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Das Selbstwertgefühl stärken

Jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, Projekte zur Verbesserung ihrer Umgebung und Gesellschaft zu entwickeln. Das ist das Ziel des Erasmus+ Projekt BJaOG.
Workshop in Bruneck
Foto: Yvonne Kirchmauer

Das Amt für Jugendarbeit in Südtirol hat seit Jahren versucht eine Zusammenarbeit mit den anderen Ämtern der Deutschraum-Regionen (Salzburg, Vorarlberg, Tirol und München) zum Thema Integration und Inklusion zu schaffen. Nach einem Jahr Diskussion und Austausch wurde endlich ein Konzept erarbeitet und ein Erasmus+ Projekt für die nächsten zwei Jahre eingereicht. Das Projekt wurde genehmigt und sieht die Beteiligung jeder Region mit 15 Teilnehmer:innen vor, darunter Jugendbetreuer:innen, Sozialarbeiter:innen, Sozialpädagog:innen und Jugendliche. Die Jugend ist aufgerufen, über die Themen Inklusion und Vielfalt nachzudenken, aber auch über den digitalen Wandel, die Umwelt und den Klimawandel sowie die Teilhabe am demokratischen Leben. Die 15 Teilnehmer:*innen aus der Region Trentino-Südtirol bestehen aus einem Vertreter des Amtes des Südtiroler Landesverwaltung Fachberatungsstelle Interkulturelle Jugendarbeit, interessierte Jugendliche mit unterschiedlichsten Hintergründen, Vertreter:innen des OEW, Jugendarbeiter:innen)
Das Projekt BJaOG - Beitrag der Jugendarbeit für eine offene Gesellschaft schlägt vor, Jugendfragen im Rahmen eines partizipativen Prozesses anzugehen, um junge Menschen dazu zu ermutigen, sich mit Themen zu befassen, die ihnen am Herzen liegen, und die Aktivitäten in Form von Projekten gemeinsam durchzuführen, und zwar über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren.
Es handelt sich um ein umfassendes und komplexes Projekt, das die Jugendlichen wieder in den Mittelpunkt des gemeinschaftlichen und demokratischen Lebens stellen und ihnen die geeignetsten Instrumente an die Hand geben soll, um in der Gegenwart und im gesamten Alpenraum bewusst zu handeln.
Die Projekt-Koordinatorin Yvonne Kirchmauer über diese Initiative.

 

Salto Europe: Frau Kirchmauer, Können Sie sich vorstellen? 

Yvonne Kirchmauer:  Ich bin 43 Jahre alt und bin seit ca. 20 Jahren beim Amt der Salzburger Landesregierung (Österreich) in unterschiedlichsten Themenbereichen tätig. Seit 2015 bin ich stellvertretende Leiterin im Referat 2/06 - Jugend, Familie, Integration und Generationen und hier auch als Sachbearbeiterin für den Bereich Integration zuständig, wo ich auch immer wieder EU-Projekte betreue. Ich durfte eine vielfältige Ausbildung genießen: nach dem Gymnasium war ich 5 Jahre in einer Modeschule mit kaufmännischer Ausbildung. Danach absolvierte ich das Tourismuskollege, bevor ich Betriebswirtschaft studierte und meinen Abschluss im Public Management machte. Und all dieses Wissen und meine langjährigen Erfahrungen und Netzwerke nehme ich für das Erasmus+-Projekt “BJaOG-Beitrag der Jugendarbeit für eine offene Gesellschaft” mit.

 

Wie kam das Projekt zustande? Wie und warum waren Sie an dem Projekt beteiligt?

Das Erasmus+-Projekt “BJaOG – Beitrag der Jugendarbeit für eine offene Gesellschaft” wurde auf Initiative des Amtes der Südtiroler Landesverwaltung, Amt für Jugendarbeit, Fachberatungsstelle Interkulturelle Jugendarbeit, konzipiert. Fokus dabei war und ist, Jugendliche zu ermutigen, ihre Themen zu nennen und, begleitend von Jugendarbeiter:innen, umzusetzen. Die Projektpartner:innen, also das Amt für Jugendarbeit in Südtirol, der Bezirksjugendring Oberbayern und das Integrationsreferat des Landes Salzburg, haben dafür einen Rahmen entwickelt. Die teilnehmenden Jugendlichen wurden ermutigt, sich in Gruppen zu gleichen Themen zu finden und gemeinsam, grenzüberschreitend Projekte auszuarbeiten. Meine Rolle dabei ist die Gesamt-Projektleitung, also von der Administration, Koordination von Terminen, über die Organisation der Treffen bis hin zur Abrechnung und dem Reporting.

Fokus dabei war und ist, Jugendliche zu ermutigen, ihre Themen zu nennen und, begleitend von Jugendarbeiter:innen, umzusetzen.

Wer ist daran beteiligt? (Gebiete, Personen, Fachleute). In welchen Rollen?

Projektpartner sind: das Amt der Salzburger Landesregierung, Referat 2/06 (Jugend, Familie, Integration und Generationen) als Projektleitung, Amt der Südtiroler Landesverwaltung, Amt für Jugendarbeit, Fachberatungsstelle Interkulturelle Jugendarbeit (Südtirol) sowie der Bezirksjugendring Oberbayern (Bayern). Jeder Partner wird von einem oder einer Jugendarbeiter:in unterstützt

Was sieht das Projekt vor bzw. worin besteht es? Was sind die Ziele des Projekts?

Ausgangslage für das Projekt bilden unterschiedliche Umfragen unter Jugendlichen, die klar zeigen, welche Themen Jugendliche beschäftigen, z.B Salzburger Jugendreport (2020), Münchner Jugendumfrage, Südtirol (Jugendreport 2016 - aktuell läuft eine neue Erhebung).
Aus allen Umfragen kristallisieren sich folgende Themenbereiche heraus: Die Jugendlichen machen sich Sorgen hinsichtlich Klimaveränderung, Krieg, Einsamkeit, Konflikte und Ausgrenzung. Wichtig ist ihnen (interkulturelle) Freundschaft, politische Bildung.

Die Jugendlichen machen sich Sorgen hinsichtlich Klimaveränderung, Krieg, Einsamkeit, Konflikte und Ausgrenzung. Wichtig ist ihnen (interkulturelle) Freundschaft, politische Bildung.

Welche Rolle spielen die Jugendlichen in dem Projekt? Werden sie es erfinden und den anderen Jugendlichen vorschlagen? Oder ist es ein Projekt, das von jungen Menschen für junge Menschen gemacht wird?

Durch die Begegnung von Jugendlichen aus den 3 Partnerregionen und das gemeinsame Tun soll sich den Themen gewidmet und ein Diskurs angestoßen werden. Damit es nicht nur beim Reden bleibt und junge Menschen in ihrem Handeln gestärkt werden, wird ein partizipativer Prozess unter Begleitung und Anleitung von Professionist*innen gestartet, der in eine aktive Umsetzung von Kleinprojekten innerhalb des Projekts münden wird. Durch die Partizipation der Jugendlichen von Anfang an, soll den Jugendlichen gezeigt werden, dass ihre Meinungen und Sichtweisen ernstgenommen werden und in Aktivitäten umgesetzt werden. Auch soll aufgezeigt werden, welche Wirkung das eigene Handeln, bzw. das Handeln in einer oder mit einer Gruppe auf die Gesellschaft haben kann. Durch die Eigenverantwortung für die jeweiligen Aktivitäten, die in einem demokratischen Prozess ausverhandelt und anschließend größtmöglich eigenverantwortlich umgesetzt werden sollen, wollen die Projektpartner die Eigenverantwortung jedes einzelnen Jugendlichen sichtbar machen.

Durch die Eigenverantwortung für die jeweiligen Aktivitäten, die in einem demokratischen Prozess ausverhandelt und anschließend größtmöglich eigenverantwortlich umgesetzt werden sollen, wollen die Projektpartner die Eigenverantwortung jedes einzelnen Jugendlichen sichtbar machen.

Damit soll das Selbstwertgefühl jedes einzelnen gestärkt werden. Gleichzeitig werden die Aktivitäten von Jugendarbeiter:*innen oder Multiplikator:*innen begleitet und betreut, was den Jugendlichen zeigen soll, dass es, egal woher Menschen kommen, wie alt sie sind oder welchen ökonomischen Background sie haben, ein Netzwerk gibt, das bei Problemen zur Verfügung steht und mit Wissen und Erfahrung weiterhilft, ohne bevormundend zu sein. Die Projetpartner:innen geben einen Rahmen vor, die Part:innen stehen mit Know How und Erfahrung bereit. Letztendlich setzen Jugendliche für Jugendliche Projekte um.

Welche (auch erhofften) Auswirkungen wird das Projekt auf die Jugendlichen haben? Und auf der Gesellschaft?

Jugendliche beschäftigen sich in Gruppen mit den Themen, die sie wirklich beschäftigen und setzen selbständig Projekte zu den Themen um. Diese Projekte werden öffentlich durchgeführt, so dass positive Effekte in der Gesellschaft entstehen. So, zum Beispiel, die Auseinandersetzung mit Identitäten und dem Thema Heimat, mit Klimawandel und was wir alle dafür tun können (zum Beispiel Mülltrennung in Schulen anregen), Workshops in Schulen, um kritisches Denken zu forcieren, und ähnliches. Einerseits soll gelernt werden, wie Projektarbeit und Teamarbeit funktioniert und wie Projektmanagement funktioniert. Wesentliche Aspekte des Projektes sind aber, Begegnung zu ermöglichen, aktive zuzuhören und einen Rahmen für Jugend-Themen zu schaffen. Erste Auswirkungen sind insofern sichtbar, dass bereits nach dem ersten Treffen Freundschaften über die Landesgrenzen hinaus entstanden sind und die teilnehmenden Jugendlichen sehr hohe Motivation haben, an ihren Themen weiterzuarbeiten.

Eine Möglichkeit, gemeinsam zu handeln und die Zukunft zu gestalten, von der wir hoffen, dass sie Wurzeln schlägt und Früchte trägt.

Was ist in Brixen passiert?  Gab es ähnliche Erfahrungen in anderen Städten?

Brixen war das erste Treffen innerhalb des Projekts. Rund 60 Jugendliche aus Südtirol, Oberbayern und Salzburg nahmen daran teil. Das Treffen war geprägt von einem ersten Kennenlernen, ersten Themensammlungen, Projektteams zu formen, erstes Arbeiten an den Themen, um ein Fokus herauszuarbeiten. Das zweite Treffen fand in Salzburg statt, wo unter anderem Methoden des Projektmanagements erläutert wurden, zum Beispiel welche Ziele verfolgen die Projekte, welche Zielgruppen sollen sie ansprechen, wen braucht es dazu, wie sieht die Finanzierung aus. Zudem gab es einen Input zur Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktung von Projekten. Hier sind unter anderem erste “Werbetexte” entstanden. Das dritte Treffen ist im November 2022 in München geplant, wo Beispiele von Projekten, die von Jugendlichen für Jugendliche gemacht wurden, angeschaut werden und ein Austausch stattfinden soll.

 

Eine wichtige Chance für die Region – lokal und auf die deutschsprachigen Regionen, die zusammenarbeiten – , um die Jugendlichen wieder in den Mittelpunkt zu rücken, sie zu denkenden und aktiven Protagonisten zu machen, und zwar ausgehend von ihren Interessen. Eine Möglichkeit, gemeinsam zu handeln und die Zukunft zu gestalten, von der wir hoffen, dass sie Wurzeln schlägt und Früchte trägt.