Umwelt | Schadstoffalarm

"Lufthunderter" und Feuerwerksverbot für Südtirol?

Die extreme Wettersituation treibt die Schadstoffbelastung im Land weit über EU-Grenzwerte. Unternehmt endlich etwas, fordern die Umweltschützer von der Politik.

Sonne, Sonne und noch einmal Sonne. Was die Winterdepression der Südtirolerinnen und Südtiroler vorbeugen mag, schadet dagegen ihren Atemorganen zunehmend. Denn wie der Dachverband für Natur- und Umweltschutz warnt, steigt die Schadstoffbelastung infolge der extremen Wettersituation an den Hauptverkehrsachsen des Lands auf ein Niveau, das konkrete und kurzfristige Maßnahmen fordert. Die seit Anfang Dezember ununterbrochene Inversionswetterlage verhindere sowohl den vertikalen als auch den horizontalen Luftaustausch; durch die anhaltende Trockenheit werden zudem die Schadstoffe in der Luft nicht durch Regen oder Schnee gebunden. Das Ergebnis? Die von der EU geschriebenen Jahresmittelgrenzwerte für Stickoxide von 40 µg/m³ wurden laut Dachverband entlang der Brennerautobahn und der Schnellstraße MEBO zwischen 1. und 20. Dezember in einem Ausmaß zwischen 50% bis zum beinahe Fünffachen überschritten. Die höchsten Werte wurden in Klausen gemessen, wo die Stickstoffbelastung im Messzeitraum zwischen 80 bis 190 µg/m³ lag. In Neumarkt lagen die Messwerte zwischen 90 und 160 µg/m³, in Bozen zwischen 70 und 170 µg/m³. In Meran und Sterzing wurden Spitzenwert von 130 µg/m³ gemessen, in Brixen und Kurtinig von 125 µg/m³. 

„Wenn man bedenkt, dass die WHO sogar einen Stickoxid-Grenzwert von 30 µg/m³ empfiehlt, so besteht dringender Handlungsbedarf“, schreibt der Vorsitzende des Dachverbandes Klauspeter Dissinger . Er erinnert an  gesundheitlichen Folgen erhöhter Schadstoffwerte, die von Kreislauferkrankungen und Atemwegserkrankungen bis zu einem erhöhten Krebsrisiko reichen – und in Südtirol laut Hochrechnung auf der Basis der Studie des schweizerischen Bundesamtes für Umwelt „zu 200 bis 250 vorzeitigen Todesfällen jährlich führen“, wie Dissinger schreibt.

Nachdem eine Änderung der Inversionswetterlage nicht absehbar ist, ersucht der Dachverband Landeshauptmann Arno Kompatscher als Verantwortlichen für die Gesundheit der Bevölkerung umgehende Maßnahmen zu ergreifen. Konkret schlagen die Umweltschützer in Anlehnung an den Tiroler „Lufthunderter“ eine Geschwindigkeitsbegrenzung von bisher 130 auf 100 km/h für  den gesamten Verlauf der A22 vor. Auch sollte bei unveränderter Wetterlage zu Silvester in den sensiblen Zonen das Abbrennen von Feuerwerken verboten werden. Diese würden zusätzlich zu der Feinstaub-, PM10- und Stickoxidbelastung  eine Reihe weiterer toxischer Schadstoffe freisetzen; darunter das für die Farbenpracht benötigte Barium, das eine extreme Toxizität aufweise und bei einer Inversionswetterlage mehrere Tag in der Luft verweilen würde. Auch die Bevölkerung selbst kann laut Dachverband zur Verringerung des Schadstoffnotstandes beitragen: Vor allem mit dem Verzicht auf unnötige Autofahrten und eine individuelle Holzfeuerung, sofern Alternativen vorhanden sind. 

Bild
Profil für Benutzer Peppi Stecher
Peppi Stecher Di., 22.12.2015 - 12:44

So und jetzt? Referendum gegen den Strassenverkehr? Absolutes Autoverbot in Südtirol? Warten bis es regnet? Fragen über Fragen.

Di., 22.12.2015 - 12:44 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Peter Righi
Peter Righi Di., 29.12.2015 - 20:25

In der Gesetzesflut und Verordnungslawine vergisst man, dass manche Gemeinden die Angelegenheit bereits geregelt haben. Bozen zum Beispiel. Dort ist das Zünden von Raketen, Böllern und Feuerwerkskörpern seit mehr als zwei Jahren verboten*. Wer trotzdem Feuerwerkeln will, muss einen Antrag stellen. Ob dieser dann bewilligt wird, entscheidet die Großwetterlage.
* Verordnung 6/3952 vom 1.11.13

Di., 29.12.2015 - 20:25 Permalink