Società | Geburtenstation

Schlanderser Spekulationen

Kurz vor den Landtagswahlen gibt es Wirbel um die Zukunft der Geburtshilfe in Schlanders. Der Sanitätsbetrieb weist “Negativ-Spekulationen” über eine Schließung zurück.
Krankenhaus Schlanders
Foto: Docipa

Den institutionellen Kanal der Landespresseagentur darf Arno Kompatscher zwei Wochen vor den Landtagswahlen nicht zur Kommunikation nutzen. Das verbietet das Par-Condicio-Gesetz. Für wichtige Botschaften greift der Landeshauptmann daher auf soziale Medien zurück. Zuletzt bei dem Wahlplakat von CasaPound, wegen dem nach einer Eingabe Kompatschers inzwischen die Staatsanwaltschaft ermittelt. Am Samstag bedient sich der Landeshauptmann erneut seiner Social-Media-Accounts. Um 7.58 Uhr auf Twitter und um 10.08 Uhr auf Facebook veröffentlicht er folgende Zeilen: Die Geburtenabteilung in Schlanders bleibt offen. So ist es im 2016 genehmigten Landesgesundheitsplan festgeschrieben und das wird auch nicht geändert.”
“Dafür bürge ich”, fügt Kompatscher auf Facebook hinzu.

 

Heimlichtuerei vor den Wahlen?

Was den Landeshauptmann dazu gebracht hat, erklärt sich bei einem Blick in die Wochenendausgabe der Tagesezeitung. “Muss Schlanders schließen?” so die Überschrift der Titelgeschichte. Im Bericht zeichnet die Tageszeitung den Besuch der Carabinieri-Sondereinheit NAS zu Ferragosto in der Geburtenabteilung des Schlanderser Krankenhaus nach. Dabei sei festgestellt worden, dass dort Ärzte ihren Dienst versehen, die über Leiharbeiterfirmen angestellt sind, die nicht akkreditiert, sprich, nicht in das entsprechende Verzeichnis des Arbeitsministeriums eingetragen sind. Unter anderem listet die Tageszeitung die Firma CMP Global Medial Division in Bologna auf. Aufgrund der fehlenden Akkreditierung dürften die Ärzte, die über diese Leiharbeiterfirmen beschäftigt werden, keine Dienste versehen, die Geburtenstation in Schlanders also schließen – weil die Sicherheitsstandards nicht garantiert werden können.
Zu diesem Schluss kommt die Tageszeitung – auch, weil die Direktorin des Gesundheitsbezirkes Meran, zu dem das Krankenhaus Schlanders gehört, um die Sachlage weiß. Man werde über das Problem “nach den Wahlen” reden, zitiert die Tageszeitung Irene Pechlaner aus einer Sitzung der Sabes-Führungskräfte vor einigen Monaten.

Umgehend nach Erscheinen des Artikels rührt sich am Samstag Protest. “Wenn die formelle Anstellungssituation von Teilen des ärztlichen Personals im Krankenhaus Schlanders laut Gesundheitspolizei NAS nicht den rechtlichen Erfordernissen entsprechen, so muss die Frage schnellstens geklärt werden. Ein Verschieben auf die Zeit nach den Wahlen kann und darf es nicht geben”, fordert Andreas Pöder von der Bürgerunion. “Umgehend Aufklärung” verlangt auch die Süd-Tiroler Freiheit von der Landesregierung. “Sollten sich die Medienberichte bewahrheiten, wonach die Geburtenabteilung in Schlanders geschlossen werden muss und man dies der Bevölkerung bis nach den Wahlen verheimlichen wollte, wäre dies ein Skandal.”

 

“Nicht Leiharbeiter-, sondern Dienstleistungsvertrag“

Die von der Opposition geforderte Aufklärung kommt am Wochenende vom Sanitätsbetrieb – und auch Bezirksdirektorin Pechlaner nimmt Stellung. “Gesetzliche Voraussetzungen zur Führung der Geburtshilfe in Schlanders voll und ganz gegeben”, übertitelt der Sanitätsbetrieb die Stellungnahme zu den Meldungen der Tageszeitung. Darin heißt es:

“Die Kontrolle der Carabinieri-Sondereinheit NAS am 15. August dieses Jahres waren darauf ausgerichtet, die Einhaltung der gesetzlichen Mindeststandards zur Führung einer Geburtshilfe zu überprüfen. Der Lokalaugenschein hat bestätigt, dass die Mindeststandards hinsichtlich Personalausstattung gegeben waren, obwohl es sich um einen Feiertag handelte, an dem es bekanntermaßen schwierig ist, die Turnusse abzudecken. Vor allem aber geht der in der Tageszeitung geäußerte Vorwurf, die in Bologna ansässige Firma CMP Global Medical Division verfüge nicht über die nötige Eintragung ins staatliche Verzeichnis der Leiharbeits-Firmen und demnach nicht über die nötigen Voraussetzungen, Fachkräfte zur Verfügung zu stellen, ins Leere.”

Dazu Irene Pechlaner: “Der Bezirk unterhält mit der Firma keinen Leiharbeitervertrag, sondern einen Dienstleistungsvertrag, der im Sinne des Vergabegesetzes regulär ausgeschrieben und zugeteilt worden ist. Die Voraussetzungen sind demnach andere und voll und ganz gegeben.”

Weiters stellt die Bezirksdirektorin klar: “Bekanntermaßen gibt es in ganz Europa Fachkräftemangel, der besonders die kleinen und peripheren Einrichtungen trifft. Um im Krankenhaus Schlanders die Dienste abzudecken, unternimmt der Betrieb in enger Abstimmung mit der Politik alle Anstrengungen. Die Verpflichtung von Ärzten über Dienstleistungs-Verträge ist dabei nur eine Maßnahme, die allerdings bis zur definitiven Anstellung von fixen Arbeitskräften notwendig ist. Wir können auch sagen, dass sich die prekäre Personalsituation insbesondere in den  Fachbereiche Anästhesie und Pädiatrie in den letzten Monaten leicht gebessert hat.”

 

“Kein Anlass für Negativ-Spekulationen”

Auch Thomas Lanthaler, der bis zum Antritt von Florian Zerzer am kommenden Montag den Posten des Sabes-Generaldirektors geschäftsführend bekleidet, betont, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Führung der Geburtenstation Schlanders gegeben seien: “Die Landesregierung hat die Weiterführung der Geburtshilfe in Schlanders beschlossen und im Landesgesundheitsplan festgeschrieben. Zudem gibt es ganz klar eine Ausnahmeregelung von Seiten des Gesundheitsministeriums unter anderem aufgrund der Entfernung. Der Betrieb arbeitet auf der Gundlage dieser Vorgaben.”
“Insofern gibt es überhaupt keinen Anlass zu irgendwelchen Negativ-Spekulationen”, weist Lanthaler den Tageszeitung-Bericht zurück.

Derzeit werde unter Federführung des Gesundheitsbezirkes Meran in Zusammenarbeit mit der Universität Trient eine neue Ausschreibung zur Beauftragung eine Personalagentur durchgeführt, teilt der Sanitätsbetrieb mit. “Auch künftig handelt es sich nicht um einen Leiharbeiter-, sondern Dienstleistungsvertrag. Die Vertragsdauer ist auf 3 Jahre angesetzt. Dieser Umstand allein schon widerlegt die von Tageszeitung kolportierte und Dr.in Pechlaner zugeschriebene Aussage, dass man ‘das Problem Geburtshilfe’ nach den Wahlen angehen würde.”

“Meine Aussage war dahin gehend zu verstehen, dass wenn keine Maßnahmen getroffen würden – wie wir dies beispielsweise mit der Personalagentur machen – dann würden in Zukunft bestimmte Dienste, aber nicht nur hinsichtlich der Geburtshilfe von Schlanders, nur noch schwer aufrecht erhalten werden können”, hält Pechlaner fest.