Wirtschaft | Sparkasse

Stiller Abgang

Die Sparkasse trennt sich von ihrem Finanzchef Sergio Lovecchio. Diesmal einvernehmlich. Denn die Kündigung von Peter Schedl und Andrea Brillo hat einiges gekostet.

Die Südtiroler Sparkasse hat in den vergangenen Monaten mehrmals durchaus stolz per Pressemitteilung Neueinstellungen in den höheren Positionen bekanntgegeben. Auch die Werbelinie wird derzeit von den Angestellten bestimmt. Sie sind das Sujet der aktuellen Sparkassen-Werbekampagne.
Geht es allerdings um Trennungen, versiegt die Mitteilungsbedürftigkeit der Südtiroler Traditionsbank schnell. Auf Nachfrage von salto.bz kommt dann auch ein ziemlich einsilbiger Kommentar aus der Sparkasse:

„Bezüglich Ihrer Anfrage teilen wir mit, dass zwischen der Südtiroler Sparkasse und Dr. Sergio Lovecchio, dem Verantwortlichen der Direktion Finance, vereinbart wurde, das bestehende Arbeitsverhältnis in beidseitigem Einvernehmen aufzulösen.“  

Mehr will man nicht sagen.
Verständlich. Die Trennung, diese Woche vollzogen, kommt durchaus überraschend und zu einem Zeitpunkt, der alles andere als ideal ist. Lovecchios Abgang ist nach dem Rausschmiss des ehemaligen Generaldirektors Peter Schedl und seines Stellvertreters Andrea Brillo, der nächste Paukenschlag in der Südtiroler Bank.
Denn Sergio Lovecchio ist – je nach Einschätzung – seit langem die Nummer 2 oder die Nummer 3 in der Sparkasse.

Der Finanzchef

Der heute 47jährige Sergio Lovecchio studierte Betriebswirtschaft und arbeitete dann jahrelang für die Mailänder Niederlassung der italienischen KPMG, bevor er im Februar 2002 zur Südtiroler Sparkasse kommt. Der damals 33jährige gilt als eine Art Wunderknabe und steigt gleich ganz oben ein. Lovecchio ist seitdem Leiter der Abteilung Finance. Im unterstehen damit die Bereiche Bilanz, Rechnungswesen und Steuern, Controlling und Business Development und Treasury.
Ohne Anglizismen gesagt: Sergio Lovecchio ist seit 14 Jahren der Finanzchef der Sparkasse. Unter anderem ist der durchaus smarte Manager für die Erstellung der Bilanz zuständig. Welch tragende Rolle Lovecchio in der Bank spielte, zeigen nicht nur sein Wirkungsbereich, sondern auch seine Ämter. Er saß jahrelang im Verwaltungsrat der Sparkassentochter Millennium Sim SpA und der Raetia SGR S.p.A. Zudem war er Verwaltungsrat der Invest Banca SpA. Derzeit sitzt er für die Sparkasse noch im Aufsichtsrat der „Itas Versicherungen AG“.
Die Banca d'Italia hat Sergio Lovecchio 2011 als Mitglied des Raetia-Verwaltungsrates eine Strafe von 11.000 Euro auferlegt. Zudem beanstandet die Bankenaufsicht im letzten Inspektionsbericht vom 30. Juni 2015, dass Lovecchio – wie auch einige andere - seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen sei. Die Banca d'Italia stellte Lovecchio und dem ehemaligen Vizegeneraldirektor Andrea Brillo deshalb im Februar 2015 einen „richiamo“ zu.

Die Bilanz

Sergio Lovecchio hat noch die Bilanz 2015 abgeschlossen. Während die Bankenführung vorvergangene Woche stolz die Bilanz der Gruppe „Sparkasse“ präsentierte, mit einem Gewinn von 4,5 Millionen Euro, sieht die Bilanz der Bank weit weniger rosig aus. Nach Informationen von salto.bz steht in der Bankenbilanz 2015 ein Verlust von 3,5 Millionen Euro.
Dass sich eine Bank noch vor der offiziellen Bilanzgenehmigung von ihrem Finanzchef trennt, ist alles andere als geplant. Dazu kommt noch, dass die Trennung genau in der Phase erfolgt, in der die Beamten der Carabiniereinheit ROS in der Bank alles auf den Kopf stellen. Unter Anleitung von drei Inspektoren der Banca d'Italia und im Auftrag von Oberstaatsanwalt Guido Rispoli hat man seit gut einer Woche Unmengen an Daten beschlagnahmt. Zudem wurden mehrere hohe Funktionäre formell angehört. Die Aktion in der Bank geht auch noch diese Woche weiter.
Dass mitten in dieser stürmischen See einer der Steuermänner von Bord geht, kann kaum Zufall sein. Auffallend ist, dass unter der neuen Bankenführung jede außerordentliche Inspektion ihre Opfer fordert.

Dass mitten in dieser stürmischen See einer der Steuermänner von Bord geht, kann kaum Zufall sein

Der Vergleich

Wir erinnern uns. Mitten in der Prüfung durch Banca d'Italia in der Sparkasse wurden im Oktober 2014 über Nacht Generaldirektor Peter Schedl und sein erster Stellvertreter Andrea Brillo von der Sparkasse entlassen. Man hat sie vor versammelter Belegschaft demonstrativ vor die Tür gesetzt. Die Botschaft, die die neue Bankenführung um Gerhard Brandstätter und Carlo Costa damit geben wollte, war klar: Wir räumen mit den Verantwortlichen der Millionenverluste auf.
Dass dieses forsche Auftreten der Bank aber Einiges gekostet hat, das sagt man nicht. Sowohl Peter Schedl als auch Andrea Brillo klagten gegen ihre Entlassung. Auch in der Sparkasse merkte man schnell, dass die beiden Manager mehr als gute Karten in der Hand haben. Banken waschen Schmutzwäsche bekanntlich nicht gerne außerhalb ihrer Wände. So endeten beide Arbeitsstreitigkeiten noch bevor es ins Detail ging mit einem Vergleich. Ein Gerichtsstreit im Herbst 2015 und der zweite im Jänner 2016.
Das Ergebnis ist für die Bank alles andere als rosig: In einem Fall hat die Sparkasse einen sechsstelligen Eurobetrag gezahlt und im anderen einen hohen fünfstelligen Betrag.
Man scheint daraus gelernt zu haben. Denn die Trennung von Sergio Lovecchio ist offiziell einvernehmlich verlaufen.