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Senfters Berater

Christoph Engl beglückt das Oberpustertal auf Rechnung von Franz Senfter mit einer neuen Marke. Und schert sich dabei herzlich wenig um das, was er selbst geschaffen hat.
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Foto: Brand Trust

Am heutigen Freitag Abend steht in Innichen ein heißer Abend an. Wer zieht mit bei einer saftigen Kapitalerhöhung der Drei Zinnen AG, lautet die Frage, die sich auf der Vollversammlung der expandierenden Liftgesellschaft stellt. Bislang hat die vormalige Sextner Dolomiten AG  418 Gesellschafter und ein Gesellschaftskapital von 7,4 Millionen Euro. Das soll nun auf 18,6 Millionen Euro erhöht und somit mehr als verdoppelt werden. Schließlich steht das Skigebiet in den Sextner Dolomiten nach der umstrittenen Erweiterung um die Verbindung  Helm-Rotwand vor zwei Jahren vor einem noch weit ehrgeizigeren Vorhaben: einer grenzüberschreitenden Skischaukel mit Anbindung an das Osttiroler  Sillian sowie Padola/Comelico im Belluno.  Kolportiert wird ein Investitionsvolumen in Höhe von 90 Millionen Euro. Auf österreichischer Seite hat die Gesellschaft mit der Schultz-Gruppe einen finanzkräftigen Partner; ein fetter Beitrag von fast 30 Millionen Euro soll aus dem Fondo Brancher kommen und auch vom Land Südtirol werden Beiträge erwartet.

Dennoch verlangt die Expansion auch den Aktionären einiges ab und die heutige Gesellschafterversammlung wird zeigen, wer sich das zumutet.  Keine Zweifel gibt es da beim größten Gesellschafter, der Senfter Holding.  21,17 Prozent des Kapitals stellt der Präsident und große Macher der Drei Zinnen AG Franz Senfer.  Weit offener ist, wie sich die Gemeinde Innichen verhält, die nach dem Sextner Hotelier Kurt Holzer und seiner Berghotel GmbH Gesellschaft  (18 %) bislang mit zehn Prozent drittgrößter Aktionär der Liftgesellschaften ist. Bürgerlisten-Bürgermeisterin Rosmarie Burgmann, einst Angestellte des Speckkönigs, hat auch sonst kein leichtes politisches Leben. Nun wird spannend, wie ihre Entscheidung angesichts knapper Gemeindefinanzen, dem Druck des starken Mannes von Innichen und den Erwartungen der Bevölkerung ausfällt. Die Innichner stellen schließlich auch die stärkste Gruppe innerhalb der rund 400 Streuaktionäre, die gemeinsam immer noch den größten Anteil am Gesellschaftskapital halten. Wie viele von ihnen nun mitziehen, ist auch für Insider schwierig abzuschätzen. Nach den Erfahrungen der letzten Kapitalerhöhungen wird aber davon ausgegangen, dass die Kleinaktionäre immer mehr an Gewicht verlieren und zumindest die Senfter Holding ihren Anteil in jedem Fall weiter ausbauen wird.

 

Drei Zinnen - Dolomites

Damit wird der Speckkönig auch auf dem Papier immer deutlicher zum großen Wortführer im Hochpustertaler Skigebiet. Dass er dort ohnehin macht, was er will, beweist auch der neue Auftritt des Tals unter der neuen Marke „Drei Zinnen – Dolomites“. Vor knapp einem Monat wurde die neue Destinationsmarke für Toblach, Innichen, Sexten, Prags und Niederdorf rund 250 Zuhörern aus der Tourismuswirtschaft in Toblach vorgestellt. Und zwar nicht etwa von den Verantwortlichen der Tourismusverbandes, sondern von niemand geringerem als dem langjährigen Direktor des vormaligen Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG) Christoph Engl. Der ist mittlerweile Teilhaber des Nürnberger Markenspezialisten Brand Trust und Autor eines aktuell im Verlag UVK erschienenen Sachbuchs mit dem „Destination Branding“. „Die Geografie ist überschätzt, erst eine Marke verleiht einer Region oder einer Stadt Bedeutung“, erklärte der wortgewandte Manager in dieser Woche im Mittagsmagazin von RAI Südtirol.

Grund genug für die vormalige Sextner Dolomiten AG und ihren Präsidenten Franz Senfter den Ex-SMG-Chef einzukaufen, um ihr Skigebiet zur Marke werden zu lassen. „3 Zinnen Dolomites“ heißt das Ergebnis. Ein „seetaugliches und sturmfestes Schiff“, „ein Dampfer, der mit heute in See  gestochen ist und dessen Fahrt nur schwerlich zu stoppen sein wird, vorausgesetzt die Besatzung macht ihre Hausaufgaben“, beschrieb der Meister selbst sein Werk bei der Vorstellung in Toblach.  In den Genuss der Engelschen Rhetorik kamen dort nicht nur die Tourismustreibenden der Region, sondern auch Landeshauptmann und Tourismuslandesrat Arno Kompatscher sowie die Führungsriege der IDM.  Und wie zumindest die Pustertaler Zeitung in einem ausführlichen wie scharfzüngigen Bericht über das Event berichtete, ernteten Franz Senfter und sein Berater von allen Seiten Applaus.  „IDM-Generaldirektor Hansjörg Prast beurteilte die Initiative insgesamt positiv, ihre Ziele stünden nicht im Widerspruch zu jener der IDM“, heißt es etwas in dem Bericht. Der Landeshauptmann, der bereits bei der großen Eröffnungsparty in Vierschach „Arm in Arm mit Franz Senfer zu den Klängen von Marc Pircher schunkelte“,  habe nicht nur seinen guten Draht zu Franz Senfter unterstrichen und dessen Leistungen und Einsatz gelobt. Auch die neue Marke bezeichnet Kompatscher laut Pustertaler Zeitung als „gediegenes Werkzeug für das Zusammenfinden einerseits und für eine starke Positionierung andererseits“.

Tatsächlich könnte die neue Standortmarke dazu beitragen, die beiden  Platzhirsche und alten Konkurrenten in der Region Sexten und Toblach zu mehr Zusammenarbeit zu zwingen. Das ist allerdings eines der wenigen positiven Argumente, die sich off the records über den Markenvorstoß der Drei Zinnen AG finden lassen. „Absurdes Theater“ oder „absoluter Wahnsinn“ sind weit häufiger verwendete Beschreibungen, die in- und außerhalb des Tals für die Entwicklungen im Oberpustertal gefunden werden. Doch so wie es in Innichen immer schwieriger wird, offen gegen den Dorfkaiser zu sprechen, haben auch die Tourismusvemarkter im Land Probleme angesichts der Edelung des Events durch den Landeshauptmann und den IDM-Geschäftsführer offen Kritik zu äußern.

"Mit dieser Marke wird alles lächerlich gemacht, was Christoph Engl selbst als SMG-Direktor aufgebaut hat"

Vor allem dort ist aber das Unverständnis über den Alleingang des Oberpustertals besonders groß. Immerhin versuchen Politik und IDM auch im Zuge der umstrittenen Tourismusreform alle Marktteilnehmer auf eine einheitliche Strategie unter der Südtiroler Dachmarke einzuschwören und Marken wie Alta Badia und Meraner Land abzuschaffen, um Südtirol stärker nach Themen und Erlebnisräumen zu vermarkten. Wie können Kompatscher und die IDM dann einem Unternehmer applaudieren, der eigenmächtig beschlossen hat, im Hochpustertal seine eigene Show abzuziehen, fragt man sich in der Branche. Und das mit einer Marke, die in mehrerlei Hinsicht zu den Auflagen und der Philosophie der Dachmarkenstrategie steht  und - als Gipfel der Ironie - ausgerechnet von jenem Mann entwickelt wurde, der die Dachmarke geboren hat. „Wäre Engl Geschäftsführer der IDM, er würde sagen, ihr seid verrück“, meint ein Marketingexperte. „Denn mit dieser Marke wird alles lächerlich gemacht, was er selbst als SMG-Direktor aufgebaut hat.“

 

Allen voran die oft beschworene Symbiose aus alpin und mediterran, wegen der man in der Tourismusvermarktung auch lange auf das eindeutig hochalpin besetzte Motiv der Drei Zinnen verzichtet hatte. Der Südtirolbezug wird nicht nur beim Logo selbst oder auf der Homepage des Tourismusverbandes Hochpustertals vernachlässigt, auf der die  Dachmarke entgegen den Vorschriften auf eine schlechter sichtbare Position verfrachtet wurde. Christoph Engl selbst machte bei der Präsentation auch klar, dass die neue Marke auch für die neuen Gebiete in Osttirol und Belluno mitkonzipiert worden sei. „Wir haben seit 10 Jahren Millionen an Steuergeld in diese Südtirol-Marke gesteckt und jetzt wird sie gekillt, indem inhouse Konkurrenz dazu gebaut wird – und das von Christoph Engl selbst“, kann so mancher Tourismusvermarkter nur den Kopf schütteln. Doch es ist eben eine Sache  SMG-Direktor und eine andere Franz Senfters Berater zu sein.