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Nicht erlaubte Rede am Tag der Republik

Das Regierungskommissariat lehnt die Rede eines Schülers am 2. Juni ab, da sie „zu politisch“ sei. Nun hat Nathan Previdi seine Rede auf Youtube veröffentlicht.
nathan_previdi.jpg
Foto: Privat
Eigentlich hätte Nathan Previdi gestern, am Tag der Republik, eine Rede am Waltherplatz in Bozen halten sollen. Doch das Regierungskommissariat hatte wohl nicht erwartet, dass einem 16jährigen Schüler beim Thema „Demokratie“ nicht nur lobende Worte einfallen. Da Previdis Rede offenbar „zu politisch“ war, wurde sie von der Pädagogischen Abteilung des Landes stark überarbeitet und an das Regierungskommissariat geschickt. Als der Schüler davon erfuhr, sendete er auch die originale Rede an die Behörde.
Uniamo le forze per un'Italia giusta e democratica.
Diese lehnte seine Rede ab und ein anderer Schüler sprach gestern vor den Vertreter*innen des Regierungskommissariats. Die Fassung der Rede enthielt denselben Anfang und Schluss wie die von Previdi. „Wir finden, dass hier nicht nur zensiert wurde, sondern auch das Urheberrecht verletzt wird“, teilt die Mutter des Schülers, Viola Daubenspeck, mit.
 
Rede am Tag der Republik "zu politisch", von Studio Previdi

 

Die Rede

 
Als Reaktion darauf hat Nathan Previdi nun seine Rede auf Youtube veröffentlicht. Darin prangert er die Radikalisierung im politischen Diskurs in Europa, die größere Ungleichheit zwischen Arm und Reich auch in Südtirol und den zunehmenden Neofaschismus in Italien an. Außerdem warnt er davor, dass die Folgen des Klimawandels die Demokratie gefährden und stattdessen Populismus sowie Faktenleugnung begünstigen.
„Deshalb lasst uns versuchen, einen demokratischen Weg in eine lebenswerte Zukunft zu gehen: Welche Hebel müssen wir dafür einsetzen? Welche Maßnahmen führen schneller zum Ziel? Wie können wir unsere Gesellschaft gerecht gestalten? Hierfür braucht es eine mutige Politik, die sich den Klimazielen und den zukünftigen Generationen verpflichtet. Demokratie soll die Kraft sein, die das Klima schützt, denn ein schneller Klimaschutz schützt auch die Demokratie“, so Previdi in seiner Rede.
„Es braucht eine Politik, die unseren Reichtum gerecht verteilt, die Schwächsten unserer Gesellschaft mitnimmt und unsere Demokratie vor populistischen Angriffen verteidigt. Hierfür braucht es ebenso informierte und teilhabende Bürger, welche die demokratischen Werte und Prinzipien unserer Republik verteidigen. Wir müssen alle unseren Beitrag zum Gelingen unserer Demokratie leisten. Dann werden wir die großen Herausforderungen gemeinsam meistern. Uniamo le forze per un'Italia giusta e democratica.“
 
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△rtim post Sa., 03.06.2023 - 11:55

Unverständlich und beschämend eine solche Bürgerausschaltung. Insbesondere gegenüber einen jungen Menschen, der sich so engagiert für die Werte der Demokratie einsetzt.
Eine einseitige bzw. parteipolitische Engführung vermag ich bei diesem Redebeitrag des Schülers jedenfalls zu nicht erkennen.

Sa., 03.06.2023 - 11:55 Permalink
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Hartmuth Staffler Sa., 03.06.2023 - 17:38

Südtirol hat mit dem 2. Juni eigentlich wenig zu tun. Am 2. Juni 1946 hat man die Südtiroler nicht wählen lassen, jetzt hat man einen Südtiroler nicht reden lassen. Anscheinend hat sich in den vielen Jahren nicht viel geändert.

Sa., 03.06.2023 - 17:38 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 04.06.2023 - 09:18

Antwort auf von Armin Mutschlechner

Armin, mit Deiner Verteidigung nationalistisch-faschistischer Verhaltensweisen gehst Du entschieden zu weit. Ich verteidige das Recht dieses Jugendlichen, seine Meinung zu sagen, auch wenn ich sie nicht unbedingt teile. Das macht ja unsere Demokratie aus, dass man auch andere Meinungen respektiert, aber das kannst Du mit Deinem einseitigen Weltbild nicht verstehen.

So., 04.06.2023 - 09:18 Permalink
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G. P. Sa., 03.06.2023 - 18:07

"Da Previdis Rede offenbar „zu politisch“ war, wurde sie von der Pädagogischen Abteilung des Landes stark überarbeitet und an das Regierungskommissariat geschickt."
Tja, Herr LR Achammer, was sagen Sie dazu?

Sa., 03.06.2023 - 18:07 Permalink
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Salto User
Günther Alois … So., 04.06.2023 - 07:35

Antwort auf von G. P.

Nichts,er soll sich schämen,sonst lauft er auch wegen jedem Anliegen zum Regierungskomissariat( Versuch zur Verhinderung des Erscheinens des Buches " Freunde im Edelweiss" Kompliment an den jungen Mann,der hat etwas wichtiges,was Achammer nicht hat: RESPEKT VOR DER DEMOKRATIE!

So., 04.06.2023 - 07:35 Permalink
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Gerhard Mumelter So., 04.06.2023 - 10:42

Dass die Pädagogische Abteilung des Landes die Rede an das Regierungskommissariat schickt, ist ein peinlicher Akt vorauseilenden Gehorsams. Dass die Rede in mehreren Passagen zensuriert wird, ist noch beschämender. Bezeichnend ist, dass Regierungskommissariat und Gemeinde sich offenbar nicht zur Unzahl mittelmässiger und qualitätsloser Veranstaltungen äussern, für die der Hauptplatz der Stadt fast wöchentlich herhalten muss. Sie schreiten nur zur Zensur unerwünschter Äusserungen ein - erbärmlich...

So., 04.06.2023 - 10:42 Permalink
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Hanspeter Staffler So., 04.06.2023 - 14:13

Dieser Vorfall ist übergriffig! Übergriffig dem jungen Autor und der freien Meinungsäußerung gegenüber. Am Tag der Republik, wo deren Errungenschaften besonders zu feiern sind, kommt es zum Eklat: Die eigenen Gedanken von Herrn Previdi werden gleich von mehreren Institutionen verbogen, wohl um den Mächtigen zu gefallen. Damit werden pikanterweise die Verfassung missachtet und justament am Feiertag der Republik dieselbe entwertet. Wir dürfen gespannt sein, wer die inhaltliche und wer die politische Verantwortung für diesen Provinz-Skandal übernimmt?

So., 04.06.2023 - 14:13 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 04.06.2023 - 14:28

Antwort auf von Hanspeter Staffler

Diese italienische Verfassung ist nicht die unsere, weil wir ja darüber nicht abstimmen durften. Die Errungenschaften der Republik gehen uns daher am Arsch vorbei, und dass man diesen jungen Burschen nicht seine Rede hat halten lassen, passt genau in dieses Bild. Wobei ich nicht verstehen kann, warum ein Südtiroler an diesem Tag überhaupt eine Rede halten sollte. Der Tag geht uns nichts an, wir haben unsere Feiertage, die wesentlich demokratischer sind.

So., 04.06.2023 - 14:28 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 05.06.2023 - 07:18

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Ihre Behauptung ist wieder extrem oberflächlich. Die Provinz Bozen (und auch Friaul J.V) nahm an der Volksabstimmung über die institutionelle Form des Staates am 2. Juni 1946 nicht teil, da sie als international umstrittenes Gebiet noch von den alliierten (bzw. jugoslawischen im Fall von Friaul) Militärregierungen verwaltet wurden. Sie hatten in diesem Augenblick mit der zur gründenden italienischen Republik nichts zu tun.
In den Gemeinden Altrei, Branzoll, Kurtatsch, Neumarkt, Laurein, Margreid, Montan, Auer, Proveis, Salurn, St. Felix und Truden konnte übrigens schon abgestimmt werden, da sie damals zur Provinz Trient gehörten.

Mo., 05.06.2023 - 07:18 Permalink
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Hartmuth Staffler Mo., 05.06.2023 - 13:27

Antwort auf von Manfred Klotz

Tatsache ist, dass der Großteil der Südtiroler an der Abstimmung nicht teilnehmen konnte. Das können sie trotz aller geistigen Bocksprünge nicht leugnen. Die italienische Verfassung betrifft uns daher nicht, vor allem der etwas missverständlich formulierte Artikel 5, laut dem diese Republik, zu der wir ja eigentlich gar nicht gehören, unteilbar sei. .Interessanter ist da schon der Artikel 80.

Mo., 05.06.2023 - 13:27 Permalink
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Manfred Klotz Do., 08.06.2023 - 18:29

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Herr Staffler, die Bocksprünge machen aber Sie und das noch auf ganz billige Art und Weise. Ich wiederhole, es ist nicht so, wie Sie unterschwellig behaupten, dass Italien den "Großteil der Südtiroler" nicht am Referendum teilnehmen lassen wollte. Mit dem damaligen Status Südtirols hat der Großteil der Südtiroler zurecht nicht am Referendum teilnehmen können. Also machen Sie sich nicht lächerlich. Die italienische Verfassung betrifft uns schon und zwar von dem Moment an, wie der Status Südtirols geklärt war.

Do., 08.06.2023 - 18:29 Permalink
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G. P. So., 04.06.2023 - 20:40

Antwort auf von Hanspeter Staffler

Niemand wird die Verantwortung übernehmen. Es wird sich auch niemand zu Wort melden, zu einem Skandal, der für die Regierenden gar kein Skandal ist. Totschweigen und aussitzen ... wird das Motto lauten.

So., 04.06.2023 - 20:40 Permalink
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Otto Rosenberg So., 04.06.2023 - 14:47

Nathan ist der Urheber der ursprünglichen Rede und somit deren geistiger Eigentümer. Wenn jemand seine Rede verändert und sie dann ohne den Urheber zu zitieren und ohne dessen Genehmigung vorträgt, ist das ein Diebstahl von geistigem Eigentum. Sollte dies vom Pädagogischen Institut oder vom Schulamt veranlasst worden sein, ist das umso gravierender .

So., 04.06.2023 - 14:47 Permalink
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Josef Fulterer Mo., 05.06.2023 - 06:43

Nathan Previdi hat eine SEHR GUT ausgewogene Rede zum Tag der Republik verfasst.
Ich wünsche ihm, dass er sich nicht von Filz + Schimmel + Egoismus der Partei-Ideologien verein-nahmen lässt, dann könnte aus ihm "ein wirklicher VERTRETER des Volkes werden."

Mo., 05.06.2023 - 06:43 Permalink
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Heinrich Zanon Mo., 05.06.2023 - 08:59

Absolut stark das alles:
vor allem stark, hervorragend getextet, ausgewogen in der Argumentation und gekonnt vorgetragen die Rede von Nathan Previdi und noch viel stärker seine abgeklärte und entschiedene Reaktion auf den Rauswurf.
Und ein mehr als starkes Stück das Veto ohne öffentlich gemachte Begründung aus dem Regierungskommissariat und das duckmäuserische Mitspielen der Landesschulbehörde.

Mo., 05.06.2023 - 08:59 Permalink
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Martin Sitzmann Mo., 05.06.2023 - 10:28

Die Jugend ist oft besser als ihr Ruf.
In den Schulen sollen wir den Kindern/Jugendlichen im fächerübergreifenden Lernbereich Konzepte wie Zivilcourage, politische Bildung, Sensibilität für Urheberrechte beibringen.
Außerdem sollte die Erwachsenenwelt den Kindern/Jugendlichen Werte vorleben und als Vorbild dienen.
Die Zucht von Duckmäusern und Speichelleckern tut der Demokratie nicht gut. Die Rede von Nathan Previdi hingegen schon.

Mo., 05.06.2023 - 10:28 Permalink
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Stereo Typ Mo., 05.06.2023 - 17:10

Antwort auf von Martin Sitzmann

Wir haben in der Pandemie ja gesehen, wie weit es mit Zivilcourage her ist. "Querdenken" war auf einmal nicht mehr gefragt, wer couragiert war und Maßnahmen hinterfragt hat, wurde als Schwurbler und Coronaleugner abgestempelt. Von wegen die Erwachsenen sollten den Kindern/Jugendlichen als Vorbild dienen.

Mo., 05.06.2023 - 17:10 Permalink
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alfred frei Mo., 05.06.2023 - 15:09

Das Zusammenspiel der Akteure Pädagogische Abteilung des Landes und Regierungskommissariat (ein Muskel- und Nervenverhältnis) verdient eine besondere Aufmerksamkeit: mit der Rechtsregierung Meloni und dem möglichen Ableger in der neuen Landesregierung erwartet uns ein neues Autonomieverständnis mit Scheuklappen.

Mo., 05.06.2023 - 15:09 Permalink
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rotaderga Mo., 05.06.2023 - 16:15

Die Aussagen von Frau Falkensteiner in Rai Südtirol vom Mittag haben mich in die Erzählungen meiner Eltern über ihre Jugenderfahrungen zurückgeworfen.

Warum braucht es vortragende Jugendliche, wenn die Texte von Erwachsenen "Pädagogen" verfasst, pardon überarbeitet, sind?

Will man dem Publikum wirklich auf diese Art und Weise unsere Nachkommen vorführen.

Das ist Entmündigung der Gesellschaft!

(So, nun hab ich geroglt)

Mo., 05.06.2023 - 16:15 Permalink
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Bernhard Hoelzl Mo., 05.06.2023 - 17:00

Gratuliere dem jungen Mann, dass er der Versuchung, eine "Sonntagsrede" zu halten, widerstanden hat. Bin von seiner Rede und davon, wie er auf den Maulkorb reagiert hat, absolut beeindruckt.

Mo., 05.06.2023 - 17:00 Permalink
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Luis Spath Mo., 05.06.2023 - 23:48

Froh müsste man über jede junge Rede sein, unabhängig davon, ob man deren Inhalte teilt oder nicht. Und auch Widerspruch soll erlaubt sein. Aber im Voraus glattbügeln, eigenen Vorstellungen anpassen, geradebiegen: Ja, so riecht Zensur! So hat auch Faschismus gerochen, damals, und der ist noch nicht abgelegt, in all seinen Facetten kann er jederzeit wirksam werden, oft gar nicht wirklich bemerkt und wahrgenommen, manchmal gar brachial und doch vielfach geduldet und unwidersprochen.
Jedenfalls oberpeinlich für die zwei direkt involvierten Behörden, Regierungskommissariat und Schulbehörde. Da nutzt auch das bekannte Falkensteinersche Glattlächeln im Rai-Interview nichts. Der Geruch ist da. Ist schon länger da.
Dem Oberschüler Nathan Previdi wünsche ich noch viele gute Reden. Mit guten Widerreden.

Mo., 05.06.2023 - 23:48 Permalink
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Luis Spath Di., 06.06.2023 - 17:16

Eine Bitte an Salto: Lässt sich auch die Rede auftreiben, die dann am Fest der Republik in Bozen vorgelesen wurde? So könnte man vergleichen und die Abwandlungen begutachten....

Di., 06.06.2023 - 17:16 Permalink
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Markus Schwärzer Di., 06.06.2023 - 17:27

Die Rechtfertigung von Frau Falkensteiner ist eine absolute Frechheit. Liebe Jugendliche, seid politisch, aber nur in dem Rahmen, den wir für angemessen halten. Was für eine Blamage. Schulamt und Regierungskommissariat können nur hoffen, dass die Jugendlichen so unpolitisch sind, dass ihnen diese Bevormundung entgeht. Und das Fach politische Bildung kann getrost gestrichen werden, offensichtlich sind politisch interessierte Jugendliche nicht erwünscht. Schämt euch!

Di., 06.06.2023 - 17:27 Permalink