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Wolf im Visier

Mögen die Südtiroler den Wolf? Und was wissen sie überhaupt über das Tier? Die EURAC will das herausfinden – und den Potentialen der Rückkehr des Wolfes nachspüren.
Wolf
Foto: Pixabay

Der Wolf hält nicht nur die Landtags-Wahlkämpfer auf Trab, sondern beschäftigt im Jahr 2018 auch die Wissenschaft. Während Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler noch auf die endgültige Auszählung seiner “Wolfs-Petition” wartet – es dürften an die 50.000 Unterschriften zusammengekommen sein –, ist an der EURAC eine groß angelegte Studie gestartet worden. Die Forscher der Europäischen Akademie wollen herausfinden: Wie steht die Lokalbevölkerung zum Wolf? Wie beeinflusst die Rückkehr des Raubtieres die Entscheidungen von Landwirtschaft, Politik und Tourismus? Und vor allem: Welches Chancen, sozialer und wirtschaftlicher Art, birgt die Präsenz des Wolfes neben dem allgemein bekannten Konfliktpotential?
Um diese Fragen zu beantworten, bitten die EURAC-Wissenschaftler um die Mithilfe der Bevölkerung – über einen Online-Fragebogen.

Es ist eine Premiere für Andrea Omizzolo und Julia Stauder. Die beiden Forscher am Institut für Regionalentwicklung sind die ersten, die wissenschaftliche Daten zum Wolf in Südtirol und dem Trentino sammeln. Die gibt es bislang nämlich nicht. Die “Wolf Survey 2018” soll Abhilfe schaffen.

Der Wolf war in Südtirol lange Zeit heimisch gewesen – wie in anderen Berggebieten in ganz Europa auch. Im 19. und 20. Jahrhundert waren die Tiere vom Aussterben bedroht, “in den 1970er Jahren gab es in Italien weniger als hundert Exemplare”, zeigt Omizzolo auf. Doch der Trend hat sich gedreht: “Nach über hundert Jahren Abwesenheit sind die Wölfe seit einigen Jahren in einige Gebiete der Region zurückgekehrt – wie im restlichen Italien auch.”

Die spontane Rückkehr des Wolfes und seine ökologischen Bedürfnisse hätten allerdings zu Konflikten geführt: Vor allem wirtschaftliche Aktivitäten – Landwirtschaft, Weidewirtschaft, Viehzucht und Tourismus – sind betroffen. “Aber wie steht es um das Wissen über Wölfe?”, fragen sich Omizzolo und sein Team. Wie nehmen Touristen, Tourismustreibende und die ansässige Bevölkerung den Wolf wahr? Wie stehen diese Gruppen zur Rückkehr des Wolfes?

Um das herauszufinden, wurde an der EURAC vor Kurzem eine Online-Umfrage gestartet. Die Wissenschaftler wenden sich an die Ansässigen der Provinzen Bozen und Trient, an (Land-)Wirtschafts- und Tourismustreibende und an Touristen, die die Region besuchen. “Die Studie soll ein repräsentatives Bild zu Meinungen, Wissensstand und Einstellungen zum Wolf auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen zeichnen”, heißt es aus der EURAC. Unter anderem will man herausfinden, ob und wie der Wolf den lokalen Tourismus beeinflusst und welche die konkreten Probleme und Konfliktpunkte sind – um dann “das Management und die Akzeptanz dieser Tierart zu verbessern”. Darüber hinaus sollen neue Geschäftsmöglichkeiten im touristischen Bereich bewertet – im Trentino etwa gibt es Wolf-Watching-Touren im Grenzgebiet zum Veneto – und ein wissenschaftlicher Bericht veröffentlicht werden, “der als Grundlage für künftige Studien hierzulande und in anderen Regionen dienen soll”, so die Forscher.

Nach der Haupt-Zielsetzung der Studie gefragt, meint Andrea Omizzolo: “Wir wollen eine wissenschaftliche Grundlage für korrekte Information und bewusste Entscheidungen in Sachen Wolf liefern.”
Noch bis Ende Juni 2018 ist es möglich, den Online-Fragebogen auszufüllen. Er steht in deutscher und italienischer Frage auf der Webseite der EURAC zur Verfügung. “Bislang (Freitag Mittag, Anm.d.Red.) haben knapp 1.500 Personen an der Umfrage teilgenommen”, verrät Omizzolo. Derzeit sind er und sein Team dabei, Gemeindeverwaltungen und Interessensverbände zu kontaktieren.