Ambiente | VinschgerWind

Das Wasserwosser

Die Waale werden ab 1. Mai unter neuer Flagge in die traditionelle „Road“ eingeteilt und das Bewässerungssystem könnte schon bald immaterielles Weltkulturerbe werden.
Waale
Foto: Othmar Seehauser
Die Waale im Oberen Vinschgau, auf den „Multn“, werden ab heuer unter neuer Flagge stehen. In Burgeis ist ein Bodenverbesserungskonsortium gegründet worden, welches die Betreuung der traditionellen Bewässerung übernehmen wird. Die Vorzeichen für den Erhalt der Waale, für die Bodenbewässerung über Kandl und Ilzn stehen bestens. Rund 400 Hektar werden vom Nuiwaal, vom Töschgwaal, vom Larginwaal und vom Margrinswaal bewässert.
Die Diskussion über eine Neuorientierung der Waalpflege hat im Frühjahr 2019 begonnen. Das sagen der Obmann des Ortsbauernbundes Burgeis Urban Telser und der langjährige Obmann der Sennereigenossenschaft Burgeis, Peter Moriggl im Gespräch mit dem Vinschgerwind. 
Es hat früher eine Interessentschaft Largin-&Töschgwaal gegeben, mit gewähltem Komitee und Obmann. Lorenz Pobitzer und Florian Punt sen., beide verstorben, haben dann die Waale in der harten Beregnungsdiskussion betreut. Danach sind die Waale von der Ortsgruppe Burgeis im Bauernbund mit Werner Baldauf als Obmann und dann von Gregor Moriggl als Ansprechpartner dem Land gegenüber betreut worden.  
Früher hat der Waaler die „Road“ geboten, seit Jahren ist diese in der Sennerei Burgeis aufgeschlagen.
 
 
 
Es gibt für die vier Waale zwei Fassungen: Eine direkt am Damm des Haidersees. Das Wasserwossr wird derzeit in einem hölzernen Kandl vom See abtransportiert und teilt sich dann in Nuiwaal und Töschgwaal. Eine zweite Fassung ist an der jungen Etsch und dieser Waal teilt sich dann in den Largin- und in den Margrinswaal.
 

Neuorentierung

 
Eine Neuorientierung für die Waale ist aus verschiedenen Gründen höchst notwendig, eine davon ist, dass im Zuge des Wassernutzungsplanes das Amt für Gewässernutzung für die Waale Wassermessungen vorschreiben möchte und damit die Waale den Wasserableitungen für die Stromerzeugung gleichsetzen möchte. Und auf dieses abgezählte Wasser wären dann entsprechende Gebühren an das Land fällig. Eine auf die traditionelle Bewässerung auf der Malser Haide höchst umstrittene und diskutable Situation.
 
 
 
Nach Einholung von Informationen im Amt für ländliches Bauwesen konnte beim zuständigen Amtsdirektor Claudio Sordini mit Hinweis auf die Besonderheiten der Waale auf der Malser Haide bewirkt werden, dass ein „Bodenverbesserungskonsortium“ gegründet werden kann. Bei den Besprechungen mit dabei war neben Peter Moriggl und Michael Spechtenhauser auch der Vertreter der Fraktion Burgeis Hansjörg Bernhart.
Der Hauptteil der Waale sind jeweils eigene Grundparzellen. Haupteigentümerin der Grundparzellen, auf denen die Waale verlaufen, ist die Fraktion Burgeis.
Ganz einfach war die Gründung des Bodenverbesserungskosortiums nicht. Denn auf der rund 400 Hektar großen mittels Waale bewässerten Fläche gibt es rund 1200 Grundparzellen mit 354 Grundeigentümern. Den Gründungsantrag hat Peter Moriggl gestellt und die Gründungsversammlung konnte aufgrund der Corona-Situation erst am 27. Oktober 2021 abgehalten werden. Voraussetzung einer effektiven Gründung war die Zustimmung von rund einem Viertel der Fläche von den jeweiligen Grundbesitzern. Im Kulturhaus von Burgeis war der Saal voll besetzt und nach einer Präsentation von Michael Spechtenhauser konnte die Gründung besiegelt werden.
Mit einem 7-köpfigen aus der Vollversammlung gewählten Delegiertenrat, in dem Peter Moriggl (Tenz) als Obmann und Urban Telser (Senzele) als Obmannstellvertreter gewählt wurden, steht das vorgeschriebene Verwaltungsorgan. Neben Obmann und Obmannstellvertreter sind Engl Patscheider (Gruber Engl), Evi Fabi (Kommandantin der FF Burgeis), Gregor Moriggl (Lenza-Gregor), Lukas Pobitzer (Flirele) und Arno Zwick im Verwaltungsrat. Als Rechnungsprüfer sind Michael Spechtenhauser (Schmiedschuster), Karl Wegmann (Becka-Kari) und Benedikt Jörg (Peerl) ernannt.
 

Handlungsfähig

 
Das Bodenverbesserungskonsortium ist operativ und handlungsfähig. Die Ansuchen, dass die beiden Konzessionen für die Waale auf das Bodenverbesserungskonsortium überschrieben werden, sind am Laufen und ein Abschluss der Übertragung wird in Burgeis demnächst erwartet.
 
 
 
Ebenfalls wird man demnächst ein Ansuchen an die Fraktion Burgeis stellen, um die Bewässerung, die Instandhaltung, möglicherweise auch die Haftpflichtversicherungen und die Organisation an den Waalen auf das Konsortium zu übertragen.
Die Vegetationsperiode beginnt am 1. Mai. Bis dahin sollen alle bürokratischen Hürden genommen sein, um das Wasser in den Waalen unter neuer Flagge fließen lassen zu können. Bewässerungsbetreiber wird dann ab 1. Mai das Bodenverbesserungskonsortium sein. 
„Die Waale sind unsere Lebensadern“, sagen Moriggl und Telser. Ohne Wasser, keine Landwirtschaft. Das gilt für alle landwirtschaftlich genutzten Flächen. Der Modus der Bewässerung macht den Unterschied. Nicht nur in der Bewässerungsform, sondern vor allem auch in der Anbauform. Von daher wird das Engagement der Burgeiser verständlich: Die Burgeiser haben eine eigene Sennereigenossenschaft mit weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte und beliebte Käsesorten. Und Bauern mit klarer Perspektive siedeln aus dem Dorf in moderne, großzügige, dem Tierwohl entsprechende Ställe an den Dorfrand.
 

Unterstützung

 
Von einer ganz anderen Seite bekommen die Waale Unterstützung: Der Heimatpflegeverband Südtirol ist Trägerorganisation für eine Eintragung der Waale als immaterielles Weltkulturerbe bei der UNESCO. Ein Dossier ist verfasst und laut dem Obmann des Heimatpflegevereins Mals Roland Peer ist die Eintragung ins nationale Register bereits erfolgt. 
Die vier Waale im Obervinschgau und das traditionelle Bewässerungssystem reiht sich in eine europäische Initiative von Österreich über die Schweiz nach Deutschland (insgesamt 7 Nationen), zur Aufnahme „traditioneller Bewässerung“ in die „Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit“. Die Projektleitung des Antragsverfahrens liegt bei der Österreichischen Nationalen UNESCO-Kommission, die als „lead nation“ für das multinationale Projekt amtet, die Unterlagen vervollständigt und nach letzten Prüfungen Ende März 2022 bei der UNESCO einreichen wird. Ein Entscheid ist im Laufe des Jahres 2023-2024 zu erwarten.
 
 
 
Der Start des Unterfanges geht auf den Juli 2019 zurück. Gerhard Kapeller aus Taufers hat den Kontakt zwischen dem Heimatpflegeverein Mals um Roland Peer und den Geschäftsleiter der Stiftung Landschaft Schweiz, Raimund Rodewald, angebahnt. Rodewald hat im Vinschgau Kontakte gesucht, die Interesse für die Aufnahme der traditionellen Bewässerung in die repräsentative Liste der immateriellen Kulturgüter unterstützen. 
Roland Peer und Joachim Winkler haben die Initiative ergriffen und auch beim damaligen Malser BM Ulrich Veith vorgesprochen und volle Unterstützung erhalten. Weil das Unterfangen den lokalen Heimatpflegern eine Nummer zu groß war, hat man über den Heimatpflege-Bezirksobmann Franz Fliri den Heimatpflegeverband mit Zentrale in Bozen eingeschaltet. Der dortige Verantwortliche Florian Trojer hat dann auch Vertreter der IDM eingeschaltet. Der Kreis wurde erweitert, der SBB Bezirksobmann Raimund Prugger und Experten wurden hinzugerufen. Roland Peer hat dann vom Burgeiser Bauernbundobmann Urban Telser informelle Bereitschaft signalisiert bekommen.
 
 
 
Im November 2021 kam es zu einem großen Workshop in Zams. „Rund 35 Vertreter der sieben beteiligten Staaten Europas nahmen unter Leitung der Österreichischen UNESCO-Kommission an der Fachveranstaltung teil, die vom 8.-11. Oktober 2021 in Zams, Tirol, stattfand,“ heißt es in einer Mitteilung der Uni Bern. Auch Vertreter aus dem Obervinschgau waren dabei.
So haben der Heimatpflegeverband Südtirol mit Unterstützung des Bauernbund-Ortsobmannes Urban Telser, dem Bauern Peter Moriggl, dem Heimatpflegeverein  und der Gemeinde Mals die Kandidatur für die Eintragung in das italienische Register verfasst.
Telser und Moriggl sehen in der Bewerbung und, wenn die Eintragung erfolgt ist, im immateriellen Weltkulturerbe der Menschheit große Chancen für die Waale im Obervinschgau. Sei es bei einzureichenden Projekten für finanzielle Zuwendungen, sei es wegen des erhofften großen Werbeeffektes für die erzeugten Milchprodukte auch für den Tourismus. 

 

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Sebastian Felderer Gio, 02/24/2022 - 12:55

Ich wundere mich, dass es für die Waale ein neues Bodenverbesserungskonsortium braucht, wo doch schon das BVK Oberes Vinschgau seit knapp 50 Jahren besteht und das Gebiet fast zur Gänze abdeckt. Aber die UNESCO ist der eigentliche Schub, nicht der Wille und die Einsicht zur Erhaltung der Kulturlandschaft. Auch nicht der Einsatz für eine zukunftsorientierte Landwirtschaft im Oberen Vinschgau. Hier prallen zwei Welten aufeinander, jene des Tourismus und der Landwirtschaft. Anstatt sich zu ergänzen, werden sie gegeneinander ausgespielt. Welchen Sommerstourismus würde es im Oberland geben, ohne Landwirtschaft? Warum wird auf den Multen, wo es keine Waale gibt und kein "Wasserwosser" zur Verfügung steht, die längst fällige Beregnungsanlage nicht? Sechs Millionen Betriebsausfall für Schöneben ja, aber keinen Cent für die Beregnung. Hier kann mich auch eine UNESCO nicht trösten. Umso mehr, als ich weiß, dass heute kein Landwirt mehr Lust hat, die Wasserstiefel anzuziehen. Jedenfalls war dies das Argument für den Ausverkauf der Wasserrechte im Beregnungsgebiet Malser Heide. Ich lass mich gerne vom Gegenteil überzeugen. Und noch ein Problem: Wenn die Alperia das Messgerät für die zwei Sekundenliter-Konzession bei den Waalen ansetzt, dann könnte es mager werden für das "Wasserwosser", dann wird man wohl eher Futter zukaufen mit den UNESCO-Geldern.

Gio, 02/24/2022 - 12:55 Collegamento permanente