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Das Unrecht auf Vergessen

Die Führung der Sparkasse zelebriert sich selbst und spricht von der höchsten Dividendenausschüttung der Banken-Geschichte. Der Jubel ist unangebracht.
  • Im Rahmen der Gesellschafterversammlung hat die Südtiroler Sparkasse die Ausschüttung einer außerordentlichen Dividende in Höhe von 5 Millionen Euro genehmigt. Es ist eine Zusatzzahlung an die Aktionäre, zu der bereits im vergangenen Frühjahr ausgeschütteten Dividende in Höhe von 21 Mio. Euro. „Somit beläuft sich die Gesamtsumme, welche die Sparkasse im laufenden Jahr auszahlen wird, auf 26 Mio. Euro, was die die höchste jährliche Ausschüttung in der Geschichte der Bank darstellt“, heißt es in einer Aussendung der Südtiroler Traditionsbank.
    Die außerordentliche Dividende stammt aus verfügbaren Gewinnrücklagen. Es handelt sich somit nicht um eine Vorauszahlung von Dividenden aus dem Geschäftsgewinn 2023. Die Auszahlung der Dividende erfolgt am 24. November 2023; dieses Datum gilt auch als Wertstellung der Zahlung. Beide Ausschüttungen zusammengerechnet kommen die Sparkassen-Aktionäre damit heuer auf eine Dividende von 43,3 Eurocent pro Aktie.
    Die höchste jährliche Ausschüttung in der Geschichte der Sparkasse bezeugt, dass wir uns bei Rentabilität, Effizienz und Qualität der Dienstleistungen sowie gleichzeitiger guter Kapitalstärke weiter verbessern. Heute zählen wir zu den führenden Bankengruppen im Nordosten Italiens und sind auch auf nationaler und mitteleuropäischer Ebene im Spitzenfeld angesiedelt – eine große Genugtuung für alle unsere Stakeholder“, zeigt sich Gerhard Brandstätter durchaus erfreut. Der Sparkassen-Präsident weiter: „Die Ausschüttung dieser zusätzlichen außerordentlichen Dividende ist ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit mit unseren AktionärInnen, um ihnen für das in uns gezeigte Vertrauen zu danken.“
    Noch weiter geht Generaldirektor Nicola Calabrò: „Die Geschäftsentwicklung der letzten Jahre erlaubt es uns, eine Ausschüttungspolitik fortzusetzen, von der wir überzeugt sind, dass sie für unsere AktionärInnen überaus befriedigend ist.“ Calabrò meint weiter: „Auch die Ergebnisse, die sich für das laufende Jahr abzeichnen, werden Anlass zu weiterer Genugtuung geben.“

    "Man muss schon unter Alzheimer leiden, um diesen Aussagen und Jubeltönen folgen zu können."

    Mit Verlaub: Man muss schon unter Alzheimer leiden, um diesen Aussagen und Jubeltönen folgen zu können. Denn in Wirklichkeit sind die 0,433 Euro pro Aktie für Tausende von Aktionären ein mageres Tröpfchen auf einem sehr heißen Stein.
    Das wird an der historischen Preisentwicklung der Sparkassen-Aktie mehr als deutlich. 
    Um die Talfahrt des Wertpapiers der Südtiroler Traditionsbank wirklich anschaulich darstellen zu können, muss man wissen, dass die Sparkasse im August 2015 einen Aktiensplit umgesetzt hat. Aus einer ursprünglichen Sparkassenaktie werden zehn. Damit wird auch der Preis um das Zehnfache reduziert. 
    Im Oktober 1994 gibt die Sparkasse ihre ersten Aktien aus. Die Bank verkauft dabei innerhalb von wenigen Tagen 250.000 Aktien zum Wert von umgerechnet 103,29 Euro pro Aktie. Berechnet man das nach dem Maßstab des Aktiensplitts startet die Aktien damit mit einem Wert von 10,33 Euro. Im Dezember 1996 kommt es zum nächsten Aktienverkauf an private Anleger. Die Stiftung Sparkasse verkauft 162.500 Sparkassenaktien öffentlich. Der Preis: 12,39 Euro (nach Aktiensplitt berechnet). Zwei Jahre später verkauft die Stiftung weitere 10 Prozent an Sparkassenaktien zu denselben Bedingungen. 

  • Generaldirektor Nicola Calabrò, Präsident Gerhard Brandstätter, Vize Carlo Costa: Sparkasse hat unter ihrer Führung einiges an Boden gutgemacht. Foto: Sparkasse

    2008 werden dann 320.000 Sparkassenaktien auf dem öffentlichen Markt angeboten. Die Hälfte dieser Aktien verkauft die Stiftung aus ihrem Besitz und die andere Hälfte die Sparkasse, die selbst Aktien hält. Der Preis jetzt: 35,90 Euro. Auch diesmal gehen die Wertpapiere weg wie die warmen Semmeln. Die Sparkasse und die Stiftung machen ein ordentliches Geschäft. Sie hatten die Aktien kurz zuvor von der „Banca Popolare di Lodi“ (BPL) um 32,10 Euro zurückgekauft. Mit dem Weiterverkauf an die Kleinaktionäre verdienen Bank und Stiftung über 12 Millionen Euro. Der nächste Aktienverkauf erfolgt 2012. Für eine Kapitalerhöhung werden 450.000 neue Aktien aufgelegt. Der Preis: 21,00 Euro. 
    Dann aber beginnt der Absturz. Am 23. Dezember 2014 senkt die Sparkasse den Richtpreis ihrer Aktie auf 19,50 Euro. Am 24. April 2015 verkündet die Sparkasse die nächste Herabsetzung des Aktienrichtpreises auf 12,50 Euro.

  • „Als ich das Erbe antrat, waren diese 400 Sparkassenaktien 15.000 Euro wert. Heute sind sie noch 3.900 Euro wert.“ 

    Zu diesem Zeitpunkt ist der effektive Wert der Sparkassenaktien längst unter diesen Richtpreis gefallen. Zwischen April und September 2015 wird die Aktie auf der internen Handelsplattform der Bank zu einem Durchschnittspreis von 10,65 Euro gehandelt. Danach fällt der Preis sehr schnell unter 10 Euro. Und dort trudelt er in den vergangenen 8 Jahren vor sich hin.
    Ihren absoluten Tiefstand erreicht die Sparkassen-Aktie im Herbst 2020 als sie auf der internen Plattform zum Wert von 8,50 Euro gehandelt wird. Inzwischen hat sich der Kurs wieder etwas erholt. Die Aktie wird derzeit um 9,90 Euro verkauft.

  • Südtiroler Sparkasse: Inzwischen haben die Kleinsparer zwei Drittel ihrer Geldanlage verloren.

    Tatsache aber ist, dass der Großteil der privaten Anleger die Sparkassen-Aktien 2008 oder 2012 erworben haben. Das heißt für die Anleger: Allein in den drei Jahren zwischen 2012 und 2015 hat sich der Wert der Sparkassenaktie halbiert. Inzwischen haben die Kleinsparer zwei Drittel ihrer Geldanlage verloren. 
    An einem konkreten Beispiel wird diese Performance noch deutlicher. Ich stamme aus einer klassischen Arbeiterfamilie. Meine Eltern haben Aktien ihrer Stammbank gekauft. Als beide zwischen Oktober 2010 und März 2011 starben, haben Sie uns Kinder unter anderem diese Sparkassen-Aktien vermacht. Seitdem bin ich stolzer Besitzer von 400 Aktien.
    Als ich das Erbe antrat, waren diese 400 Aktien 15.000 Euro wert. Heute sind sie noch 3.900 Euro wert. 
    Nachdem die Sparkasse jetzt die „höchste Dividende ihrer Geschichte“ ausschüttet, bekomme ich heuer damit 173,20 Euro ausbezahlt. Soll ich deshalb jetzt Luftsprünge machen? Oder euphorisch sein? Wohl kaum.

  • Man muss dazu sagen, dass die Sparkasse 2014 davorstand, von der staatlichen Notenbank und Aufsichtsbehörde unter kommissarische Verwaltung gestellt zu werden. Es ist der Politik und der damaligen Stiftungsführung unter Gerhard Brandstätter gelungen das zu verhindern. Auch weil Brandstätter & Co jetzt selbst die Verantwortung für die Bank übernommen haben und an die Bankenspitze gewechselt sind. 
    Seitdem hat man nicht nur den totalen Crash verhindert, sondern die Sparkasse hat in den vergangen acht Jahren durchaus wieder Boden gutgemacht. Das ist eindeutig der Verdienst der neuen Bankenführung.

    „Weniger Superlative verbreiten, sondern ein bisschen mehr Demut zeigen.“


    Gleichzeitig aber sollte man sich auch daran erinnern, dass die alte Bankenführung, die weit über 500 Millionen Euro verbrannt hat, von der Politik und dem Hauptaktionär Stiftung nicht nur ernannt wurde, sondern, dass man diese Herren und Damen auch jahrelang freie Hand gelassen hat. 
    Vor diesem Hintergrund sollte man weniger Superlative verbreiten, sondern ein bisschen mehr Demut zeigen.
    Das wäre das ehrlichste und beste Geschenk für die Aktionäre.

     

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Hartmuth Staffler Fr., 17.11.2023 - 14:32

Vor dem Ersten Weltkrieg hat die Volksbank in Brixen für Einlagen 3,5 Prozent Zinsen gezahlt und für Kredite 5 Prozent verlangt. Mehr gab es nicht, und es funktionierte bestens. Heute muss man bei der Bank "Produkte" kaufen, und wenn die nach einiger Zeit nichts mehr wert sind, bekommt man von der Bank nur die höhnische Auskunft: "Sie haben sich für das falsche Produkt entschieden". Das gilt für alle Südtiroler Banken.

Fr., 17.11.2023 - 14:32 Permalink
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Josef Fulterer Sa., 18.11.2023 - 06:57

SIR BRANDYs - Prahlerei mit 4,3 % als Dividende für eine Sparkassen-Aktie, deren Wert durch die Schleuder-Tiraden halbiert wurde, sind nicht sehr überzeugend.
Da muss es weitere 12 Jahre satte 4 % Dividende geben, das der seiner-zeitige-Anleger wieder rein Zahlen-mäßig zum angelegten Betrag kommt.
Die Verzinsung für die rund 25 Jahre, darf sich der seinerzeitige Anleger wohl in den Kamin schreiben.

Sa., 18.11.2023 - 06:57 Permalink
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MAYR Karl So., 19.11.2023 - 15:37

...von wegen Demut! Es sei auch daran erinnert, daß die damalige Stiftungsführung die jeweiligen Jahresbilanzen der "Sparkasse AG" ( 9 Jahre ?) immer anstandslos genehmigt, das Mandat der Verwaltungs- und Aufsichtsräte bei der jeweiligen Fälligkeit ebenso erneuert hat und die damaligen Verwaltungs- und Aufsichtsräte immer noch als Mitglieder der Sparkassenstiftung aufscheinen.

So., 19.11.2023 - 15:37 Permalink
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Salto User
nobody Di., 21.11.2023 - 08:42

Es ist wie bei allen Gesellschaften, die Führungsetage schöpft ab und übrig bleibt das Kaswosser.

Di., 21.11.2023 - 08:42 Permalink