Società | Schicksal

Weihnachten im schiefen Haus

Bereits das dritte Mal feiert eine fünfköpfige Familie in Wengen ihr Weihnachtsfest in einem unbewohnbaren Haus. Eine Geschichte des Alleingelassenwerdens.
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Foto: Framepool

Es gibt jede Menge Gründe, warum dieser 24. Dezember für viele Menschen kein Fest der Freude ist. Das können die Trauer um einen geliebten Menschen oder familiäre Probleme und Krankheiten sein, die an diesem besonderen Tag im Jahr noch schmerzlicher spürbar sind. Das ist immer öfter Armut und Not, von Menschen auf der Flucht, von Menschen, die es nicht geschafft haben, sich ein komfortables Plätzchen auf dieser Welt einzurichten, die nicht einmal ein eigenes Dach über dem Kopf haben. Und dann gibt es auch noch Fälle wie jenen der Familie Ploner aus dem Gadertaler La Val oder Wengen, die sogar zwei Dächer über dem Kopf hat – und dennoch bereits das dritte Mal mit Wehmut auf den Heiligen Abend zugeht. „Unser kleine Tochter sagt, das ist kein Weihnachten mehr“, erzählt Marlies Ploner. „Denn es ist nichts mehr wie früher.“

Früher – das war, bevor das stattliche Haus in Hanglage, das noch die Schwiegereltern vor rund 50 Jahren gebaut hatten, um 14 Zentimeter abgesackt ist. Früher, das war eine Zeit, in der die Familie mit drei Kindern nicht Nacht für Nacht in eine kleine Wohnung im Dorf übersiedeln musste, um wenigstens in Sicherheit schlafen zu können. Denn ihr Haus ist seit Dezember 2013 offiziell als unbewohnbar erklärt. Der Albtraum, in dem die Familie seitdem lebt, begann jedoch bereits mehr als ein Jahr davor. Damals zeigten sich infolge der Erdausgrabungsarbeiten für eine unmittelbar angrenzende, neu ausgewiesene Wohnbauzone erste Risse in den Wänden des mehrstöckigen Wohnhauses. Die Familie schlägt Alarm, doch Gehör findet sie nirgends. „Der frühere Bürgermeister hat gemeint, das müsst ihr erst einmal beweisen, dass das mit den Arbeiten in Zusammengang steht“, erzählt Marlies Ploner.

Ungehörte Hilferufe

Doch auch beim Land stoßen die Ploners anfangs auf taube Ohren. „Wir haben bei den zuständigen Stellen angerufen, um zu fragen, was wir tun sollen und ob uns jemand hilft – doch gekommen ist niemand“, so Marlies Ploner. Einzig ein früherer Gemeinderat versucht die Familie ohne viel Erfolg zu unterstützen. Langsam in Bewegung kommt die Sache erst, als sich auch das Haus der Familie so bewegt, dass kein Wegschauen mehr möglich ist. Als in der Wohnbauzone das dritte Haus gebaut wird, führen die Grabungsarbeiten zu einem drastischen Absacken ihres Wohnhauses, erzählt die Frau. Die Familie ruft die Carabinieri zu Hilfe, die das Haus gleich sperren wollen. Doch Ex-Bürgermeister Franz Complojer stellte sich laut Ploner quer. „Er hat gemeint, das geht nicht, sonst könnten sie nicht mehr weiterbauen“, sagt sie. „Dem war die neue Wohnbauzone wichtiger als die Frage, ob eine Familie unter ein Haus kommt.“

Neun neue Häuser stehen heute dort, wo laut den mittlerweile vorliegenden geologischen Gutachten gar nicht gebaut hätte werden dürfen. Das Haus der Familie Ploner dagegen ist nach mehr als fünf Jahrzehnten eine Baracke, von der niemand genau vorhersagen kann, ob sie eine Tages in sich zusammensacken wird oder nun so stehen bleibt, sagt Marlies Ploner. Von außen ist das Ausmaß der Schäden nicht einmal annähernd erkennbar.  Im Inneren zeigen dagegen nicht nur tiefe Risse in vielen Wänden, sondern auch Fenster und Türen, wie sich das ganze Haus durch das Absinken verzogen hat. „Die Fenster auf der Südseite können wir noch öffnen, auf der Ost- und Westseite gehen sie dagegen nicht mehr auf“, erzählt Ploner. Die Zimmertüren mussten von ihrem Mann in den vergangenen Jahren immer wieder zurechtgeschnitten werden, um sie überhaupt schließen zu können.  Zentimeterdicke Risse und Spalten klaffen zwischen Böden und Wänden, Türen und Türstöcken oder einzelnen Fließen. An vielen Stellen wurde mit Schaum oder Scotch versucht, das Gröbste zu flicken und vor allem die Zugluft ein wenig einzudämmen, „Wenn der Wind geht, bläst es durch das ganze Haus“, so die Hausherrin.

Totalschaden ohne Schadenersatz

Fünf Jahre sind vergangen, seit die Familie die ersten Risse in ihrem Haus entdeckte. Seit drei Jahren pendelt sie Abend für Abend von ihrer „Baracke“ in eine kleine Wohnung, die ihnen von einer Nachbarin zur Verfügung gestellt wurde. Zu klein, um für fünf Personen, die ein geräumiges Haus gewohnt sind, ein Zuhause zu werden. Doch schlafen dürfen und wollten sie nicht einmal in ihrem alten Zuhause, in dem immer wieder beunruhigende Geräusche zu hören sind, sagt Marlies Ploner. Ein Haus, für das niemand mehr Garantien abgibt, weil die einzige sichere Lösung ein Abriss ist. Ein Totalschaden, für den die Familie bis heute dennoch keinerlei Form von Schadenersatz gesehen hat. „Mittlerweile haben wir auch von der Provinz die Zusicherung, dass die Gemeinde an den Schäden die Schuld trägt“, so Ploner. „Doch bisher zahlt die Versicherung nicht, weil jeder die Schuld auf jemand anderen schiebt.“

Direkt neben ihrem unbewohnbaren Haus wäre noch ein Stück Grund für ein neues Zuhause frei. Doch die Verhandlungen zwischen Sachverständigen, Versicherung, Gemeindevertretern und dem Anwalt der Familie ziehen sich immer weiter in die Länge. Solange die Versicherung nicht zahlt, muss die Familie weiterhin zwischen  zwei Häusern pendeln, die beide kein Zuhause sind. „Das Ganze belastet auch unsere Familie gewaltig“, sagt die dreifache Mutter. „Ein Sohn will immer in das Haus zurück, der andere nicht, und meine kleine Tochter und ich haben vor allem Angst.“ Besonders jetzt im Winter fürchtet sich Marlies Ploner. „Ich habe schon gesagt, wenn der Schnee kommt, gehe ich in diesem Jahr auch tagsüber nicht mehr in das Haus.“

Die Bescherung feiern sie heute dennoch in ihrem alten und schiefen Zuhause – um sich danach wieder anzuziehen, und zu ihrem Nachtquartier zu pilgern. „Die Krippe haben wir in der Wohnung, den Weihnachtsbaum im Haus“, sagt Marlies Ploner. Früher war das alles anders. Was bleibt, ist die Erinnerung daran – und die Hoffnung, dass es morgen auch wieder besser sein wird. 

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JOHANN RUBATSCHER Sab, 12/24/2016 - 15:09

Liebe Susanne Pitro,
als Gemeinderefertent von Wengen kann ich diesen Ihren Artikel nicht so einfach hinnehmen. Wie gesagt, bin ich seit der letzten Wahl, in die Gemeindestube von Wengen gewählt worden. Wir Referenten und in erster Hand unser Bürgermeister haben ein schweres Erbe übernommen: durch mehre unglückliche Umstände, hat sich diese Tragödie für Familie Ploner ergeben. Kann aber behaupten, dass wir als neugewählte Vertreter der kleinen Gemeinde Wengen, kaum einmal in einer Sitzung des Ausschusses nicht darüber gesprochen haben; wir können als zu gut nachvollziehen, wie es Familie Ploner ergeht. Wir haben der Familie eine gratis-Wohnung zur Verfügung gestellt, auch wenn dies nicht das eigene Haus ist..ist trotzdem etwas........Da dieser Fall so verzwickt is (ich meine juristisch)t, haben wir unser Möglichstes getan, Kontakte zur Provinz und allen Ämtern, welche uns irgendwie hätten weiterhelfen können, aufgebaut und versucht eine Lösung zu finden.
Haben dann im Oktober 2016 endlich von unserer Versicherung, nachdem wir von dieser in Mailand empfangen wurden, einen Hoffnungsschimmer erhalten; diese wäre nun bereit, so scheint es, für den Schaden aufzukommen und eine bestimmte (schöne) - in der Höhe unserer Schätzung) Summe zu zahlen, vorausgesetzt, dass Familie Ploner einen Antrag um Auszahlung stellt. Bis zum heutigen Tag hat Familie Ploner dies nicht getan, obwohl diese uns einige Male angesprochen haben..

Auch Ihnen, Frau Pitro, stehen wir für wahrheitsgetreue Informationen bereit.
Liebe Grüsse aus Wengen

Sab, 12/24/2016 - 15:09 Collegamento permanente