Cultura | Salto Afternoon

"Wie geht es Ihrem Stuhl?"

Gestern wurde beim Festival Transart „Pension Europa“ gezeigt. Feminine Blickwinkel auf Visionssuche.
Pension Europa 1
Foto: Felix Dietlinger

Unverschlüsselt und direkt
Es hatte etwas gedauert bis die Protagonistinnen von Pension Europa die Bühne betraten. Sie taten es ungezwungen und in Unterwäsche. Jene Zuschauer und Zuschauerinnen, die einen der begehrten Plätze in der Kellerbühne des Museions ergatterten, blieben für die nachfolgenden 70 Minuten auf ihren Stühlen gefangen, erlebten absurde und aufschlussreiche Einblicke in verschiedene feminine Weltsichten.
Das Stück hatte berührenden Bummelwitz und hätte wohl ohne Zweifel auch auf der einen oder anderen Dorfbühne des Landes viele Lacher im Saal. Es servierte unverschlüsselten Humor, direkt und schnörkellos, vom Muttermal im Intimbereich etwa, einer mitreißenden aber gefakten Mutter-Tochter-Schwestern-Geschichte, oder einer erotisch aufgeladenen Verliebtheit in einen Mitdreißiger-Ägypter, der lediglich als Urlaubsflirt seinen Reiz hat(te).

Gangart und Stuhlgang
Susanne Brandt, Aisha Eisa, Alev Irmak, Isabella Jeschke, Kirstin Schwab und Michaela Bilgeri performten als halbnackte Frauen in rasantem Tempo, veräppelten gleich zu Beginn die unnatürliche Gangart von Mode-Models, der für viele (wenig selbstbewusste) Frauen nachahmenswert erscheint. Warum auch immer.
Die Schauspielerinnen hinterfragten althergebrachte Frauenbilder, die sich über Jahrhunderte in die Köpfe eingenistet und festgemacht haben, wagten sich mutig, bissig und frivol von einer Episode zur nächsten. Dazwischen gab es Songs von Aisha Eisa.
Vulgär und anstößig wurde das Stück nicht einmal, als es um "Scheiße" ging. So perfomte eine Darstellerin wie sie Geld essen könnte, in einem performativen Akt verdauen und dann gekonnt ausscheiden könnte. Geld ist eben Scheiße, oder eben „Stuhl“, wie sich die Frauen obendrein über das schickere Wort für Scheiße lustig machten und auf einem Stuhl sitzend (hinter)fragten: Wie geht es Ihrem Stuhl?
Bei manchem ernsten Thema - man mochte es kaum glauben -, manövrierte sich das Ensemble sehr intelligent aus der Affäre, ohne zu platte Pointen, hingegen mit fein überlegten Übergängen.

Die halbnackten Tatsachen bei Pension Europa haben auch die Schülerinnen und Schüler der Transart-Vormittagsvorstellung begeistert.