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Traumstadt Klausen

In Klausen lädt ein großes Schlüsselloch zur Stadtöffnung, es werden Träume der Stadtbewohner mit Zahlenpoesie entschlüsselt und es wird bodennahe Fotografie gezeigt.
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Foto: Martin Sagmeister

Auf der Suche nach dem geeigneten Schloss (oder Luftschloss), ist der selbstbewusste Künstler Jan Hasenauer in den vergangenen Wochen durch Klausen gezogen. Mit zwei weiteren Künstlern ist er seit Mitte Juli im Rahmen von KLAUSEN ALL IN, dem Residency-Projekt der freien Kunstplattform KUNST BODEN_NAH, in Klausen gelandet. Hier konnte er am Ende seine Arbeit realisieren: das größte Schlüsselloch Klausens.
Gemeinsam mit dem Schmied Hermann Plieger hat der junge Künstler ein symbolisches Bild geschaffen und es im öffentlichen Raum verortet. Die Menschen können es nicht nur betrachten, sondern sie können es auch durchschreiten, um „selbst zum Schlüssel“ zu werden.
Was sie damit öffnen? 


Seit einigen Jahren bespielt KUNST BODEN_NAH die Kleinstadt im Eisacktal. Jenseits des manchmal sehr abgehobenen Kunstbetriebs will die Plattform vor allem mit Künstlern und Künstlerinnen zusammenarbeiten, „die bodennah sind und noch wenige Ausstellungen gemacht haben. Um ihnen eine Oberfläche zu bieten“, sagt Andreas von Lutz. Gemeinsam mit Karin Reichhalter und Martin Sagmeister hat er die Künstlerstadt weit über die Südtiroler Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht.
Für die dritte Ausgabe des Residency-Projekts machten die drei Kulturschaffenden leerstehende Gasthof-Räume der Klausner Unterstadt – sie befinden sich im Besitz der Stadtgemeinde – kunsttauglich und stellten sie einer Künstlerin und zwei Künstlern zur Verfügung: Agnieszka Kozłowska aus Gdynia in Polen, Jan Hasenauer aus Alfter in Deutschland und Claudio Beorchia aus Treviso. 


„Die Leute können zufällig ins alte Gasthaus hereinstolpern, plötzlich befinden sie sich hier mitten in einer Ausstellung. Das ist das eigentliche Konzept“, erzählt von Lutz und ist sichtlich froh, dass aus dem ehemaligen Gastbetrieb Grauer Bär ein bunter Ausstellungsraum wurde, der im wahrsten Sinne des Wortes als bäriger Schlüssel für zeitgenössische Kunst funktioniert.
Die Künstlerin Agnieszka Kozłowska erforschte in ihrer Arbeit die Geologie der nahegelegenen Berge, um sie mit einer speziellen Technik fotografisch festzuhalten. Dazu sammelte die Künstlerin Proben verschiedener Gesteinsarten, zerkleinerte sie zu Pulver und verwendete sie als Pigmente. Das Material wurde mit einer lichtempfindlichen Substanz gemischt, auf Papier aufgetragen und in einer selbst konstruierten Großformatkamera belichtet.


Einen verspielen Rückschluss auf die Träume der Klausnerinnen und Klausner wagte der Künstler Claudio Beorchia. Er bediente sich gescheiterter Lotteriebelege und schmiedete aus ihnen poetische Zahlen-Zeilen.


Gemäß der in Italien verbreiteten Tradition über Träume und Nummernlisten (La Smorfia) zu passenden Lottozahlen zu kommen, drehte Beorchia die nebulöse Zahleninterpretation um und ließ poetische Verse entstehen. Sind es kunstvoll entschlüsselte Träume einiger Stadtbewohner Klausens?

Bei einem Artist Talk, am 11. August um 19 Uhr, werden die drei Kunstschaffenden im ehemaligen Gasthof Grauer Bär über dies und jenes erzählen. Vielleicht auch darüber, wovon sie träumen...