Umwelt | Wolf

"Wir können mehr als nur schießen"

Gespräch mit dem Biologen und Lehrer Norbert Dejori, Vorsitzendem der Vereinigung Südtiroler Biolog:innen, zu aktuellen Rechtsfragen um den Wolf, zu Herdenschutz und mehr.
Herdenschutzhund
Foto: Johanna Platzgummer
  • SALTO: Herr Dejori, am Mittwoch den 7. beschäftigt sich das Verwaltungsgericht in Bozen mit den zwei Abschussdekreten vom Herbst 2023. Diese bauen auf dem Gesetz vom 13. Juni 2023 auf „Weideschutzgebiete und Maßnahmen zur Entnahme von Wölfen“. Worum geht es in den zur Diskussion stehenden Gesetzen und Dekreten eigentlich?

     

  • Norbert Dejori: Dem Biologen und Lehrer ist es wichtig, eine klare Faktenlage zu vermitteln und Wege aufzuzeigen, die in Sachen Herdenschutz beschritten werden können. Foto: Privat

    Norbert Dejori: Das Gesetz vom Juni 2023 weist für Südtirol all jene Almen als sogenannte Weideschutzgebiete aus, in denen Herdenschutz für „nicht zumutbar“ erklärt wird. Von den über 1500 Almen in Südtirol blieben nach diesem Gesetz nur noch 18 übrig, auf welchen Herdeschutz „zumutbar“ ist, zumutbar nach den Kriterien des Landesgesetzes wohlgemerkt. Somit sagt das erwähnte Gesetz, dass Herdenschutz für 99% der Südtiroler Almen nicht praktikabel sei, auch wenn es natürlich viel mehr Flächen gäbe, die ohne weiteres mit überzeugt betriebenem Herdenschutz zu beweiden wären.

    Im Spätsommer hat der Landeshauptmann mit zwei Dekreten insgesamt vier Wölfe zum Abschuss freigegeben. Diese Dekrete wurden durch Rekurse binnen weniger Tage aufgehoben, zum Abschuss kam es nicht. Ich bin kein Jurist, sondern Biologe, daher finde ich es nur folgerichtig, dass es für ein solches Abschussdekret von Arten, die im EU-Artenschutzregelwerk Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie als streng geschützt gelten, ein positives Gutachten von Sachverständigen der Biologie braucht. Entweder von der staatlichen Umweltbehörde ISPRA oder von der Wildbeobachtungsstelle, die von der Landesregierung eingesetzt wurde. 

     

    Vor allem das Gutachten der Wildbeobachtungsstelle wurde im Herbst 2023 kontrovers diskutiert. Warum?

     

    Beide Institutionen, und darin sitzen allesamt Fachleute, sind zum Schluss gekommen, dass zu den Abschussdekreten nicht genügend Daten vorliegen, um ein wissenschaftlich fundiertes, positives Gutachten abzugeben. 

    Die Vereinigung Südtiroler Biologen:innen hat sich hinter die Kollegen und Kolleginnen der lokalen Wildbeobachtungsstelle gestellt, die von einigen Medien zu Unrecht scharf kritisiert wurden.  Die Experten und Expertinnen gaben, wohlgemerkt, keine individuelle Beurteilung zu den Wolfsabschüssen ab, sondern bewerteten die Ausgangslage absolut sachbezogen, genauso, wie es ihre Aufgabe ist. Professionelle und faktenbasierte Arbeit kann nur von vorhandenen wissenschaftlichen Daten ausgehen. 

    Wenn diese fehlen oder lückenhaft sind, was für Südtirol leider zutrifft, kann man keine professionelle, fachliche Beurteilung garantieren. Die Abschussdekrete sollten daher unbedingt auch eine Datenerhebung vorschreiben. Damit kann man sehen, ob der positive Effekt eingetroffen ist, den man sich durch die Abschüsse von jeweils zwei Wölfen in einem Weidegebiet erhofft. Diese Datenerhebung muss methodisch korrekt sein.  Einfach nur auf die nächste Weidesaison zu warten, und schauen, ob dann weniger Risse an Nutztieren stattfinden oder nicht, ersetzt keine Studie.   

  • Foto: Johanna Platzgummer

    Ganz aktuell, die EU-Generalanwältin hat sich zu den Wolfsabschüssen und dem Weideschutzgesetz in Tirol geäußert. Was sind ihre zentralen Aussagen?

     

    Die Generalanwältin hat sich sehr deutlich zur FFH-Richtlinie bekannt und deren strikte Vorgaben unterstrichen. Sie kommt zum Schluss, dass die Beurteilung, ob in einem bestimmten Gebiet Herdenschutz zumutbar ist, von Fall zu Fall, von Fläche zu Fläche beurteilt werden muss. Es kann nicht pauschal vom Schreibtisch aus festgelegt werden. 

    Die Generalanwaltschaft der Europäischen Gerichtshofs ist in ihrer Interpretation der FFH-Richtlinie sicher kompetent vorgegangen und arbeitet sachbezogen. Die FFH-Richtlinie ist eine der Grundsäulen des europäischen Naturschutzes. Es kommt aber letztendlich auf die Menschen an, die sie vor Ort umsetzen.
    Aber mal abgesehen vom Naturschutz-Regelwerk, täten wir gut daran, die Almen in Südtirol als Wirtschafts- und Lebensraum zu erhalten, auch angesichts der Tatsache, dass es Wölfe bei uns gibt und auch in Zukunft geben wird. Wir werden nicht drum herum kommen, uns ernsthaft mit der konkreten Arbeit rund um den Schutz und die Betreuung der Weidetiere zu beschäftigen, unaufgeregt und pragmatisch.

     

    Wie nutzen Wölfe ein Gebiet? Wie sehen Sie die Weideschutzgebiete aus wildökologischer Sicht?

     

    Wölfe sind intelligent, sehr beweglich und anpassungsfähig. Sie können an einem Tag (und einer Nacht) an die 50 km zurücklegen. Sie siedeln sich dort an, wo sie ein günstiges Nahrungsangebot und Rückzugsmöglichkeiten finden. Besonders junge Wölfe, die vom elterlichen Territorium abwandern, sind extrem mobil.  Bei einer geschätzten Population von circa 20.000 Wölfen innerhalb der EU-Staaten sollten wir die Vorstellung von Südtirol als wolfsfreie Insel schnell ad acta legen. 

    Diese in bestimmten Medien immer wieder kolportierte Vorstellung eines wolfsfreien Südtirols geht mit der Realität schlicht nicht zusammen. Diese Tatsache muss man den Landwirten auch ehrlich kommunizieren. 

    Wölfe erkennen freie und günstige Reviere sehr schnell und besetzen sie. Wird ein Wolf abgeschossen, bedeutet das für andere Wölfe, ein freies Gebiet tut sich ihnen auf. Denn ein Wolfspaar und ein Wolfsrudel kontrollieren konstant mehrere hundert Hektar, in das sie normalerweise keine anderen familienfremde Wölfe lassen. 

    Es muss also flächendeckend mit ständiger Wolfspräsenz gerechnet werden. Die momentane Strategie, 99% der Südtiroler Almen als Weideschutzgebiete auszuweisen und somit Abschüsse in Folge von schweren Schäden am Nutztierbestand als einzige Schutzmaßnahme stehen zu lassen, wird der Südtiroler Almwirtschaft nicht wirklich helfen.

    In Ländern, in denen bereits seit Jahren Wolfsabschüsse erfolgen, hat sich gezeigt, dass Herdenschutz weit effektiver ist. So haben wir in Norwegen, wo ausschließlich auf den Abschuss von Wölfen gesetzt wird, jährlich 34 gerissene Schafe pro Wolf, während es im benachbarten Schweden mit Herdenschutz jährlich lediglich 0,8 Schafe pro Wolf sind (bei Bären 20 in Norwegen und 0,01 in Schweden; bei Luchs 16 in Norwegen und 0,1 in Schweden).  Und das, obwohl nur 7 % des norwegischen Schafbestandes innerhalb des dortigen Wolfsgebietes gehalten werden, während in Schweden die Hälfte aller Schafe in Wolfsgebieten weiden. Herdenschutz-Maßnahmen – und zu diesem Schluss ist auch die EU-Kommission in ihrem letzten Bericht gekommen – sind und bleiben die effektivste Methode um Nutztierrisse zu vermeiden.

    Auch die geforderte Herabstufung des Schutzstatus der Art Wolfes von Anhang IV auf Anhang V setzt weiterhin einen guten Erhaltungszustand voraus, auch in Südtirol. Der Wolf wird also weiterhin geschützt bleiben. Um ein Weidemanagement werden wir nicht herumkommen. 

  • Foto: Johanna Platzgummer

    Was sagt die Fachliteratur und die Statistiken zu Wolfsentnahmen und deren Auswirkungen auf Nutztierrisse? Gibt es Fälle, wo es Sinn hat, bestimmte Wölfe zu schießen?

     

    Die Dynamiken von Wolfsabschüssen sind komplex und müssen differenziert betrachtet werden. Die Folgen der Entnahmen großer Beutegreifer können nämlich auch das Gegenteil von dem bewirken, was beabsichtigt war. So konnte beispielsweise in Slowenien durch Wolfabschüsse keine direkte Besserung ermittelt werden. Studien aus Spanien und Nordamerika zeigen, dass auf Wolfentnahmen sogar mehr Nutztierrisse folgen können. Wir haben bisher noch keine genauen und langfristigen Daten dazu, welche Zahl an Wölfen entnommen werden müssen, um positive Effekte zu erzielen. Die Wirksamkeit von Wolfentnahmen sei nicht ausgeschlossen, ist jedoch stark kontextabhängig.

    Auch der Abschuss als Erziehungsmaßnahme ist nicht unumstritten. Der KORA Bericht 202212 aus der Schweiz zeigt zwar einen Rückgang von Rissen nach Wolfsabschüssen in den folgenden Saisonen, jedoch betonen die Autor:innen dieser Studie, dass der Bericht auf Daten beruht, als in der Schweiz und im gesamten Alpenraum wesentlich weniger Wölfe lebten als heute. Die Situation schaut heute, im Jahr 2024, völlig anders aus.  Das heißt, wir müssen sie angesichts einer hochdynamischen Wolfspopulation neu bewerten und untersuchen. Dafür braucht es auch ein ausgefeiltes, kontinuierliches Wolfsmonitoring, auch in Südtirol.

    Während es Hinweise gibt, dass die gezielte und unmittelbare Entnahme einzelner Individuen durchaus positive Effekte haben kann, machen sich ungezielte und sporadische Einzelabschüsse, mit denen sich das Verwaltungsgericht nun beschäftigen wird, vielleicht aus politischer Sicht bezahlt, aus ökologischer Sicht sicher nicht.

     

    Tatsächlich handelt es sich um ein hochpolitisches Thema: „Kommt der Wolf, geht der Bauer“...

     

    Die Wolfthematik gibt uns die Chance, so einiges zu überdenken und anderes neu zu denken. Mit der steigenden Nutzungsintensivierung der Almhütten und Almflächen, sei es in touristischer, sportlicher oder landwirtschaftlicher Hinsicht, ist auch die Alm als Ökosystem dabei sich zu ändern. 

    In all den Debatten, die geführt wurden, kristallisiert sich für mich die Figur der Hirten und Hirtinnen immer klarer heraus. Es macht nämlich einen großen Unterschied, ob Weidetiere sich frei bewegen und willkürlich weiden oder ob sie gezielt geführt werden. Nicht geführtes Weiden kann zu negativen Auswirkungen wie Verbuschung und Bodenzerstörung, aber auch zu Überweidung führen, wie wir alle wissen. Und sie geht ganz klar auf Kosten der Biodiversität.

    Gut ausgebildete Hirten und Hirtinnen spielen daher eine sehr wichtige Rolle im Management der Herde und der Pflege unserer Almen. Sie beschützen die Tiere, erkennen Verletzungen, behandeln erkrankte Tiere, helfen bei Geburten, versorgen die Lämmer, die von den Muttertieren nicht angenommen werden und machen vieles mehr. 

    Vergessen wir bitte nicht, dass in Gebieten ohne Wölfe Verluste durch Krankheit, Parasitenbefall, Abstürze, Fehlgeburten bekannt sind, zwischen 5-7% bei gealpten Schafe, eben weil die Hirtin, der Hirte fehlt. Diese langjährig erhobenen Daten kennen wir aus der Schweizer Almwirtschaft und sie sprechen für sich. In Südtirol fehlen uns leider offizielle Zahlen dazu. Wie uns aber von hiesigen Hirten und Züchtern berichtet wurde, sind die Zahlen aus der Schweiz mit denen aus Südtirol durchaus vergleichbar.

    Fakt ist: Die gezielte Führung der Weidetiere ist nicht nur Teil einer uralten alpenländischen Kultur, sondern erhält langfristig die von Menschen geschaffene Biodiversität auf den Almen. Und sie hilft die Alpung langfristig zu erhalten. Diese wertvolle Arbeit der Hirten und Hirtinnen soll mehr in den Mittelpunkt rücken, wertgeschätzt und dementsprechend von Politik und Interessensvertretern mitgetragen und gefördert werden. Ich sehe vor allem hier sehr interessante und zukunftsorientierte Lösungsansätze für einige der Probleme auf unseren Almen. 

    Ich denke, wir können mehr als nur schießen.

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Sebastian Felderer Mo., 05.02.2024 - 13:14

Bravo Norbert! Deine Ausführungen klingen plausibel, fachlich fundiert und sehr überzeugend. Auch das Einbeziehen der Tradition der Hirten in unserem Lande finde ich richtig, weil dieser wertvolle Beruf leider in Vergessenheit geraten ist. Deine Ausführungen gehen also weit über den Herdenschutz hinaus und zeigen Synergien auf, die eine gezielte Beweidung für die Natur mit sich bringt.

Mo., 05.02.2024 - 13:14 Permalink
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Hansi Kafmann Mo., 05.02.2024 - 14:30

Ein rein thoretisch fundierter Bericht. Wer glaubt dass mann daraus Schlüsse und Handlungen ziehen kann wird sich schwer irren. Selbt die viel zietierten und oft selbst ernannten Experten scheinen jämmerlich zu scheitern. Den nur zum Teil funkionierende Herdenschutz werden sich viele nicht leisten können solange Fleisch zu Schleuderpreisen importiert wird. Wenn heute vielfach Selbstjustiz in der Angelegenheit praktiziert wird dann fliesen all diese Zahlen nicht in die Studien ein. Leider endscheiden heute Leute die vom Wolf träumen und nicht Leute die mit ihm leben müssen. Das ist das eigendliche Problem.

Mo., 05.02.2024 - 14:30 Permalink
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nobody Mo., 05.02.2024 - 19:34

Nicht alle, aber manche Biologen sind schon arge Träumer. Werde diesem Haufen von Träumern sicher nie beitreten.

Mo., 05.02.2024 - 19:34 Permalink
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Walter Nock Mi., 07.02.2024 - 17:14

Antwort auf von nobody

Träumer sind eher die, die einem wolffreien Südtirol nachlaufen bzw. den Abschuss als einzige Möglichkeit sehen. Ich bezweifle, dass Sie überhaupt Biologe sind, als solcher würden sie die Notwendigkeit des Herdenschutzes im ökologischen Kontext erkennen. Wenn Sie sich mit der bestehenden Literatur (die sich, mal ganz nebenbei, in sehr vielen Fällen auf Daten und reelle Beispiele bezieht und somit weit von bloßer Theorie entfernt ist) außeinandersetzen würden, könnten Sie vielleicht auch die von Herrn Dejori angeführten Chancen des geführten Weidegangs und anderer Aspekte (sowohl auf ökologischer wie kultureller Ebene) der ständigen Behirtung erkennen.

Mi., 07.02.2024 - 17:14 Permalink
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Herta Abram Mi., 07.02.2024 - 18:32

Antwort auf von Walter Nock

Ja!
Es braucht nun ganz viel Aufklärungsarbeit, wie in dem seriösen Beitrag, oben!
- Die jahrelange, verzerrte, hassschürende auf Angst und Hetze ausgerichtete Berichterstattung durch BB und Ebnerzeitung, hat Spuren in der Gesellschaft hinterlassen. Vorurteile, Ängste und Unsicherheiten wurden verstärkt . "Wilderei" ist für einige die Antwort....( auch mit Falleisen )
Deswegen:
Verantwortungsloser Medien- Politik- VerbandsvertreterInnenMachtmissbrauch muss konsequent und radikal enttarnt werden.

Mi., 07.02.2024 - 18:32 Permalink
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Milo Tschurtsch Di., 06.02.2024 - 15:17

Herr Norbert Dejori hat in manchem Recht in manchem nicht. Auch ich sehe das Abschießen einzelner Wölfe bzw. Regulierungen als sinnlos an. Durch das Wachstum der Populationen werden diese mehr als ausgeglichen. Man muss es halt ehrlich sagen, es muss längerfristig auf ein wolfsfreies Südtirol (und drüber hinaus) hingearbeitet werden. Alles andere ist sinnlos. So viele und ausgedehnte Weideschutzmaßnahmen sind schon wegen der Weidestandorte der Schafe in unwegsamen, wetterausgesetzten, steinigen und weitläufigen Geländegebieten im nicht umsetzbar, durch die teils extreme Witterung im Hochgebirge äußerst reparaturanfällig und somit nicht finanzierbar, da ja Schafe aufgrund ihrer Genügsamkeit und Geländegängigkeit normalerweise die ausgesetztesten Weideplätze im unwegsamsten Gelände beweiden mussten und immer noch tun.
Als der Bauer noch Herr über seinen eigenen Grund und Boden war, hat er, damit diese Weideform möglich war, stets dafür gesorgt dass das Auftauchen von Wölfen von Grund auf unterbunden wurde, im Wissen dass es KEINE ANDERE Möglichkeit gibt der Sache Herr zu bleiben. Heute da alle anderen nicht mit der Natur und den Gegebenheiten lebenden Menschen, sowie Bürokraten im fernen Brüssel usw. bestimmen wie die Leute , die es betrifft zu leben haben, wird der Wolf, der überall sonst weltweit auch eine Habitat hat, ausgerechnet bei uns im Alpenraum als so wertvoll angesehen, sodass es zusätzlich zu den Menschen -und Haustierfreien Gegenden unbedingt auch hier leben muss und es anscheinend nicht genügt dass er anderswo prima zurechtkommt. Nein diese Leute bestimmen dass der Schafsbauer mit allerhand kostspieligen Auflagen traktiert wird, die ohnehin nichts bringen und längerfristig das Aufgeben der Schafhaltung bedeuten. (Aber anstatt gesundem Fleisch kann die Bevölkerung dann ja Laborfleisch essen, als ob die Natürlichkeit und die Gesundheit der Menschen Nebensache wäre).
Unbedingt zu widersprechen ist der These Herrn Dejoris Schafe würden nur inmitten von Herdenschutzmaßnahmen behirtet und betreut. Das stimmt nicht. Auch in Gebieten wo Schafe frei leben, werden sie regelmäßig von Hirten beobachtet, mit Salz versorgt , gezählt bzw. identifiziert, verloren gegangene gesucht, kranke Tiere geborgen usw. aber nur eingegriffen wenn es unbedingt nötig ist. Im Gegensatz zu jenen die ständig umhergescheucht und in Umzäunungen getrieben werden, leben diese Tiere stressfrei, entspannt und der Natur angepasst. Dass da trotzdem nicht alle durchkommen (genauso wie auch bei der Alpung der Rinder) liegt auch in der Natur der Sache, die Alternative ist dann halt, dass sie so oder anders eingesperrt, totalüberwacht und gestresst den Sommer verbringen. Nicht umsonst heißt der alte Schaferspruch: "Das Schaf ist sich selbst der beste Hirte." Nie gehört Herr Dejori?
MMn gibt es nur die Entscheidung zwischen der Erhaltung dieser traditionellen Schafhaltung und der Duldung des Wolfs. Da dieser wie gesagt auch anderswo (stressfrei) leben kann, wird die Entscheidung nicht schwer sein, möchte man meinen. Ein wie immer geartetes Zusammenleben wird es nicht geben, entweder Wolf oder Schaf muss weichen.
Leider entfernt sich der Mensch immer mehr von der Natur und Theoretiker geben den Ton an indem sie Meinungsbildung auf Kosten anderer (schwächerer) Gruppen betreiben.

Di., 06.02.2024 - 15:17 Permalink
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Milo Tschurtsch Di., 06.02.2024 - 23:12

Antwort auf von Manfred Gasser

..... und deshalb beginnt er Wild-und andere Tiere zu schützen, anstatt sie zu benützen, zu erschiessen, zu fressen. Voll logisch."

Naja, der Mensch schützt Wildtiere, die anderswo auch ein Habitat hätten !!, und verzichtet deshalb auf gesundes in der Natur aufgewachsenes, dem Tierwohl entsprechendes Bio- Schaffleisch (und a la long wird es keine traditionelle naturnahe Schafhaltung mehr geben, da wie gesagt entweder Schaf oder Wolf weichen muss) und akzeptiert lieber Massentierhaltung, Laborfleisch oder Menschen-artfremde vegane Ernährung, nur damit der Wolf einen Lebensraum erhält den er genausogut auch in Gegenden ohne Nutztierhaltung haben könnte. Voll logisch!!
Die Ideologie dahinter: Die Natur als Selbstzweck, der Mensch kein Teil der Natur, sondern grundsätzlich immer Störenfried, selbst wenn er noch so naturnah handelt.

Di., 06.02.2024 - 23:12 Permalink
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nobody Di., 06.02.2024 - 21:24

Es ist nicht sinnvoll gegen die Bevölkerung zu regieren. Die Antwort ist rechts. Doch das verstehen Ideologen einfach nicht.

Di., 06.02.2024 - 21:24 Permalink
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Mi., 07.02.2024 - 07:55

Zitat: „dass es für ein solches Abschussdekret von *Arten*, die im EU-Artenschutzregelwerk Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie als streng geschützt gelten... auch die geforderte Herabstufung des Schutzstatus der Art Wolfes von Anhang IV auf Anhang V setzt weiterhin einen *guten Erhaltungszustand* voraus, auch in Südtirol“:

Mich interessiert hierbei („Art“, „guter Erhaltungszustand“) ein zusätzlicher Aspekt, wenn es um den Schutz des Wolfes geht.
Schützen wir wirklich den „Wolf“, oder schützen wir verwilderte Hybriden zwischen Wolf und Hund?

Daher meine Frage an den Biologen: ist es richtig, dass man sich jenseits der Grenzen bereits Sorgen um den Erhalt des Wolfes macht, wenn die italienischen Wolfs-Hund-Hybriden „auszuwandern“ beginnen?

Ich habe diese Frage bereits mehrmals gestellt, bisher kam nur Schweigen zurück. Die größte Gefahr für den Erhalt einer Art ist deren Vermischung, hier mit dem Hund. Man weiß, welcher Prozentsatz wie hoch hybridisiert ist, man schweigt aber beharrlich darüber und gibt im Lande keine Informationen.

Wer Hybride fördert, betreibt nicht Artenschutz: im Gegenteil, er verschlechtert den „guten Erhaltungszustand“ ganz klar! Und fördert damit das Verschwinden der Art.

Hier sind Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz gefragt.

Mi., 07.02.2024 - 07:55 Permalink
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Benjamin_Kostner Mi., 07.02.2024 - 10:09

Antwort auf von Peter Gasser

Auf ihre Fragen wird, in den von Norbert Dejori angeführten Quellen, bereits ausführlich eingegangen. Die Lektüre der im Artikel angeführten Studien und Berichte ermöglicht eine gute Vertiefung in die Thematik. Es werden keine Fakten und Daten unter den Tisch gekehrt, im Gegenteil, es gibt eine Unmenge an Publikationen zur Wolfsthematik, vom ökologischen bis hin zum sozio-ökonomischen Bereich. Was vielleicht weniger funktioniert ist die Kommunikation und Zugänglichkeit dieser Publikationen, im Sinne der Lesbarkeit, da sie oft sehr technisch geschrieben sind.

Die spezifische Frage zum Thema der Hybridisierung wird im Bericht der EU Kommission auf den Seiten 37-39 beantwortet. Sowhol anhand von Zahlen als auch Empfehlungen:
https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/5d017e4e-9efc-…
Kurz: "Both the European Commission (Commission notice C(2021) 7301) and Council of Europe (The Bern Convention Recommendation No. 173, 2014) recommend removing wolf-dog hybrids from the wild, but the removal must be conducted exclusively in a government-controlled manner."
Somit finden Sie, die EU-Kommission und der Europarat sich in dieser Thematik schon mal auf der selben Linie.

Mi., 07.02.2024 - 10:09 Permalink
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Benjamin_Kostner Mi., 07.02.2024 - 10:50

Antwort auf von Peter Gasser

Prinzipiell Ja.
Die Planung und Durchführung dieser Entnahmen ist jedoch, wie so vieles in dieser gesamten Thematik, komplexer als es anfangs scheint und wird bis zu diesem Moment debattiert.
Zum Beispiel ist allein die Frage "was ist ein Hybrid" im Kontext der Entnahme noch nicht eindeutig geklärt. Was wenn die Hybridisierung Genrationen zurückliegt und nur noch rudimentär nachweisbar ist, usw.? Zudem fehlen vielerorts die dafür benötigten genetischen Monitorings.

Hier können Sie die Thematik vertiefen:
- Dokumentation zur Debatte in der Wissenschaft
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fevo.2019.00175/full
- Aufruf zu einem besseren Management der Wolf-Hund Hybridisierung und Analyse der momentan diesbez. bestehenden Schwierigkeiten und Herausforderungen
https://balkani.org/wp-content/uploads/2020/06/2020_European-wolf-dog-h…

Mi., 07.02.2024 - 10:50 Permalink
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Peter Gasser Mi., 07.02.2024 - 11:56

Antwort auf von Benjamin_Kostner

Besten Dank!

Da eine Hybridisierung von alleine nicht zurückgeht, sondern eher aus noch „Wölfen“ mit der Zeit einen Hybridschwarm macht, die Situation also verschlechtert, wird dem „guten Erhaltungszustand“ nicht Rechnung getragen, und die Art weiter gefährdet.

Politik und Wählergunst vor Wissenschaft, möchte man sagen.

Mi., 07.02.2024 - 11:56 Permalink
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Manfred Gasser Mi., 07.02.2024 - 20:48

Antwort auf von Benjamin_Kostner

Danke für die Infos, und eine Frage.
"Die Planung und Durchführung dieser Entnahmen ist jedoch, wie so vieles in dieser gesamten Thematik, komplexer als es anfangs scheint und wird bis zu diesem Moment debattiert." Reden wir da von Jahren oder Jahrzehnten? Nur weil die Hybridisierung schreitet voran, und in Jahrzehnten wird es den" Wolf" nicht mehr so oft geben im Alpenraum.

Mi., 07.02.2024 - 20:48 Permalink
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Milo Tschurtsch Mi., 07.02.2024 - 11:13

Wie ich schon sagte, das Ausweisen Südtirols bzw. Teile des Alpenraums als wolfsfreie Zone, würde sowohl das Hybrid-Problem als auch das Problem der Gefährdung der traditionellen Schafszucht durch die Anwesenheit des Wolfs lösen.
In unbesiedelten Gebieten gibt es weder Weidetiere noch Hunde, dafür aber jede Menge Lebensraum für den Wolf. Aber das Naheliegende wird natürlich nicht in Erwägung gezogen, denn es entscheiden ja alle anderen nur nicht die Betroffenen, wie diese zu leben haben. Die Schafbauern werden traktiert, mit teuren Auflagen (Steuerzahler kommt um einmal mehr dafür auf ) die noch dazu ggf. nur im Einzelfall funktionieren, sollen dann aber gleichzeitig natürliche, dem Tierwohl angepasste Lebensmittel produzieren.
Mein Fazit: Das logische Denken ist auf dem absteigenden Ast (nicht nur in diesem Bereich) , die politisch-ideologisch motivierten realitätsfernen Vorgangsweisen haben Hochkonjunktur.

Mi., 07.02.2024 - 11:13 Permalink
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Walter Nock Mi., 07.02.2024 - 14:00

Antwort auf von Milo Tschurtsch

In dem Interview werden keineswegs utopische Maßnahmen angeführt. Gut durchgeführte Herdenschutzmaßnahmen sind augenscheinlich in der aktuellen Situation der effizienteste Weg Nutztierrisse zu vermeiden. Gleichzeitig können dadurch potenziell auch interessante Mehrwerte sowohl für die Nutztiere als auch die Biodiversität geschaffen werden.
Dies bedarf zum Teil einer Neubewertung und Umorganisation aktueller Praktiken. Die finanziellen Mittel wären in Wohlstandsgesellschaften wie in Südtirol und Europa sehr wohl gegeben, was in mancher Hinsicht sicher eine große Herausforderung darstellt. Die Wertschätzung von Seiten der Gesellschaft für die Produkte und Leistungen der Weidekultur muss dafür jedoch an erster Stelle stehen. Ich sehe hier viel mehr das Problem, als beim Wolf.
Wenn wir uns das Gesetz zu den Weideschutzgebieten ansehen, scheint es jedoch vor allem auch an politischem Willen zu fehlen.

Utopisch ist es jedenfalls, zu denken, allein mit Abschüssen und ohne Herdenschutz zu einem langfristigen Lösungsweg zu finden. Geschweige denn ein wolfsfreies Südtirol bei einer aktuellen Wolfspopulation in der EU von ca 20.000 Wölfen. Da scheinen schon eher Sie mir als wilder Theoretiker der weit von jeglicher Praxis entfernt ist.

Wir müssen uns an diese neue Situation anpassen, warum bleiben wir hier so stur an nur einem einzigen Lösungsweg, der uns augenscheinlich nur in eine Sackgasse bringt und uns in 5 Jahren immer noch in der selben Situation zurücklasst?

Mi., 07.02.2024 - 14:00 Permalink
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Milo Tschurtsch Mi., 07.02.2024 - 23:26

Antwort auf von Walter Nock

Bezüglich des Herdenschutzes fehlt es nicht am politischen Willen, sondern an der Umsetzbarkeit, eben WEIL die traditionellen Weidegebiete vielerorts in Südtirol keinen Herdenschutz zulassen und dieser auch wieder wegen des ausgesetzten Geländes nicht tierwohlfreundlich wäre. Noch einmal: Da Schafe genügsame und geländegängige Weidetiere sind, sind deren Weidegebiete höher angesiedelt als die der Rinder, nämlich im steilen, steinigen unwegsamen Gelände bis hinauf ins Hochgebirge, das dazu noch wegen des begrenzten Futterangebots extrem weitläufig ist und sich Zäune und andere Maßnahmen wegen der Reparaturanfälligkeit, geschuldet der extremen Witterung im Hochgebirge nicht lohnen. DESHALB ist in solchen Gebieten nur die bisherige traditionelle Weidehaltung möglich. Abgesehen von der Unmöglichkeit bei solchen Voraussetzungen überhaupt an einen wie immer gearteten Herdenschutz zu denken, würden die Kosten dafür ins Unendliche steigen (und trotzdem nichts bringen), was für eine derart überschaubare Menge an Schafen niemals zu rechtfertigen wäre. Wobei, ich betone es nochmals das entspannte freie artgerechte Leben der Schafe bei der traditionellen Tierhaltung im Vordergrund stehen sollte.
Genau deshalb versteht kein Mensch wofür ausgerechnet dem Wolf, der anderswo die besseren Bedingungen hätte, die Ansiedlung ermöglicht wurde und den Bauern, die ja die Grundbesitzer sind, die Entscheidungshoheit genommen wurde. Ja bei dieser großen und immer noch steigenden Wolfspopulation (die der Bauer früher selbst in Schach gehalten hat) wird es natürlich zunehmend schwierig für die Schafhalter. Sie verstehen sehr wohl dass die Herdenschutzmaßnahmen in "ihrem" für die Schafe vorgesehenen Gelände nichts bringen und mit der traditionellen Schafhaltung die Tiere nicht mehr zu schützen sind. Deshalb geben sie zunehmend auf. DAS ist die Sackgasse in der wir jetzt stecken. Die Verantwortlichen reiben sich die Hände in Unschuld und geben den Bauern noch die Schuld, dass sie keinen guten Willen zeigen würden, den Rat der "Besserwisser" anzunehmen.
Ja dann, bravo Bürokraten und andere welt-und naturfremde Theoretiker, die ihr einer gesellschaftlich- politischen Ideologie, anstatt der Lebenswirklichkeit verhaftet seid, habt ihr wieder einmal ganze Arbeit geleistet, den Bauern naturnahes Wirtschaften (naturnah produzierte Lebensmittel) wieder ein Stück weit verunmöglicht. Aber dafür seid ihr ja super, wenn es darum geht genmanipulierte industriell produzierte Lebensmittel in Massenproduktion zu fördern und diese den Leuten durch allerhand unausgegorene Behauptungen schmackhaft zu machen. So gesehen ist es natürlich egal ob es die paar Schafbauern im kargen und weitgehend unproduktiven Alpenraum weiterhin gibt oder nicht. Das Heft des Handelns haben andere in der Hand. Der Bauer wird dann stillgehalten durch "Subventionen" verbunden mit der Hoffnung, dass er diejenigen wählt, die ihm das alles einbrocken. Aber früher oder später könnte der Schuss nach hinten losgehen.

Mi., 07.02.2024 - 23:26 Permalink
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Walter Nock Do., 08.02.2024 - 10:23

Antwort auf von Milo Tschurtsch

Ich gebe Ihnen Recht, dass einige Gebiete in Südtirol uns hier vor große Herausforderungen stellen und Praktiken die vielleicht anderswo möglich, bei uns in der Form nicht umsetzbar sind. Das was ich und auch der oben angeführte Artikel kritisieren ist der Zugang den wir zu diesem Problem haben. Momentan wird in Südtirol der Abschuss von Wölfen als einzige zumutbare Lösung für 99% der Almen deklariert, und zwar per Gesetz. Das ist sehr Wohl politischer Wille.
Sie wissen genau wie ich, dass dies reine Propaganda und keine lösungsorientierte Herangehensweise ist. Bei weitem nicht jede Alm in Südtirol besteht nur aus Knotten und steilen Abgründen. Gleichzeitig gibt es in Südtirol sogar tolle Beispiele, in denen sogar in solchen Gebieten erfolgreich Herdenschutz betrieben wird/wurde. Ich verstehe, dass Sie eher auf die Worte von Leuten aus der Praxis Wert legen, da empfehle Ihnen diesen Artikel zum Thema zu lesen: https://salto.bz/de/article/07102023/von-tutn-und-blasn-koa-ahnung

Ich möchte nur noch anmerken, dass mir die traditionelle und extensive Landwirtschaft deren Produkte und Leistungen sehr am Herzen liegt. Deren Wertschätzung muss in dieser Thematik wieder mehr ins Zentrum rücken und mehr denn je wieder aufkommen. Ich glaube, da ist schon in den letzten Jahrzehnten etwas in der Gesellschaft verloren gegangen. Die Wolfsthematik kann uns hier auch helfen ein paar Defizite die vorher schon geherrscht haben aufzudecken.
Schade finde ich es wenn diese Thematik nur zu politischen Zwecken ausgenutzt, nicht auf sachlicher Ebene diskutiert und gar nicht richtig versucht wird praktikable Lösungswege auszuprobieren.

Do., 08.02.2024 - 10:23 Permalink
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Milo Tschurtsch Do., 08.02.2024 - 11:11

Antwort auf von Walter Nock

Es wird nicht der Abschuss der Wölfe als einzige zumutbare Lösung angesehen, sondern die einzig zumutbare Lösung wäre ein wolfsfreies Südtirol. Alles andere, mit vereinzelten Möglichkeiten von Herdenschutzmaßnahmen, die eben vereinzelt bleiben, ist nicht praktikabel. Wieso sollen sich Bauern, die die Schafhaltung bis jetzt als Nutzung von sonst unproduktiven Flächen betrieben haben, plötzlich mit unerfüllbaren und überteuerten Maßnahmen herumschlagen die in keinster Weise den Aufwand (neben der sonstigen Arbeit) rechtfertigen, wenn es bis dato den Schafhaltern möglich war sozusagen ohne großen Aufwand diese genügsamen Tiere nebenher zu halten indem unproduktives Gelände abgeweidet und nur wenig Aufsicht gebraucht wurde.
Aber nachhaltiges Wirtschaften ist nicht erwünscht, da ja Ideologen plötzlich beschlossen haben, dem Wolf zunehmend einen Lebensraum zu ermöglichen, OBWOHL der Wolf als Art nicht gefährdet ist und anderswo genauso wenn nicht besser leben könnte. Denn die jahrhundertealte Erfahrung zeigt, dass sich Wolf und Nutztierhaltung werden nicht vertragen, die Schafhalter können die Tiere ( im Gegensatz vielleicht zu Deutschland oder Spanien wo sie in geschlossenen Herden durch die Lande ziehen) in unserer Gegend nicht wirksam schützen. Es mag schon Beispiele geben wo man Herdenschutz in Südtirol praktiziert wird, die Langzeiterfahrungen stehen aber noch aus , im Großteil des Landes ist er aber nicht möglich.
Dass die Situation durch die große Anzahl der Wölfe die noch zunehmen wird, jetzt schon nicht mehr händelbar ist, das ist mir klar, da helfen auch vereinzelte Abschüsse nichts mehr. Deshalb werden die Bauern die Schafhaltung zunehmend aufgeben, denn die Gesellschaft zollt dieser Form der naturnahen Landwirtschaft keine Wertschätzung, ansonsten hätte sie schon vor Jahren, als es noch möglich war, die Bauern gegen die Vermehrung der Wolfs unterstützt.
Aber wie ich schon sagte ideologisch romantisierte Vorstellungen des "idealen" Landlebens herrschen in der Gesellschaft vor und werden gehört und vorangetrieben. Nun ist es zu spät, dieses Problem wird nicht mehr in den Griff zu kriegen sein, es gibt (außer vereinzelt) keine praktikablen Lösungen, außer wie gesagt, durch ein wolfsfreies Südtirol, wie es bis dato war. Die organisierte industrielle Landwirtschaft ist auf dem Vormarsch. Da helfen auch Lippenbekenntnisse für nachhaltig produzierte Lebensmittel nichts, wenn die Handlungen gegenteilig ausfallen. Wie man sich bettet so liegt man eben. Eine Mehrheit bestimmt über die Lebensweise einer Minderheit.

Do., 08.02.2024 - 11:11 Permalink
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Milo Tschurtsch Do., 08.02.2024 - 13:33

Antwort auf von Milo Tschurtsch

Da gäbe es noch ein paar grundsätzliche Fragen , die vielleicht diejenigen hier, die der gegenwärtigen Situation positiv gegenüberstehen, beantworten können:
1. Wieso hat man den betroffenen Bauern keinen Glauben geschenkt als sie schon vor Jahren (aufgrund der jahrhundertealten Erfahrung) vor einer exponentiellen nicht mehr händelbaren Ausbreitung des Wolfes gewarnt haben und warum hat man beizeiten nichts unternommen? Meine Antwort dazu: Man nimmt die Bauern, die ihre Felder schon seit Jahrhunderten betreiben für nicht voll, sie sind anscheinend nicht imstande eine naturnahe Wirtschaft zu betreiben, deswegen hat man sie sukzessive quasi enteignet und die Entscheidungskompetenz auf eine höhere Ebene verlagert, die eine weltweit gesteuerte Landwirtschaft betreibt, der sich jeder unterzuordnen hat. Dafür wird der Bauer mit "Subventionen" stillgehalten. Um dies zu erreichen bedient man sich auch der ideologischen Schiene, die wie man sieht viele Unterstützer findet.
2. Welchen Nutzen bringt die zugelassene Ansiedlung des Wolfs in Bezug auf eine nachhaltige menschen-und tierfreundliche Landwirtschaft mit dem Ziel der Produktion gesunder Lebensmittel?
Der Schutzes Wolfs kann es nicht sein, er ist als Art nicht gefährdet und kann auch in nicht landwirtschaftlich genutzten Gebieten leben. Ich höre da immer nur das Argument der "Biodiversität". Jetzt stellt sich die Frage was wollen wir in die wie immer geartete Biodiversität investieren (im wahrsten Sinne des Wortes) bzw. was sind wir bereit dafür aufzugeben. Die Antwort ergibt sich von selbst, denn die Dinge stehen in keinem Verhältnis. Wir geben Wesentliches auf um Unwesentliches zu gewinnen. Denn wenn die Biodiversität so essentiell wäre, warum kommen dann nicht auch andere Gesellschaftsschichten zum Handkuss eine solche zu fördern und dabei Nachteile einzugehen. Da wäre z.B. die europäische Hausratte, die als bedrohte Art gilt und auf der roten Liste der bedrohten Tierarten steht. Da könnten ja dann jene die die Biodiversität von den Bauern verlangen hier tätig werden und Ratten in ihren Häusern sich ansiedeln lassen. Man müsste halt "Maßnahmen" ergreifen um den Ratten ein artgerechtes Leben zu ermöglichen und ggf. auch Nachteile wegen des "höheren Zieles" in Kauf nehmen. Kommt natürlich nicht in Frage. So gäbe es noch viele andere Beispiele um Artenvielfalt umzusetzen.
MMn geht es aber gar nicht um Wolf und Biodiversität, nein man will eine bestimmte Art der Gesellschaft etablieren die von oben gesteuert ist und in der freies selbstbestimmtes Handeln keinen Platz mehr hat. Politisch-ideologisch-moralisierende Meinungsmache sind da Mittel zum Zweck.

Do., 08.02.2024 - 13:33 Permalink