Cronaca | Schockierend

Südtirols Rekord: Jüngste Coronatote

Ich dachte, man muss sich auf einiges gefaßt machen. Nun aber weiß ich, es gibt nichts was es nicht gibt
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Der heutige Tag macht mich traurig, er bestürzt mich und ich bin schockiert.

Mit der medialen Ausbreitung des bedauerlichen Schicksals eines fünfjährigen Kindes in all seinen Details auf diese Art und Weise hätte ich nicht gerechnet.

Die Medien schießen mit der Schlagzeile, jeder will der erste sein und wer dies nicht schafft, breitet persönliche Details aus, die meiner Meinung nach die ethisch moralischen Grenzen weit überschreiten.

Die würdige Privatsphäre, der Moment der demütigen Stille und Trauer muss der Sensationslust der Allgemeinheit weichen. Zuerst kommt die Freude über den neuen Rekord und die Sensation, dass es unser Sanitätsbetrieb geschafft hat, mit einem nicht validen Test einen, ich zitiere "tragischen Fall" zur Schlagzeile zu machen: Das jüngste Todesopfer Italiens an der Coronapandemie.

Die menschlich erwarteten Beileitsbekundungen, zumindest öffentlich, kommen erst, wenn alles andere öffentlichkeitswirksam gesagt ist.

Ich schäme mich für einen Sanitätsbetrieb, der es einerseits versäumt engste Angehörige über den Tod eines lieben Angehörigen zeitnahe zu benachrichtigen, weil die Zeit dazu fehlt.

Unmittelbar auf die nüchterne Entschuldigung dafür folgt nun heute dieses, wo plötzlich intimste Information der sensationsgierigen Öffentlichkeit zeitaufwendig aufseziert und obduziert wird.

Und wieder zählt man ein testpositives Ergebnis mehr, welches man umgehend zur Todesursache erklärt. Medizinisch gesehen ist ein diagnostischer Test noch nie eine Todesursache gewesen.

In Zeiten wie diesen scheint alles anders zu sein. Ich  spreche den Angehörigen tiefstes Mitempfinden aus und danke für die Jahre, die sie ihrem Kind haben selbstlos geschenkt haben. Sie haben bestimmt Erfahrungen gemacht, die zeigen, dass wir das Leben nicht nur nach seiner Dauer, sondern vor allem nach seiner Qualität beurteilen sollen.

Wir warten ja alle, so macht man uns glauben, auf den Höhepunkt der pandemischen Welle. Wo sind die Grenzen der öffentlichen Sensationslust und wann flacht die hintertückische und pietätlose Panikmache mit solchen menschlichen Schicksalsfällen ab?

Ganz zu schweigen von den Kollateral- und Folgeschäden, über die man sich scheinbar keine Sorgen macht, weil sie ja eh die Bevölkerung trägt. Was meinen Sie, wie es Müttern und deren kleinen Kindern durch eine solche Berichterstattung geht. Sie dürften ja jetzt seit kurzem gnädigerweise doch ihre Kinder ins Freie begleiten. Bis jetzt mussten sie per Dekret, einzeln und mit Mindestabstand aus dem Haus. Jetzt wird dies durch die gezielte unterschwellige Angstmache wohl bis auf weiteres unterbleiben. Wenn es Eltern zum Wohle Ihrer Schutzbefohlenen trotzdem wagen, eine noch grössere kollektive Empörung über soviel Sorglosigkeit und einen noch grösseren demonstrativen Bogen der Distanz um solch öffentliches Ergernis und Übel auszulösen, folgt prompt die mahnende ablehnende Abstrafung. Haben Sie schon einmal überlegt, was so etwas mit Kindern mit ihrem natürliche Drang zum Leben macht, ganz zu schweigen von den psychischen Auswirkungen auf Ablehnung und Unerwünschtsein im öffentlichen Raum. Die frische Luft scheint reseviert für  Erwachsene mit gesundem Egoismus. Sie allein möchten sich virusfrei und ohne unberechenbare Platzräuber exklusiv bewegen.

Ausser ein Kind schafft es durch sein Schicksal zum medial ersehnten Rekordfall mit möglichst sensationstauglichen Details.