Economia | Benko 2016

Bozens B-Liga

Im Showroom am Musterplatz haben die Benko-Befürworter den Sieg des "Ja" bei der Bürgerbefragung gefeiert. Und den Mann der Stunde: Heinz Peter Hager.

Als Heinz Peter Hager kurz vor 17 Uhr den Showroom am Musterplatz betritt, brandet ihm eine Welle von Applaus entgegen. “Grande Heinz!”, ruft jemand. Unzählige Male hat der hochgewachsene Hager diese Räumlichkeiten betreten. Doch als er am Dienstag Nachmittag über die Schwelle schreitet, ist es ein ganz besonderes Mal. In Kürze wird der Bozner Kommissär Michele Penta offiziell das Ergebnis der Bürgerbefragung zum so genannten Benko-Projekt verkünden. Inoffiziell steht bereits seit Mittag fest: Das Ja hat eine satte Mehrheit eingefahren. Auch wenn die Anwesenden im Showroom schon in Feierlaune sind – Heinz Peter Hager will Pentas Pressekonferenz um 17 Uhr abwarten bevor er zu seinen Mitstreitern und den Medienvertretern spricht. Er greift nur kurz zum Mikrofon, um die Anwesenden zu begrüßen. Damit beginnt die Show.

In einer Ecke im Foyer des Ausstellungslokals steht ein großer Flachbildschirm. Die Pressekonferenz von Michele Penta soll live im Showroom übertragen werden. Alle Augen sind auf den 68-jährigen gebürtigen Neapolitaner gerichtet, als sich dieser auf seinen Sessel setzt und virtuell auch zwischen den Benko-Fans Platz nimmt. Es liegt so etwas wie Spannung in der Luft. Denn schließlich hält dieser Mann, der da vom Bildschirm spricht, die Zukunft des Benko-Projekts in seinen Händen. Einen Moment lang stockt den Zuschauern der Atem, als die Verbindung kurz unterbrochen wird. Doch als Penta zum Wesentlichen kommt, ist die Linie wieder da – und mit ihr der erlösende Jubel. 64,35 Prozent haben mit Ja gestimmt, 35,33 Prozent mit Nein.


Penta spricht, der Showroom lauscht. Immer bis auf wenige Schritte in Hagers Nähe: Anna Pitarelli (1.v.r.) Foto: salto.bz

Nur noch schnell erklärt, wie es jetzt in Sachen Benko-Projekt weitergehen wird, dann muss Penta die Bühne beziehungsweise den Bildschirm auch schon wieder räumen. An seine Stelle tritt ein fett gedrucktes “DANKE!” und “GRAZIE!”, in weißer Schrift auf knallpinkem Grund. “Grazie Michele”, tönt es noch einmal aus den hinteren Reihen. Hören kann es der Kommissär, der einige hundert Meter Luftlinie entfernt im Rathaus auf Journalistenfragen antworten muss, allerdings nicht. Dafür ergreift nun Heinz Peter Hager wieder das Wort. Stolz und Dank sind die beiden Emotionen, die der Präsident der Kaufhaus Bozen GmbH zu Beginn am häufigsten zum Ausdruck bringt. Stolz sei er, dass man es geschafft habe, “so viele Menschen zur Teilnahme an der Befragung” zu motivieren. Dank gilt den vielen Unterstützern, die “nicht immer leichte Zeiten” hinter sich und vielfach “intensiv Tag und Nacht” gearbeitet hätten.

Von den Emotionen zur Analyse: “Es ist ein außerordentliches Ergebnis, das uns zeigt, das den eindeutigen Wunsch der Bürger zeigt, dass dieses Projekt realisiert werden und somit für Aufschwung in Bozen sorgen soll.” Die Bürger wünschen sich Benko, das hat sich für Heinz Peter Hager endgültig bewiesen. Daher sehe man den Auftrag, den man nun erhalten habe, als “große Verpflichtung und Verantwortung” der Stadt und ihren Bewohnern gegenüber. Inklusive jenen, die mit Nein gestimmt haben. Auch für diese findet Hager ein paar Worte: “Der Wahlkampf ist vorbei.” Sprich, lasst uns die alten Fehden hinter uns lassen und das Projekt gemeinsam, alle zusammen realisieren.


The show must go on

Bevor es – wenn überhaupt – soweit sein könnte, muss Michele Penta eine Unterschrift unter die überarbeitete Programmatische Vereinbarung setzen. “Dann folgt die Ratifizierung durch die zuständigen Ämter, und dann können wir endlich mit dem Projekt Benko beginnen”, freut sich Hager. Zunächst müssen die Verkaufsverfahren für die betroffenen Grundstücke am Busbahnhofareal über die Bühne gehen. Dazu wird es eine europaweite Ausschreibung geben, bei der die KHB das Vorkaufsrecht besitzt. Baubeginn soll dann spätestens in einem Jahres sein, mit dem Ende der Arbeiten rechnet Hager “Ende 2019, Anfang 2020”. In vier Jahren soll das Kaufhaus samt Umgestaltung der umliegenden Flächen also unter Dach und Fach sein. Wenn sich der Baubeginn nicht durch die noch ausstehenden Rekurse verzögert.

Aber daran will man am Dienstag Nachmittag im Showroom am Musterplatz nicht denken. Viel lieber lässt man die Korken knallen und die Gläser klingen. Es ist Party angesagt, Händeschütteln, Schulterklopfen und Küsschen geben. Zahlreich sind die mehr oder weniger treuen Unterstützer und Mitstreiter erschienen. Nur einer wird vermisst. Jener Mann, der dem nun in den Startlöchern stehenden Projekt seinen Übernamen verliehen hat: René Benko. “Ich habe mit ihm telefoniert und er ist sehr erfreut über das Ergebnis”, teilt Hager mit. Mit oder ohne Benko – am Dienstag wird gebührend gefeiert – “Open End”, verspricht der KHB-Präsident am Schluss des offiziellen Teils der Veranstaltung. Musikalisch untermalt wird die Szene von Tina Turner. “We’re simply the best”, schallt es aus den Lautsprechern während Heinz Peter Hager von einer Journalisten-Meute belagert und mit Fragen gelöchert wird. Und für das ein oder andere Selfie herhalten muss. Wer an diesem Abend zufällig am Showroom vorbei kommt, Geschichte und Gesichter nicht kennt, der könnte angesichts des Rummels den Eindruck bekommen: Hier hat ein Mann eine wichtige Wahl gewonnen.


Gefeiert wie ein großer Sieger: Heinz Peter Hager beim Betreten des Showrooms am Dienstag Nachmittag. Foto: salto.bz

Nicht ganz. Aber doch ist es Heinz Peter Hager gelungen, eine beachtliche Anzahl von Menschen a) zur Teilnahme an der Befragung und b) für seine Sache zu mobilisieren. Ist diese Tatsache für einen Mann, der über ausreichend finanzielle Mittel, Kontakte und Fans zu verfügen scheint, keine Motivation, dort einzusteigen, wo es nach seinen eigenen Angaben jahrelang Versäumnisse gegeben hat: in die Politik? Die Frage lässt ein Grinsen auf Heinz Peter Hagers Lippen erscheinen: “Dafür gibt es überhaupt keine Motivation, für die Politik bin ich total ungeeignet.” Und doch könne die Politik beziehungsweise die Menschen, die sie machen, etwas von der Benko-Befragung lernen: “Hier haben wir den Beweis, dass, wenn es um konkrete Dinge geht, die Bürger sehr wohl bereit sind zu partizipieren und ein Interesse daran haben, etwas zu ändern.”