Gesellschaft | Interview

Rarer General

Thomas Schael ist kein Mann, der die Öffentlichkeit sucht. Doch wenn das Umgekehrte der Fall ist, steht er durchaus Rede und Antwort. Etwa zur Sanitätsreform.

Selbst spricht er nicht sehr gerne, zumindest nicht mit den Medien. Einzelinterviews waren bisher schwer bis unmöglich zu vereinbaren. Wenn, dann tritt Thomas Schael lieber vor die versammelte Presse, lädt zu Mediengesprächen oder -konferenzen. Sein Pressestab betont bei jeder Gelegenheit, dass die Äußerungen des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebs nicht als politische Aussagen zu deuten sind. “Wenn sich Dr. Schael zu Themen wie der Sanitätsreform äußert, dann als Fachmann und Techniker, der als solcher seine Stimme in die ganze Diskussion einbringt und nicht als jemand, der politische Verantwortung und Entscheidungsmacht hat”, heißt es von seinen engen Mitarbeitern. “Seine Stimme ist eine, die eingebracht wird. Entschieden hingegen wird auf politischer Ebene. Auch über die Zukunft der Geburtenstationen und der kleinen Krankenhäuser.”

Klare Aussagen über einen Mann, der eine klare Vision davon zu haben scheint, wie das Südtiroler Gesundheitssystem zukunftsfit gemacht werden soll. Keine leichte Aufgabe, entstand doch letzthin des Öfteren der Eindruck, dass derzeit im Land unterschiedliche Ansichten darüber vorherrschen, wie, ja, sogar welche Ziele nun in Sachen Sanität verfolgt werden sollen. Im Fall der Kleinkrankenhäuser scheint es bei der Kommunikation zu hapern. Anderswo dürfte nicht ganz klar sein, wer wofür zuständig ist. Die Ärztegewerkschaft Anaao droht Thomas Schael nämlich eine Klage an. Anlass dazu gibt ein Beschluss des Generaldirektors, in dem 933.000 Euro für fünf externe Berater für die Reform vorgesehen werden. Der Betrag sei unangemessen und im Alleingang beschlossen worden, so die Kritik der Anaao. Nicht die erste Rüge, die Schael von Gewerkschaftsseiten bekommt. Doch anstatt auf solche Meldungen zu reagieren, zieht der Generaldirektor vor, die Ärmel hochzukrempeln und einfach das zu machen, wofür er nach Südtirol geholt wurde: seinen Job. Am Montag war Thomas Schael bei der Sitzung mit den SVP-Vertretern und somit zum ersten Mal bei einem Treffen mit den Verfechtern der Kleinkrankenhäuser dabei. Sein Credo lautet Partizipation. Aus diesem Grund hat er sich auch am Mittwoch mit den Führungskräften aus den vier Gesundheitsbezirken getroffen, um gemeinsam die Planungsrichtlinien für das kommende Jahr zu definieren. salto.bz hat den Generaldirektor für ein kurzes – rares – Gespräch ans Telefon bekommen.

Herr Schael, bringen Sie etwas Klarheit in die Sache. An welchem Punkt ist die Sanitätsreform mittlerweile angelangt?
Thomas Schael: Ich glaube, wir sollten schon einmal klarstellen, dass es unterschiedliche Verantwortlichkeiten in dem ganzen Prozess gibt. Es gibt die Landesrätin Martha Stocker, die für die politischen Vorgaben verantwortlich ist. Dann gibt es Ressortleiter Michael Mayr, zuständig für die Planung und das Controlling. Und dann gibt es den Sanitätsbetrieb, der für die operative und die strategische Umsetzung der Vorgaben verantwortlich ist. Und wenn Sie jetzt fragen, wo ist die Reform, dann müssen Sie Frau Stocker fragen. Ich bin der Generaldirektor.

Als solcher aber nicht minder beteiligt an der Reform?
Die ganze Diskussion, die jetzt herrscht, die geht rein in den Landesgesundheitsplan, und dieser wird von Land und Politik gemacht. Da ist der Sanitätsbetrieb involviert, gleich wie Patientenvereinigungen, Gewerkschaften und andere Institutionen. Das heißt, die haben Mitspracherecht. Aber letztendlich wird das, was dabei rauskommt, eben eine Vorgabe sein für die Umsetzung im Betrieb. Und das müsste man auch stärker klar machen: Dass die politische Diskussion mit den Sachen, die im Betrieb gemacht werden, nichts zu tun hat.

So klar war das bisher nicht.
In der ganzen Diskussion müssten jetzt mal auch alle Institutionen und Gewerkschaften und wer auch immer verstehen, wer für welches Thema verantwortlich ist. Planungssachen, wie sie gerade anstehen, sind Betriebsangelegenheiten. Denn da geht es um die Umsetzung von Vorgaben des Landes. Genauso gehört die Betriebsoptimierung dazu. Das heißt, wenn wir jetzt Stationsbetten besser betreuen oder rationalisieren in dem Sinne, dass wir Patienten zusammenlegen, ist das schon Betriebssache. Wenn es dann um die Planung der Fachabteilung und der Betten geht, ist es Landessache.

Ich werde den Leuten sagen, die das machen wollen, was eigentlich meine Aufgabe ist: Halt mal bitte, das ist mein Gebiet!

Trotz der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten muss bei der Sanitätsreform wohl doch eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Zuständigen stattfinden?
Zusammenarbeit schon, aber unter Respekt der Rollen. Das heißt, das Land macht die Vorgaben und kontrolliert meine Umsetzung. Aber das heißt natürlich auch, dass innerhalb der politischen Vorgaben der Generaldirektor einen Freiraum hat, zu entscheiden, wie er diese Vorgaben umsetzt. Und Frau Stocker ist nicht Generaldirektor und der Generaldirektor ist nicht Landesrat.

Und doch steht trotz der verschiedenen Rollen neben der Landesrätin auch der Generaldirektor in der Kritik. Die Berichterstattung der Medien in den vergangenen Wochen, ja Monaten, ist Zeuge davon.
Das sind aber meistens Zeitungsenten. Ihr schreibt alle zu viel. Ihr denkt immer weiter als der Chef schon ist.

Zurück zur Sanitätsreform. Da ist inzwischen ein Dilemma sichtbar geworden: Einerseits sind die Wirtschaftlichkeit und nationale Vorgaben einzuhalten. Andererseits prallen diese Ziele häufig auf lokale Befindlichkeiten wie etwa die Diskussion zeigt, die um die Kleinkrankenhäuser entbrannt ist.
Es geht immer darum, dass wir in diesem Entscheidungsprozess diskutieren müssten. Darüber, wo wir sind, wo Schwachstellen sind und dann Zielvorgaben geben. Und den Zwischenraum, den es dabei gibt, füllt dann der Betrieb innerhalb seiner Kompetenzen. Das ist allerdings das, wo in Südtirol alles sehr eng ist.

Wie ist das zu verstehen?
Jeder kennt jeden und alle denken, sie könnten alles machen. Und da kommt es mir schon sehr drauf an, dass jeder weiß, welche institutionelle Rolle er in dem ganzen Prozess hat. Das heißt natürlich auch, der Primar geht nicht direkt zum Politiker um sozusagen ‘was zu machen’, sondern geht erst zum Generaldirektor, der dann mit der Politik diskutiert.

Die politische Diskussion hat mit den Sachen, die im Betrieb gemacht werden, nichts zu tun.

Wie gehen Sie eigentlich mit der Kritik um, die recht freizügig ausgeteilt wird? Beeinträchtigt Sie diese in Ihrer Arbeit?
Ich habe keine Probleme bei meiner Arbeit, weil ich weiß, welche Rolle ich habe. Das bedeutet, ich werde nicht über den Tellerrand gehen. Aber ich werde auch den Leuten sagen, die das machen wollen, was eigentlich meine Aufgabe ist: Halt mal bitte, das ist mein Gebiet! Denn wie der Sanitätsbetrieb therapiert wird, um ihn wieder gesund zu machen, das müsste schon Aufgabe des Generaldirektors sein.

Eine letzte Frage, Herr Schael: Warum sind Sie für private Medien so schwer erreichbar?
Weil es so viele Medien in Südtirol gibt. Ich bin gleich mit allen und wenn ich jemanden vorziehe, dann kriege ich wieder Schwierigkeiten mit den anderen Medien.

Etwas Kommunikation wäre dann doch angenehm. Auch gerade wegen der vielen Kritik.
Ach, das sind doch alles Zeitungsenten. Und die dementiere ich auch nicht, das verläuft sich alles im Sand. Und Sie haben inzwischen eine Schlagzeile und Leser.