Eskalation mit Grillo auf Stufe 3?

Das Stufenmodell von Friedrich Glasl beschreibt auf grausame, realistische Weise wie sich Konflikte in einer traurigen Spirale in immer mehr und mehr Gewalt entladen. "Tat" und die "Vergeltung der Tat" schrauben sich gegenseitig nach unten bis zur Vernichtung. Ob im Scheidungskrieg, bei der schleichenden Entwicklung von Rechtsradikalismus oder bei Kriegen zwischen Staaten, der Weg in die Gewalt ist immer der Gleiche. Passiert beim M5S zurzeit das Gleiche?
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Liest man den heutigen Artikel in der repubblica (http://www.repubblica.it/politica/2013/03/24/news/grillo_contro_grasso_boldrini-55249072/) bekommt man einen sehr guten Eindruck, was in der letzten Woche für Spannungen im M5S entstehen. Wie groß sie nun wirklich sind, oder wie viel medial inszeniert ist nicht unbedingt entscheidend, fakt ist aber folgendes:

  • einige M5S Parlamentarier halten sich nicht an die Linie ihres Leaders
  • Grillo beginnt die eigenen Leute verbal fertig zu machen und sie als Verräter zu brandmarken
  • Grillo beginnt aber auch eine Verschwörung zu entdecken die seinen Blog unterwandern wollen (wer hat sich nochmal alles gegen Berlusconi verschworen?)
  • Grillo löscht schon länger unbequeme Blogeinträge

Diese Fakten kann man jetzt diskutieren und unterschiedlich interpretieren und das ist auch in Ordnung. Ich erhebe hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder absolute Wahrheit. Wenn ich mir aber anschaue wie Konflikte entstehen, dann sagt mir mein Bauchgefühl, dass die Bewegung M5S auf Stufe 3 des Konfliktmodells nach Glasl steht mit Blick nach unten (siehe Abbildung). Stufe 3: "Die Konfliktpartner erhöhen den Druck auf den jeweils anderen, um sich oder die eigene Meinung durchzusetzen. Gespräche werden z. B. abgebrochen. Es findet keine verbale Kommunikation mehr statt und der Konflikt verschärft sich schneller. Das Mitgefühl für den "anderen" geht verloren."

Die Bewegung M5S, zumindest die meisten davon, wollen absolut zu Recht ein aktuelles politisches System verändern. Ich hoffe nur, sie beginnen nicht sich selbst zu zerfleischen, sondern finden einen Weg, der uns allen gut tut, nicht nur Beppe Grillo und Gianroberto Casaleggio.

Denn die Stufen der Konflikt-Eskalation führen immer nach unten, wenn man sie nicht unterbricht. Am Ende steht der Scherbenhaufen und die Frage: "Wie hat das alles verdammt noch mal so weit kommen können?"

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Martin Geier Mo., 25.03.2013 - 19:45

Ich beschäftige mich seit Monaten mit diesem Phänomen; auch weil ich bei meiner Arbeit Kollegen habe die entweder Wähler oder Aktivisten sind. Auch diese diskutieren wie man sich in der heutigen politischen Diskussion in Rom verhalten soll. Wie kann man sich selbst gut einbringen und das verdorbene 'castasystem' auflösen?
Wie kann man Verantwortung übernehmen ohne der Steigbügelhalter des heutigen Systems zu sein?
M5S ist eine neue Partei die praktisch top down entstanden ist; angesichts der schnell wachsenden Größe kommen die Strukturen nicht nach. Beppe Grillo wird Macht abgeben müssen; denke es ist intelligent genug um zu wissen daß er nicht selbst dem movimento im Weg stehen kann. Verfolge gerne die vielen medialen Kritiken am movimento; Manche sind berechtigt, viele erklären sich aber aus der Verbandelung vieler Medien mit der casta die durch die neue Konkurrenz ihren Exklusivanspruch gefährdet sieht; da soll man sich nix vormachen.
Das ist in Südtirol nicht anders; die Italienische Rechte wurde hierzulande auch durch den M5S mitpulverrisiert; und die deutsche Rechte hat mit Erschrecken festgestellt daß der M5S auch deutsche Proteststimmen anzieht; Stimmen die vorher bsw. zu den Freiheitlichen gingen. Es wird manch Streit geben; lokal und national; Mancher wird die Partei auch im Streit verlassen; denke aber kaum daß diese Bewegung so schnell verschwinden wird. Viele erblicken in ihr jenen 'piede di porco' der verkrustete Systeme aufbricht; Bürger die sonst vielleicht gar nicht zur Wahl gehen dürften. Sehen wir es positiv; diese Bewegung zwingt die anderen in eine andere Richtung. Und das ist schon mal ein Verdienst. Ich glaube eher nicht als die Eskalation oben; eher an Richtungsstreitigkeiten in einer Partei die das erste Mal massenhaft das Parlament erricht hat und nun mit den 'bottoni' spielt. ich würde es Konsolidierung nennen.

Mo., 25.03.2013 - 19:45 Permalink
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Klaus Egger Di., 26.03.2013 - 08:14

Antwort auf von Martin Geier

Deine Aussagen können genauso zutreffen wie meine, das stimmt. Vielleicht bin ich auch beeinflusst von der "Konsolidierung", wie du es nennst, der Piraten-Bewegung in Deutschland. Nach den ersten Konflikten sind sie auch intern die Stufen der Eskalation runtergestiegen. Zwar nicht bis zur Vernichtung, aber aus dem Sturm ist ein laues Lüftchen geworden und wenn sich nicht groß was bewegt, werden die Piraten nach dem Bundeswahlkampf wieder an Land gehen müssen. Dabei wären ihnen die Medien sehr gewogen. Auch wenn oft ironisch berichtet wird, es wird aber berichtet, immer und immer wieder, sobald einer nur "pups" sagt. Ich weiß, dass viele sagen, man kann die Piraten nicht mit der Bewegung M5S vergleichen, mir fallen aber doch einiges an Parallelen ein. Schaug mor amol wie es weitergeht.

Di., 26.03.2013 - 08:14 Permalink
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Martin Geier Di., 26.03.2013 - 18:18

Antwort auf von Klaus Egger

Zustimmung; wir stochern Beide (noch)im Nebel. Zwischen den Piraten und dem M5S gibt es mehrere Parallelen; eine ist daß sie beide Produkte des digitalen Zeitalters und im Netz entstanden sind. Beide haben unter anderem auch Netzthemen in ihrem Portfolio. Ein wesentlicher Unterschied ist daß sich der M5S viel mehr als die deutschen Piraten gegen das politische Establishment richtet. Denke aber der größte Unterschied ist in der Struktur; die Piraten sind als bottom up Bewegung entstanden und haben sich nie eine starke Führung(oder besser Mannschaft) gegeben, der M5S ist als top down Bewegung entstanden. Meiner Ansicht führt top down eher zum Erfolg zumal gerade in der Anfangszeit nur starke Führung fehlende Strukturen ersetzen kann. Die deutschen Piraten hätten so viele interessante Themen; Themen auf die sie quasi das Copyright und sie auch als erste besetzt haben, ihre chaotische 'Nichtführung' hat aber alles vermasselt; vom Südtiroler Ableger vermute ich ähnliches. Denke in Südtirol wird die Rolle der Piraten der M5S besetzen und da er bereits über deutsche Kandidaten verfügt wird es für die politische Konkurrenz wohl nix zu lachen geben. Bisher hat top down über bottom up gesiegt; ist der hiesige M5S schlau wird er alsbald Strukturen schaffen und sich mehr Konturen geben.
Siehe dazu das Interview mit Paul Köllensperger:
http://www.salto.bz/de/article/20032013/grillo-auf-suedtirolerisch
Bei uns im Herbst wird es spannend; aber dazu mehr an anderer Stelle; das sprengt den topic hier.

Di., 26.03.2013 - 18:18 Permalink
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Klaus Egger Di., 26.03.2013 - 20:57

Antwort auf von Martin Geier

Treffend analysiert Martin. Im Gegensatz zu dir, habe ich aber die Befürchtung, dass genau diese Hilfe der top down Strukutr in der Anfangsphase jetzt zum Verhängnis werden könnte. Ich weiß nicht, ob Grillo zulassen wird, dass nun "selbständige Denker" arbeiten beginnen und auch andere Meinungen zugelassen werden, siehe Blogentwicklung. Aber ich lasse mich gerne positiv überraschen (Paul, wo bist du? Deine Meinung ist hier gefragt:-))

Di., 26.03.2013 - 20:57 Permalink
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Martin Geier Di., 26.03.2013 - 21:33

Antwort auf von Klaus Egger

Ja; wir brauchen hier jetzt einen Grillino Doc.
Die deutschen Piraten können es noch schaffen; bis zum Herbst ist noch genug Zeit. Eine Fähige, Marina Weisband, hätten sie ja gehabt; aber der wurde ja meines Wissens ihre prekäre Gesundheit zum Verhängnis. Mal sehen ob es noch schaffen; derzeit sehe ich sie bzgl. Bundestag eher draußen. Die Grillini hingegen sind zuerst einmal Opfer ihres eigenen Erfolgs; hätte es für PD plus Monti auch im Senat gereicht könnten sie nun in Ruhe in der Opposition ihre Strukturen schaffen und Grillo selbst könnte sich etwas zurückziehen; so sollen sie nun aber ins Parlament und zusammen gleich an die Macht; zuviel des Guten für eine neue Bewegung. Da hatten es die Grünen leichter. Zuerst jahrelang Opposition und dann ein paar Regierungsämter; auch in D hat es viele Jahre gedauert. Ich denke vielen Grilini geht es zu schnell; das erklärt zum Teil auch die Ablehnung von Regierungsverantwortung. Grillo ist hoffentlich intelligent genug "selbständige Denker" zuzulassen; die nun große Partei kann auch ohne Strukturen(und damit ohne Machtverteilung und unabhängige Entscheidungsprozesse) kaum existieren und auch gedeihen. Wäre auch schade; gibt zuviele Hyänen die nur drauf warten sich beim M5S bedienen zu können. Hoffe der M5S kann was bewegen; national und auch lokal.
Gute Beiträge Klaus Egger. :)

Di., 26.03.2013 - 21:33 Permalink
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paul koellensperger Mi., 27.03.2013 - 00:08

Antwort auf von Klaus Egger

Hallo Klaus und Martin,
der Zweifel, "ob Grillo zulassen wird, dass nun "selbständige Denker" arbeiten beginnen", entsteht sicher aus dem von den Medien gezeichneten Bild des Alleinherrschers Grillo. In Wirklichkeit entsteht der M5s aus den lokalen "meetups" die vollkommen bottom up sind, und Maria Teresa Fortini (die Gründerin des Bozner Ablegers des M5s) kann euch sicher bestätigen, dass es nie vorgekommen ist dass irgendjemand der nationalen Bewegung auch nur im geringsten versucht hätte, die Nase in die lokalen Angelegenheiten zu stecken. Außerdem wage ich zu behaupten, dass die Abgeordneten des M5s im Vergleich zu denen der anderen Parteien viel stärker dazu neigen, selbständig zu denken. Es kristallieren sich auch bereits einige führende Köpfe im movimento heraus, ein Messora, Bugani, die Redakteure der "cosa", ein Cancelleri in Sizilien. Insgesamt aber steht der M5s aber für eine Bewegung, die ohne große Hierarchien und "leader" auskommen möchte, zugunsten eines basisdemokratischen Ansatzes bei dem die Bürger selbst ihr Schicksal in die Hand nehmen und aktiv an der Demokratie teilnehmen. Überspitzt gesagt, möchte der M5s genau das erreichen, dass ALLE selbständig denken, und dieses Denken nicht mehr an einen Leader delegieren. Im Wahlkampf haben wir das öfters gesagt, wenn ihr nicht bereit seid selbst euer Schicksal in die Hand zu nehmen, wenn ihr weiterhin Blankoschecks an irgendwelche selbsternannten Führer austellen wollt, wenn ihr nicht bereit seid, bei euch selbst mit der Veränderung anzufangen, dann wählt erst gar nicht den M5s.
Sicherlich braucht das noch Zeit... genauso wie der M5s selbst auch noch Zeit braucht, wie Martin richtig gesagt hat ging das jetzt alles sehr schnell. Grillo (der ja selbst nicht einmal kandidiert hat) hat immer behauptet, dass der M5s sobald er dieses Ziel erreicht haben wird, sich auflösen wird.
Was Südtirol betrifft, Wir haben Grillo seit den Wahlen weder gehört noch gesehen, die Prozedur der Kandidaten-Auswahl für die Landtagswahlen entscheiden wir selbst, das Programm ebenso, natürlich den Grundprinzipien der Bewegung verpflichtet aber gänzlich ohne Einfluss von oben sofern es im M5s überhaupt ein "oben" gibt.

LG
Paul

Mi., 27.03.2013 - 00:08 Permalink
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Klaus Egger Mi., 27.03.2013 - 08:36

Antwort auf von paul koellensperger

Danke Paul für deinen Beitrag (Ist irgendwie schon cool hier auf salto direkt in Kontakt zu treten). Der Eindruck des "Alleinherschers" ist da, das stimmt. Wenn das wirklich nur die Medien so überspitzt gezeichnet haben, lag das aber meiner Meinung nach auch ein bisschen an Grillo selbst. Nationale Interviews hat er gemieden, nationale Journalisten zu Veranstaltungen gar nicht zugelassen. Mit der Begründung (korrigier mich wenn ich mich falsch erinnere), dass sie auch zum korrupten System dazu gehörten. Da frage ich mich aber schon welche Strategie da dahinter steckte, wenn überhaupt. Die Medien müssen ja etwas schreiben und sie einfach vom Prozess auszuschließen, ich weiß nicht... Und irgendwie hatte ich auch immer das Problem mit der (gefühlten) alleinigen Wahrheit von Grillo. Wenn er so sicher von seinen Argumenten war/ist, wieso sich dann nicht den Medien stellen? In Interviews seine Positionen argumentieren?
Zu deinem Punkt wieso er nicht kandidiert hat: Lag das nicht an seiner Vorstrafe, und weniger an seinem direktdemokratischen Verständnis?
Trotz allem bin ich froh, dass man so langsam auch andere Gesichter, abgesehen von Grillo, des M5S besser kennen lernt. So wie dich oder Maria Teresa Fortini. Macht das Bild ein bisschen bunter und für den einen oder anderen auch sicher besser.
Letzte Frage: werdet ihr in Rom einlenken oder bleibt ihr bei eurem harten Kurs? Mit dem fast sicheren Risiko dass es Neuwahlen geben wird.

Mi., 27.03.2013 - 08:36 Permalink
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paul koellensperger Mi., 27.03.2013 - 22:55

Antwort auf von Klaus Egger

Das konfliktbeladene Verhältnis zu den italienischen Medien (nicht aber zu den Medien insgesamt, siehe die zahlreichen TV, Radio und Zeitungsinterviews im Ausland) nur dem Grillo zuzuschieben, heisst aber auch zu leugnen dass er und der M5s erst von den Medien ignoriert wurde, und als dies nicht mehr ging vor allem im Sinne einer Negativ-Bereichterstattung erwähnt wurde. Vor allem Repubblica/espresso haben sich in dieser Hinsicht hervorgetan. Er hätte aber ganz sicher kein Problem dir bei nachgefragt 2.0 oder bei Salto.bz ein Interview zu geben! (zu schade dass du die Sendung eingestellt hast ;)
Wegen seiner Vorstrafe, korrekt, das ist so, aber schon die Tatsache dass er diese Regel (d.h. als Vorbestrafter nicht zu kandidieren, auch wenn es um einen tragischen Autounfall und keinen Diebstahl oder irgendwelche Vergehen gegen die öffentliche Verwaltung handelt) respektiert und ja selbt mitgetragen hat als sie definiert wurde spricht zumindest für Kohärenz.
Einlenken in Rom, das gibt es jetzt sicher nicht, einzelne Punkte einer künftigen Regierung werden sicher mitgetragen werden sofern sie im Sinne des Programmes bzw. der Bürger sind, aber ein Vertrauen für einen Bersani wird es nicht geben. Hier sind einige Gründe dafür http://www.italiaincrisi.it/2013/03/27/crimi-spiega-perche-no-fiducia-a…. Das heisst aber nicht dass der M5s keine Verantwortung übernehmen will, im Gegenteil es ist sein erklärtes Ziel Italien von Grund auf zu reformieren aber gerade für diese Reformen die der M5s will ist der Pd kein geeigneter Partner (siehe Abschaffung der Parteienfinanzierung...).

Mi., 27.03.2013 - 22:55 Permalink
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Klaus Egger Do., 28.03.2013 - 08:32

Antwort auf von paul koellensperger

wenn du mir Grillo als Gast besorgst, mache ich eine Sondersendung:-), großes Indianerehrenwort!

Auch wenn die Medien vielleicht nicht wie gewünscht gearbeitet haben, liegt das vielleicht auch daran, dass Grillo ja nicht gerade für seine sanfte Wortwahl bekannt ist. Wer dann zuerst da war: die Henne (schreiender Grillo) oder das Ei (verschnupfte Medien) sei dann mal dahin gestellt. Und das ist etwas, dass ich einfach nicht verstehen kann; das komplette Programm an vulgärem, aggresivstem und beleidigenstem Vokabular benutzen (heute ganz aktuell sind die Politiker alle "Hurenböcke"), und dann erwarten, dass man ehrlich und unvoreingenommen behandelt wird. Lernen wir das nicht schon als Kinder, dass nicht nur das WAS, sondern vor allem das WIE zählt?
Und was das Einlenken betrifft bin ich ganz bei Sybille; ihr wollt unbedingt die Taube auf dem Dach anstatt (vorerst) den Spatz in der Hand. Scheint euch selbst nicht zuzutrauen, dass ihr mit euren über 100 Parlamentariern auch eine Koalitionsregierung positiv beeinflussen könnt um dann das aktuelle falsche System zu ändern. Schade, die Mio Euro Zinsen und politischen Folgen einer Neuwahl müssen auch eure Kinder mitbezahlen.

Do., 28.03.2013 - 08:32 Permalink
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Martin Geier Mi., 27.03.2013 - 20:45

Antwort auf von paul koellensperger

Bedanke mich ebenfalls; freut mich daß salto.bz dazu beiträgt daß sich Politikinteressierte und Akteure hier treffen können. Werde den lokalen wie den nationalen M5S weiter verfolgen. National hat der M5S jetzt eine große Chance etwas zu bewegen und mitzuwirken. Bewegt sich der PD dann kann daraus etwas werden. Mit geeigneten Kandidaten kann der lokale M5S auch großen Erfolg haben. Denke Freiheitliche wie STF haben ihren Zenit überschritten, 'Visionenpolitik' ist eher out und die Menschen wollen eine Alternative und auch Protest ohne die Ziele der deutschen Opposition. Die die im Land Veränderung wollen wählen entweder die neuen in der Mehrheitspartei(Kompatscher, Schuler, Noggler ecc.) oder den M5S, der mittlerweile auch für Südtiroler wählbar ist. Die Grünen müssen sich bewegen wenn sie im Herbst etwas reißen wollen; setzen können sie bsw. auf die gute Oppositionsarbeit. Der M5S wird mA seinen Weg gehen. Im Land werden sie erstmal nicht 'Opfer des eigenen Erfolgs' zumal bis dato Mehrheiten leicht ohne sie möglich sein werden. Aber an einer ich denke mal zweistelligen Politbewegung kommt Keiner mehr vorbei; auch nicht in Bozen.

Mi., 27.03.2013 - 20:45 Permalink
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Sybille Tezzele Do., 28.03.2013 - 07:36

Antwort auf von paul koellensperger

Wenn M5S möchte, dass die Menschen in Italien die Möglichkeit bekommen, "selbständig zu denken" und mitzuentscheiden, dann sollte er sich darum kümmern, dass jetzt eine Regierung zustandekommt um damit funktionstüchtige direkte Demokratie einzuführen. Dann wäre man nicht mehr so abhängig davon, wer gerade regiert, sondern könnte bei konkreten Themen als Volk mitreden, mitlernen, mit-Verantwortung-tragen. Diese Gelegenheit jetzt ist einmalig, wenn sie nicht genutzt wird, dann kann man noch so laut von Mitbestimmung schreien, aber glaubwürdig ist's dann nicht mehr.

Do., 28.03.2013 - 07:36 Permalink
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paul koellensperger Fr., 29.03.2013 - 02:03

Antwort auf von Sybille Tezzele

@Sybille @Klaus Gerade dieses Thema - direkte Demokratie - ist in den von Bersani in Richtung M5s vorgeschlagenen 8 Punkten nicht einmal erwähnt... ehrlich, sollte der M5s einer Regierung Bersani das Vertrauen aussprechen? Grillo hat 8 Mio. Stimmen bekommen, um die Bersanis & Berlusconis heimzuschicken (dies war sein erstes und wichtigstes Wahlversprechen), und jetzt scheint es so als ob der M5s gerade mit diesen eine Regierung bilden müßte um "Verantwortung zu übernehmen". Wobei schon jetzt klar ist, dass die 2 Punkte die dem movimento am meisten am Herzen liegen - direkte Demokratie und Abschaffung der Parteienfinanzierung - sicher nicht mit dem PD umgesetzt werden können. Was hingegen jetzt schon möglich ist - auch ohne eine neue Regierung, denn Monti ist ja bis auf weiteres verlängert - ist es, im Parlament neue Gesetze abzusegnen, dazu die Worte von Grillo von heute: "invito la cosiddetta opposizione a votare in aula l'ineleggibilità di Berlusconi, l'approvazione di una legge sul conflitto di interessi della cui assenza si gloriò Violante alla Camera, l'abolizione della legge Gasparri, la rinegoziazione delle frequenze nazionali generosamente concesse a Berlusconi da D'Alema nel 1999. Si può fare! (ma voi non lo farete mai)."
An diesen Punkten wird ein M5s sicher mitarbeiten bzw. hat Napolitano sogar aufgefordert, den movimento direkt mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Es fehlt also nicht am Willen, Verantwortung zu übernehmen.
Was jetzt geschehen sollte, mMn, ist die Ernennung einer angesehenen Führungspersönlichkeit, die eine zeitlich begrenzte Minderheitsregierung führt die 2 -3 wichtige Gesetzte erläßt, ein neues Wahlgesetz und den Interessenskonflikt, und dann rasch Neuwahlen.

Fr., 29.03.2013 - 02:03 Permalink
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Sybille Tezzele Fr., 29.03.2013 - 07:28

Antwort auf von paul koellensperger

@Paul, ich sehe es etwas anders, hätte mir etwa gewünscht, dass M5S gesagt hätte: Hey Bersani, das sind unsere Bedingungen: 1., 2., 3. - und dann probieren wir's mal.
Zu sagen "nö, ohne uns - aber macht mal dies und jenes... und pah, ihr macht es sowieso nicht" erscheint mir keine ernstzunehmende politische Haltung.
Von der Art der Kommunikation nicht zu reden: Jahrelang haben wir uns aufgeregt, dass es für unsere Kinder normal ist, mit der peinlichen und unangemessenen politischen Sprache von Du-weißt-schon-Wem aufzuwachsen, wenn das jetzt die "neue Sprache" der "neuen Politik" ist, ja dann Prost Mahlzeit.
(Oder habe ich mich zuviel mit gewaltfreier Kommunikation befasst, zuviel Gandhi gelesen und so?)
Ich kann nachvollziehen, dass du es anders siehst, dass du die große Veränderung in der Politik durch eine "vollkommen andere, neue, noch nie dagewesene Haltung" siehst und erwartest. Ich bin eigentlich eher traurig über diesen Moment, nicht euphorisch.
Doch wenn sich herausstellen sollte, dass ich total falsch gelegen bin und dass jetzt dank M5S "alles gut" wird, dann stoße ich gerne mit dir auf eine glorreiche Zukunft der Demokratie an und lasse mir die Dinge besser erklären. :)

Fr., 29.03.2013 - 07:28 Permalink
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paul koellensperger Fr., 29.03.2013 - 16:45

Antwort auf von Sybille Tezzele

ich geb dir in gewissem Sinne Recht, auch ich hätte das so gemacht, den Bersani zum ersten Schritt auzufordern. In der Tat war es dann ja auch so, Crimi hat dem PD als Grundvoraussetzung den Verzeicht auf die Parteienfinanzierung ab sofort genannt, um dann weiterzureden...darauf kam aber keine Antwort. Auch weitere Punkte wurden genannt, keiner davon war dann in den 8 Punkten von Bersani (außer der Interessenskonflinkt, aber in einer viel zu weichen Form). Sagen wir es so, wenn Bersani wirklich auf die Punkte eingegangen wäre, die dem M5s am Herzen liegen, dann hätte er Grillo schon ins Schwitzen gebracht, aber so war die Absage eigentlich logisch und alles andere wäre auch nicht kohärent gewesen.
Ich möchte hier Grillo und seine Leute weder als vollkommen noch perfekt darstellen (wär ja auch viel zu langweilig) aber sie haben einen Vorteil der nicht von der Hand zu weisen ist: sie haben keine Macht- (und Geld-) Positionen zu verlieren, weshalb sie (und ich glaube nur sie) gewisse dringend nötige Reformen umsetzen können (Parteienfinanzierung, direkte Demokratie, Provinzen abschaffen usw). Das heisst im Umkehrschluss auch, dass die etablierten Parteien eine M5s Regierung mit allen Mitteln verhindern wollen. Ich werden den Eindruck nicht los, dass das ganze Gerede des PD über Koalition und Verantwortung nur darauf ausgelegt war, den M5s als verantwortungslos darzustellen, in der Tat hinter den Kulissen aber ganz andere Szenarien gesponnen werden (Große Koalition, Neuwahlen wenn die Umfragen positiv sind usw.). Aber hoffentlich stoßen wir ja bald einmal auf was Positives an :)

Fr., 29.03.2013 - 16:45 Permalink
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Michael Bockhorni Do., 28.03.2013 - 13:49

Dank an salto für die Möglichkeit (auch als Deutschsprachiger) die aktuelle Diskussion und Entwicklung rund um M5S mitzuverfolgen.

Do., 28.03.2013 - 13:49 Permalink
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Klaus Egger Fr., 29.03.2013 - 08:16

na dann Paul wünsche ich mir für uns alle, dass Napolitano wirklich diese Persönlichkeit findet wie du sagst und dann hoffe ich nur, dass ihr nicht auch noch auf die Beistrichsetzung in den Gesetzen beharrt. Sorry, aber diese "alles oder nichts Haltung" macht auch mir ein bisschen Angst. Was macht Grillo eigentlich wenn er einen ganz kleinen Kompromiss eingehen müsste? Wird er jemals einen Zentimeter von seiner Linie zurück treten oder fühlt er sich auch dann noch im Recht wenn der Karren an die Wand fährt? Gorbatschow hat einmal gesagt: "Es gibt keine einfachen Lösungen für sehr komplizierte Probleme. Man muß den Faden geduldig entwirren, damit er nicht reißt." Mag natürlich Ansichtssache sein, aber wie du auch richtig sagst, 8 Mio haben euch gewählt. Aber es gibt auch noch die anderen 52 Mio Italiener.

Danke dir aber auf jeden Fall, dass du dich der Diskussion hier stellst. Es scheint, als wärst du der einzige der die Kritiken aushalten muss. Deine ganzen Fans (die es sicherlich in Massen gibt) warten wohl noch ab, wie sich alles entwickelt.

Fr., 29.03.2013 - 08:16 Permalink
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Profil für Benutzer paul koellensperger
paul koellensperger Fr., 29.03.2013 - 16:08

Antwort auf von Klaus Egger

Politik ist Kompromiss, und das wird auch passieren. Ein noch viel intelligenterer Mann als Gorbatschow hat auch einmal gesagt: "Man kann Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind" - das ist das Problem bei einer Zusammenarbeit des M5s mit den "alten" Parteien. Ich befürchte dass gewisse Reformen sich einfach mit denen zusammen nicht machen lassen werden, erstens weil sie in den letzten 20 Jahren nichts davon gemacht haben (wieso sollten sie jetzt?), und zweitens weil sie zu einem guten Teil gegen die Interessen der Lobbys und der etablierten Seilschaften in den Parteien sind. Ich kann Dir aber garantieren, dass der M5s nicht als Oppositionspartei geboren wurde, sondern um die Dinge aktiv zu verändern - und das geht nur über die Regierung, alleine oder mit anderen. Aber lassen wir uns überraschen, ich weiß selbst nicht was nun passieren wird...

Fr., 29.03.2013 - 16:08 Permalink