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Politik | Das Land regieren

Bianchi - Rossi - Verdi - Urzi

Letzte Nacht hatte ich eine gute REM-Schlafphase. Sie wissen schon, das ist nicht Tiefschlaf oder das Gegenteil davon, sondern jene 20% bis 30% die wir nötig brauchen um Informationen zu verarbeiten, aufzuräumen, abzuspeichern oder auch Probleme zu lösen ...
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Landesregierung Kollage
Foto: KRM
  • Vorspann: lange vor der heutigen SVP-Sitzung getippt! 

     ... und während dieser „Rapid Eye Movement“-Phase träumen wir außerdem am besten. 

    Ich wünsche nun auch für dem designierten (na ja, eigentlich sicheren) LH einige Nächte mit guten REM-Schlafphasen. Das gilt auch für den Obmann des Volxspartito und auch für alle andern aktuell mit der Bildung der Landesregierung beschäftigten. Also mit allen in caso mai in Frage kommenden Köpfen und Testate. 

    Na ja, ich träumte von den zwiespältigen Problemen die uns beschäftigen und uns das Leben etwas schwerer machen als es sein müsste. Zwischendurch dann immer diese Zweifel und Gedanken über den alten Durni-Spruch wonach wir Südtiroler nur mehr Nörgler und Plärrer wären. Und dabei war damals Facebook noch kein Thema und Insta, Telegram, Twitter, Signal und populistische Web-Portale noch gar nicht online. 
    Und dann sind mir die ganzen Wahlkrampf-Gadgets, die WieSie10-Karten, die Klein- und Großanzeigen im Blätter- und Nadelwald, die fiesen Versprechungen auf allen ach so Sozialen Medien oder auf Stol & Co. eingefallen.  

    Was waren die Themen nochmal? 
    GESUNDHEIT & SANITÄTSWESEN, UMWELT & KLIMA, LEISTBARES WOHNEN, INFLATION & TEUERUNGEN, ENERGIE, ÜBERTOURISMUS, VERKEHR, ZUWANDERUNG & FACHKRÄFTEMANGEL, SICHERHEIT & FRIEDEN und scheinheilige FREIHEIT?  

    Dann, kurz vor dem aufwachen, hat’s geklingelt. Nein, nicht der Wecker! 

    Das größte Problem bei der Bildung einer Landesregierung ist eigentlich das kleinste. Was soll eigentlich eine Regierung anderes tun als für die gesamte Bevölkerung bestmöglich zu arbeiten und zu verwalten. Welcher Unterschied, bitte schön, besteht diesbezüglich ob ich italienischer, deutscher, ladinischer oder gar anderer Muttersprache bin? Hat der nach Meran eingewanderte Piefke andere Probleme als sein Nachbar Salvatore aus Kampanien? Betreffen mich als Deutsch-Südtiroler die Themen anders als meinen Kollegen Mattia, der in dritter Generation in der Reschenstraße lebt. Hat der ladinische Beamte andere Sorgen als der Pusterer?  

    Zum Frühstück läuft dann das RAI-Morgenmagazin: Der Weiße aus Leifers beharrt auf 2 Italo-Sitze! - Gutachten! - 8 Landesräte oder 11! - Nicht mit uns, grölt Pauli ins Mikrofon. Urzi et Orbi ... der Draht nach Rom (weil wir deren Sprache ja nicht verstehen?) .... 

    Was ich sagen wollte: es gibt in Südtirol mehr Hotels als der erstgewählte auf der Brüderliste erhalten hat. Es gibt fast doppelt so viele Handwerksbetriebe wie die Lega Stimmen erhalten hat. Er gibt nur in der Privatwirtschaft doppelt so viele Angestellte wie WählerInnen SVP angekreuzt haben. Er gibt auch fast doppelt so viele öffentlich Angestellte wie das Team-K Stimmen ergattern konnte. Und es gibt mehr landwirtschaftliche Betriebe als Widmann und PD zusammen an Kreuzchen holen konnten. Und dann wären da noch die Bezirke, andere Sektoren wie die Industrie, der Handel, die Transportwirtschaft und vieles mehr. Viele wären köpfetechnisch also stärker als so mancher Partito. Und das krasseste: es gibt in Südtirol  fast gleich viele ArbeitnehmerInnen (250.000) wie überhaupt zur Wahl geschritten sind (275.000)
    Und dann verlangt eine Sprachgruppe mit 50.000 Wahlberechtigten 20% der Sitze in einer Regierung? Umgemünzt müssten demnach die Arbeitnehmer dort eigentlich mit mindestens 6 Landesräten vertreten sein. 

    Und weil in einer Landesregierung niemals alle Platz finden werden, sollte es doch schon längst nicht mehr um DEUTSCH-ITALIENISCH-DENKEN, Bezirksdenken, Richtungsdenken oder die HGV-, HDS-, LVH-CNA-, Wirtschafts- oder Bauernvertretung gehen. 
    - Es geht um eine Regierung die imstande ist die grundsätzlichen Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. 
    - Um eine Regierung, die das Land im Sinne des Gemeinwohls verwaltet. 
    - Um eine Regierung die mit größtem Konsens im Landtag die gemeinsamen Wahlkampf-Themen abarbeitet und die größten Baustellen schließt. 
    - Um eine Regierung die nicht den Lobbys dient, sondern der Allgemeinheit, die wahltechnisch im Landtag dargestellt ist. 
    - Um eine Regierung die gute und mehrheitsfähige Vorschläge der Opposition (ebenfalls gewählte Volksvertreter) annimmt und gemeinsam umsetzt.  
    - Um eine Regierung die imstande ist zu erklären, dass ein lauter Schreier nicht zwingend die Meinung des ganzen Volkes darstellt. 
    - Um eine Regierung die die Schwächsten nicht zurück lässt und die nächste Ebene motiviert ihren Beitrag zu leisten. 
    - Um eine Regierung die irgendwie dafür sorgen muss, dass auch unsere Kinder und Enkel ähnlich gut leben dürfen wie wir es tun.
    - Um eine Regierung die den demografischen Wandel mit allen Konsequenzen (alternde Bevölkerung, Pflege, wenig Kinder, Reichtum, Armut, Fachkräftemangel...) korrekt interpretiert. Die Voraussetzungen dafür sind jetzt zu schaffen. 
    - Um eine Opposition, die dazu beiträgt die wichtigsten Themen des Wahlkampfes (waren irgendwo überall dieselben) in den Vordergrund zu rücken.  
    - Um eine Opposition, die ihre absolut nicht mehrheitsfähigen und populistischen Versprechungen erst mal hinten anstellt. 
    - Um eine Opposition, die ihrer Kontrollfunktion nachkommt und zwar nicht aus dem einzigen Grund damit in der Presse zu landen. 

    Somit träume ich weiter von einer kompetenten Landesregierung:
    - mit fähigen Köpfen und fühlenden Bäuchen, 
    - mit Menschen die verstehen wo der Schuh auf den Zeh drückt und die wissen wo der Gürtel enger zu schnallen wäre.
    - mit PolitikerInnen die ihre Augen und Ohren nicht vor der Realität verschließen. 
    - mit Persönlichkeiten die mit Engagement, Freude und viel Lust zur Sache gehen. 

    Ach ja, mir muss echt noch jemand erklären welche Wahlkampfthemen oder Probleme NICHT beide (oder alle) Sprachgruppen gleichermaßen betreffen. 
    UND warum wagt man nicht endlich eine größere und ausgewogene Regierungs-Koalition, wobei nicht jede Fraktion in einer kleinen 8er-Regierung einen fixen Sitz hat?  
    Liebe Landtagsabgeordnete, wenn es Euch wirklich um UNS geht, dann tut es einfach. 

    Und ein schönes erstes Advents-Wochenende wollte ich auch noch wünschen! 

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Dietmar Holzner Sa., 09.12.2023 - 16:03

Nur interesse- und der Korrektheit halber: 50.000 wahlberechtigte italienischsprachige Südtiroler kann wohl nicht stimmen (sofern es nicht eine aus der Hüfte geschossene Zahl ist, um nur die Größenordnung anzugeben)? Bei 432.000 Wahlberechtigten und einem Bevölkerungsanteil von etwa einem Viertel wären das knapp 110.000 ("erklärte") italienischsprachige Wahlberechtigte. Und bei über 71% Wahlbeteilung wären es auch noch fast 80.000....

Sa., 09.12.2023 - 16:03 Permalink