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Das alte Südtirol

Der FC Südtirol gewinnt zum Rückrundenauftakt gegen Feralpisalò (1:0). Trainer Valente rückte von seinen Ideen wieder ab - und trotzdem konnte der FCS das Spiel gewinnen.
Tor zum 1:0 durch Casiraghi
Foto: Foto Bordoni
  • Es wird wieder Fußball gespielt in der Serie B. Der FC Südtirol empfing zum Rückrundenauftakt das Tabellenschlusslicht Feralpisalò. Alle Augen waren auf die Südtiroler gerichtet: Wie würde Valente seine Mannschaft ein- und vor allem aufstellen? Würden die Neuzugänge bereits zum Einsatz kommen? Würde der FCS endlich wieder gewinnen können? 

  • Ein bisschen retro

    Valente hat in den letzten Spielen der Vorrunde bereits angedeutet, welche Art von Fußball er gerne spielen lassen möchte: Pressing, Gegenpressing und die individuell stärksten Spieler ins Szene setzen.  Schon unter Bisolidie spielten die Südtiroler  gegen Feralpisalò  höheres Pressing und waren damit sehr erfolgreich. Naheliegend also, dass Valente die gleiche Spielweise wählen - und so seine Prinzipien immer weiter implementieren - würde, oder? Ja! Aber: NEIN! Es war rein gar nichts mehr zu sehen von aggressivem Pressing oder ideenreichen Spiel mit Ball. Das Ganze erinnerte im Gegenteil sehr stark an Bisoli-Ball.

  • Der FCS defensiv: Erwartet wurde eigentlich das gewohnte 4-4-2. Allerdings rückte Ciervo in die Abwehrreihe zurück, der FCS verteidigte im 5-3-2. Foto: SALTO
  • Nach Bekanntwerden der Aufstellung erwarteten alle eine 4-4-2-Grundordnung beim FC Südtirol. Ciervo rückte aber zurück in die Abwehrreihe, sodass defensiv eine 5-3-2-Anordnung entstand: Im Mittelfeld positionierten sich Tait, neben ihn Casiraghi (halblinks) und Broh (halbrechts). Warum das Ganze? Nun, die Gäste formierten sich ebenfalls im 3-5-2 und hatten auf der linken Seite mit Felici ihren wohl besten Spieler (zumindest am heutigen Tag). Valente wollte mit der Grundformation wohl die Offensivbemühungen Feralpisalòs über eben diesen Felici kontern. 

    Long story short: Das funktionierte nicht. Aber warum nicht?

  • Leitendes Pressing - was heißt das?

    Es kommt ja durchaus häufig vor, dass eine Mannschaft ihren individuell stärksten Spieler so oft wie möglich den Ball geben möchte - das ist eine legitime und gute Strategie. Richtet man sein Spiel aber ausschießlich auf einen Spieler aus, läuft man Gefahr, sehr leicht ausgehebelt zu werden: Der Gegner braucht diesen einen Spieler nur möglichst lange neutralisieren, indem er zum Beispiel das Spiel der angreifenden Mannschaft so lenkt, dass es möglichst weit weg bleibt von diesem individuell starken Spieler. 

    Spielte Cristiano Ronaldo beispielsweise als linker Außenstürmer, würde die verteidigende Mannschaft versuchen, die angreifende Mannschaft so anzulaufen, dass der Ball möglichst weit weg bleibt von der linken Spielfeldseite. Heißt dieser Spieler nun nicht Cristiano Ronaldo, sondern Mattia Felici, würde aber für seine Mannschaft eine ähnlich prägende Rolle spielen, würde man das ähnlich machen: Das Spiel von der linken Spielfeldseite wegleiten.

  • Feralpisalò im Spielaufbau: Die Gäste spielten konsequent über links, stellten (wie hier) oft sogar unnötige Überzahlsituationen her. Brohs Pressing (weißer Pfeil) ist aussichtslos, der Weg zu lange. Foto: SALTO
  • Genau das tat der FCS aber nicht. Feralpisalò spielte immer über ihre linke Seite nach vorne. Da Südtirol nicht wirklich presste und erst ab der Mittellinie ansatzweise Gegnerdruck herzustellen versuchte, erreichten die Gäste das, was sie sich vorgenommen hatten: Spiel über links, um Felici ins Spiel einzubinden. Weil Ciervo Felici de facto manndeckend verfolgte (und immer wieder in die Abwehrreihe zurückfiel), waren die Südtiroler im Mittelfeld (und im Angriff) stets in Unterzahl. Weil Ciervo zudem seine Stärken nicht in der Defensive hat, rollte ein Angriff nach dem nächsten über die linke Seite der Gäste.

  • Den besten Spieler ins Spiel einbinden - Ball zu Casiraghi!

    Diese Dynamik auf Links hatte auch Konsequenzen für das Südtiroler Offensivspiel. Denn auch die Gastgeber verfolgen (spätestens seit Valente) eine ähnliche Strategie, wie Feralpisalò. Casiraghi - als individuell stärkster Spieler des FCS - soll möglichst oft angespielt und ins Offensivspiel eingebunden werden. Da sich aber der Großteil des Spiels auf der rechten Südtiroler Seite abspielte (weil Feralpi das forcierte), war Casiraghi als (halb-)linker Mittelfeldspieler bei Ballgewinnen sehr weit weg vom Spielgeschehen. 

  • Der FCS verteidigt tief: Wieder spielt Feralpisalò über links, Südtirol verteidigt ganz tief im 5-3-2. Hier wird der Ball zwar gewonnen, aber nur vertikal nach vorne geschlagen. Foto: SALTO
  • Ein Hauch von Bisoli in der Luft

    Beide Mannschaften hatten jeweils gute Chancen in der 1. Halbzeit. Südtirol traf zweimal die Latte, Feralpisalò kam durch einen Abschluss Felicis (und einer guten Parade Poluzzis) der Führung ganz nahe. Mit Beginn der zweiten Halbzeit erhöhten beide Mannschaften die Schlagzahl, das Spiel wurde mitunter sehr chaotisch, mit vielen Ballverlusten und Foulspielen. Die Gäste schnürten dann die Südtiroler (etwa ab der 65. Minute) förmlich in der eigenen Hälfte ein. Alle (wirklich alle) Angriffe liefen jetzt über links, Ciervo und Kofler konnten die Bälle nicht mehr wirklich klären, Feralpisalò schaffte es immer wieder verlorene Bälle zurückzuerobern (= Gegenpressing) - Südtirol wankte und musste leiden. Just in dieser Phase kamen die Rot-Weißen, als sie sich dann doch einmal befreien konnten,  aber mit einem Konter über Ciervo und Casiraghi überraschend zur 1:0-Führung. Diese Führung gaben die Gastgeber auch nicht mehr her. 

    Ein verdienter Sieg? Oder doch glücklich? Ich würde sagen...ein typischer Bisoli-Sieg!

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Rudolf Meraner Sa., 13.01.2024 - 19:17

Natürlich kein Wort darüber, dass der FCS in den ersten 15 Minuten der zweiten Halbzeit praktisch nur in der Hälfte von Feralpisalo spielte. Herrn Hofer geht es nur darum, den FCS schlecht zu reden. Schade.

Sa., 13.01.2024 - 19:17 Permalink
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Am Pere Mo., 15.01.2024 - 09:00

Alt oder neu, FC Südtirol bleibt das was er ist: ein Retortenverein.
Fakten gefällig? Spiel gegen Feralpisalò: 3.200 Zuseher, 3 Südtiroler im Kader, keine Fußballkultur, da Südtirol keine Fußballtradition besitzt.
Vergleich gefällig? SV Elversberg, eine Gemeinde im Saarland mit gerade mal 12.000 Einwohnern, die in der 2. Bundesliga in Deutschland spielt ist, die Zuschauerstatistik betreffend, letzter in dieser Tabelle. Dort finden sich jedoch im Schnitt 8.759 Zuschauer zu den jeweiligen Heimspielen ein.

Mo., 15.01.2024 - 09:00 Permalink
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Thomas Unterwinkler Mo., 15.01.2024 - 12:29

Antwort auf von Am Pere

Naja, PSG ist auch ein Retortenverein und hat trotzdem viele Fans und Stadionbesucher.
Dass in Bozen die durchschnittliche Zuschauerzahl nicht besonders hoch ist, liegt wohl vor allem daran, dass es gute Angebote konkurrierender (Winter-) Sportarten gibt. Ein fairer Vergleich wäre daher eher der mit der WSG Tirol. Deren Zuschauerschnitt liegt auch nur bei ca. 2.000.
In Spiesen-Elversberg gibt's dagegen nichts außer Fußball.

Mo., 15.01.2024 - 12:29 Permalink
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Am Pere Mo., 15.01.2024 - 22:42

Antwort auf von Thomas Unterwinkler

Beide Vergleiche hinken und sind vollkommen falsch. PSG wurde 1970 gegründet, hatte Juste Fontaine bereits als Trainer und besitzt eine Jugendakademie, die seinesgleichen in der Welt sucht (bekannteste Gesichter sind Coman vom FC Bayern, der Sohn von George Weah oder Nicolas Anelka).
WSG Tirol feiert in 6 Jahren seine 100-Jahr-Feier und damit alles andere als ein Retortenklub.
Das sportliche Konkurrenzangebot in Südtirol? Eishockey? Mit Verlaub, die ICE ist ganz nett, da international, aber wer betrachtet, welche Nationen bei Weltmeisterschaften mit welchen Spielern spielen, sieht das Mittelmaß. Andere Sportarten als Konkurrenz würden mir jetzt keine einfallen. Handball? Volleyball? Basketball? Skirennen vielleicht, aber an diesem Wochenende war Altenmarkt bei den Damen und Wengen bei der Herren, beide ziemlich weit weg von Südtirol.
Um Ihnen in einem Mini-Bereich Recht zu geben: PSG und FCS haben vergleichbare Fangruppen, wobei jene von Bozen nur rassistisch rumbrüllen, während die Boulogne Boys für ihre Gewaltbereitschaft über die französischen Grenzen hinaus bekannt sind. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.
Forza Alto Adige!

Mo., 15.01.2024 - 22:42 Permalink
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Thomas Unterwinkler Di., 16.01.2024 - 01:24

Antwort auf von Am Pere

Ich habe die WSG Tirol nicht als Retortenverein bezeichnet, sondern nur den Vergleich mit den Zuschauerzahlen gezogen, weil Innsbruck als Stadt besser mit Bozen vergleichbar ist als Elversberg.
Wenn Sie den FC Südtirol als Retortenclub bezeichnen, dann ist PSG auch einer. So, wie der FCS 1995 von Südtiroler Geschäftsleuten gegründet wurde, wurde PSG 1970 von Pariser Geschäftsleuten gegründet (im Fall von PSG allerdings völlig ohne Unterbau aus Amateur- und Jugendmannschaften, was zunächst zum Zwangsabstieg in die dritte Liga führte). Nach den Pariser Geschäftsleuten waren PSG-Eigner: Modeschöpfer Daniel Hechter, der französische Fernsehsender Canal+, das amerikanische Unternehmen Colony Capital und schließlich die katarische Investorengruppe Qatar Sports Investments.
Weder der FCS noch PSG sind jedenfalls historisch gewachsene Mitgliedervereine.

Di., 16.01.2024 - 01:24 Permalink
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Am Pere Di., 16.01.2024 - 08:56

Antwort auf von Thomas Unterwinkler

Sie haben insofern Recht, dass sich PSG in die Kategorie der Red Bull's usw. reiht. Zwischen 1970 und 1995 besteht jedoch ein enormer Unterschied, da Ende der 60er Jahre Fußball noch eine Art Ideologie war und kein echtes Business wie heute.
Man kann den Gründern des FCS nicht absprechen, dass sie aus ideologischen Gründen gehandelt haben; was jedoch heute daraus geworden ist, ist mehr als erschreckend. Es ist dem FCS in seiner gesamten Zeit nie gelungen die Südtiroler Bevölkerung für sich zu gewinnen und wer je gegen den FCS gespielt hat (so wie ich zu früheren Zeiten), dem ist die Abgehobenheit der Profis ein Greuel. Deshalb verweise ich stets auf die Zuschauerzahlen, denn diese sind nicht einmal einer Serie B würdig; von den Auswärtsspielen gar nicht zu sprechen. In Venedig, das gerade mal 3 Autostunden von Bozen entfernt liegt, hatten sich lächerliche 300-400 Fans eingefunden.
Man versucht, im Unterschied zu PSG, das einen Weltverein darstellt, in Südtirol den Spagat zwischen einheimischen und anderen Spielern aus Italien. Dieser gelingt jedoch nicht, De Luca, Zuelli, Fischnaller, Straudi, Mazagg, Davì, Sgarbi, Wieser, Reinthaler und Heinz spielen bei durchaus vergleichbaren Vereinen in Italien/Deutschland/Österreich, während der FCS mit Tait, Davì und Kofler verhältnismäßig wenig Südtiroler unter Vertrag hat. In diesem Sinne und unter Betrachtung der faschistischen Fan-Szene der "Gradinata Nord", die offen nationalistisch auftritt und den deutschen Namen des FCS offen ablehnen, sehe ich das Projekt als gescheitert an.
Wenn Sie sich die Mühe geben die Jugendmannschaften des FCS am Wochenende zu verfolgen, sehen Sie ebenso wenig "Südtirol" darin. Dort tummeln sich Albaner, Süditaliener und mehrheitlich italienischsprachige Spieler in deren Reihen und die von den Eltern/Fans offen zur Schau gestellte Anfeuerung, die mehr einem typisch italienisch anmutendem Chaos gleicht, hat mit Südtirol so wie ich es verstehe, gar nichts zu tun.
Deshalb betrachte ich den FCS als italophilen Verein, der in Teilen die deutsche Identität ablehnt, obwohl er sie in seinem Namen trägt. Als Südtiroler und die Betonung liegt auf Tiroler, kann und muss man diesem Retortenverein kritisch gegenüber stehen - was im Übrigen 95% der Südtiroler auch tun.
Sollten Sie hingegen ein Anhänger der neuen italophilen Welle sein, die auf unser Land zukommt, ist Ihre Haltung durchaus verständlich.

Di., 16.01.2024 - 08:56 Permalink