Umwelt | Interview mit Georg Wunderer

Südtirol Energie – ein Dauerbrenner

Im Energiesektor Südtirols Aufruhr. Christoph Gufler, SVP-Arbeitnehmer Chef, fordert die Auflösung der SEL. Georg Wunderer aus Prad, „was ist die Alternative?"
Mondlandung
Foto: Pixabay

Südtiroler Strompreise, Südtirol Energie, Veränderung der Energielandschaft – Themen, die in Wahlkampfzeiten aus dem Zauberhut gezogen werden. Georg Wunderer ist seit über 30 Jahren Obmann der Energie Werk Prad. Über den plötzlichen Eifer der Arbeitnehmer kann er sich nur wundern.

Was sagen Sie dazu, dass die Arbeitnehmer die Auflösung der SEL fordern?

Die Forderung der Arbeitnehmer kommt relativ spät, plakativ fordern sie eine Auflösung der SEL und was ist die Alternative? Das kann man doch nicht einfach so fordern, das ist eine, in die Luft gehängte Aussage. Ich frag mich schon, warum plötzlich dieses Interesse da ist, an einer Sache, die wir schon lange fordern. Wer soll denn an die Stelle der SEL treten, was ist machbar, was durchführbar?

Als Genossenschaftler im Südtiroler Energiebereich ist Ihre Vision klar. Was fordern Sie?

Wir streben ja schon lange eine Kooperation an, haben 1999 zum ersten Mal ein Konzept vorgelegt. Die bestehenden Energiebetriebe im Land haben damals  mit dem Management aus St. Gallen dem Landeshauptmann einen Vorschlag unterbreitet, er hat uns sozusagen vor die Tür geschickt.

Die Botschaft war klar?

Natürlich. Als der Verteilerplan 2005 kam wurde für das ganze Land ein Betrieb vorgeschlagen. Wir waren damit absolut nicht einverstanden, haben Alternativlösungen vorgeschlagen. Es gab keine Resonanz.

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Ihre Vision einer neuen Stromverteilung in Südtirol?

Das „Bersani Dekret“ sieht ein bestimmtes System vor. In diesem Rahmen kann man sich bewegen. Haben das die Arbeitnehmer bedacht? Wir sehen es so: Was sinnvoll ist zu zentralisieren, soll zentralisiert werden und was dezentral funktionieren soll, soll dezentral bleiben.

Das heißt konkret?

Die Verteilung des Stroms, damit meine ich die Stromproduktion, kann dezentral organisiert werden, noch stärker. Wir haben derzeit 50 Unternehmen in Südtirol, Genossenschaften, Werke von Gemeinden, von Privaten. Wir arbeiten schon sehr stark in diesem Bereich. Aber diese Rekommunalisierung, wie sie auch in Deutschland statt findet, muss noch stärker werden. Die großen ENEL-Werke gehören der Vergangenheit an, die Zukunf liegt bei den kleinen Produzenten.

Stromverteilung dezentral und der Stromhandel?

Da müssen Verbrauchergenossenschaften organisiert werden, die den Strom stellvertretend kaufen und den Familien und Betrieben zu günstigen Preisen weitergeben. Heute ist es noch immer so, dass der Strom, wenn er erzeugt wird, an die Börse geht und immer teurer wird. Diesen Kreislauf müssen wir unterbrechen, da müssen wir uns gemeinschaftlich organisieren. All das würde dem Liberalisierungsdekret entsprechen.

Was bleibt zentral?
Zum Beispiel die Stromabrechnungen, das muss nicht jeder Betrieb einzeln machen. Man muss schauen, was macht man gemeinsam, was kann man subsidiär machen. Und: Es wäre höchst an der Zeit, den Strom, den wir nicht selber verbrauchen, als Marke zu verkaufen. Südtiroler Strom, ein Qualitätsprodukt.

Glauben Sie, es ist an der Zeit, neue Energiekonzepte für Südtirol auszuarbeiten?
Wir vom Südtiroler Energieverband wollen den Menschen dienen, nicht dem Kapital. Ja, ein Richtungswechsel wäre notwendig. Das Land ist über Jahre hinweg stur bei ihrem Konzept geblieben: ein Verteilerbetrieb für das ganze Land. Wenn es ihnen wirklich ernst ist etwas zu ändern, dann muss das schnell passieren und wir müssen uns endlich an einen Tisch setzen. Eine These aufzustellen ist einfach, etwas umzusetzen, das wäre wesentlich.

Sie wundern sich, über die Arbeitnehmer?

Ich bin lange im Energiegeschäft drinnen und bislang wurde ich noch nie von einem Arbeitnehmer angehört. Wenn, dann sollen sie sich die Zeit nehmen, und wir können ihnen unser Konzept vorstellen. Es hat Kopf und Fuß und man kann es umsetzen. Aber es muss eine Bereitschaft vom Land da sein, und die klare Botschaft „wir unterstützen euch“. Davon hab ich bislang nichts gemerkt.

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Frank Stein Fr., 23.08.2013 - 13:58

Georg Wunderer sagt: "Wir vom Energieverband wollen den Menschen dienen nicht dem Kapital". Er und der Südtiroler Energieverband möchten dezentrale Verbrauchergenossenschaften organisieren und somit eindeutig weg von der Privatisierung des Stromes um den Menschen günstigeren Strom anzubieten. So weit so gut...

Ich frage mich allerdings: Wie glaubwürdig ist nun eine eine solche Aussage, in Anbetracht dessen, dass der Geschäftsführer des Südtiroler Energieverbandes Rudi Rienzner erst kürzlich als Privater das Großprojekt an der Ahrstufe 4 im Ahrntal eingereicht hat und anschliessend sein Projekt komplett an die private "Ahr Energie" (Josef Steinhauser) abgetreten hat?
Die Stromgenossenschaft im Ahrntal (Luttach) und die Menschen im Ahrntal hätten natürlich gefreut wenn der SEV Geschäftsführer Rienzer seine Anteile der Allgemeinheit abgetreten hätte. Die Genossenschaft hätte dadurch Geld für die Instandhaltung der Infrastrukturen gehabt und hätte das ganze Tal mit günstigem Strom versorgen können. Dies alles droht nun zu scheitern.

Interessanter Leserbrief dazu und Facebook Gruppe: http://on.fb.me/17PHe0f

Fr., 23.08.2013 - 13:58 Permalink
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Frank Stein Fr., 23.08.2013 - 19:24

Antwort auf von Frank Stein

Christoph Gufler sagt: "Wir vom Energieverband wollen den Menschen dienen nicht dem Kapital".

Richtig muss es natürlich heissen:

Georg Wunderer sagt: "Wir vom Energieverband wollen den Menschen dienen nicht dem Kapital"....

Fr., 23.08.2013 - 19:24 Permalink