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Geschütztes Südtiroler Schüttelbrot

Bekommt das Südtiroler Schüttelbrot das g.g.A. Qualitätszeichen? Das EU-Gütezeichen steht für Qualität, regionaler Herkunft und schützt vor Imitaten.
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Foto: Qualität Südtirol

Was haben die Nürnberger Lebkuchen, der Honig aus der Provence, der Mostviertler Birnmost, der traditioneller Waliser Cider und der Südtiroler Speck gemeinsam? Sie alle tragen das EU-Gütezeichen geschützte geografische Angabe (g.g.A.), das für die Qualität hochwertiger landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Lebensmittel steht. Das Südtiroler Schüttelbrot hat beste Voraussetzungen, als geschützte geografische Angabe in das europäische Qualitätsregister eingetragen zu werden.

Das traditionsreiche Südtiroler Schüttelbrot ist seit langem im Ausland bekannt und erfreut sich großer Beliebtheit. Das dünne Fladenbrot aus Roggenteig wird wegen seines einzigartigen Geschmacks und der über einem Jahr anhaltenden Haltbarkeit geschätzt. Den größten Absatzmarkt hat das Schüttelbrot nach wie vor in Südtirol, doch der Ruf nach Export wird immer lauter. Der größte ausländische Warenverkauf findet im deutschsprachigen Raum statt, wobei das Schüttelbrot von den exportierten Backwaren das Beliebteste ist. "Das Interesse am Südtiroler Schüttelbrot wächst stetig an. Uns wurde erzählt, dass Südtiroler Schüttelbrot sogar in ausgewählten Einzelhandelsstellen in Japan angeboten wird“, berichtet Stefan Kuhn, der Fachgruppenleiter des Lebensmittelgewerbes des Hds in Bozen. Mit der wachsenden Nachfrage steigt auch die Gefahr von Trittbrettfahren. Sozusagen könnte ein Bäcker in China die Vorzüge des Schüttelbrotes entdecken, es produzieren und mit der Produktbezeichnung "Südtiroler Schüttelbrot" verkaufen. Das europäische Gütesiegel g.g.A. dient dazu, genau solche Szenarien von vornherein zu vermeiden. Durch den Rechtsschutz kann eine Fälschung oder ein Missbrauch der Produktionsbezeichnung vorgebeugt werden. Verwendet jemand unberechtigter Weise den Namen eines Produkts, erfolgt in einem ersten Schritt ein Hinweis vom Konsortium und in einem weiteren Schritt Sanktionen vom jeweiligen Landwirtschaftsministerium.

Im Unterschied zur geografischen Ursprungsbezeichnung (g.U.) muss bei der g.g.A. nur eine der drei Produktionsstufen – Erzeugung, Verarbeitung, Herstellung – in der Region stattfinden. Die Bezeichnung g.g.A. weist auf ein Qualitätsprodukt, regionale Herkunft und die Echtheit des Produktes hin. Beim Südtiroler Schüttelbrot finden alle drei Prozesse im Land statt, das Getreide kommt aber nicht aus Südtirol.

Am 11.Oktober findet eine öffentliche Anhörung mit zwei Mitgliedern des Ministeriums am Sitz der Hds in Bozen statt. Eingeladen sind alle Bäckereien, Gemeinden und Interessierte. 

Vor einem Jahr haben einige der Südtiroler Bäcker den Verein Südtiroler Schüttelbrot g.g.A. gegründet. Es wurde ein Pflichtenheft herausgegeben und ein Ansuchen für eine Anerkennung der geografisch geschützten Angabe an das italienische Landwirtschaftsministerium und den Landwirtschaftsminister in Brüssel gestellt. Das Pflichtenheft und das Ansuchen sind auf der Website des Hds öffentlich zugänglich. Am 11.Oktober findet eine öffentliche Anhörung mit zwei Mitgliedern des Ministeriums am Sitz der Hds in Bozen statt. Eingeladen sind alle Bäckereien, Gemeinden und Interessierte. Der Prozess ist damit aber noch nicht beendet. Das Ansuchen steht 30 Tage lang im Amtsblatt der Republik und wird daraufhin auch im europäischen Amtsblatt veröffentlicht. In der Zeit hat jeder das Recht, Einspruch einzulegen. Wenn alles reibungslos verläuft, hat das Südtiroler Schüttelbrot gute Chancen, bereits nächstes Jahr von der europäischen Kommission in das Qualitätsregister aufgenommen zu werden. Bis dato haben von den Südtiroler Produkten nur den Südtiroler Speck und die Südtiroler Äpfel die Bezeichnung g.g.A. erlangt. 

Laut Kuhn hat sich die Backbranche in Südtirol im Vergleich zu den Nachbarregionen gut gehalten. „Wenn man den europäischen Schnitt der Bäckereien auf Südtirol übertragen würde, gäbe es im ganzen Vinschgau nur eine Bäckerei. In Südtirol gibt es momentan 140 Bäckereibetriebe. Die Konkurrenz und der Verdrängungswettbewerb unter den Bäckern verstärkt sich. Grund dafür sind auch die Tiefkühlbackwaren, die aus dem restlichen Europa importiert und oft in der Gastronomie verwendet werden“, weiß Kuhn. Demnach könnten Bäckereien, die in Schwierigkeiten geraten, in Zukunft ihren Absatzmarkt ins Ausland verlagern. In dem Fall ist ein Schutz vor Imitationen von Vorteil.  

Für die Zukunft des Schüttelbrotes ist der Schutz durch g.g.A. unumgehbar. 

Für die Südtiroler Bäcker ändert sich durch die Einführung des Gütekriteriums nicht viel. Es sei denn, sie wollen ihr Produkt als Südtiroler Schüttelbrot bezeichnen, dann müssen sie bestimme Qualitätskriterien erfüllen, nachweisen wie viel sie verkaufen und unabhängige Kontrollen auf sich nehmen. „Wir waren bei der Erstellung des Pflichtenhefts bemüht darum, die Kriterien möglichst breit zu halten, damit jeder Bäcker so weit wie möglich seine individuellen Rezepte beibehalten kann und sich nicht eingeschränkt fühlt“, berichtet Kuhn. In dem Verein Südtiroler Schüttelbrot sind momentan zwanzig Bäckereien eingeschrieben.

Die meisten Bäckereien des Landes wurden noch nicht von der Begeisterung für das Ansuchen des Qualitätskriteriums erfasst, sie stehen den Regeln skeptisch gegenüber und haben immer noch den größten Absatzmarkt in Südtirol. „Für die Zukunft des Schüttelbrotes ist der Schutz durch g.g.A. unumgehbar. Nicht, dass es uns so geht wie den Schweizern bei der Produktbezeichnung Emmentaler Käse. Als die Schweiz die Produktbezeichnung "Emmentaler Käse" in das europäische Qualitätenregister eintragen wollten, wurde dies von der EU verweigert. Denn in der Zwischenzeit wurden größere Mengen an Emmentaler Käse in Neuseeland, Frankreich und Holland hergestellt als in der Schweiz. Die Bezeichnung "Emmentaler Käse" wurde zum Typennamen. Das wollen wir beim Südtiroler Schüttelbrot vermeiden“, so Stefan Kuhn.