Gesellschaft | Flüchlinge

"Geredet wird viel, wenn der Tag lang ist"

Warum ist die Flüchtlingsunterkuft Zeilerhof noch nicht bezogen, fragt nun auch der Stadtviertelrat von Gries-Quirein. Antworten von Abteilungsdirektor Luca Critelli.

Für Diskussionen sorgt er  immer wieder. Der Zeilerhof, ein Gebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert, in bester Grieser Lage, seit Jahren im Eigentum des Bauunternehmers und Energieproduzenten Hellmuth Frasnelli. Sein Projekt, an Stelle des alten Hofes drei Zwei-Familien-Villen zu errichten, wurde letztendlich gerichtlich von Anrainern durchkreuzt. Nun steht seit Wochen die Frage im Raum, ob auch sein solidarisches Vorhaben vereitelt wird, das Gebäude drei Jahre lang unentgeltlich für die Unterbringung von Asylwerbern zur Verfügung zu stellen. Denn drei Monate nach der Schlüsselübergabe an die Provinz bzw. den Betreiberverein Volontarius steht der Zeilerhof immer noch leer. Die Provinz verweist auf notwendige bauliche Sicherheitsbestimmungen, die aufgrund unverhältnismäßiger staatlicher Vorgaben notwendig sein.

Nach Hellmuth Frasnelli schaltet sich nun auch  der Stadtviertelrat Gries-Quirein ein, um diese Version zu hinterfragen. „Nach unserem Stand ist der Zeilerhof ab sofort bezugsbereit“, schreiben die Stadtviertelräte Rudi Benedikter und Christoph Buratti in einer Aussendung. „Alle technischen Kollaudierungen sind erfolgt, die Bewohnbarkeitsgenehmigung liegt vor.“ Angesichts von  300 bis 400 „nicht offiziellen“ Asylbewerbern in Südtirol – die meisten davon in Bozen und ein Großteil von ihnen obdachlos -  sollten alle in der Flüchtlingspolitik zuständigen Behörden in Land und Gemeinde Bozen  die Struktur Zeilerhof ohne weitere Verzögerung  nutzen können, fordern die Stadtviertelräte. Sie kritisieren darüber hinaus, dass die Unterkunft in Gries nur Flüchtlingsfamilien vorbehalten sein ssoll, wenn der Großteil der Asylwerber aus jungen Männern besteht.

Ist der Zeilerhof nun also tatsächlich bezugsfertig?  „Falls er es wäre, dann wäre schon längst jemand eingezogen“, sagt er zuständige Abteilungsdirektor Luca Critelli. „Ich weiß nicht, wo die Stadtviertelräte ihre Informationen hernehmen“. Eine Bewohnbarkeitserklärung beziehe sich nur auf die Räume, bedeute aber nicht, dass alle sicherheitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind. Diesbezüglich sei man von den Technikern abhängig. „Wenn diese sagen, dass aufgrund von Sicherheitsbestimmungen noch bestimmte Eingriffe notwendig sind, dann muss man es zur Kenntnis nehmen“ so Critelli. Dass einige dieser Bestimmungen wahrscheinlich übertrieben sind, sei eine Tatsache, liege aber nicht in der Macht des Landes. „Ich versichere, dass wir jeden Tag urgiert haben. Aber nun dürfte es wirklich nur mehr eine Frage weniger Tage sein.“

Außer Diskussion steht laut Critelli, die nicht von Rom zugewiesenen Asylwerber im Zeilerhof unterzubringen. „Ein Verteilungssystem kann nur funktionieren, wenn die vorgesehenen Regeln eingehalten werden“, sagt der Abteilungsdirektor.  „Wenn sich der Grundsatz durchsetzt, dass Personen selbst entscheiden, wo sie hingehen und verlangen können, dort aufgenommen zu werden, fällt das ganze System.“ Nichtsdestotrotz hofft man beim Land, dass die bereits in Rom deponierte Forderung nach einem gerechteren Verteilungsssystem bald umgesetzt wird. Demnach sollten nicht nur Asylwerberber, die in Süditalien ankommen, über das Land verteilt werden, sondern auch alle jene, die auf anderen Wegen ins Land kommen. 

Solidarische Nachbarn

Nichtsdestotrotz steht der Verdacht im Raum, dass man sich bei einer Flüchtlingsunterkunft im feinen Gries zumindest auf Familien geeinigt hat bzw. dass so mancher einflussreicher Nachbar das Vorhaben überhaupt zu verzögern versucht. Ganz böse Zungen sprechen gar davon, dass der Abteilungsdirektor selbst bremst, da er ganz in der Nähe wohne. „Da wird etwas zu viel spekuliert“, kontert Critelli. Ich wohne nicht in Bozen, sondern in einer anderen Gemeinde. Die übrigens bereits Flüchtlinge aufnimmt“. Die Entscheidung für Familien habe allein damit zu tun, dass sich das Gebäude in Gries gut für deren Unterbringung eigne. „Andere Einrichtungen auf dem Gemeindegebiet von Bozen sind dagegen größere Strukturen, die für Familien keine so geeigneten Räume bieten“, sagt Luca Critelli. Druck, die Struktur nicht zu verwenden, sei in jedem Fall nicht auf ihn ausgeübt worden und auch nicht bekannt. „Aber wenn der Tag lang ist, wird viel geredet“, so der Abteilungsdirektor.   

Zumindest diesbezüglich ist er mit dem Stadtviertelrat Gries-Quirein einer Meinung. „Wir möchten betonen, dass sich die Mehrzahl der uns bekannten Personen grundsätzlich für eine solch großzügige Solidaritätsaktion ausgesprochen haben“, schreiben Benedikter und Buratti. „Mehrere Nachbarn haben bereits Mithilfe bei der Betreuung und Integration angeboten!“ 

Bild
Profil für Benutzer alfred frei
alfred frei So., 18.09.2016 - 10:06

Im zweiten Anlauf > "Otto Normalverbraucher würde die berechtigte Frage stellen: welche Richtlinien, bzw. Unterschiede, bestehen bei "der immer sehr zurückhaltenden Vorgangsweise des Landes" in der Akzeptanz von Aufnahmeangeboten im Hotel Alpi und im Zeilerhof ? Ohne vorzugreifen: keine Antwort ist die eindeutigste Antwort, die man bekommen kann".

So., 18.09.2016 - 10:06 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Daniele Menestrina
Daniele Menestrina So., 18.09.2016 - 20:00

Jetzt hat man auch Leute in den ehemaligen Handwerks-Hallen in der Galilei-Strasse untergebracht, wo bis vor kurzem Studenten herumwerkelten. Wundert mich, dass diese Hallen den Bewohnbarkeitsrichtlinien entsprechen, nicht aber die Räume eines Wohnhauses wie der Zeilerhof !

So., 18.09.2016 - 20:00 Permalink