Società | Exempel?

Mundtote Ärzte

Schon Andreas Fabi drohte Sabes-Angestellten, die öffentlich Kritik am Betrieb äußerten, mit Disziplinarmaßnahmen. Sein Nachfolger scheint nun ernst zu machen.

Er wollte vieles weiterführen, was sein Vorgänger angefangen hatte. Als Thomas Schael vor etwas mehr als einem halben Jahr den Posten als Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs von Andreas Fabi übernahm, wartete eine Menge Arbeit auf ihn: Gesundheits-, Informatik- und Verwaltungsreform stehen ganz oben auf der To-Do-Liste des neuen Generaldirektors. “Mein Ziel ist es, den Sanitätsbetrieb von Südtirol im italienischen und internationalen Vergleich an die erste Stelle zu bringen”, erklärte Schael bei seinem Amtsantritt am 12. Juni. Dabei gelte es, ein bereits “gut funktionierendes Gesundheitssystem” weiter zu entwickeln. Und die Methoden, die er auf dem Weg dorthin anwendet, unterscheiden sich wahrlich kaum von jenen seines Vorgängers Fabi. Zumindest was die Härte angeht, mit der die beiden die beim Sanitäsbetrieb Angestellten maßregeln.

Wenn wir mit seinem Namen spielen wollen, so steht der Anfangsbuchstabe S für Souveränität, Sachverstand und Sicherheit sowie für eine systematische und strukturierte Arbeitsweise. (Landesrätin Martha Stocker über Thomas Schael bei seinem Amtsantritt)


Maulkörbe der Generäle

Öffentliche mediale Kritik an der eigenen Person beziehungsweise des eigenen Vorgehens sah bereits Andreas Fabi nicht gern. Im Jänner 2014 verfasste er daher einen Brief, gerichtet an alle Mitarbeiter in Südtirols Krankenhäusern und der Sanitätsverwaltung. Darin verbot er diesen quasi, sich in der Öffentlichkeit kritisch über den Betrieb zu äußern. Andernfalls drohten Disziplinarmaßnahmen: “Zuerst eine mündliche Verwarnung, dann eine zeitlich begrenzte Gehaltsreduzierung”, bekräftigte Fabi kurz nach Bekanntwerden des Schreibens. Denn: “Es kann nicht angehen, dass Angestellte, Führungskräfte usw. in den Medien schlecht über den Betrieb reden.”

Wenn also schon Kritik, dann bitte nur intern. An diesem Credo hält auch Thomas Schael fest. Im Oktober adressierte er ein ähnliches Schreiben an die Sabes-Angestellten wie Fabi eineinhalb Jahre zuvor. War es den Mitarbeitern bis zu jenem Zeitpunkt “nur” verboten, sich an die Medien zu wenden, schob Schael der Kommunikation im Oktober einen weiteren Riegel vor. Ab sofort dürfen sich die Angestellten auch nicht mehr bei Gesundheitslandesrätin Martha Stocker oder bei Spitzenbeamten in ihrem Assessorat beschweren. “Ein Maulkorberlass wie es ihn im Sanitätsbetrieb noch nie gegeben hat”, meinte ein Primar damals. Dass Thomas Schael es durchaus ernst meint, unterstrich er dann Anfang November auf einem Ärztekongress. Er bat erneut darum, die Probleme nicht öffentlich in den Medien anzuprangern, sondern intern zu lösen. Offensichtlich hatten sich nicht alle Mitarbeiter an seine Weisungen gehalten.


Brisante Briefe

Und wie weit Schael bereit ist, in einem solchen Fall zu gehen, zeigt ein hoch aktuelles Beispiel. Wie die Tageszeitung am heutigen Mittwoch zu berichten weiß, hat der Generaldirektor ein Disziplinarverfahren gegen den Bozner Primar Reinhold Perkmann eingeleitet. Dieser hatte es “gewagt”, in einem Presse- und tags darauf in einem Fernsehinterview die Untätigkeit der Sabes-Verwaltung in Sachen Arbeitszeitenregelung der Ärzte anzuprangern. Darüber hinaus richtete Perkmann einen Brief an Sanitätsdirektion und Landesrätin (!), in dem er mitteilte, dass er ab Jänner in seiner Abteilung (Gefäß- und Thoraxchirurgie) gewisse Dienste aufgrund der neuen Regelung der Arbeitszeiten nur mehr eingeschränkt anbieten werden könne. Prompt folgte die Reaktion aus der Generaldirektion. Als Thomas Schael zu Ohren kommt, wem die kritische Stimme gehört, verfasst er seinerseits einen Brief.

“Sehr geehrter Herr Primar Dr. Perkmann, leider nahm die Betriebsdirektion davon Kenntnis, dass Sie ohne Rücksprache ein Schreiben am 18.12.2015 (…) direkt an die Landesrätin verschickt haben. Ich möchte Sie daran erinnern, dass dies die interne Regelung über die Korrespondenz (…) verbietet. Die Regelung besagt, dass es zu den Aufgaben des Generaldirektors gehört, Aufgaben, Prozesse und Abläufe zu verbessern. Dies beginnt auch bei zunächst unscheinbaren Dingen, die im Arbeitsalltag aber sehr häufig zu Missverständnissen, Verzögerungen und Doppelgleisigkeiten führen. (…) In Zukunft werden Schreiben an das Assessorat für Gesundheit nur noch von der Betriebsdirektion (Generaldirektor, Sanitätsdirektor, Pflegedirektor, Verwaltungsdirektor) und/oder der Bezirksdirektorin/den Bezirksdirektoren verschickt. (…) Die Betriebsdirektion erwartet sich die Einhaltung der vorgegebenen Regelung. Sollte ein Missverständnis vorliegen, so kann dieses sicherlich bei einem Gespräch geklärt werden.”

So heißt es in dem Schreiben, das der Tageszeitung vorliegt und vor fünf Tagen bei Reinhold Perkmann eintrudelte.

Man könnte den Eindruck gewinnen, es handle sich um eine Abmahnung und die Geschichte endet hier. Doch der versöhnliche Ton, den Schael gegen Ende des Briefs einschlägt, täuscht. Denn drei Tage später, am 21. Dezember, flattert Reinhold Perkmann ein weiteres Schreiben auf den Tisch. Dieses Mal vom Verantwortlichen des innerbetrieblichen Schiedsgerichts (Monokratisches Disziplinarorgan) Enrico Wegher. Darin wird Perkmann mitgeteilt, dass gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Man gibt dem Primar 15 Tage Zeit, um eine Gegendarstellung vorzubringen. Und lädt ihn für 8. Jänner 2016 in das Büro des Verwaltungsleiters im Krankenhaus Bozen. Als Strafe könnte Perkmann die bereits von Fabi angedrohte zeitweise Gehaltskürzung drohen – um bis zu 25 Prozent. Falls diese wirklich verhängt werden sollte, wäre es ein wahres Exempel, das hier statuiert wird.

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Sepp.Bacher Mer, 12/23/2015 - 11:40

Ja wenn man den Spitzenmanagern so viel Geld und Macht gibt, dann ist es möglich, dass er sich als ein kleiner Diktator fühlt und auch so agiert. Andererseits wollen sich die "Götter in Weiß" mit eben soviel Geld und Verantwortung auch nichts diktieren lassen. Ein Betrieb ist halt keine Demokratie, außer es gibt einen partizipativen Führungsstil. Einen solchen würde man sich erwarten in einem Betrieb wo so viele hochqualifizierte Verantwortungsträger zu koordinieren sind.

Mer, 12/23/2015 - 11:40 Collegamento permanente