Ambiente | Pluto

Im Sauseschritt zu Pluto

Am 14. Juli erreicht die amerikanische Raumsonde „New Horizons“ den geheimnisvollen und nahezu unerforschten Zwergplaneten Pluto. Ein historisches Ereignis.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Es wird spannend, in lediglich 9 Tagen, am 14. Juli 2015, erreicht die amerikanische Raumsonde „New Horizons“ den Zwergplaneten Pluto. Nach 9.5 Jahren Flugzeit und einer zurückgelegten Strecke von nahezu 5 Milliarden Kilometern werden wir zum ersten Mal die Oberfläche von Pluto und seinen fünf Monden sehen können. Das beste Bild, welches wir bis zu diesem Zeitpunkt von Pluto hatten, kam vom Weltraumteleskop Hubble und sieht aus wie ein verschwommener Fleck:

   

Clyde Tombaugh wäre von diesem Bild wohl sehr fasziniert gewesen. Im Jahre 1929 bekam der damals 23-jährige amerikanische Astronom von seinem Betreuer die Aufgabe übertragen nach dem ominösen "Planeten X" zu suchen, ein vermeintlich neunter Planet nach Neptun. Vermutet wurde die Existenz des Planeten X von Percival Lowell, einem amerikanischen Geschäftsmann und Astronomen bereits 1906. Die beiden Planeten Uranus und Neptun befanden sich nämlich nicht genau an ihren mathematisch berechneten Positionen. Lowell vermutete, dass der gravitative Einfluss eines neunten Planeten - eben Planet X - die Planetenbahnen von Uranus und Neptun beeinträchtigte. (Neptun wurde übrigens in ähnlicher Art und Weise entdeckt.)

Percival Lowell errichtete das Lowell Observatory, eine Sternwarte in Arizona weit entfernt vom störenden Licht der Großstädte, um unter anderem nach Planet X zu suchen. Obwohl er im März und April 1915 Planet X sogar fotografierte, konnte er ihn nicht als solchen erkennen. Es war Lowell nicht vergönnt Planet X zu entdecken, denn er verstarb im folgenden Jahr.

Mit Hilfe einer cleveren Technik konnte ihn aber Clyde Tombaugh im Jahre 1930 ausfindig machen. Er wechselte rasch zwischen zwei Himmelaufnahmen hin und her, die vom selben Himmelsbereich aber zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommen wurden, um zu erkennen, ob sich in der Zwischenzeit ein Objekt verschoben hat, denn während Sterne quasi nie ihre Positionen verändern, bewegen sich die Planeten (etymologische Bedeutung ist ja der Wanderer/Wandelstern) eben durch den Sternenhintergrund hindurch. Durch den raschen Vergleich der beiden Fotoplatten muss sich also ein Planet durch rasches Hin- und Herspringen erkennbar machen. Unter folgendem Link könnt ihr die beiden Fotoplatten sehen, die Tombaugh verwendet hatte.

Mit Hilfe eines solchen Blinkkomparators wurde nicht nur Pluto, sondern in vergangener Zeit auch Asteroiden und Kometen entdeckt.

Der Namensvorschlag „Pluto“ kam von der damals 11-jährigen Venetia Burney. Der Name setzte sich klar gegen zwei Konkurrenten (Minerva und Cronus) durch, auch weil die Anfangsbuchstaben des Pluto, den Initialen von Percival Lowell entsprechen. Als Belohnung erhielt Venetia 5 englische Pfund.

Sie lies sich übrigens nicht vom Hund von Micky Maus inspirieren - dieser wurde nämlich erst nach der Entdeckung und Benennung Plutos von Walt Disney (vielleicht auch gerade deswegen) erfunden. Allerdings wurde im Jahre 1941 das neu entdeckte und heute allseits bekannte Element „Plutonium“ nach Pluto benannt.

Auf dieser Seite der NASA „The girl who named Pluto"  könnt ihr ein sehr spannendes Interview mit Venetia Burney nachhören/nachlesen.

Durch die Entdeckung des Mondes Charon im Jahre 1978 konnte die Masse des Pluto zum ersten Mal sehr genau bestimmt werden. Dabei wurde sehr schnell klar, dass Pluto aufgrund seiner geringen Masse (0.2% der Erdmasse) nicht jener Planet X sein konnte, der für die Bahnstörungen von Neptun und Uranus verantwortlich ist. Es folgten weitere Versuche, um den wahren Planeten X zu finden, welche aber allesamt fehlschlugen. Erst 1992, nach dem Vorbeiflug der Raumsonde Voyager an Neptun, erkannte man, dass man die Neptunmasse nach unten korrigiert werden musste. Dies hatte im Umkehrschluss zur Folge, dass kein Planet X mehr nötig war, da somit die neuen, korrigierten mathematischen Positionsbestimmungen mit der beobachteten Position übereinstimmten.

Pluto als Zwergplanet

Im Laufe der Zeit wurden immer mehr Objekte gefunden, die sich außerhalb der Neptunumlaufbahn um die Sonne bewegen. Mit immer größerer werdender Anzahl dieser so genannten Transneptunianer (TNOs) wurde der Status des Pluto als Planeten in Frage gestellt. 

 

Dies gipfelte schlussendlich in der Neudefinition eines Planeten im August 2006 durch die Internationale Astronomische Union. Um als Planet zu gelten, musste ein Objekt laut dieser neuen Definition:

  1. um die Sonne kreisen, 

  2. rund sein (in anderen Worten seine Schwerkraft muss den hydrostatischen Druck überwinden) und

  3. seine Nachbarschaft von anderen Gesteinsmaterial befreit haben.

Zwar erfüllt Pluto die ersten beiden Kriterien, aber der letzte Punkt wurde ihm zum Verhängnis: In seiner Umgebung gibt es noch viele andere Gesteinsbrocken, die gemeinsam mit ihm um die Sonne kreisen. Plutos Masse ist nur ein verschwindend geringer Teil der Gesamtmasse dieser Objekte. Damit sie nicht alle als Planeten gezählt werden müssen wurde der Begriff „Zwergplanet“ eingeführt. Seit 2006 gibt es also in unserem Sonnensystem 8 Planeten und 5 anerkannte Zwergplaneten.

New Horizons

Aber egal ob Planet oder nicht: Pluto (und seine Monde) ist ein spannender Ort, den es zu erforschen und zu untersuchen gilt. Deshalb wurde im Januar 2006 von der NASA die Raumsonde New Horizons gestartet. (Aufmerksame Leser haben sicher bemerkt, dass zum Zeitpunkt des Starts Pluto noch als Planet galt. Für viele Mitarbeiter der Raumsonde tut er dies - aus vorwiegend emotionalen Gründen - noch heute)

 

 

Die Sonde soll in erster Line die Oberfläche Plutos und Charons (der größte Mond) kartografieren. Mit ihren Messinstrumenten wird sie aber auch geologische und chemische Eigenschaften Plutos und Charons herausfinden, woraus die dünne Atmosphäre Plutos besteht und wie der Sonnenwind diese beeinträchtigt, ob es vielleicht noch neue, unentdeckte Monde um Pluto gibt, usw.

Pluto ist sehr weit von der Erde entfernt. Um die Reisezeit von New Horizons möglichst gering zu halten, wurde die Sonde mit der Startrakete auf unglaubliche 16 km/s (ca 60.000 km/h) beschleunigt. Dies ist bis heute die höchste Startgeschwindigkeit die ein mensch-gemachtes Objekt erreicht hat. Bereits ein Jahr später konnte New Horizons ihre Geschwindigkeit durch ein Vorbeischwungmaneuver (swing-by) sogar noch einmal erhöhen. Im Anschluss am Jupiter-Vorbeiflug wurde die Sonde allerdings in den Ruhezustand versetzt, um die Instrumente während der langen Anflugphase zu schonen. Erst Ende 2014 wurden die Bordcomputer wieder hochgefahren um mit der Annäherungsphase der Mission zu beginnen.

Seit Anfang 2015 sendet die Sonne Aufnahmen zurück, die tagtäglich immer besser und schärfer werden. Hier die jüngste Aufnahme/Animation, die Ende Juni geschossen wurden, in welcher sich Pluto in der Mitte befindet und von Charon umkreist wird (dies ist jedoch nur in dieser Darstellung so. Tatsächlich kreisen Pluto und Charon gemeinsam um einen  Massenschwerpunkt, der sich außerhalb des Pluto befindet).

 

 

Auch die Annäherung von New Horizons and das System ist gut zu erkennen. Im Laufe der 6 Tage, in welchem die 6 Aufnahmen der Animation geschossen wurden, hat sich die Entfernung von New Horizons zu Pluto von 24 Millionen Kilometer auf 18 Millionen Kilometer reduziert.

Und bereits diese Aufnahmen zeigen neue und unerwartete Details: Woher kommt z.B. die rote Farbe des Pluto? Was sind die dunklen und hellen Gebiete auf seiner Oberfläche? Was ist der schwarze Fleck auf Charon?

Was werden wir in den nächsten Tagen wohl sonst noch alles entdecken?

Es wird also spannend bleiben. Der TV-Sender der NASA, NASA-TV, wird in den Tagen vor und nach dem Vorbeiflug exklusiv berichten. Hier könnt ihr live mit dabei sein https://www.nasa.gov/multimedia/nasatv/index.html

Wer sich die Wartezeit bis zum Vorbeiflug verkürzen will, kann ja mal in der Zwischenzeit herausfinden, wann hier auf der Erde #PlutoTime, also „Pluto-Zeit“ ist. Dieses nette online Tool https://solarsystem.nasa.gov/plutotime/ berechnet für die gerade gegebene geographische Position, wann es auf der Erde genauso hell sein wird, wie zur Mittagszeit auf Pluto. Da Pluto im Vergleich zur Erde ja noch viel weiter von der Sonne entfernt ist, erscheint diese nur mehr sehr schwach am Himmel, sodass die Pluto-Zeit am Abend oder am Morgen sein wird. Wer es ganz genau wissen will, kann es ja mal herausfinden.

Zum Schluss möchte ich euch noch dieses inspirierende Video ans Herz legen. HD und Kopfhörer sind schwer zu empfehlen!     

 

Ein historisches Ereignis erwartet uns. Die Menschheit wird eine völlig neue, aufregende und mysteriöse Welt zum ersten Mal zu Gesicht bekommen.

„Wer weiß, welche Wunder uns an diesen neuen Horizonten erwarten?