Politik | Bonus-Affäre

Der Verbindungsmann

Die Rolle von Helmuth Renzler in der SVP-internen Schlammschlacht um den 600-Euro-Bonus ist klar. Der SVP-Arbeitnehmer gebärdet sich jetzt aber als Opfer einer Intrige.
Helmuth Renzler
Foto: Oliver Oppitz
Helmuth Renzler ist um eine Antwort nicht verlegen. Bereits im Jänner 2022, als Salto den SVP-Landtagsabgeordneten direkt fragt, ob er es war, der die Informationen von INPS-Mitarbeiter Markus Auerbach erhalten und an die Tageszeitung weitergegeben habe, sagt er mit Nachdruck: „Stimmt nicht“.
Aber auch zu den internen Gesprächen mit den drei von der 600-Euro-Bonus-Affäre betroffenen SVP-Politikern Arnold Schuler, Helmuth Tauber und Gert Lanz meint der SVP-Arbeitnehmer damals durchaus selbstbewusst: „Arnold Schuler hat diesen Vorwurf bereits mehrmals bei Sitzungen vorgebracht, mir scheint, das ist für ihn ein Trauma“.
Helmuth Renzler bleibt dieser Verteidigungslinie auch jetzt treu, nachdem die Ermittlungen der Bozner Finanzwache und der Staatsanwaltschaft neue Details zu Tage gefördert haben. „Dass da ein politisches Manöver oder eine Intrige dahintersteckt, das glaube ich schon“, sagt der SVP-Landtagsabgeordnete am Donnerstag zu RAI Südtirol. Und weiter: „Allerdings kann ich nicht sagen, von welcher Seite das ausgeht.
"Dass da ein politisches Manöver oder eine Intrige dahintersteckt, das glaube ich schon."
Helmuth Renzler zu RAI Südtirol
Was Helmuth Renzler „politisches Manöver“ nennt, kommt nicht nur dem Bozner SVP-Arbeitnehmer ungelegen. Auch seine Partei, die SVP, hat im anbrechenden Landtagswahlkampf kein Interesse daran, dass öffentlich Schmutzwäsche gewaschen wird. Deshalb will auch niemand reden und Stellung beziehen. Doch hinter den Kulissen im Edelweiss rumort es ordentlich. Auch weil einige der Betroffenen ernsthaft überlegen, sich in das anstehende Strafverfahren als Geschädigte und Nebenkläger einzulassen.
 

Die Anrufe

 
Helmuth Renzler kennt sich in „politischen Intrigen“ aus. Das wird in den Akten des Ermittlungsfaszikels Nr. 1290/2021 der Bozner Staatsanwaltschaft deutlich. Dort wird die Rolle, die der SVP-Landtagsabgeordnete in der Affäre um den 600-Euro-Coronabonus gespielt hat, klar definiert.
Die Auswertungen der Telefondaten haben ergeben, dass Helmuth Renzler am 12. August 2020 kurz vor 9 Uhr den Chefredakteur der Tageszeitung, Artur Oberhofer, anruft. Das Gespräch dauert rund 4 Minuten.
 
INPS
Südtiroler INPS: Beamter fragt Daten über 20 Landtagsabgeordnete ab.
 
 
Am selben Vormittag um 10.34 Uhr loggt sich Markus Auerbach dann in das interne Datensystem der INPS ein. Der Meraner INPS-Angestellte und enge Freund von Renzler beginnt, in der Datenbank die Daten von insgesamt 20 Landtagsabgeordneten abzufragen. Sowohl die damalige Südtiroler INPS-Direktorin Veronika Meraner als auch der damalige Direktor der regionalen INPS, Helmuth Warasin, sagen bei ihren Anhörungen vor den Ermittlern übereinstimmend aus, dass diese Abfrage nichts mit dem beruflichen Auftrag Auerbachs zu tun habe und dass der Meraner Mitarbeiter dazu auch nicht berechtigt sei.
Die Abfragen erfolgen über die Steuernummern. Zuerst geht Auerbach dabei bei jedem Politiker in das digitale Melderegister „ARCA“ und fragt dann die „Zusammenfassung der gezahlten Leistungen“ ab. So kontrolliert Markus Auerbach insgesamt die Daten von 20 Südtiroler Landtagsabgeordneten. Die Aktion dauert genau 20 Minuten. Um 10.54 Uhr loggt sich der INPS-Mitarbeiter wieder aus.
 

Vier Ziele

 
Um 12.15 Uhr ruft Helmuth Renzler zum zweiten Mal an diesem Tag den Tageszeitungs-Chefredakteur Artur Oberhofer an. Unmittelbar danach meldet sich der SVP-Landtagsabgeordnete über WhatsApp bei Markus Auerbach.
Um 12.45 Uhr steigt Markus Auerbach zum zweiten Mal an diesem Tag in die INPS-Datenbank ein. Diesmal schaut sich der INPS-Angestellte die Daten und Gesuche von vier Politikern noch einmal detaillierter an. Es sind Paul Köllensperger, Arnold Schuler, Helmuth Tauber und Gert Lanz. Auerbach kontrolliert dabei im System „Domus“ bewusst nicht nur die Gesuche für den Covid-19-Bonus, sondern auch den Status der Auszahlungen. Diese vier Politiker werden dann auch die Protagonisten der sogenannten 600-Euro-Affäre.
 
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Tageszeitungsenthüllung am 13. August 2020: Drei Anrufe Renzlers am Tag vorher.
 
 
Auerbachs zweite Konsultation der INPS-Datenbank ist um 12.52 Uhr beendet.
Um 13.04 Uhr meldet sich Helmuth Renzler zum dritten Mal bei Artur Oberhofer.
Im Ermittlungsbericht der Finanzwache an Staatsanwalt Andrea Sacchetti wird dabei ein wichtiges Detail herausgestrichen:
 
„Aus der Tatsache, dass diese drei Telefonanrufe die einzigen Anrufe zwischen Renzler und Oberhofer sind, die im gesamten Verlauf der Verbindungsdaten (vom 1.7.2019 bis 30.9.2020) aufscheinen, lässt sich ableiten, dass es zwischen beiden nicht eine gewohnheitsmäßige Verbindung gibt.“
 
Es folgt am späten Abend ein Nachrichtenwechsel über WhatsApp zwischen Markus Auerbach und Helmuth Renzler. Dabei schreibt der Bozner SVP-Arbeitnehmer auch einen verräterischen Satz:
 
„Vor allem Köllensperger wird in Erklärungsnot kommen.“
 
Diese Nachricht wird aber erst einen Tag später durch die Tageszeitung bekannt.
 

Die Verteidigung

 
Sowohl Markus Auerbach als auch Helmuth Renzler bestreiten, dass sie es waren, die die Daten an die Tageszeitung weitergeben haben.
Als die Ermittler am 25. Oktober 2021 Helmuth Renzler nach seinen telefonischen Kontakten vom 12. August 2020 zu Markus Auerbach befragen, gibt der SVP-Politiker zu Protokoll:
 
„Ich hatte sicherlich Kontakte mit Herrn Auerbach, allerdings kann ich mich nicht erinnern, über was wir gesprochen haben, vermutlich aber über Anfragen betreffend Rentnerversicherungspositionen, welche von betroffenen Bürgern angefragt wurden, und sicherlich über gemeindepolitische Themen in Meran - und weiteres fällt mir dazu nicht ein.“
 
Im Herbst 2020 finden in Meran vorgezogene Gemeinderatswahlen statt. Markus Auerbach geht dabei auf der SVP-Liste in Rennen. An diesem 12. August 2020 tauschen Auerbach und Renzler über WhatsApp auch Dokumente über die Wahlkampfvorbereitungen aus. Diese Nachrichten konnten auf den Mobiltelefonen auch sichergestellt werden. Gleichzeitig halten die Beamten aber auch fest, dass die anderen WhatsApp-Nachrichten an diesem Tag bewusst von den beiden gelöscht wurden.
 
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Finanzwache: „Eine Art Vermittlerrolle eingenommen zwischen Auerbach und den Medien, die die Nachricht dann veröffentlicht haben“.
 
 
Das Resümee der Ermittler ist recht ernüchternd:
 
Die Analyse der Verbindungsdaten des Abgeordneten Renzler ..[…].. lässt glaubhaft erscheinen, dass dieser eine Art Vermittlerrolle zwischen Auerbach und den Medien eingenommen hat, welche die Nachricht dann veröffentlicht haben“.
 
Die Rolle von Helmuth Renzler – gegen den keinerlei strafrechtliche Vorwürfe erhoben werden und gegen den auch nicht ermittelt wird – scheint damit klar umrissen.
 

Eine Intrige

 
Auffallend ist, dass Markus Auerbach bei seiner Abfrage aber nicht auf die Daten aller SVP-Landtagsabgeordneten zugegriffen hat.
Ausgespart wurden: Daniel Alfreider, Waltraud Deeg, Maria Hochgruber Kuenzer, Josef Noggler und auch Helmuth Renzler selbst.
 
Landesregierung
Landesregierung: War das große Sesselrücken geplant?
 
 
 
Nachdem die Bonus-Affäre platzt, sind es vor allem die SVP-Arbeitnehmer, die energisch auf Konsequenzen drängen. „Bei uns gehen die Wogen hoch. Die Forderungen unserer Leute gehen von Rücktritten bis zum Niederlegen gewisser Funktionen“, sagt Arbeitnehmer-Chefin Magdalena Amhof öffentlich.
600-Euro-Affäre: Die SVP beruft Krisensitzung ein, 3 Posten wackeln“, titeln die Dolomiten am 17. August 2020. Und nicht nur SVP-Obmann Philipp Achammer denkt in diesen Tagen ernsthaft über eine Radikallösung nach: Die drei Bonus-Sünder sollen aller Verwaltungsämter enthoben werden. Arnold Schuler würde seinen Posten als Landesrat, Gert Lanz jenen als  Fraktionssprecher und Helmuth Tauber die Präsidentschaft des Gesetzgebungsausschusses verlieren.
Offen spekuliert wurde damals auch darüber, dass dann Josef Noggler in die Landesregierung und Helmuth Renzler zum Landtagspräsidenten aufrücken könnten.
Das passierte am Ende aber nicht.
Dafür rückte Waltraud Deeg nach der Amtsenthebung Arnold Schulers zur Landeshauptmannstellvertreterin auf, und Helmuth Renzler übernahm die Präsidentschaft des dritten Gesetzgebungsausschusses.
Zufälle gibt es.
 
 
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Genius Universalis Fr., 18.08.2023 - 15:24

Personalmente ho sempre trovato questa storia una delle maggiori baggianate mai prodotte dalla goffa politica degli intrighi di stampo vaccaland. Sono sempre stato dell'opinione, che un politico non debba e non possa essere penalizzato personalmente, solo per il fatto di essere un politico. Poi, non è che i politici mi stiano simpatici più di tanto, ma se si lasciano fuori le emozioni e i sentimenti propri, penso che la mia analisi di fondo non possa essere che corretta. Dunque, perché creare un caso e farne una colpa quasi "mortale" per alcuni politici, che nella vita fanno anche gli imprenditori (non è proibito e pertanto dovrebbe essere lecito in tutto e per tutto)? Un imprenditore aveva si o no diritto a percepire il bonuns di 600 Euro, se aveva i requisiti a posto? SI. E allora, gli imprenditori Tauber, Lanz, Köllensperger e Schuler, avevano si o no il diritto di percepire il bonus di 600 Euro, messo il caso che avessero i requisiti a posto? SI dico io. E chi ha tirato in ballo la questione "morale" per fargliela pagare davanti all'opinione pubblica ha lui o lei stesso/a ben poca idea del concetto di moralità. Che poi i capoccioni si siano fatti trascinare dall'onda di odio levatasi dai bassifondi della nostra società sudtirolese dell'invidia, e abbiano punito i "colpevoli" di tanto crimine privandoli dei loro incarichi istituzionali, simile alla liberazione di Barabba per compiacere la plebe, beh, questo non fa certo onore alle loro qualità di "leader". E poi, se quanto riportato da questo articolo fosse tutto vero (verrà deciso in separata sede), allora i rispettivi protagonisti occulti ora scoperti della vaccata, potranno vergognarsene per un bel po'. E magari qualcuno se ne ricorderà, visto che tra poco ci sono gli "esami di fine corso".

Fr., 18.08.2023 - 15:24 Permalink
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△rtim post Sa., 19.08.2023 - 10:58

Kein Wunder, dass bei so vielen Affären, Intrigen, Erzählungen ..., die eigentliche Sachpolitik und deren (beste) Umsetzung, wofür Bürger-innen Poliker-innen ja wählen, zu kurz kam. Nach wie vor, denke ich aber, kann man die Meinung vertreten, dass die politischen Konsequenzen von 2020 - auch eine Frau zumindest als zweite Stellvertreterin - richtig waren.
Politiker-innen sind Vertreter der Demokratie, der Institutionen und daher Vorbilder. Es ging um moralische, politische, nicht um formal-rechtliche Maßstäbe/Aspekte. Andere haben sog. "Schlauberger" aus ihren Listen/Parteien sogar enfernt - auch aus Imagegründen und um Schaden abzuwenden.

Sa., 19.08.2023 - 10:58 Permalink