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Der Verkauf

Die krisengeschüttelte Pusterer Baufirma Oberosler hat den operativen Betriebszweig an die Mailänder Baufirma Pessina Costruzioni verkauft. Der Kaufpreis 5,5 Mio.Euro.
Tunnel
Foto: LPA
Der Zuschlag erfolgte am Montagnachmittag bei der Versteigerung am Bozner Landesgericht. Am Dienstag dann wurden die Abmachungen mit den Gewerkschaften besiegelt und einzelne Arbeiten übergeben. Kurz vor Mittag setzte man vor einem Bozner Notar die Unterschrift unter den Vertrag.
Die Pusterer Baufirma „Oberosler Cav. Pietro Srl“ hat sowohl den operativen Betriebszweig verkauft, als auch den Markennamen und das Markenzeichen des Unternehmens. Der Käufer: Die italienische Baufirma „Pessina Costruzioni SPA“.
 

Die Krise

 
Das Traditionsunternehmen Oberosler Cav. Pietro Srl mit Sitz in St. Lorenzen ist und war eines der größten Südtiroler Bauunterunternehmen, das vor allem im Straßen- und Tunnelbau tätig ist. Obwohl die Auftragsbücher der Baufirma voll sind, rutschte der Familienbetrieb in die Krise. Über 110 Millionen Euro an Schulden lasten auf dem Unternehmen.
Im vergangenen Herbst beantragte die Oberosler Cav. Pietro Srl vor dem Landesgericht Bozen ein gerichtliches Ausgleichsverfahren. Gleichzeitig legte man einen Sanierungsplan vor. Weil die Situation aber durchaus dramatisch ist, wurden vom Gericht der Wirtschaftsberater Luca Mandrioli und der Anwalt Mauro Pojer als kommissarische Verwalter eingesetzt. 
Der Sanierungsplan sieht eine Zerschlagung des Unternehmens vor. So sollen zwei Betriebszweige abgetrennt und versteigert werden. Die Versteigerung des ersten Betriebszweiges ging am Montag bereits über Bühne. Der Ausrufpreis: 5,5 Millionen Euro. Als einziger Interessierte trat dabei die „Pessina Costruzioni SPA“ auf. Mit einen Aufgebot von 50.000 Euro sicherte sich das Unternehmen den operativen Betriebszweig der Oberosler Cav. Pietro Srl.
 

Der Käufer

 
Die „Pessina Costruzioni SPA“ ist ein Bauunternehmen, das seinen Verwaltungssitz in Mailand und seinen operativen Sitz in Rom hat. Zudem gibt es einen Sitz und eine Tochtergesellschaft in Kasachstan.
Gegründet 1954 von Carlo Pessina, stehen dem Unternehmen heute Massimo Pessina als Präsident und Guido Stefanelli als Geschäftsführer vor. Das Unternehmen ist italienweit ähnlich wie die Firma Oberosler im Straßen- und Tiefbau, aber auch im Bau von Krankenhäusern, Wohnungsanlagen und auch Sportstätten tätig. So baut Pessina derzeit unter anderem das neue Sportzentrum des Fussballclubs Sampdoria.
Politisch gehört das Unternehmen eindeutig zum PD-Kosmos. Massimo Pessina und Guido Stefanelli gelten als sehr Renzi nah.
So hat die „Pessina Costruzioni SPA“ über eine Tochterfirma die historische kommunistische Parteizeitung „L´Unità“ erworben. Das Traditionsblatt musste 2017 sein Erscheinen einstellen. 
 
Am 25. Mai 2018 erschien wieder eine Nummer der „L´Unità“. Der Grund: Nach dem italienischen Pressegesetz verfällt nach einem Jahr die Eintragung eines Presseorganes bei Gericht, sollte es ein Jahr lang nicht erscheinen. Um das zu vermeiden machten der neue Direktor Luca Falcone, Ex-Pressesprecher der „Pessina Costruzioni SPA“ sowie drei Journalisten und ein Grafiker diese Sonderausgabe.
Das publizistische Engagement des Unternehmens ist dabei sehr umstritten.
 

Der Verkauf

 
Die „Pessina Costruzioni SPA“ hat mit dem Kauf den Auftrag und die Arbeiten für Baustelle der „Eisackwerk GmbH“ in St. Anton bei Bozen übernommen. Sowie, drei ANAS-Aufträge in Süditalien und Sardinien.
Ebenso weitere Beteiligungen und Zuschläge an der Autobahn Cispadana zwischen Reggiolo Rolo und Ferrara Süd, der Autobahn Campogalliano-Sassuolo, sowie den Autobahnanschluss Ferrara-Porto Garibaldi.
Neben den gesamten Maschinenpark übernimmt der Käufer auch 51 Angestellte der Firma Oberosler. Zudem sind mit der Versteigerung auch drei Rekurse vor dem Verwaltungsgericht bzw. dem Staatsrat an die neuen Besitzer übergegangen. Oberosler hat gegen die Vergabe bei den Ausschreibungen der Umfahrung Meran Nord-Ost, der Einfahrt in das Gadertal, sowie der Erweiterung des Brunecker Krankenhauses rekurriert. Die Verfahren laufen noch.
Mit dem Verkauf hat der Pusterer Bauunternehmer jetzt aber auch diese Forderungen und Rechtsstreitigkeiten an den neuen römischen Besitzer abgegeben.
Am Montagnachmittag ging im Ausgleichsverfahren Oberosler aber noch eine zweite Versteigerung am Bozner Landesgericht über die Bühne. Dabei wurden jene ausstehenden Zahlungen ("Crediti") versteigert, die die "Oberosler Cav. Pietro Srl" noch von den zum Großteil öffentlichen Auftragebern zu bekommen hat. Laut Konkursgericht sind es 132,8 Millionen Euro. Dieses Paket wurde am Montag zum Ausrufpreis von 9.075.000 Euro angeboten. Wer es ersteigert hat und um wie viel ist offiziell noch nicht bekannt.