Politica | Homosexualität

Schwule Euregio

Im Juni 2018 soll in Trient eine Gay Pride der Europaregion abgehalten werden. Weil man dann mitten im Wahlkampf steht, wird die Politik jetzt schon nervös.
Gay pride
Foto: upi
Thomas Widmann weiß von nichts.
Rodolfo Borgia, Fraktionssprecher der „Civica Trentina“ hat im Regionalrat innerhalb von zwei Monaten gleich zwei Anfragen zum selben Thema gestellt. Der Südtiroler Präsident des Regionalrates antwortete Anfang Juli, dass bisher noch niemand in dieser Sache an die Region oder den Regionalrat herangetreten sei. Doch das war dem Trentiner Politiker nicht genug. Borgia fragte noch einmal nach und erhielt von Thomas Widmann noch einmal dieselbe Antwort.
Dabei sind die Anfrage und die Nachfrage Borgias ein klares Indiz wie nervös die lokale Politik auf gewisse Reizthemen reagiert. Vor allem dann wenn es in Richtung Wahlkampf geht.
 

Dolomiten Pride

 
Seit einigen Jahren findet jährlich in Norditalien eine Gay Pride, ein Aufmarsch und ein Straßenfest der Schwulen, Lesben und der Transgender statt. Ein Fest der Sinnesfreuden, das unter dem Motto Freiheit und Freizügigkeit steht. Die Gay Pride sucht sich jedes Jahr einen neuen Austragungsort aus. So ging die Parade in den vergangenen Jahren in Venedig, in Verona, in Treviso und in Udine über die Bühne.
Im Juni wurde bekannt, dass die Gay Pride 2018 in Trient stattfinden soll. Der Trentiner Arcigay bemüht sich die Großveranstaltung zu der zwischen 5.000 und 10.000 Personen erwartet werden, in die Trentiner Landeshauptstadt zu holen. „Es ist endlich der Moment gekommen“, freut sich der Präsident des Trentiner Arcigay Paolo Zanella.
L'anno prossimo, dunque, subito dopo il raduno degli alpini, dopo il Festival dell'Economia, in Trentino arriva il Pride delle Dolomiti“, frohlockte das Trentiner Onlineportal „Il Dolomiti“ vor Wochen. Denn Zanella & Co planen Großes.
Die „Dolomiten Pride“ soll nicht nur ein Aufmarsch und ein Festtag sein, sondern man will eine ganze Woche lang verschiedene Veranstaltungen, Debatten, Vorträge und Buchvorstellungen organisieren. „Wir wollen die Pride aber auch in die Peripherie hinaustragen, wo es in den Tälern viele Homosexuelle, Lesben und Transgender gibt, die sich immer noch verstecken müssen und Angst haben sich zu outen“, sagt Zanella.
 
Vor allem aber soll diese Pride nicht auf das Trentino beschränkt bleiben. Paolo Zanella will mit den Homosexuellenvereinigungen in Süd- und Nordtirol zusammenarbeiten und so eine schwule Euregioparade veranstalten. In den vergangenen Wochen wurden dazu erste konkrete Gespräche geführt.
 Zanellas Ziel: „Neben dem Nordosten wollen wir in einer grenzüberschreitenden Optik die gesamte Euregio einbinden“.
 

Zögerliche Politik

 
Dabei stellt sich schon jetzt die Frage, wie die lokale Politik auf die geplante Veranstaltung reagieren wird. Homosexualität ist auch heute noch für viele Politiker ein zu brisantes Thema. Vor allem wenn man sich im Wahlkampf befindet. Und im Oktober 2018 finden dazu sowohl im Trentino wie auch in Südtirol Landtagswahlen statt.

Sowohl in Turin (Chiara Appendino), Neapel (Luigi De Magistris) Palermo (Leoluca Orlando) wie auch in Udine (Furio Honsell) haben die Bürgermeister die Gay Pride eröffnet. Jetzt stellt sich die Frage, was der Trentiner Bürgermeister Alessandro Andreatta tun wird? Ebenso der Trentiner Landeshauptmann Ugo Rossi. Aber auch die Südtiroler und Nordtiroler Politiker? Wird man sich verstecken oder der Veranstaltung eine offizielle Schirmherrschaft geben?
 
Wir wollen mit den Institutionen, der Region, dem Land und der Euregio zusammenarbeiten“, erklärt Paolo Zanella gegenüber Il Dolomiti. Das dürfte dann auch der Grund für die zwei Anfragen von Rodolfo Borgia sein. Borgia wollte am 22. Juni wissen, ob die Region daran denke, die Gay Pride dei Dolomiti ideell oder finanziell zu unterstützen. 
Weil Regionalratspräsident Thomas Widmann am 3. Juli antwortete, dass bisher noch niemand bei der Region zu diesem Thema vorstellig wurde, fragte Rodolfo Borgia noch einmal nach.
Ende Juli antwortete Thomas Widmann:
 
„In Beantwortung der randvermerkten Anfrage möchte ich das bestätigen, was Ihnen bereits in Beantwortung der Anfrage Nr. 255/XV mitgeteilt worden ist und zwar dass die Organisatoren des grenzüberschreitenden Gay Pride Festival der Dolomiten in Trient bis dato den Regionalrat nicht kontaktiert oder einen entsprechenden Antrag gestellt haben, so dass die Ansicht vertreten wird, dass eine Bewertung erst dann vorgenommen werden soll, wenn ein Antrag eingeht.“
 
Dann wird sich zeigen, ob die Politik den Mut hat, die Schirmherrschaft über die Gay Pride zu übernehmen. Und wer im Regionalrat wirklich liberal ist.