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Pasticcio sudtirolese

Thomas Schael wehrt sich gegen die Änderung der Spielregeln bei der Ernennung des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Und er wird wohl Recht bekommen.
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Foto: Seehauserfoto

Das dreiseitige Schreiben ging am Donnerstagabend kurz nach 21 Uhr an Landeshauptmann Arno Kompatscher, an den Generalsekretär der Landesregierung Eros Magnago, an die Direktorin der Abteilung Gesundheit, Laura Schrott Fischnaller, an die Direktorin des Amtes für Personal, Bildung und Beiträge im Gesundheitswesen, Veronika Rabensteiner Bauer, sowie an den Bozner Oberstaatsanwalt Giancarlo Bramante und die Staatsanwältin am Bozner Rechungshof Alessia Di Gregorio.

Der Betreff: „Elenco provinciale per la nomina a Direttrice Generale o Direttore Generale dell’Azienda Sanitaria dell’Alto Adige - seconda diffida e contestuale esposto.“

Mit dieser Eingabe kommt das Regiebuch der Südtiroler Sanitätspolitik nachhaltig durcheinander. Denn eines ist jetzt schon sicher: Wer immer den Südtiroler Sanitätsbetrieb in den nächsten fünf Jahren führen wird, über den wird ein Damoklesschwert hängen.  

Und dieses Damoklesschwert hat auch einen Namen: Thomas Schael.

 

Der Spielverderber

 

Thomas Schael weiß, wovon er redet. Der ehemalige Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes, der kurz vor den Landtagswahlen 2018 aus rein politischen Gründen - mit einer sechsstelligen Abfindung - in die Wüste geschickt wurde, leitet seit einigen Jahren als Generaldirektor die Sanitätseinheit Chieti, Lanciano, Vasto in den Abruzzen. Sein Vertrag läuft am 11. September 2023 aus. An diesem Montag hat der Präsident der Region Abruzzen, Marco Marsilio, bekanntgegeben, dass Thomas Schaels Vertrag als Generaldirektor für weitere fünf Jahre verlängert wird.

 

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Spielverderber Thomas Schael: Eingabe bei der Staatsanwaltschaft und am Rechnungshof.

 

 

Vorausgegangen ist eine Ernennungsprozedur, die von den staatlichen und regionalen Bestimmungen genau festgelegt wird. Demnach müssen jeder Kandidat und jede Kandidatin bis zu einem genau definierten Stichtag in das staatliche und regionale Verzeichnis der Generaldirektoren eingeschrieben sein. Zudem müssen die Anwärter für den Job ein Ansuchen stellen. Auch der amtierende Generaldirektor. Und sich danach einer Auswahlprozedur stellen.
Das alles hat Thomas Schael hinter sich. Gleichzeitig beteiligt sich der bundesdeutsche Gesundheitsmanager aber auch bei der Neuausschreibung der Generaldirektion im Südtiroler Sanitätsbetrieb. Doch in Südtirol gelten anscheinend völlig andere Spielregeln.

 

Die Lex Zerzer

 

Südtirols Landesgesetz zur Ernennung der Generaldirektor setzt die staatlichen Normen um.

Demnach müssen Anwärter und Anwärterinnen in ein eigenes Landesverzeichnis eingetragen werden, das im Sanitätsassessorat geführt wird. Diese Landesverzeichnis wird alle zwei Jahre erneuert. Der Stichtag dafür ist der 2. Mai. Die Eintragung in das Verzeichnis bleibt vier Jahre gültig. Dann muss man sich wieder neu eintragen lassen.

Florian Zerzers Eintragung ist bereits im September 2022 abgelaufen. Eigentlich eine reine Formsache. Denn laut Durchführungsverordnung muss der Anwärter nicht nur eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, sondern auch ein Bewertungsgespräch vor einer Kommission absolvieren. Gleichzeitig gibt es auch ein gesamtstaatliches Verzeichnis der Generaldirektoren, von dem sich Südtirol keineswegs abkoppeln kann. Anwärterinnen und Anwärter, die in diesem nationalen Verzeichnis der Generaldirektoren eingetragen und zweisprachig sind, können auch um die Eintragung in das Landesverzeichnis ansuchen. Genau das haben zwei Anwärter auch rechtzeitig getan: Christian Kofler, derzeit Direktor der Abteilung „Gesundheitsleistungen und wohnortnahe Versorgung“ im Südtiroler Sanitätsbetrieb, und Thomas Schael. 

 

Zerzer, Florian
Amtierender Generaldirektor Florian Zerzer: Entscheidendes Versäumnis

 

 

Der Termin für das Ansuchen um Neueintragung ist im Landesgesetz festgelegt: 2. Mai, 12 Uhr. Bis dahin müssen die Anwärter und Anwärterinnen auf den höchsten Posten im Südtiroler Sanitätsbetrieb ihren Antrag im Amt für Gesundheitsfürsorge hinterlegen. Doch Florian Zerzer hat diese Frist kurzerhand nicht eingehalten. Laut Landesgesetz wäre er damit aus dem Rennen. Sein fünfjähriger Führungsauftrag verfällt am 14. Oktober 2023.

 

Maßgeschneiderte Neuregelung

 

Diese Geschichte wäre wahrscheinlich niemandem aufgefallen. Wäre da nicht Thomas Schael gewesen. Im Gesundheitsassessorat hat man wochenlang einfach so getan, als wäre der amtierende Generalsekretär von Amts wegen in das Verzeichnis eingetragen.  Weil diese Rechtsauslegung aber nicht haltbar ist und Schael seit Monaten in dieser Sache ordentlich wirbelt, hat man zu einem in Südtirol probaten Mittel gegriffen.

Man ändert mitten im Spiel kurzerhand die Spielregeln. Durch eine Gesetzesänderung.

 

Arno Kompatscher
Landeshauptmann Arno Kompatscher: Mitten im Spiel kurzerhand die Spielregeln geändert.

 

 

Per Beschluss der Landesregierung wurden  am 1. August 2023 die Bestimmungen so abgeändert, dass man Florian Zerzer retten kann. Eingeführt wird die Möglichkeit, den Generaldirektor auch aus dem Führungskräfteverzeichnis des Landes zu ernennen. Damit kommen jetzt alle jene wieder ins Spiel, die den Anpfiff ursprünglich verschlafen haben.

Laut Informationen von Salto kommen damit zum Duo Schael/Kofler weiter sieben Personen dazu. Unter diesen jetzt Eingetragenen sind Irene Pechlaner, Pierpaolo Bertoli, Luca Armanaschi, Marianne Siller und Florian Zerzer. Aus dem Rennen scheint hingegen der Generalsekretär der Region, Michael Mayr, der als Favorit auf die Zerzer-Nachfolge gilt.

In der nächsten Woche will das Sanitätsassessorat die vollständige Liste der Anwärterinnen veröffentlichen.

 

Rote Karte


Doch dagegen wehrt sich Thomas Schael. In seiner Eingabe und in seiner Verzugssetzung (diffida) führt der Sanitätsmanager eine ganze Reihe von Verstößen gegen das Südtiroler Landesgesetz an. So etwa wurde die Liste der bereits eingetragenen Personen bislang noch nicht veröffentlicht. Vor allem - und dafür  dürfte es weder einen Rechtanwalts- noch Professorentitel brauchen - geht nicht an, dass man nach Ablauf des Termins kurzerhand per Dekret die Einschreibungen wieder eröffnet. Damit werden jene, die sich an die Bestimmungen gehalten haben, benachteiligt und die Konkurrenz eindeutig bevorteilt.

Die offizielle Argumentation dieses Schachzuges: Man habe das Landesgesetz nur den staatlichen Bestimmungen angepasst. Zudem sei die Mobilität zwischen den einzelnen öffentlichen Körperschaften eine Grundvoraussetzung in der Führungsstruktur des Landes.

Doch es sind sehr schlechte Ausreden. Denn durch diese Änderung hat man die staatliche Regelung ad absurdum geführt.

 

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Neuer Verwaltungssitz des Südtiroler Sanitätsbetrieb: Morgen kann der Laimburg-Direktor neuer Generalsekretär werden.

 

 

Eine unabdingbare Grundvoraussetzung, um in das gesamtstaatliche oder ins regionale Verzeichnis der Generaldirektoren eingetragen zu werden, ist eine Ausbildung im Gesundheitsmanagement. Doch bei der Erstanwendung dieser Bestimmungen hat man in Südtirol eine Ausnahmebestimmung eingeführt. Weil Florian Zerzer diese Ausbildung fehlte, hat man gesetzlich festgeschrieben, dass ein Anwärter nach seiner Ernennung 18 Monate Zeit hat, diese Fachausbildung nachzuholen. Genau das hat Florian Zerzer auch getan.
Die Bestimmung bleibt in Kraft. Mit der neuen gesetzlichen Bestimmung heißt das jetzt aber, dass zum Beispiel der Direktor der Laimburg oder die Schulamtsleiterin um die Eintragung in das Landesverzeichnis der Generaldirektoren ansuchen und von der Landesregierung auch als Zerzer-Nachfolger ernannt werden könnten. Sie können dann die Managerausbildung im Gesundheitsbereich nachholen.

Dass diese Gesetzesinterpretation kaum haltbar sein wird, dürfte allen Beteiligten von vornherein klar sein.


Der Kommissar

 

Diese Südtiroler Lösung funktioniert nur dann, wenn alle Beteiligten einverstanden sind und stillhalten. Doch Thomas Schael hat diese Strategie jetzt nachhaltig durchkreuzt. Vor allem aber hat der ehemalige Sabes-Generaldirektor mit seiner Eingabe einen Stein geworfen, der zeitverzögert eine Lawine auslösen wird.

Die ersten Einschläge könnte es dabei noch vor den Landtagswahlen geben. Inzwischen ist längst klar, dass man die Anhörungen der Anwärterinnen und Anwärter vor einer Kommission auf keinen Fall vor dem 15. Oktober 2023 - dem Amtsverfall von Florian Zerzer - durchführen kann. Zudem hat Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärt, dass die neue Landesregierung den neuen Sabes-Generaldirektor ernennen soll.

Das heißt: Es wird Jänner/Februar 2024. Bis dahin soll Florian Zerzer geschäftsführend im Amt bleiben. So jedenfalls lautet der Plan.

 

Widmann, Josef
Amtierender Sanitätsdirektor Josef Widmann: Er wird den Sanitätsbetrieb führen müssen.

 

 

Aber auch das wird nicht gehen. Im Landesgesetz gibt es keinen entsprechenden Passus, wie in diesem Fall zu verfahren sei. Sehr wohl aber gibt es eine Regelung im staatlichen Gesetz. Demnach muss Florian Zerzer am 15. Oktober 2023 abtreten. Sein Amt wird dann geschäftsführend von seinem Stellvertreter übernommen. Weil es zwei Stellvertreter gibt, steht im Gesetz, dass der Ältere zum Zug kommt.

Das wäre in diesem Fall Enrico Wegher. Weil aber auch seine Beauftragung als Verwaltungsdirektor am 15. Oktober 2023 verfällt, ist auch Wegher aus dem Rennen. Damit bleibt nur mehr Josef Widmann. Der amtierende Sanitätsdirektor und Zerzer-Stellvertreter wird bis zur Neuernennung die Geschicke im Südtiroler Sanitätsbetrieb übernehmen müssen.

Genauso war es auch vor fünf Jahren: Nach dem Schael-Abgang und bis zur Zerzer-Ernennung hat der damalige Sanitätsdirektor Thomas Lanthaler das Amt des Generaldirektors kommissarisch übernehmen müssen.

Damit stellt sich aber eine andere Frage: Was tut man mit Florian Zerzer?

 

Schaels Eingabe

 

 

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Profil für Benutzer Klemens Riegler
Klemens Riegler Fr., 01.09.2023 - 20:57

Antwort auf von rotaderga

Hoppala, ... da fehlt noch der DNA-Test ... emoji ! Also soweit ich weiß hat der Tommy hat keinen Bruder der Josef, Sepp oder Peppi heißt. Besser gesagt, ich bin mir ziemlich sicher.
Es bleibt aber die Frage ob Josef Widmann sich das wirklich antut ? selbst wenn er es tun müsste. Zwangsverpflichten wird man ihn doch nicht können ?!?

Fr., 01.09.2023 - 20:57 Permalink