Politik | Grüne/SEL

„Es ist so schön hier!“

Der Grüne Neo-Parlamentarier Florian Kronbichler über seine ersten Tage in Rom. Freuden und Leiden eines einfachen Abgeordneten.

„Gerade komme ich aus dem Quirinal“, sagt Florian Kronbichler aufgekratzt. Der Auftritt der Grillini bei Staatspräsident Napolitano sei aber weniger spektakulär gewesen, als angekündigt, fügt er bereits etwas ruhiger hinzu. Der Movimento 5 Stelle (M5S) hatte vor wenigen Minuten als stärkste Partei von Napolitano die Beauftragung mit der Regierungsbildung gefordert und andernfalls eine harte Opposition angekündigt, sich aber ansonsten ans Protokoll gehalten, die erwarteten Provokationen blieben aus.

Kronbichler machen die Grillini trotzdem sorgen. „In der Fraktion der Durchhalter, zu der ich mich auch zähle, also jene, die keine schnellen Neuwahlen wollen, gab es nach der überraschenden Wahl der Präsidenten von Kammer und Senat eine regelrechte Euphorie“, bekennt der Neo-Politiker. Inzwischen wachse die Sorge über die Folgen einer eventuellen Spaltung des M5S. Er selbst habe jedoch den Eindruck gewonnen, dass Napolitano keine Neuwahlen will und dass die Chancen von PD-Chef Bersani doch noch eine Regierung zusammen zubekommen steigen. „Der PD macht gerade sinnvolle Schritte auf die Grillini zu“, meint Kronbichler und spricht auch auf die von den beiden Parlamentspräsidenten Laura Boldrini und Piero Grasso angekündigten Gehaltskürzungen um 30 Prozent an.

  Kammerpräsidentin Laura Boldrini, SEL

Wind of Change
„Es weht ein Wind der Veränderung durch Rom und wenn die Grillini weiterhin zu Allem und Jedem Nein sagen, wird ihnen das am Ende selbst schaden“, urteilt Florian Kronbichler, der vieles was in Rom derzeit passiert, naturgemäß auch durch die journalistische Brille des Glossenschreibers betrachtet. „In den Fluren des Parlaments stehen an jeder Ecke drei Diener, die Cretini wie mir helfen, sich zurechtzufinden.“ Das täten sie sehr freundlich und hilfsbereit, aber derzeit auch mit einer gewissen Aufgeregtheit aus Angst um ihre gut bezahlten Jobs.

Dass er von seiner Fraktion aus Grünen und Sinistra Ecologia Libertà für den Posten in der wichtigen Verfassungskommission designiert wurde, ist für Kronbichler ein großes Prestige. Gerade jetzt, wo über das dritte Autonomie-Statut verhandelt wird und er der erste Südtiroler in dieser Kommission ist, der nicht der SVP angehört.

"Io sono Florian di Bolzano"
Insgesamt habe er sich bereits gut hineingefunden in seine Rolle als Parlamentarier, sagt der ehemalige Journalist. „Es ist so schön hier in Rom und man muss eher aufpassen, dass man nicht so schnell den Annehmlichkeiten des Parlamentsbetriebes erliegt.“ Eine prominente „Freundin" hat er auch bereits: Die frischgewählte Kammerpräsidentin Laura Boldrini von SEL. Kronbichler hatte sich neben die, ihm auf den ersten Blick unbekannte, Fraktionskollegin gesetzt, sich freundlich vorgestellt ("Io sono Florian di Bolzano. E tu?") und war sich kurz darauf seiner Ignoranz bewusst geworden. Boldrini nahm‘s gelassen und seit dem teile man die Fraktionsbank.

Als nächster Termin stand für Florian Kronbichler am Donnerstag-Nachmittag die Wahl des Fraktionspräsidiums an, am Samstag nimmt er an einer Kundgebung der No-TAV-Bewegung in der Val di Susa teil. Als Südtiroler und damit Brennerbasistunnel-Betroffener, sei er von einen Kollegen zur Demo gegen die Schnellzug-Verbindung eingeladen worden. Und deshalb macht der Abgeordnete am Wochenende seine ersten Überstunden, bevor er am Sonntag mit seinem Gratiszugticket nach Bozen zurückkehrt.

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Alfonse Zanardi Do., 21.03.2013 - 14:39

„Es ist so schön hier in Rom und man muss eher aufpassen, dass man nicht so schnell den Annehmlichkeiten des Parlamentsbetriebes erliegt.“
Ja, das ist sicher ein großes Problem, die Auswirkungen dieses Erliegens kann man allerorts besichtigen.

Do., 21.03.2013 - 14:39 Permalink