Società | Gewerkschaften

Geplatzte Gespräche

Einen Monat hat er in der Schublade gelegen, nun ist er wieder auf dem Tisch: der Ticket-Streik der Hausärzte. Die Verhandlungen mit dem Land liegen nämlich auf Eis.

Update:

Weigert sich ein Hausarzt, die Ticketbefreiung aus Einkommensgründen auf dem Rezeptzettel einzutragen, muss der Patient nicht, wie am Ende des Artikels geschrieben steht, den vollen Preis des Medikaments bezahlen. Sondern fallen statt 1 Euro pro Rezept 2 Euro pro Packung an. Auf ein Rezept können maximal 2 Packungen geschrieben werden, was einen Unterschied von 3 Euro ausmacht. Eine Hausärztin dazu: “Der volle Preis für Medikamente könnte in Einzelfällen auch sehr hoch sein, das könnten wir sicher nicht verantworten. Es geht wirklich nur um 2 bis 3 Euro.

 

Aufgeschoben war also tatsächlich nicht aufgehoben. Zumindest nicht im Fall des vor etwas mehr als einem Monat angekündigten, dann aber abgeblasenen Ticket-Streiks. Im letzten Moment hatte es Martha Stockers Ressortleiter Michael Mayr geschafft, Anfang Februar die Hausärzte wieder an den Verhandlungstisch zu holen. Diesen haben nun alle vier Gewerkschaften geschlossen wieder verlassen. “Wir sind es leid, uns zum Narren halten zu lassen”, wettert der Fimmg-Gewerkschafter Domenico Bossio.

Gefoppt fühlen sich die Hausärzte vom Land. An dieses hatte man die Forderung gestellt, die Pro-Kopf-Quote pro Patient von 40 auf 46 Euro anzuheben. Und damit die Gehaltsverluste, die infolge eines Urteils des Kassationsgerichts entstanden sind, auszugleichen. Der oberste italienische Gerichtshof hatte – auf Eingabe der Fimmg – befunden, dass auch in Südtirol der nationale Hausärzte-Kollektivvertrag zur Anwendung kommen muss. Der bis dahin geltende Landesvertrag wurde gekündigt, mit der Folge, dass viele Hausärzte auf einen beachtlichen Teil ihres Gehalt verzichten müssen.

Doch “einfach so” mehr Geld locker machen, dazu war man im Gesundheitsressort nicht bereit. 2,5 Millionen Euro wären für die Forderung “6 Euro mehr pro Patient” nötig gewesen. Eine Million Euro wäre das Land bereit gewesen, zur Verfügung zu stellen. Mit der Auflage, dass die Hausärzte die Versorgung chronisch kranker Patienten verbessern. Das teilte Ressortleiter Mayr am Donnerstag Nachmittag mit, als er sich mit den Vertretern der vier Hausärzte-Gewerkschaften an den Verhandlungstisch setzte. “Nein”, hieß es daraufhin von den Gewerkschaften. Es folgte ein weiteres Angebot: Zu der bereits auf dem Tisch liegenden Million Euro sollte eine weitere Million Euro draufgeschlagen werden, abgezwackt aus einem gesamtstaatlichen Fonds, der für Hausärzte-Projekte vorgesehen ist. Mit einem zweiten “Nein” wurde auch dieser Vorschlag von den Gewerkschaften abgelehnt (Bossio: “Dieses Geld gehört bereits uns”), und schließlich ein Gegenvorschlag unterbreitet: 46 statt 40 Euro pro Patient, dafür aber die Beibehaltung einer Reihe von Leistungen (Eintragung der Ticketbefreiung aus Einkommensgründen auf den roten Rezeptzetteln, kostenlose Ausstellung der sportärztlichen Zeugnisse für Minderjährige und der ärztlichen Zeugnisse für Freiwillige des Zivilschutzes, des Weißen und Roten Kreuzes sowie der Feuerwehr, kostenlose Übergabe der Patientenakte im Falle eines Hausarzt-Wechsels). Dieses Mal war es Michael Mayr, der “Nein” sagte. Durch diese Argumente sei die geforderte Summe von 2,5 Millionen Euro nicht gerechtfertigt.

Der Rest ist rasch berichtet: Das Gespräch wurde abgebrochen, die Verhandlungen auf Eis gelegt. Die Hausärzte greifen nun auf jenes Protestmittel zurück, das seit einem Monat in der Schublade lag: den Ticket-Streik. Ab Montag werden sie die Ticketbefreiung aus Einkommensgründen nicht mehr eintragen. Die Folge: Die betroffenen Patienten werden den vollen Preis für die verschriebenen Medikamente zahlen müssen oder aber in den Büros der Sanitätsdienste vorstellig werden, um die Ticketbefreiung doch zu erhalten. Gleichzeitig wird über weitere Protestmaßnahmen beraten, es ist mit einem Streik zu rechnen.