Politik | Autonomie

Schutzmacht Österreich

Die Süd-Tiroler Freiheit zeigt sich sichtlich unzufrieden mit der Autonomiesituation in Südtirol und sucht sich indes Verbündete im Tiroler Landtag.
Süd-Tiroler Freiheit Pressekonferenz
Foto: SALTO
  • Eva Klotz gibt sich wie gewohnt mit Zopf an diesem Freitagvormittag. Sie und der Spitzenkandidat der Süd-Tiroler Freiheit, Sven Knoll, empfangen besonderen Besuch: Gudrun Kofler, die Abgeordnete des Tiroler Landtags der FPÖ, nimmt an der Pressekonferenz der Süd-Tiroler Freiheit Teil. Autonomie und doppelte Staatsbürgerschaft stehen auf dem Programm. „Gudrun Kofler ist unsere Verbündete. Sie kennt Südtirols Probleme und stellt unser Sprachrohr im Tiroler Landtag dar“, erklärt Sven Knoll. 

    „Als geborene Südtirolerin ist das Land eine Herzensangelegenheit für mich“, kommentiert Kofler, „Der Autonomiehut brennt und die aktuelle Landesregierung ist nicht daran interessiert die Autonomie auszubauen.“

    Knoll schließt sich an. Die Südtiroler Autonomie sei in den letzten Jahren massiv beschnitten worden. In fast 50% der autonomen Kompetenzen habe es Einschnitte durch den italienischen Staat gegeben. Demnach verfüge Südtirol nur noch über eine Teilautonomie und wäre von der Vollautonomie weit entfernt. Der Verfassungsgerichtshof entscheide zudem immer häufiger gegen Südtirol und heble damit die Autonomie aus. Aufgrund dessen sei es von großer Bedeutung, dass man einen direkten Ansprechpartner in Österreich habe. „Gudrun Kofler ist unser personifiziertes Referat S“, fügt Knoll an. 

    Auch in der dazugehörigen Pressemitteilung der Süd-Tiroler Freiheit heißt es, dass die Autonomie wieder hergestellt werden müsse, um bis zur Umsetzung der Selbstbestimmung die größtmögliche Unabhängigkeit von Italien zu erreichen. Weiters heißt es: Sollte die FPÖ bei den Wahlen in Österreich wieder Regierungsverantwortung übernehmen, so würden sich ganz neue Möglichkeit für Südtirol ergeben. 

    Der letzte Satz des Pressetermins galt jedoch Eva Klotz: „Vielleicht gibt es in Österreich bald wieder eine Person wie Bruno Kreisky.“

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Tschoerner Hagen Fr., 13.10.2023 - 17:54

Diese Entwicklung ist wünschenswert, fast sicher ist die STF die glaubwürdigste Partei in Südtirol. Respekt für die Beständigkeit.
Weiter so!

Fr., 13.10.2023 - 17:54 Permalink
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△rtim post Sa., 14.10.2023 - 09:22

Bruno Kreisky - war ein Glücksfall für Österreich und für Südtirol. Bis heute ist in Südtirol keine Schule, Straße ... nach ihm benannt.
Der Zustand der Selbstverwaltung, die grundlegenden Volks- und Bürgerrechte lassen sich am qualitativ hohen Bürgerservice in der eigenen Sprache, aber auch an der derzeitigen gruppenbezogenen Ungleichwertigkeit im Alltag festmachen. Nicht an wahlkampfgeschuldetem Politsprech der Beliebigkeit, an einer Ankündigungs- und Schaufensterpolitik.
Die SVP als einzig seit 1945 anerkannte Vertreterin der dt./lad. Bevölkerung in Italien hat/hätte tatsächlich eine besondere politisch- historische Verantwortung. Es kann doch nicht nicht sein, dass man sich nur bei bes. Anlässen und vor den Wahlen daran erinnert und sich Verdienste der früheren Generationen an die eigene Brust heftet und ansonsten nichts macht bzw. diese zentralen Themenfelder einfach der Süd-Tiroler Freiheit u.a. überlässt und zu menschen- und minderheitenverachtenden und ebenso zu autonomiefeindlichen Positionen schweigt...
Das heutige Referenzmodell Südtirol und jenes der Euregio findet sich seit der Streitbeilegungserklärung (1992) wohl eher im Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten (1995) wieder und nicht mehr so sehr in den Schutzbestimmungen des Gruber-De-Gasperi-Abkommens im Rahmen des Pariser Friedensvertrags (1946). Auch, wenn Italien, trotz Unterzeichnung (2000), bis heute hingegen immer noch nicht die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (1992) ratifiziert hat.
Ja, 1992 hat das Südtirol für den damals nicht rasch genug gehenden EU-Beitritt Österreichs einen sehr hohen Preis bezahlt. Das gehört auch zur Wahrheit. Denn nicht mal dieses völkerrechtlich minimale Schutzübereinkommen, wie die grundsätzliche völlige Gleichstellung des Deutschen mit dem Italienischen, wie z.B. bei Amtsbeurkundungen, aber auch in der Toponomastik wurde bis heute, nach 77 Jahren, umgesetzt. Deutsch ist immer noch nur (minderwertige) Hilfssprache - mit weitreichenden (rechtlichen) Folgen auf allen Gebieten - so auch z.B. bei der Integration neuer Bürger-innen, bei der es ebensowenig eine völlige Gleichstellung der dt. mit der it. Sprache bei der Gewährung einer aufrechter Niederlassung in Bozen-Südtirol hat.
Es wurden auch keine Rechts- und Schutzgarantien vereinbart, noch wirksame Mechanismen, wie z.B. ein bilaterales Monitoring, eine Schiedskommission (vgl. Kreisky-Saragat 1963), ein Schiedsgericht implementiert.
Die Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, auch als Teil eines wirksamen Minderheitenschutzes im europäischen Geist und der Weitherzigkeit, wurde selbst von LH - trotz parteienübergreifenden Begehrensantrages des Südt. Landtags an Österreich - hintertrieben.
Wen wundert es da? Wir sehen seit langem zusehends eine gezielte Aushöhlung und Beschneidung der tatsächlichen Kompetenzen von 50% im Vergleich zu 1992. (Vgl. Dissertation des preisgekrönten Juristen Dr. Matthias Haller — mit dem Titel „Südtirols Minderheitenschutzsystem. Grundlagen, Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen aus völker- und verfassungsrechtlicher Sicht.“)
Wohl kaum jemand kommt heute an der Erkenntnis vorbei, dass das innerstaatliche Klein-Kein des Minderheiten- und Autonomieschutzes mit seinen Unwegsamkeiten in der Praxis mehr als brüchig und von nationalpolitischen Entwicklungen in Italien selbst abhängig ist. Machen wir uns also ehrlich. Auch in Südtirol zählt letztlich, was am Ende rauskommt. Ein schwerer Stand, heute mehr denn je, jedenfalls für das Südtirol als „ein kleines Europa in Europa“ (Kompatscher).

Sa., 14.10.2023 - 09:22 Permalink