Wirtschaft | Energiewende

Kuschelige Wärme aus Strom und Luft

Lange Zeit galt die Technologie als wenig interessant, heute wächst der europäische Markt für Wärmepumpen rasant. Seit Kurzem werden auch in Südtirol Anlagen produziert.
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Foto: Lambda
Während Wärmepumpen in Südtirol noch eher zögerlich zum Einsatz kommen, konnte im vergangenen Jahr 2022 innerhalb der Europäischen Union (EU) eine Rekordzahl von drei Millionen Stück verkauft werden. Laut dem Bericht der unabhängigen Denkfabrik Ember könnte die EU – vor allem wegen der russischen Invasion in der Ukraine – ihr Ziel, bis 2030 für die Erzeugung von Energie 40 Prozent erneuerbare Quellen zu nutzen, sogar übertreffen.
Im Südtiroler Klimaplan wird das Ziel festgelegt, den Verbrauch von Öl und Gas für Heizzwecke bis 2030 um 60 Prozent und bis 2037 um 85 Prozent zu reduzieren. Definitive gesetzliche Regelungen zur Südtiroler Wärmewende sollen im zweiten Teil des Klimaplans im Juni beschlossen werden. Die Landesregierung will dafür zum einen auf die Gebäudesanierung setzen und zum anderen die fossilen Energieträger mit klimafreundlichen austauschen. Dabei spielt die Wärmepumpe eine wesentliche Rolle. Laut einem Bericht des Europäischen Wärmepumpenverbandes EHPA und der Europäischen Klimastiftung (ECF) werden sich die Heizkosten zudem um 20 Prozent verringern, wenn bis 2030 weitere 60 Millionen Wärmepumpen in Europa installiert werden.
 

Südtiroler Produktion

 
„Um die Klimaziele zu erreichen, ist die Wärmepumpe eine wesentliche Technologie“, sagt auch der Energie- und Umwelttechnikingenieur Martin Sulser. Der Experte ist vor allem als Mitglied des Klima Clubs Südtirol bekannt. Seit kurzem ist der Ingenieur Geschäftsführer eines neu gegründeten Unternehmens in Lana: Die Lambda Heat Pumps GmbH produziert seit März Wärmepumpen in der Industriezone der Gemeinde.
Sulser arbeitete nach seinem Studium an der Fachhochschule „Management Center Innsbruck“ (MCI) in Deutschland und Südtirol für Industrieprojekte und in der Beratung. Mit der lokalen Produktion von Wärmepumpen will er nicht nur Lieferwege kürzen, sondern den Hydraulikern ermöglichen, sich die Technologie in der Produktion genauer anzusehen. „Wir planen auch Schulungen mit dem LVH, um Hydrauliker mit der Installation von Wärmepumpen vertraut zu machen“, sagt Sulser.
 
 
Die Wärmepumpe funktioniert ähnlich wie ein Kühlschrank. Beides sind Kältemaschinen, die die Temperatur der Luft oder des Erdreichs nutzen, um mithilfe von Strom Wärme oder Kälte zu produzieren. Das Verhältnis des genutzten Stroms zur insgesamt erzeugten Wärme über ein Jahr wird als Jahresarbeitszahl (JAZ) bezeichnet. Eine Wärmepumpe mit einer JAZ von vier erzeugt beispielsweise vier Kilowattstunden Wärme pro eingesetzter Kilowattstunde Strom. Die Differenz, also drei Kilowattstunden, kommen sozusagen kostenlos aus der Umwelt, also aus der Luft oder dem Erdreich.
„Skandinavische Länder nutzen diese 200 Jahre alte Technologie bereits seit langem für Wärmepumpen. Aber auch in anderen Ländern, wo der Strompreis eher niedrig ist, kommen sie häufig zum Einsatz“, sagt Sulser. Diese Erkenntnis hat beispielsweise Frankreich genutzt, um laut EHPA ein zweistelliges Marktwachstum für Wärmepumpen zu erreichen. „Viele Franzosen heizen ohnehin mit Strom, allerdings mit Direktheizungen“, erklärt EHPA-Generalsekretär Thomas Nowak gegenüber dem deutschen Handelsblatt. „Wenn man Strom in Wärmepumpen einsetzt, ist das viel effizienter und spart somit bis zu 70 Prozent der Heizkosten ein“, sagt Nowak.
 
 
Laut Zahlen des EHPA wurden in Frankreich im Jahr 2022 462.672 Wärmepumpen verkauft, Spitzenreiter ist aber tatsächlich Italien mit 502.349 verkaufter Stückzahl. Der riesige Zuwachs von 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist auf den „Superbonus 110“ zurückzuführen. Neben der Dämmung der Außenwände und der Dachisolierung konnten damit auch für den Ersatz einer alten Heizungsanlage durch eine Wärmepumpe 110 Prozent der Steuern abgeschrieben werden. Sulser und Nowak plädieren jedoch nicht dafür, die Anschaffungskosten zu subventionieren, sondern den Strompreis zu senken. „Der Absatzmarkt von Wärmepumpen ist in Tirol höher als in Südtirol, weil dort der Strompreis historisch gesehen immer schon günstiger war“, sagt der Südtiroler Energietechnikingenieur.
Mittlerweile gibt es über Tausend Modelle von Wärmepumpen am Markt. Lambda produziert die derzeit effizienteste Wärmepumpe. Sie eigne sich laut Sulser besonders für sanierte Gebäude mit bestehenden Heizkörpern. Wenn es hingegen darum geht, ein gut gedämmtes, neues Reihenhaus mit 100 Quadratmetern Wohnfläche zu beheizen, reiche auch ein kleineres Modell.
Bei Neubauten werden derzeit meist Bodenheizungen installiert, die auf eine niedrigere Temperatur (rund 30 Grad Celsius) aufgeheizt werden müssen als Heizkörper (50 bis 60 Grad Celsius), die sich meist an den Wänden von Räumen befinden. „Auch ein Kühlschrank braucht mehr Strom, wenn er auf null Grad Celsius und nicht nur auf fünf Grad Celsius gesetzt werden muss. Je größer also die Temperaturdifferenz ist, desto größer ist der Stromverbrauch“, sagt der Geschäftsführer von Lambda.
Noch sei die Serienproduktion von Wärmepumpen auf menschliche Arbeitskraft angewiesen, da die Montage der Kältemaschine nicht mit Robotern durchgeführt werden kann. Von den rund 200 Komponenten des Lambda-Modells stammen etwa 70 Prozent aus Italien. Zurzeit arbeiten fünf Angestellte im Unternehmen in Lana, bis Ende des Jahres sollen es zehn werden.
 

Die Technologie

 
„Zwei Studienfreunde von mir haben in Tirol ein Startup gegründet, das den gleichen Namen trägt wie unser Joint Venture in Südtirol. Ihr patentierter Kältekreislauf wird auch in unserer Produktion eingesetzt und sie sind mit 30 Prozent am Unternehmen beteiligt“, so Sulser. Außerdem sind Egger Kälte Klima GmbH und eine Verwaltungsgesellschaft Miteigentümer. Gemeinsam mit dem österreichischen Partner will Lambda weiter in die Produktentwicklung investieren, etwa für ein Modell, das sich nicht nur im Garten an der Hausmauer anbringen lässt, sondern auch auf einem Dach.
 
 
Das 2019 gegründete Startup aus Tirol sei in den letzten Jahren sehr gewachsen und die Nachfrage groß. Um auch den italienischen Markt bedienen zu können, habe es mehr Produktionskapazitäten gebraucht – und Martin Sulser sah den richtigen Zeitpunkt für seine Geschäftsidee gekommen. Derzeit produziert Lambda vor allem Anlagen für Aufträge aus Österreich und Deutschland.
In Südtirol sei die Wärmepumpe als Technologie noch wenig bekannt, während der Energiekrise stieg eher der Absatzmarkt von Öfen. „Biomasse-Heizungen tragen auch zum Klimaschutz bei, aber sie eignen sich nicht für den großflächigen Einsatz in Städten. Denn wir haben nicht genügend Biomasse zur Verfügung, auch wenn jetzt durch den Borkenkäfer sehr viel Material angefallen ist“, erklärt Sulser. Nun sei deshalb wichtig, auch in der Politik klar zu kommunizieren, welche wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile Wärmepumpen haben. Sie gelte im wissenschaftlichen Diskurs zur Energiewende als die Heizung der Zukunft.
 
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Albert P Fr., 05.05.2023 - 11:29

Ich glaube nicht, dass Wärmepumpen in Südtirol weniger bekannt sind als anderswo. Dass das Heizen mit Wärmepumpe eine Technologie ist , die auch wesentlich dazu beitragen kann, um die Klimaziele zu erreichen, steht außer Zweifel. Besonders in den Städten ist es angebracht, diese Technologie verstärkt einzusetzen. Aber in den ländlichen Gebieten ist Südtirol sehr gut mit Biomasse –Fernwärmeanlagen bestückt. Laut FIPER ( Federazione Italiana Produttori di Energia da Fonti Rinnovabili) nimmt Südtirol da nicht nur in Italien eine Spitzenposition ein, sondern liegt europaweit an führender Stelle. Und Biomasse-Heizungen tragen nicht weniger zum Klimaschutz bei. Wenn man dann noch die Netze der bestehenden Anlagen verdichtet, ist der Beitrag zum Klimaschutz noch einmal größer. Zudem sind Biomasseheizungen für den Endverbraucher in der Regel günstiger (wenn man Investition, Platz, Wartung und alles zusammen betrachtet), so zumindest laut Verbraucherzentrale. Meiner Meinung nach ist dies der Hauptgrund warum in Südtirol zur Zeit noch weniger Wärmepumpen im Einsatz sind. Eines ist sicher, beide Heizungs- Systeme, gezielt am richtigen Ort eingesetzt, sind für die Erreichung der Klimaziele bedeutend.

Fr., 05.05.2023 - 11:29 Permalink
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Martin Sulser Fr., 05.05.2023 - 13:03

Antwort auf von Albert P

Vorneweg will ich festhalten, dass die energetische Verwertung von Holz in lokalen Kreisläufen eines wertvollen Beitrags für das Land Südtirol hin zur Klimaneutralität geleistet hat und auch in Zukunft einen wichtigen Teil im erneuerbaren Energiemix leisten sollte.
Energie aus Holz aber auch aus Biomasse generell kann allerdings nur bis zu einer gewissen Menge als nachhaltig eingestuft werden. Der Mangel an verfügbaren Flächen definiert die nachhaltig produzierten Mengen.
Zudem wird der vermehrte Einsatz des Rohstoffs Holz in sehr vielen Lebensbereichen vorangetrieben und gefördert: Holzbau, Möbelherstellung, als Verpackungsmaterial, in der Papierherstellung, als Chemiegrundstoff. In der Konsequenz bleibt weniger Holz zur energetischen Verwertung übrig. Perspektivisch bedeutet dies vermutlich höhere Preise für den begrenz verfügbaren Rohstoff und zwingt uns zu einem sparsamen Umgang.
Die EU hat die Problematik der Holzverfügbarkeit vorausschauend erkannt und im Jahr 2022 in der RED (III) Richtlinie defacto die Nutzung von Primärholz für die Energieproduktion stark eingeschränkt.
Südtirol hat bereits einen sehr hohen Holzverbrauch für die energetische Nutzung in Fernheizwerken aber auch bei privaten Heizungen. Dieser sollte in Zukunft sinken und nicht weiter steigen, deshalb sollte die Politik den Ausbau von Holzbiomasseheizung nicht weiter vorantreiben.
Sofern Südtirol weiterhin massiv auf den Ausbau von Biomasseheizungen setzt, wird sich das Land in die nächste Abhängigkeit begeben, da es diese Holzmengen lokal nicht produzieren kann. Dies, obwohl Südtirol zu ca. 50% bewaldet ist.

Im den Klimastrategien des Landes spielt eine zusätzliche energetische Nutzung von Holz nur eine sehr untergeordnete Rolle und dies sollte endlich auch klar so kommuniziert werden, den bereits heute wachsen in den Südtiroler Wäldern die Holzmengen welche in den Fernheizwerken aber auch privat in Pellet und Stückholzkesseln verbrannten werden nicht nachhaltig nach. (Borkenkäfer Peak ausgenommen). Auf die bekannte Problematik der Luftqualität im Winter durch die Holzfeuerung bin ich an dieser Stelle noch nicht eingegangen, um nicht ein zweites Thema aufzumachen.
PS. Die Investitionskosten einer Wärmepumpenanlage liegen meist wesentlich unter jenen einer Biomassefeuerung. Bzgl. der Vollkostenrechnung ist eine pauschale Aussage nicht möglich, da hier zu viele Parameter mitspielen (Stromkosten, Dammstandard, Fernwärmekosten, Biomassekosten usw.)

Fr., 05.05.2023 - 13:03 Permalink
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Albert P Fr., 05.05.2023 - 14:15

Antwort auf von Martin Sulser

Vermutlich habe ich in meinen Ausführungen zu wenig klar darauf hingewiesen, dass nicht einzelne Biomasse-Heizanlagen neu erstellt werden sollen. In meinem Beitrag wollte ich darauf hinweisen, dass eine Netzverdichtungen in Dörfer bzw. Wohnsiedlungen wo bereits Anlagen bestehen sehr sinnvoll sind. Auch darauf, dass Wärmepumpen sehr wohl in Südtirol bekannt sind.

Fr., 05.05.2023 - 14:15 Permalink
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Martin Sulser Fr., 05.05.2023 - 14:22

Antwort auf von Albert P

Selbstverständlich sind Netzverdichtungen sinnvoll, wobei auch hier mehr Biomasse verbraucht/verbrannt wird. Diese muss durch Effizienzsteigerungen in den Fernheizwerken oder durch Dämmungen der Gebäude kompensiert werden.
In Südtirol sind Wärmepumpen zwar bekannt, allerdings insb. in Bestandgebäuden noch nicht sehr weit verbreitet. Schönen Gruß!

Fr., 05.05.2023 - 14:22 Permalink