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Zwischen Stadt und Land

Artur Nikodem war ein früher Euregio-Tiroler, weltoffen und Künstler. Ein Gespräch zur aktuellen Ausstellung auf Schloss Tirol mit dem Kurator Elio Krivdic.
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Foto: Foto: Salto.bz

Salto.bz: Sie zeigen Artur Nikodem als Künstler, der zwischen Stadt und Land lebte und malte und vor allem an Landschaften und Porträts Gefallen fand. Wie ist Nikodems Kunst einzuordnen?
Elio Krivdic: Nikodem ist ein Künstler der schwierig einzuordnen ist, seine Kunst entwickelt sich nicht programmatisch, sondern nach Intuition. Er ist ein Improvisator, vermischt verschiedene Stile der Moderne. Aus den vielen verschiedenen Stilen die er benützt, ist er einer der wenigen Tiroler Künstler seiner Zeit, der dadurch eine ganz eigene Bild- und Ausdruckssprache findet.

Welche Bilder aus seinem Schaffenswerk nimmt die Ausstellung auf Schloss Tirol in den Fokus?
Wir haben uns hier auf Landschafts- und Menschenbilder konzentriert, aber auch da ist eine Abgrenzung schwierig. So malte er auf der einen Seite bäuerlich geprägte Landschaften, auf der anderen Seite gibt es Porträts von bäuerlichen Menschen, die völlig anders aussehen, diese wiederum unterscheiden sich von den städtischen Motiven in Stil und Technik.

In Artur Nikodem lebten also mehrere Künstlerseelen?
Ich glaube das erklärt sich vielleicht dadurch, dass Nikodem in einer gemischtsprachigen Familie hineingeboren wurde. Sein Vater war ein aus Prag stammender deutschsprachiger K.u.k. Offizier, seine Mutter eine aus Verona stammende Italienerin. Er ist zweisprachig aufgewachsen, in seiner Familie gab es eine liberalere Einstellung zur großen Welt und näheren Umgebung.

Kam er bereits als Kind zur Kunst?
Vielleicht schon. Er hat als Kind, das geht aus seiner Biografie hervor, zum Geisteswissenschaftlichen geneigt, nicht zum Naturwissenschaftlichen. Dennoch schickte ihn sein Vater zur militärischen Ausbildung. Er kam an die Levante und war beeindruckt vom Farbenspiel und dem Licht.

Wann beginnt er ernsthaft ein Maler zu werden?
Er ergreift zunächst einen ganz normalen Beruf als Postbeamter und kommt im September 1893 nach Meran. Dort arbeitet er und macht die ersten Schritte als Maler. 1894 heiratet er. Im Herbst 1908 verlässt er die Kurstadt und wechselt zur Hauptpost nach Innsbruck. Prägend war auch sein Aufenthalt in der Türkei, 1915-1919. 1920 gab er den Brotberuf auf und war ausschließlich Künstler.

Nikodem der Birkenmaler. Wann malte er das erste Birkenbild?
Die Birkenmalerei Nikodems ist nur ein Aspekt in seiner Malerei. Man sagt gemeinhin er hat viele Birken gemalt, er hat auch viele Lerchen oder Föhren gemalt. Das erste uns bekannte Birkenbild stammt aus dem Jahr 1912, ein kleines Bild, das auch in der Ausstellung zu sehen ist. Die Birken haben nicht nur eine ästhetische Funktion in seinen Bildern, in den Birken erkennt Nikodem auch eine andere Dimension des Menschlichen: Das Erotische. Wenn man sich seine Birkenbilder genauer ansieht, kann man Frauengestalten darin erkennen.

Die akademische Laufbahn fehlt bei Nikodem. Warum?
Sein nicht vorhandener akademischer Lebensweg, sein fehlende Ausbildung, gab ihm mehr Freiheit. Er hat sich als Autodidakt durchgeschlagen, mit Naturtalent und Intuition, durch Offenheit für das Andere, das Moderne.
Auch in seinen Fotografien, die ab 1915 entstehen, beeindruckt er und ist auch in diesem Medium erstaunlich offen und innovativ.

Hat ihn der nicht vorhandene akademische Lebensweg gestört?
Das hat ihn sehr gestört. Er fühlte sich immer gekränkt, wenn manche Künstlerkollegen sich negativ geäußert haben, ihn sogar manchmal als Hobbymaler bezeichneten. Ab und zu schwindelte er sich deshalb eine akademische Ausbildung in sein Curriculum.