Cultura | Interview

Endlich wieder Zugluft!

Am kommenden Wochenende gibt es nach zwei Jahren Corona-Pause endlich wieder das Musikfestival Zugluft des Haus der Solidarität in Brixen.
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Foto: (c) Haus der Solidarität

Artikel von Jenny Cazzola

 

Toni Russo ist Präsident des Vereins Zugluft, der das Zugluftfest des Haus der Solidarität in Milland organisiert. Am kommenden Wochenende, dem 28. und 29. Mai 2022 geht nach zwei Jahren Corona-bedingter Pause endlich die 17. Edition des über die Grenzen Südtirols hinaus bekannten Open Airs über die Bühne. Ein Interview.

Salto.bz: Sehr geehrter Herr Russo, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview nehmen. Erzählen Sie uns etwas über die Geschichte des Festivals!

Toni Russo: Sehr gerne! Ich freue mich über das Interesse am Zugluftfest. Wir gehen heuer ja schon in die 17. Ausgabe. Das Zugluftfest ist gemeinsam mit dem HdS entstanden, als Open Air Musikfestival. Damals war das sehr modern. Wir wurden aber auch sehr schnell bekannt, weil das Zugluft ein etwas anderes Festival ist. Ruhiger und auf Familien ausgelegt. Die ersten Ausgaben fanden noch am alten Sitz des HdS statt. Dann mussten wir für einige Jahre ins Lido von Brixen ausweichen. Mittlerweile findet das Zugluft wieder vor dem neuen Sitz des Haus der Solidarität statt. So ist auch der Bezug zum Haus selber stärker. Das finde ich gut, denn das Festival soll auch die Mission des HdS zeigen.

Salto.bz: Es ist das erste Zugluftfest nach zwei Jahren Corona-Pause. Wie ist es Ihnen bei der Organisation ergangen?

Russo: Wir hatten alle große Lust auf das Fest, aber auch Angst. Vieles hat sich in den letzten zwei Jahren verändert, auch die Regeln für die Organisation des Festivals. Die sind jetzt strenger, man muss auf noch mehr achtgeben als vorher schon. Das war eine Herausforderung für uns. Wir wollten den einzigartigen Charakter des Festes aber trotzdem erhalten.

Salto.bz: Sie haben die Herausforderungen ja bereits angesprochen. Was war heuer besonders schwierig?

Russo: Wir haben heuer später mit der Organisation angefangen, als sonst, weil wir lange nicht wussten, ob wir das Fest überhaupt machen können. Deshalb war es heuer sehr stressig, aber es schaut jetzt zum Glück gut aus (lacht). Auch die Koordination war heuer schwieriger. Durch Corona sind uns ganz viele Freiwillige und ehrenamtlich Helfende weggefallen, die jetzt anderswo eingespannt sind.

Salto.bz: So ein Festival zu organisieren klingt nach einer Menge Stress und Aufwand. Gibt es das Zugluftfest deshalb nur ein Mal im Jahr?

Russo: Ja, es ist viel Arbeit. Wir haben über 200 Menschen, die uns freiwillig helfen. Aber auch im HdS gibt es ein paar Mitarbeiterinnen, die das Fest heuer zum ersten Mal mitorganisiert haben. Sie waren ganz überrascht wie viel Bürokratie und Erfahrung es braucht, um so ein Festival auf die Beine zu stellen. Deshalb gibt es den Verein Zugluft, der sich autonom vom HdS um die Organisation kümmert.

Salto.bz: Sie haben die vielen ehrenamtlich Helfenden ja schon erwähnt: Warum lohnt es sich als Freiwillige beim Zugluftfest dabei zu sein?

Russo: Die Freiwilligenarbeit bringt Freude, Vernetzung, Genugtuung und ist sinnvoll. Viele der freiwilligen Helferinnen und Helfer sind Freunde von uns oder des Hauses der Solidarität. Die unterstützen das HdS nicht nur während des Festivals, sondern leisten das ganze Jahr über wichtige und wertvolle Arbeit. Und nach der langen und anstrengenden Corona-Zeit ist Feiern auch eine Art Medizin, die uns allen guttut, denke ich.

Salto.bz: Beteiligen sich auch die Bewohnerinnen und Bewohner des HdS an den Vorbereitungen für das Festival?

Russo: Ja und heuer haben wir sogar Glück, dass der Ramadan schon vorbei ist. Während des Ramadans dürfen Muslime nämlich untertags nicht feiern und nichts essen oder trinken. Das ist dann immer ein bisschen traurig. Denn die muslimischen Gäste helfen uns dann beim Aufbau und so, dürfen aber selber nicht mit uns feiern und bleiben im Haus. Zum Glück ist das heuer anders. Aber jedes Jahr gilt: Wer uns hilft das Fest vorzubereiten, bekommt kleine Privilegien und Vorteile im Haus, zum Beispiel einen kleinen Rabatt auf die Miete.

Salto.bz: Was ist denn das Besondere am Zugluft-Festival?

Russo: Die Musikqualität. Wir haben im Verein eine eigene Arbeitsgruppe, die sich nur mit der Auswahl der Musizierenden beschäftigt. Und die erstellt immer ein super Line-Up. Normalerweise spielen Bands aus aller Welt bei uns. Heuer haben wir aber mehr auf Regionalität geachtet. Die Bands spielen übrigens auch ehrenamtlich bei uns. Sie bekommen keine Gage, nur eine kleine Aufwandsentschädigung für die Fahrtspesen. Außerdem sind wir ein Green Event. Nachhaltigkeit ist für uns selbstverständlich. Wir verwenden kein Plastik. All unser Geschirr ist wiederverwendbar und auch beim Catering achten wir auf Qualität und regionale Produkte. Unser Publikum ist auch sehr regional, es stammt zu einem großen Teil aus Südtirol. In den letzten Jahren hatten wir aber auch Publikum aus Nordtirol und Trient und natürlich Touristen, die gerade im Land waren. Das Zugluftfest findet ja immer am letzten Wochenende im Mai statt. Da haben wir oft auch Konkurrenz von anderen, größeren Festivals. Aber wir halten trotzdem an dieser Tradition fest. Das Rahmenprogramm macht uns auch besonders. Es zieht viele Familien an, denn wir haben auch ein Kinderprogramm. Daneben gibt es Workshops zu verschiedenen Themen, wie Basteln, Kommunikation und Upcycling, verschiedene Möglichkeiten sich gegenseitig zu begegnen. Und am Sonntagvormittag findet ein Gottesdienst statt. Das alles macht das Zugluft-Festival schon sehr besonders.

Salto.bz: Beim ersten Punkt, den Sie angesprochen haben, möchte ich gerne einhaken: Wie kommt das besondere Line-Up des Festivals zustande?

Russo: Das Zugluftfest ist mittlerweile sehr bekannt, wir haben jedes Jahr über 2.000 Besuchende. Deshalb fragen uns viele Bands, ob sie bei uns spielen dürfen. Bereits im Juni kriegen wir oft Anfragen für das kommende Jahr. Auch von bekannten Musikagenturen bekommen wir Anfragen. Außerdem sind einige Mitglieder unserer Arbeitsgruppe selber Profi-Musiker und gut vernetzt. Die Arbeitsgruppe wählen die Musiker und Bands aus oder laden sie ein. Die Bands freuen sich und einige haben schon mehrmals bei uns gespielt. Denn auch, wenn wir den Musizierenden keine Gage auszahlen können, werden sie bei uns sehr menschlich behandelt. Sie bekommen bei uns Verpflegung und auch eine Unterkunft, falls sie von weiter weg kommen. Auch für die Musizierenden ist das Zugluftfest eine Chance der Begegnung.

Salto.bz: Das Zugluftfest dient ja auch dazu Spenden zu sammeln. Wozu werden diese verwendet?

Russo: Leider werden die Spenden immer weniger, auch für uns steigen die Kosten. Finanziell rentiert sich das Festival aber trotzdem. Das Zugluft ist ein Benefizfest, das Spenden für das HdS sammelt. Sämtliche Spenden fließen in die Arbeit des HdS und werden sehr gut verwaltet. Wir haben keine schwarzen Löcher in der Buchhaltung (lacht).

Salto.bz: Letzte Frage: Worauf freuen Sie sich heuer am meisten?

Russo: Die Leute haben heuer wieder richtig Lust auf das Zugluftfest und das freut mich. Und wie alle freue ich mich darauf, nach der Pandemie endlich wieder Leuten zu begegnen.