Kultur | Gendersprache

Neuer Streit um Binnen-I in Österreich

Sprache soll wieder normal werden! Das fordern einige hundert prominente Unterzeichner in Österreich, wo die Debatte um den "Wildwuchs gegenderter Texte" hochkocht.

Die österreichische Bildungs- und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat es derzeit nicht leicht: Nachdem sie bereits wegen der Korrektur an der österreichischen Hymne angegriffen wurde, weil sie den Text um ein "Töchter" erweitern ließ, muss sie nun einen weiteren Sprachstreit schlichten. Einen Streit, der bereits geschlagen schien, jener um die gendergerechte Sprache, um das Binnen-I, den Schrägstrich bzw. die Klammer zwischen weiblicher und männlicher Form, die immer ein Sichtbarmachen der Geschlechter in der Sprache sind. Eine Form die auf vielfältige Weise angewandt wird, die jedoch ohne weiteres angewandt wird, das war deutlich zu sehen in den letzten Jahren und Jahrezehnten. Lange hat es gedauert, bis Frauen in Schriftstücken und Texten aller Art nicht mehr nur "mitgemeint" waren, sondern ausdrücklich und bewusst angespochen wurden. 

Sprache und Sprachstrukturen sind gesellschaftlich geprägt und bilden Positionen und Machtverhältnisse deutlich ab; aus diesem Grund haben sich Feministinnen, Sprachkritikerinnen und Wissenscnhaftlerinnen (Luise Pusch oder Senta Trömel-Plötz) in jahrzehntelangem Kampf dafür eingesetzt, eine Sprache zu entwickeln, die gendergerecht ist. 

Wie wann welche Form anzuwenden ist, ist nicht geregelt, es kann das Binnen-I sein (KollegInnen), der Schrägstrich (Kolleg/in), die Klammer (Autor(in) oder man bemüht sich einen Ausdruck zu finden, der neutral ist, wie Studierende anstelle von StudentenInnen.

Doch in Österreich ist das nun plötzlich wieder Thema: In einem offenen Brief an die Bildungsministerin und an den Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner fordern einige Hundert Personen aus Bildung, Wissenschaft, Medien und Kultur "eine Rückkehr zur sprachlichen Normalität". Unterschrieben haben den Brief etwa die Philosophen Konrad Paul Liessmann und Peter Kampits, Mathematiker Rudolf Taschner, Verfassungsrechtler Heinz Mayer, Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder, Schauspielerin Chris Lohner sowie der deutsche Journalist und Sprachpfleger Bastian Sick. Auch rund 300 Pädagogen sind dabei. Sie sagen: "Ein minimaler Prozentsatz kämpferischer Sprachfeministinnen darf nicht länger der nahezu 90-prozentigen Mehrheit der Staatsbürger ihren Willen aufzwingen". Als Regelfall müsse unter demokratischen Bedingungen gelten, "was die Mehrheit der Sprachteilhaber als richtig empfindet."

Bildungs- und Frauenministerin Heinisch-Hosek hat die Forderung nach Streichung des Binnen-I bereits zurückgewiesen: "Sprache schafft Wirklichkeit. Weibliche Formen unerwähnt zu lassen und Frauen damit auszublenden, wäre ein völlig falsches Zeichen", so die Ministerin. Auch Wissenschaftsminister Mitterlehner will sich an die Gesetzeslage halten, "durchgehend beide Geschlechter" anzuführen. Dass die geschlechtergerechte Sprache sich immer wieder als emotional-politisch hochsensible Zone zeigt, scheint auszudrücken, dass der "Kampf der Geschlechter" noch lange nicht ausgefochen ist; die FPÖ steigt auf den Zug auf, indem sie fordert "dem Genderwahn endlich den Geldhahn zuzudrehen" und Zeitungsforen gehen über in ihren Kommentaren auf Appelle wie "An die Helden der antifeministischen Mehrheit" im Standard oder auf unserer Seite, Benno Kusstatschers "Leiden eines jungen salto-Bloggers".

 

 

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Martin B. Fr., 18.07.2014 - 14:40

Sprachregeln lernt man in der Schule und diese Regeln sind an die Vorgaben der zuständigen Weisen gebunden. Wie gut, dass man als Nicht-Beamter, Nicht-Vertreter eines Gender-gerechten Vereins, nicht in der Öffentlichkeit stehender Person, usw. weder an die tagesaktuellen noch an die historischen Regeln gebunden ist.
Mich würde eigentlich mal interessieren ob die Teenies beim Messagen gendern praktizieren und wenn ja in welcher Form? Gibt es dazu Studien?

Fr., 18.07.2014 - 14:40 Permalink
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Doris Macho Fr., 18.07.2014 - 21:04

Schon einmal einen durchgenderten Text gelesen? Es ist schlicht unlesbar und symbolisiert die mentale Degeneration unserer Zeit.

Fr., 18.07.2014 - 21:04 Permalink
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klemens hacht Sa., 19.07.2014 - 00:32

eine überkünstliche aufregung, denn die gendergerechte sprache hat sich in teilbereichen längst durchgesetzt. bei einer postenausschreibung in nur der männlichen form können sich nur wenige vorstellen, dass da jetzt frauen mitgemeint sind, weswegen gendergerechte formulierungen und sensibilisierungen öfters im raum stehen werden, als wahrscheinlich den jetzt auftretenden sprachpolizisten lieb ist.

Sa., 19.07.2014 - 00:32 Permalink
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klemens hacht Sa., 19.07.2014 - 00:39

ps: lustiges bild. ob echt oder nicht , es zeigt namen zu "gendern" gab es bei uns schon immer, obwohl gar nicht der "sprachnorm" entsprechend. ein jeder kennt die "huberin".

Sa., 19.07.2014 - 00:39 Permalink
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Willy Pöder Sa., 19.07.2014 - 08:05

Die unsinnige I-Schreibung wurde hierzulande, wie Vieles anders auch, von Tirols Mutterland Österreich kopiert, das allerdings nicht das Vaterland der deutschen Sprache ist. Wir schauen und schreiben oft und gerne vom Nachbarn ab. Das ist sogar dem italienischen Ministerpräsidenten aufgefallen. Auf Schloss Brösels spielte Renzi im Zusammenhang mit der dualen Ausbildung darauf an, um dann gleich darauf versöhnlich zurückzurudern: "Nein, den Südtirolern sei das Schöpferische ins DNA gebettet", meinte er mit verschmitztem Lächeln.
Im größeren Stil wurde die I-Schreibweise hier zu Lande zuerst von der "progressiven" Neuen Südtiroler Tageszeitung propagiert, dessen Herausgeber der ehemalige Politiker der Grünen, Arnold Tribus ist. Welche Schreibweise die Tageszeitung anwenden will, sei ihr überlassen, denn für eine "Deutschstunde" steht sie ohnehin nicht. Dafür hätten aber die Deutschlehrer an den Schulen zu stehen. Dass manche von ihnen diese absolut falsche und drüber hinaus komische Schreibweise den Schülern als richtig verkaufen und geradezu aufdrängen, steht nun wirklich nicht für hohe Schule.
Geradezu lächerlich ist schließlich der weibliche Gebrauch des Doktortitels mit der hohen "in"-Endung in der Abkürzung. Andererseits ist es vielleicht schon so, dass man Frauen nur mehr durch verweiblichte Endungen von den Männern unterscheiden kann. Im Übrigen sind sie den Herren der Schöpfung ziemlich ähnlich geworden - in der Kleidung und ganz gewiss in der "rentablen" Zielstrebigkeit.

Sa., 19.07.2014 - 08:05 Permalink