Ambiente | Welternährungstag

Natürlich gut essen

Die oew bittet an den Acker: Bio-Produzenten tauschen sich mit Abnehmern aus. Ein Gespräch über Qualität, Vielfalt und gesundheitsbewusste junge Familien.
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Foto: oew
Sabine Oberheinricher, warum ist Ihnen beim Anbau Vielfalt so wichtig?
 
Sabine Oberheinricher: Mein Mann Marco und ich haben schon vor der Hofübernahme bei meinen Eltern am Tschoggler-Hof in Reischach einen Garten bearbeitet. Der Ertrag war gut. Mein Mann ist Landschaftsgärtner und bringt fundiertes Wissen mit. Auf einem halben Hektar Fläche haben wir heuer 40 Gemüsesorten wie gelbe und rote Ronen, Sellerie, Schwarzkohl, Grünkohl, Kraut, Spitzkraut, verschiedene Salate, Endivien, Broccoli, Romanesco, chinesischen Spinat, Bohnen, Hülsenfrüchte, Zucchini in verschiedenen Formen und Farben angebaut, auf einem Hektar Karotten und Kartoffeln und außerdem Industriehanf. Wir lassen den Hanf dreschen und aus den Körnern Hanföl pressen. Das verkaufen wir ab Hof und auf dem Bauernmarkt. Es sieht wie Kürbiskernöl aus, wird ähnlich verwendet und ist im Geschmack nussartig.
 
Patrick Eder, in Ihrem Geschäft in St. Jakob bieten Sie die biologisch angebauten Produkte vom Tschoggler-Hof gesondert angeschrieben. Warum?
 
Patrick Eder: Null Kilometer sind mir genauso wichtig wie biologisch, saisonal und fair. Wenn wir an die Zukunft denken, wenn wir unserem Planeten gerecht werden wollen und darin die Menschheit weiterhin eine Rolle spielen soll, ist es wichtig, die Kreisläufe klein zu halten: beim Gemüse, beim Fleisch, aber auch bei anderen Produkten. Marco und Sabine sind gute Freunde von mir. Ich wollte sie unterstützen, als sie den Schritt in den Gemüseanbau gewagt haben. Voriges Jahr haben wir im Geschäft mit Salat begonnen, heuer das Sortiment erweitert. Das Gemüse vom Tschoggler-Hof ist klar erkennbar: In den grünen Bauernbox-Kisten bieten wir den Kundinnen und Kunden das biologische Gemüse an. In biologischer Qualität haben wir Salat, Spinat, Bohnen in vielen Farben, Kürbisse, Zuckermais, Kraut, Blaukraut, Tomaten, Zucchini in vielen Formen, Karotten und Sellerie. Ich möchte vor allem saisonale Produkte im Sortiment haben und die – sofern sie nicht aus dem Pustertal sind – aus Italien beziehen. Fairtrade und Bio sind bei uns mitten drin im übrigen Warenangebot: Soweit möglich sollen unsere Kunden stets eine Alternative haben.
 
Warum ist aus der Pflicht der Geschäftsübernahme bei Ihnen inzwischen eine Berufung geworden?
 
Patrick Eder: Ich bin viel gereist, den Jakobsweg gegangen, habe Agrarwissenschaft studiert und wollte etwas anderes tun. Als Übergangsphase gedacht, bin ich in das Geschäft hineingewachsen. Es ist mir eine Herzensangelegenheit geworden, dieses Dorfgeschäft meiner Eltern und Großeltern weiterzuführen.
 
Sabine Oberheinricher, wo verkaufen Sie Ihr Gemüse und die Eier?
 
Sabine Oberheinricher: Freitags sind wir mit unseren Produkten auf dem Bauernmarkt in Bruneck. Wir sind dort im vergangenen Jahr gut gestartet. Wir haben unser Gemüse auch Restaurants und Geschäften zwischen Bruneck und dem Ahrntal angeboten. Sie können zwei Mal wöchentlich bestellen, wir liefern frei Haus. Außerdem haben wir 25 Kunden, die von Juni bis Ende Oktober wöchentlich unsere Bauernboxen beziehen. Sie erhalten gesundes saisonales Gemüse erntefrisch. Das ist vertraglich geregelt, sie zahlen das Gemüse im Voraus, unterstützen uns somit beim Kauf von Saatgut für Samen und wir haben Abnahmegarantie. Wir haben im vergangenen Jahr mit Mundwerbung begonnen und es hat funktioniert. Wöchentlich steht die Bauernbox vor ihrer Tür.
 
Warum bauen Sie biologisch an?
 
Sabine Oberheinricher: Wir möchten uns und unsere Kinder gesund ernähren. Der Umgang mit der Natur ist uns wichtig und dafür benötigt man Respekt gegenüber der Umwelt: Mensch und Natur. Zudem ist uns der Aspekt der Selbstversorgung wichtig. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, uns das ganze Jahr über mit eigenen Lebensmitteln zu versorgen. Sie schmecken besser und intensiver. Beim biologischen Anbau muss die Fruchtfolge eingehalten werden. Als Dünger verwenden wir Mist, Eigenkompost und biozertifizierten Zusatzdünger. Tierischen Schädlingen, Pilzen und Krankheitserregern können wir durch die Vielfalt entgegen wirken. Das biologische Saatgut beziehen wir bei deutschen und österreichischen zertifizierten Bio-Produzenten. Samen oder Jungpflanzen ziehen wir entweder selbst oder kaufen sie in einer biologisch zertifizierten Gärtnerei in Brixen. Beim Saatgut tauschen wir vielfach auch mit anderen.
 
Sind die Menschen bereit, mehr zu bezahlen, wenn das Produkt fair, biologisch und regional ist?
 
Patrick Eder: Im Vergleich zum konventionellen Gemüse ist der Preis beim Bio-Gemüse natürlich etwas höher. Einer wachsenden Anzahl an Kunden ist Qualität, Regionalität und Geschmack wichtiger als der Preis. Ein gutes Beispiel dafür sind die Kartoffeln. Da verkaufen wir fast nur noch einheimische Biokartoffeln. Sie wachsen langsamer, der Geschmack ist deshalb um einiges besser.
 
Sabine Oberheinricher: Wir haben bewusste und faire Kundinnen und Kunden, junge und ältere, manche sind Vegetarier, „quer durch das Beet“ sozusagen. Der Preis ist fair, und so frisches Gemüse bekommt man nicht oft.
 
Herr Eder, wie wichtig ist Ihnen als Einkäufer der Preis?
 
Patrick Eder: Nicht immer spielt der Preis die wichtigste Rolle. Ich bin neugierig, schaue mir den Produzenten an, möchte die Geschichte des Produktes und den Produktionsort kennen. Dann bin ich auch bereit, etwas mehr zu bezahlen, wenn dadurch die Vielfalt an Produkten und Produzenten gesichert ist.
 
Wer sind Ihre Kundinnen und Kunden?
 
Patrick Eder: Junge Familien mit kleinen Kindern legen mehr Wert auf lokale und biologische Ware. Sie fragen nach, wollen wissen, wo etwas herkommt. Ich setze mich mit den Produzenten auseinander, biete bei Verkostungen Käse von kleinen Hofkäsereien an. Vom Gesamtumsatz macht das zwar nur einen kleinen Prozentsatz aus. Aber es macht mich glücklich zu sehen, wenn die Menschen danach greifen. Auch wenn es nur langsam geht: Das ist ein wachsender Markt. Da bin ich sicher.