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So schön wird unser Strandurlaub 2020

So schön wird unser Strandurlaub in diesem Sommer! Ich habe einen Blick in die nahe Zukunft gewagt und herausgekommen ist eine nicht ganz ernste Dystopie.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
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Foto: Salto.bz

Heute ist ein schöner Tag. Heute haben wir einen Platz am Strand ergattert. Gestern mussten wir den ganzen Tag im Hotel verbringen. Da war der Strand schon voll und mit den langen Schlangen vor den Geschäften hat uns ein Einkaufsbummel in der Stadt nicht so recht Spaß machen wollen. Beim Museum haben wir es gar nicht erst versucht. Man weiß ja, dass die wenigen Eintrittskarten, die sie am Tag ausgeben dürfen, immer schon nach fünf  Minuten vergriffen sind. Da sind wir den ganzen Tag im Hotelzimmer geblieben. Wir kommen ja mittlerweile auf engem Raum ganz gut miteinander zurecht, meine Frau, unser kleiner Sohn und ich.

Aber heute ist ein schöner Tag. Heute haben wir einen Platz am Strand ergattert. Es ist ein begehrter Platz, ganz nahe am Meer. Wir kontrollieren noch einmal die Abstände. Fünf Meter zu jedem anderen Handtuch. Eigentlich ganz schön wenn es nicht so überfüllt ist, denke ich. Nur schade, dass dadurch immer so viele leer ausgehen. Während wir unsere Sachen auspacken, begrüßt uns eine Streife der Carabinieri freundlich. Davon gibt es hier jetzt viele. Sie kontrollieren die Einhaltung aller Regeln. Zu unserer Sicherheit natürlich. 

Meine Frau ist unterdessen zur Ausgabestelle für die Wasser-Tickets gegangen. Im Wasser dürfen sich immer nur maximal zwei Personen pro sechs Quadratmeter aufhalten, deshalb ist der Zugang streng geregelt. In zweieinhalb Stunden sind wir dran, für jeweils 15 Minuten, einzeln natürlich. 

Bis dahin entspannen wir uns erst einmal. Wir sind schließlich am Meer. Es ist warm geworden. Nein heiß. 32 Grad im Schatten. Unter den Atemschutzmasken bekommt man jetzt schon kaum noch Luft, unsere Hände schwitzen in den Hygiene-Handschuhen. Später am Nachmittag wird es wohl noch schlimmer werden. Aber davon lassen wir uns jetzt nicht die Urlaubslaune verderben. 

“Lass uns doch in der Bar ein kühles Bier trinken!”, schlägt meine Frau vor. “Was?”, antworte ich mit verzogener Miene und verstehe mich selbst kaum, weil gerade einer der Überwachungshubschrauber mit ungeheuerem Lärm über unsere Köpfe hinweg donnert. Die sollen hier heimliche Strandpartys aufspüren. Zu unserer Sicherheit natürlich. Ich hoffe, sie finden bald eine, denn der Lärm ist schon etwas belastend. 

In der Bar setzen wir uns in einer der Plexiglas-Kabinen an den Tisch. Der Kellner tut mir leid. Er trägt praktisch einen kompletten Seuchenschutzanzug. Na ja, nicht wirklich. Aber es fällt ihm sichtlich schwer, in diesem Aufzug seiner Arbeit nachzugehen. Er bemüht sich freundlich zu bleiben. Ich glaube, unter seiner Maske lächelt er uns an. Wir lassen uns das Bier schmecken und geben ihm ein gutes Trinkgeld. 

Als wir zurück auf unserem Strandtuch sitzen, kommt die Carrabinieri-Streife wieder vorbei. Wir machen ja alles richtig, denke ich bei mir als sie ein Stück weiter unten am Strand eine ältere Dame auffordern, ihre Maske bis über die Nase zu ziehen. Es ist ja alles zu unserer Sicherheit. “Heute ist ein schöner Tag.”, sage ich zu meiner Frau, aber noch bevor ich den Satz beenden kann, passiert, plötzlich das, was nicht passieren darf. Unser Sohn hat bei der Nachbarsfamilie gesehen, wie dort ein kleiner Junge eine Sandburg gebaut hat und ist zu ihm hinübergegangen, um mitzuspielen. Der Schreck fährt mir in alle Knochen, als ich sehe, wie er versucht seinen neuen Freund zu umarmen. Ich schaue zur Streife rüber. Der Carabiniere, der heute morgen noch so nett gegrüßt hat, starrt jetzt wutentbrannt zu uns rüber. Ich rufe unser Kind, aber es hilft nichts. Die Carabinieri stampfen in unsere Richtung durch den Sand. Ich weiß, man darf nicht, aber ich springe auf und renne zu den Nachbarn hinüber. Ich greife meinen Sohn und reiße ihn von der Sandburg weg, also wollte ich ihn von einem bissigen Hund trennen. Nun schreit er auf meinem Arm laut und hysterisch. Aber wegen des dröhnenden Wummerns eines weiteren Überwachungshubschraubers, der über uns hinweg fliegt, hört man sein Schreien gar nicht mehr. Plötzlich steht einer der Carabinieri direkt vor mir. Es ist der, der gerade so wütend geguckt hat. Jetzt schnauft und stöhnt er und stützt sich mit den Händen auf den Knien ab. Der Arme trägt ja auch eine Maske, aber eine von diesen dicken, durch die man schon unter normalen Umständen kaum atmen kann. Dazu die schwere Uniform. Es tut mir fast leid, dass er wegen mir durch die glühende Hitze den Strand hoch rennen musste. Als der Hubschrauber sich langsam von uns entfernt, höre ich, dass er mit mir redet. “Für heute belasse ich es noch bei einer Verwarnung.”, verstehe ich.  

Wir packen unsere Sachen und gehen zurück ins Hotelzimmer. Mittlerweile kommen wir ja auf engem Raum ganz gut miteinander zurecht.