Politik | Politikergehälter

Empörte Bürgermeister: "Das stimmt vorne und hinten nicht mehr"

Während Mauro Minniti oder Sabina Kasslatter Mur schon das Warten auf die Rente mit mehr als einer Million Euro versüßt wird, schauen Gemeindepolitiker am Ende ihrer Karriere durch die Finger. So geht es nicht weiter, fordern deshalb ehemalige wie amtierende Bürgermeister.

Oswald Schiefer war 30 Jahre lang BürgermeisterChristoph Gufler 15 Jahre und der Traminer Bürgermeister Werner Dissertori wird kommendes Jahr ebenfalls nach 15 Jahren mit  44 Jahren Südtirols jüngster Alt-Bürgermeister sein. Allen dreien gemeinsam: Sie haben oder werden ihr Rathaus mit leeren Händen verlassen. Während  ihre KollegInnen auf Landes- bzw.  Regionalebene ihren Lebensabend wahrlich versüßt bekommen, wie die am Dienstag veröffentlichte Liste der Rentenvorschüsse bezeugt, erhalten GemeindepolitikerInnen am Ende ihrer Dienstzeit weder eine Abfertigung noch eine Rente. „Ein bissl deprimierend“ , sei das nach 30 Jahren schon, meint der nunmehrige Landtagsabgeordnete Oswald Schiefer.  Angesichts der Summen, die einige seiner LandtagskollegInnen nun überwiesen bekommen, wird ihm dann allerdings „ganz schwindlig“. „Denn hier reicht es nicht mehr zu sagen, dass der Vergleich hinkt, das passt hinten und vorne nicht mehr“, so Schiefer.

Bekannt ist dieses Missverhältnis zwischen der sozialen Absicherung von Landes- und Gemeindepolitikern seit langem. Bereits seit gut zwei Jahrzehnten haben Südtirols Bürgermeister versucht, zumindest eine bescheidene Absicherung für den Lebensabend durchzubringen, wie sie beispielsweise in Österreich längst gang und gäbe sei.  Keineswegs „Fantasierenten“, von denen nun die Rede ist, meint der ehemalige Lananer Bürgermeister Christoph Gufler. Klarerweise hätte man sich auch 25 Prozent der eigenen Amtsentschädigung selbst eingezahlt, ergänzt Oswald Schiefer.  Doch obwohl  Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder immer wieder versichert habe, dass „man schon etwas machen werde“, wurden die Ersten BürgerInnen des Landes letztendlich immer abgespeist. „Ausreden haben wir genug gehört“, sagt Schiefer – vom Staatsgesetz, das eine solche Regelung nicht zulasse bis hin zur regionalen Zuständigkeit und der Weigerung der Trientner mitzuziehen.

Ein Bürgermeister bekommt ein Drittel eines Landtagsabgeordneten und hat das Doppelte bis Dreifache zu tun.

Fakt sei, dass einige ehemalige Bürgermeister im Land sich heute nicht leicht tun, ihren Lebensabend finanziell zu gestalten, meint Christoph Gufler. Er selbst kann zumindest auf eine Rente von 1500 Euro aus seiner Lehrertätigkeit zählen; Oswald Schiefer hat sich dank seiner Entschädigungen als Bürgermeister und Bezirkspräsident nach den ersten zehn Jahren als Lehrer selbst Rentenbeiträge eingezahlt. Von Verhältnismäßigkeit könne angesichts der fetten Entlohnungen der Landespolitiker dennoch keine Rede sein, meint auch Werner Dissertori. „Denn ein Bürgermeister bekommt ein Drittel eines Landtagsabgeordneten und hat das Doppelte bis Dreifache zu tun, weil er tagein tagaus an der Front ist und auch viel mehr Verantwortung hat.“  Entsprechend fällt auch die Rechnung für die SteuerzahlerInnen aus, rechnet Oswald Schiefer vor. „Der Bürgermeister einer mittleren Gemeinde kostet die Allgemeinheit mit rund 70.000 Euro im Jahr weniger als die 100.000 Euro, die nun mit der Reform von 2013 pro Landtagsgehalt eingespart wurden.“

Klar ist für alle drei: So kann es nicht weiter gehen. Den radikalsten Lösungsvorschlag hat der aktuelle Traminer Bürgermeister, der 1998  als 27-Jähriger mit dem Schwerpunkt „Halbierung der Politikergehälter“ in den Landtagswahlkampf gezogen ist: Statt die Bezüge der Gemeindepolitiker an jene der Landtagsabgeordneten  anzugleichen, würde er genau den umgekehrten Weg gehen. Sprich: Angleichung der Landtagsgehälter an die rund 3000 Euro netto, die Bürgermeister einer mittleren Gemeinde bekommen – und Streichung aller sonstigen Zahlungen wie Abfertigung und Rentenbeiträge. Dann müssten Landtagsabgeordnete laut Dissertori wie auch ihre Kollegen in Österreich oder Deutschland neben ihrem politischen Engagement einer geregelten Arbeit nachgehen – „und es wäre endlich Schluss mit Schlammschlachten bei Landtagswahlkämpfen“, ist er sich sicher. Den allergrößten Vorteil eines solch radikalen Schnitts würde sich der Traminer Bürgermeister aber woanders erhoffen: „Wir hätten endlich wieder mehr Ehrlichkeit und Idealismus in der Landespolitik – und die bräuchte es dringend, um ihr mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen.“  

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Markus Gufler Mi., 26.02.2014 - 06:19

Ann Orak, wenn Deine "halbe Wahrheit" auch nur zur Hälfte stimmt wird ein Viertel draus. ;-)
Nicht "die Bürgermeister" erhalten eine Weiterzahlung ihrer Sozialbeiträge sondern die Arbeitnehmer unter den Bürgermeistern. Wenn jemand selbstständig ist und Bürgermeister, muss er alles selbst einzahlen, damit er für die Zukunft abgesichert ist.
Wie schon öfter gesagt, glaube ich dass Bürgermeister für ihren Aufwand und ihre echte Verantwortung zu wenig bezahlt bekommen. Geschichten wie in Mals passieren eben, wenn irgend ein idiotisches Gesetz solche Ungleichbehandlungen vorsieht.

Mi., 26.02.2014 - 06:19 Permalink
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Harald Stauder Mi., 26.02.2014 - 14:22

Leider ist auch die Behandlung auch innerhalb der Gruppe der Bürgermeister heute nicht einheitlich. Während für einen Arbeitnehmer, der Bürgermeister wird, die Beiträge aus seinem ursprünglichen Beruf von der öffentlichen Hand weiter bezahlt werden, hat ein "Unternehmer", der Bürgermeister wird, nur das Recht, dass für ihn der sogenannte Mindestbeitrag einmal pro Jahr eingezahlt wird. In meinem Fall ein Betrag von zirka 350 Euro pro Monat. Ich bin jedoch als Bürgermeister weder kranken- noch rentenversichert. Jeder Unternehmer/Freiberufler, der sich überlegt in die Gemeindepolitik zu gehen, muss sich mit der Frage konfrontieren, ob dies für ihn und seine Familie verantwortbar ist. In meinem Fall bleiben vom stolzen Bruttogehalt pro Jahr von zirka 83.000 nach Abzug der Steuer und nachdem ich mich selbst versichert habe (keine Luxusversicherung, sondern Standard) nicht ganz 40.000 Euro netto pro Jahr. (alles zirka!) Themen wie Arbeitszeiten, Verantwortung usw. sind natürlich auch noch zu berücksichtigen. Ich glaube es geht hier hauptsächlich um Fairness; es kann nicht angehen, dass es massiv "Überprivilegierte" gibt und andere, die mindestens gleich viel leisten keine ausreichende Absicherung haben. Auf der anderen Seite sollten wir uns fragen, ob wir durch die derzeitige Regelung nicht erreichen, dass es nur mehr für eine Gruppe möglich wird, das Bürgermeisteramt anzustreben. Da die Politik von einer Vielzahl von Perspektiven belebt wird, wäre dies äußerst bedauernswert.

Mi., 26.02.2014 - 14:22 Permalink