder Nahrungspflanzen, unbekannte Gene oder Wissen, das wir nie erforschen konnten. Wahrt das Schöne, postuliert der ästhetische Ansatz. Der ganzheitlich-philosophische oder spirituelle Ansatz verkündet, jedes Geschöpf habe das Recht zu leben.

Dazu abschließend ein Zitat von Papst Franziskus: „Desidero proporre ai cristiani alcune linee di spiritualità ecologica che nascono dalle convinzioni della nostra fede, …. Non si tratta tanto di parlare di idee, quanto soprattutto delle motivazioni che derivano dalla spiritualità al fine di alimentare una passione per la cura del mondo.“ (Laudato Si, p. 186)

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Dietmar Nußbaumer So., 16.04.2023 - 08:27

Das stimmt leider alles. Solange allerdings das Geld die wahre politische Macht ist, wird sich so schnell nichts ändern. So wie bei der Klimakrise, vor der Wissenschaftler seit fünfzig Jahren warnen.

So., 16.04.2023 - 08:27 Permalink
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Renzo Roncat So., 16.04.2023 - 11:12

Ich stimme dieser Analyse zu und möchte insbesondere im Hinblick auf den Massentourismus in Südtirol darauf hinweisen, dass die heftigsten Aggressionen gegen die Natur nicht von kleinen Familienbetrieben ausgehen, sondern von den Finanzkonzernen, die das Gebiet kolonisieren wollen.

So., 16.04.2023 - 11:12 Permalink