Società | Weiterbildung

Non laboris sed vitae discimus

Die Fähigkeiten, die man im Rahmen von arbeitsbezogener Weiterbildung erlernt, können sich auch im privaten Leben als hilfreich erweisen. 
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Foto: Adobe Stock Images

„Non vitae sed scholae discimus“ – Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir. Diese Kritik äußerte der römische Philosoph, Dichter und Politiker Lucius Annaeus Seneca in einem Brief an seinen Schüler und wies dabei auf die Missstände innerhalb der damaligen Philosophenschulen hin. Nach diesem Motto leben heute nicht nur Schüler, sondern vermehrt auch Erwachsene im Berufsalltag. Viele sind der Meinung, sie seien zu alt, um Neues zu erlernen oder würden den modernen Arbeitsbegriffen wie Teambuilding oder Leadership nicht mehr gerecht. Dabei war und ist das (Weiter)Bilden in Wirklichkeit Privatangelegenheit. Junge Menschen mögen zwar schneller und aufnahmefähiger sein als ältere Generationen, dies bedeutet aber nicht, dass sich ältere Jahrgänge von Weiterbildungsangeboten ausgeschlossen fühlen sollen. 

Durchschnittlich ein Kurs pro Jahr

Während Arbeitnehmende im fortgeschrittenen Erwerbsalter Fortbildungsveranstaltungen häufig eher skeptisch begegnen, nehmen vor allem jüngere Arbeitskräfte vermehrt an von Unternehmen angebotenen Weiterbildungsmöglichkeiten teil. Aus dem AFI-Herbstbarometer 2020 ging hervor, dass rund 75 % der Südtiroler Arbeitnehmenden in den letzten 12 Monaten, sprich im Zeitraum von November 2019 bis November 2020, die Möglichkeit wahrgenommen hatten, an einem Weiterbildungskurs teilzunehmen. Dabei belief sich der Südtiroler Durchschnitt in den Jahren 2013 bis 2020 auf mindestens eine Weiterbildung pro Jahr. Vor allem durch die Pandemie und die dadurch verbundenen alternativen Arbeitsmöglichkeiten – sprich Homeoffice oder Remote-Arbeitsplatz – gab es im technischen Bereich einiges aufzuholen. 

Was zu einer Teilnahme bewegt

Die Gründe für eine Teilnahme an einem Kursangebot sind vielfältig, lassen sich aber auf zwei Hauptbeweggründe herunterbrechen: Ein Großteil der Fachkräfte nimmt auf Anleitung der Arbeitgebenden teil oder wohnte externen Veranstaltungen wie Seminaren, Workshops oder Tagungen als Gast bei. 

Rund 88% der Befragten gaben an, Weiterbildungskurse zu besuchen, um berufliche Aufgaben besser ausüben zu können. 80% nahmen hingegen aus Eigeninteresse an entsprechenden Themen teil. Als weitere Argumente wurden Bescheinigungen oder Zertifikate genannt, welche die persönlichen Karrierechancen verbessern und den eigenen Lebenslauf bereichern. Etwa 47%  gaben an, von Führungskräften zur Teilnahme verpflichtet worden zu sein. Dabei weiß man: Bei Weiterbildungsangeboten ist Freiwilligkeit von Vorteil, um das Gelernte später auch praktisch mit Begeisterung umzusetzen. Eine Teilnahme allein kann zwar durch ein Zertifikat bescheinigt werden und insofern auch zu besseren Karrierechancen führen, gibt aber wenig Aufschluss über das Eigeninteresse der Arbeitnehmer*innen an entsprechenden Kursangeboten. 

Bei Weiterbildungsangeboten ist Freiwilligkeit von Vorteil, um das Gelernte später auch praktisch mit Begeisterung umzusetzen.

Gründe für die Nichtteilnahme

Hinsichtlich der Nichtteilnahme an Weiterbildungskursen erklärt ein Großteil der Fachkräfte, keine weitere Ausbildung zu benötigen, da sie laut eigenen Angaben bereits über die entsprechenden Fähigkeiten verfügen würden. Andere teilten wiederum mit, keine Teilnahmeerlaubnis von Seiten der Führungskraft an einem Kurs erhalten zu haben. Hierbei muss hervorgehoben werden, wie gesamte Unternehmen von erlernten Kenntnissen profitieren, da bestimmte Sachverhalte auch an jenen Mitarbeitenden weitergegeben werden können, die nicht am Kurs teilgenommen haben. Arbeitgeber, die ihren Angestellten nicht erlauben, Weiterbildungsangebote wahrzunehmen, sind für einen Schuss ins eigene Knie gewissermaßen selbst verantwortlich. 

Themengebiete

Die Inhalte der Weiterbildungskurse im Zeitraum von 2019 bis 2020 können in drei Hauptbereiche unterteilt werden: Der Löwenanteil (27%) der Beschäftigten nahm an Sprachkursen teil, um die eigenen Sprachkenntnisse zu verbessern. Hierbei war vor allem die englische Sprache beliebt, deren Beherrschung sich besonders über das letzte Jahrzehnt zu einem Bewerbungskriterium entwickelt hat. Rund 24% der Befragten beteiligten sich an EDV-Kursen beziehungsweise an Kursen im informatik-technischen Bereich. Weitere 16% nahmen an Kursen im Bereich des Betriebsmanagements teil. Diese schließen Kurse mit ein, die auf die Weiterentwicklung von Führungs-, Werbe-, Marketing- und Rechtskompetenzen abzielen.

Der Löwenanteil (27%) der Beschäftigten nahm an Sprachkursen teil, um die eigenen Sprachkenntnisse zu verbessern.

Zwischen Unter- und Überforderung

Während rund 60% der Befragten angaben, Aufgaben zu erfüllen, die ihren individuellen Kenntnissen entsprechen, fühlten sich 26% unterfordert und waren überzeugt, auch komplexere Aufgaben ausführen zu können. Dementgegen meinten 14%, mangelnde Kenntnisse zu besitzen und sahen daher die Notwendigkeit, weitere Ausbildungskurse zu absolvieren. Der Idealzustand im Job wäre, eine Balance zwischen Unter- und Überforderung zu finden, um weder Langeweile noch Stress bei Mitarbeitenden auszulösen. Wie sich Stress durch mangelhafte Achtsamkeit auf Körper und Psyche auswirkt, können Sie in diesem Blog im AFI-Artikel von Juli nachlesen. 

Gerechtigkeit bei der Weiterbildung wichtig

Weiterbildung soll im Arbeitsleben eine zentrale Rolle spielen. Sie hilft Mitarbeiter*innen, den kontinuierlichen, technologischen Wandel zu bewältigen und aus volkswirtschaftlicher Sicht, den ständigen Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften zu decken. Unter anderem bieten Ausbildungskurse dem gesamten Unternehmen einen Mehrwert, da sich Arbeitskolleg*innen untereinander austauschen und so wichtige Tipps oder Erfahrungen weitergeben. Besonders wichtig ist es, den sogenannten Matthäus-Effekt zu vermeiden. Dieser umschreibt eine Situation, in welcher die Reichen immer reicher werden, während die Ärmeren immer ärmer werden. Auf die Arbeitswelt übertragen bedeutet dies, dass Arbeitnehmende in Führungspositionen im Vergleich zu jenen in niedrigeren Positionen häufig leichter Zugang zur Weiterbildung haben und so ihre ohnehin bereits hohe Qualifikation noch weiter ausbauen. Aus diesem Grund ist es sowohl für öffentliche Einrichtungen als auch für Unternehmen wichtig darauf zu achten, auch in die Weiterbildung von Fachkräften mit niedrigerer Qualifikation zu investieren, um auf diese Weise allen Beschäftigten dieselben Chancen zu bieten.