Politik | SVP

Die Notbremse

Die SVP-Parteileitung wollte die Beauftragung von Francesca Puglisi am Montag auf Eis legen. Doch vorher zog die ehemalige PD-Senatorin aber selbst die Handbremse.
Puglisi, Francesca
Foto: Salvatore Contino
 
Es war alles vorbereitet.
Wir hätten den Landeshauptmann notfalls überstimmt“, sagt ein Mitglied der Parteileitung. Im Giftschrank unterm Edelweiß lag am Montagnachmittag bereits ein ausformulierter Beschluss. Der Inhalt: Der Auftrag mit dem Francesca Puglisi als „Sachverständige für Marketingfragen“ bis zum Ende des Jahres das Image des Landes Südtirol italienweit aufpolieren sollte, wird zurückgenommen.
Diese Gangart hatte sich in den vergangenen Tagen herauskristallisiert. Der Sturm der Entrüstung an der SVP-Basis über die Beauftragung der ehemaligen PD-Senatorin, Bildungs- und Schulsprecherin des nationalen PD und Lebensgefährtin des PD-Senators Gianclaudio Bressa war dermaßen heftig, dass man an der Parteispitze schnell kalte Füße bekam.
SVP-Obmann Philipp Achammer hatte bereits vergangene Woche die Richtung vorgegeben, in dem er offiziell bekanntgab, von der Beauftragung nichts gewusst zu haben. Klarer konnte sich der SVP-Obmann kaum vom Landeshauptmann distanzieren. Der Unterlandler SVP-Bezirksobmann und Fraktionssprecher im Landtag Oswald Schiefer schaltete bereits vorher auf Wahlkampfmodus und fordert offen die Rücknahme der Beauftragung.
Die allgemeine Stimmungslage innerhalb der SVP-Leitung war eindeutig: Dieser Schachzug im beginnenden Wahlkampf schade der SVP. Plötzlich kam wieder ein Thema aufs Tapet, das Arno Kompatscher fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. Die Abhängigkeit dieser Landesregierung vom PD.
Für jene Fraktion unterm Edelweiß, die im Bündnis mit dem PD immer schon ein Übel gesehen hat, ist diese Polemik ein willkommener Anlass, dem Duo Kompatscher-Zeller eins auszuwischen. Viele in der SVP wollen die Partei auch angesicht der politischen Entwicklungen in Italien in Richtung Lega treiben. Weil der Südtiroler PD so schlecht dasteht, wie noch nie, schwindet die Hoffnung, dass diese Koalition das laufende Kalenderjahr überleben wird. Auch deshalb getrauen sich einige in der SVP plötzlich das Maul aufzureißen. 
Vor diesem Hintergrund sollte die Streitfrage auf der Parteileitungssitzung am Montag geklärt werden. Fast drei Stunden dauert die Sitzung. „Es war eine durchaus kontroverse aber sachliche Diskussion“, sagt einer, der dabei war. Arno Kompatscher fühlte sich zu Unrecht von der eigenen Partei an den Pranger gestellt. Er erklärte nochmals in allen Facetten, wie man zu dieser Entscheidung gekommen sei. Der Landeshauptmann signalisierte dabei aber auch eine gewisse Einsicht, dass die Beauftragung zumindest „ungeschickt“ war.
Kompatscher sieht den heftigen Widerstand aber auch als eine Art Misstrauen seiner eigenen Leute. „Es geht nicht an, dass die Partei an meiner volkstumspolitischen Linie zweifelt“, ärgerte sich der Landeshauptmann während der Sitzung.
„Es geht nicht an, dass die Partei an meiner volkstumspolitischen Linie zweifelt.
Arno Kompatscher
Am Ende löste die Hauptperson der Affäre selbst die durchaus angespannte Situation. Denn mitten in der heftigen Diskussion kam per SMS die Nachricht von Francesca Puglisi, dass sie die Beauftragung nicht annehmen werde. Jene Gönner, die die ehemalige PD-Senatorin vorgeschlagen haben, dürften jetzt auch ihren Rückzug organisiert haben. Er kam genau zum richtigen Zeitpunkt.
Denn ein Parteileitungsbeschluss gegen die Beauftragung wäre ein offener Affront gegen den Landeshauptmann gewesen. So aber kann man das Ganze fallen lassen und vergessen.
Zumindest bis nach den Landtagswahlen.
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Martin B. Mo., 04.06.2018 - 20:39

OiOi-OioiOi, wenn die Legastellini national durchhalten und der PD bei den Landtagswahlen auch weniger Stimmen erhält, werden sich noch einige Ungleichgewichte in der Macht auftun und nicht ohne Kampf gekittet werden müssen.

Mo., 04.06.2018 - 20:39 Permalink
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Marcus A. Mo., 04.06.2018 - 22:30

Interessant wie schnell sich da einige vom LH distanzieren wollen...... Rückendeckung sieht anders aus.
Die zweite Amtszeit dürfte in Anbetracht der neuen politischen Konstellation mehr als ungemütlich werden.

Es würde mich auch nicht wundern, wenn da jemand zunehmend genervt und in Frage gestellt wie aus heiterem Himmel das Handtuch werfen würde....

Mo., 04.06.2018 - 22:30 Permalink
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Marcus A. Mo., 04.06.2018 - 22:40

Die ganze Aktion der Ernennung war nicht ungeschickt, so ungeschickt kann man gar nicht sein.
Vielmehr sollte man sich die Frage stellen, wie erpressbar man sein muss, eine solche Aktion überhaupt in Erwägung zu ziehen (müssen??)

Bemerkenswert auch die Tatsache, dass anscheinend keine besondere Rückendeckung vom Obmann kam. Ob da jemand seinem großem Vorbild über "Kurz" oder lang nachahmen will und nach Höherem strebt?
Mit medialer Power im Rücken geht viel, auch nach oben. Ein Schelm wer Böses denkt....

Mo., 04.06.2018 - 22:40 Permalink
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Manfred Klotz Di., 05.06.2018 - 07:43

Die intelligente Linie. Sinnvoller Einsatz um Erhalt von kulturellen Eigenheiten drückt sich nicht in "Südtirol ist nicht Italien" Schildern aus oder in kitschigen Presseaussendungen von STF und Heimatbund. Das ist eher kontraproduktiv.

Di., 05.06.2018 - 07:43 Permalink